ReneM
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Eine kleine PN-Tour am Winterhimmel
Liebe Sternfreunde,
das ist mein erster Winter, wo ich nicht komplett in Astrowinterschlaf gefallen bin. Nach den letzten für Beobachtungsnächten bedaure ich die Wintermüdigkeit der vorangegangenen Jahre sehr. Es gibt wirklich viel zu sehen.
Über die Planetarischen Nebel der letzten beiden Nächte habe ich eine kleine Zusammenfassung geschrieben. Ich denke, trotz gleicher Objektklasse können diese Nebel teilweise unterschiedlicher nicht sein und es kann durchaus lohnend sein, diese abwechslungsreiche PN-Winter-Tour zu unternehmen.
Beobachtet habe ich in zwei Nächten - einmal mit 3,4" und die darauffolgende Nacht mit 14". In beiden Nächten hatte ich mindestens fst 6 mag.
Abell 21 - Medusanebel
Vor den Planetarischen Nebeln des Abell-Kataloges hat man reflexartig zunächst Ehrfurcht, weil man mit zartesten Nebeln jenseits der Sichtbarkeit kleiner Optiken rechnet.
Erwartungsgemäß schwierig gestaltete sich die Suche nach Abell 21 mit 3,4". Die Stelle war zwar schnell gefunden, mit UHC und viel Geduld konnte ich dann aber nur eine Andeutung von einem breiten nach Südosten gebogenen Etwas wahrnehmen. So richtig sicher war ich mir aber nicht.
Umso überraschter war ich dann eine Nacht später mit 14". Nach dem Reinschrauben des UHC-Filters erstarrte mein Blick durchs Okular (so wie man es ja bei diesem Eigennamen erwartet) und ich gab wenig artikulierte Laute von mir, den ich dann später für mein Diktiergerät "erstaunlich, überraschend" übersetzt habe. Zu sehen war kein schwaches angehauchtes Etwas mehr, sondern eine deutliche große Sichel mit dickem Bauch. Ansatzweise wurde auch schon die faserige Struktur deutlich.
NGC 1514 - Crystal Ball
Wenn man sich diesen Nebel auf Fotos anschaut, denkt man willkürlich, hier wurde Steve Jobs ein Denkmal gesetzt. Mit seiner quadratischen Form mit abgerundeten Ecken wirkt er wie ein App-Symbol.
Mit 14" hangelte ich mich vom Fußstern Atik im Perseus ausgehend zu der Stelle und war zunächst enttäuscht. So ein heller Nebel und trotz intensiver Suche einfach nicht auszumachen. Viele wissen jetzt sicher, was kommt. Da ist mal wieder einer zu faul gewesen, einen Filter rein zu schrauben. So ist es! Nach unendlich langer Mühe habe ich mich dann zum UHC-Filter durchgerungen ... und siehe da, ein heller großer Nebel um einen sehr hellen Zentralstern lachte mich an. Der Zentralstern ist schreiend hell. Hätte ich mich doch vorher mal ein wenig informiert, dann hätte ich gut 10 Minuten Suchens gespart. Die leicht quadratische Form und die abgerundeten Ecken, die mein Freund Robert bei seiner Sichtung mit seinem 8"-Dobson beschreibt, konnte ich leider nicht ausmachen. Die Ränder wirkten eher unterschiedlich stark definiert und mal heller oder dunkler. Mit OIII ist der Nebel besser abgegrenzt, UHC ist aber - wie meist - ästhetischer.
NGC 2371/72 - Double Bubble oder auch Erdnuss-Nebel
Nun wollte ich unbedingt den zuletzt von Christian Busch in seinem Bericht empfohlenen PN sehen, dem anscheinend eine NGC-Nummer nicht zu reichen scheint.
Leider steht der PN in meinem Atlas (Sterne bis 9m5) in einem sternarmen Gebiet, so dass ich mich von zwei helleren Sternen im Süden über eine West-Nord-Schleife an die betreffende Region herantasten wollte. Zu meiner Überraschung blinkte mich der Nebel schon ohne Filter und bei Aufsuchvergrößerung von 43-fach (8 mm AP) fröhlich an. Bei höheren Vergrößerungen sieht man schön den hellen Balken in der Mitte und an seinen Flanken sind mit etwas Geduld die schwächeren diffus auslaufenden Nebelblasen gut zu erkennen. Bei kleineren Vergrößerungen wirken die Kondensationen im Balken wie kleine Sterne, sie werden aber flächiger, je höher man vergrößert. Filter haben meiner Ansicht nach hier keine verbessernde Wirkung. Also ein klarer Kandidat für Beobachter wie mich, die denken, alles erstmal ohne Filter versuchen zu müssen.
NGC 2022 - Colarbone Nebula
Leider habe ich noch nicht herausbekommen, warum der Nebel diesen Namen trägt.
Mit 3,4" wird er ab 35-facher Vergrößerung indirekt als schwaches fluffiges Sternchen sichtbar. Bei 50-facher Vergrößerung ist der PN dann auch direkt zeitweise zu halten, ein diffuses kompaktes Nebelchen.
Mit 14" und Aufsuchvergrößerung ist noch nichts zu erkennen - mit 85x dann ist der Nebel auffällig, ein weiches rundes Bällchen - bei 131-fach ist ganz eindeutig eine helle homogene Scheibe zu sehen, die Ränder sind eher scharf begrenzt - ob der PN incl. der äußeren Schale zu sehen ist, vermag ich nicht einzuschätzen
NGC 2392 - Eskimo Nebula
Das scheint der einzige intelligente PN des Winterhimmels zu sein, er hat eine Kapuze auf.
Mit 3,4" und kleiner Vergrößerung ist der Nebel leicht flächig erkennbar und recht hell. Bei 50-facher Vergrößerung bildet er einen schönen Kontrast zu dem unmittelbar nördlich stehenden gelblich orangen Stern. Ich habe die Vergrößerungsorgie mal bis auf 150-fach getrieben. Selbst da wirkt der PN noch schön hell, aber Strukturen konnte ich keine erkennen. Der angesprochene nördlich liegende Stern allerdings wirkte bei 150-fach nicht mehr sehr ansehnlich. Er matschte inzwischen ähnlich wie der Nebel bei kleinen Vergrößerungen.
Ein Blick mit 14" habe ich in der zweiten Nacht nicht gewagt, ich wollte ich mir nicht die Dunkeladaption versauen ;-) ... Ne, quatsch, das werde ich sicher nachholen.
Abell 12 - die Enttäuschung
Der Stern, hinter dem sich der PN zu verstecken versucht, ist eigentlich schon mit bloßem Auge erkennbar. Insofern muss man den PN theoretisch nicht wirklich suchen.
Faktisch schon. Mit 14" strahlte der Stern für mich in allen Vergrößerungen bis 189-fach sowie OIII so hell, dass er weithin alles überstrahlte. Die kleine "Helligkeitsunregelmäßigkeit", die ich im Nordwesten ausgemacht habe, gilt vielleicht als Sichtung, für mehr aber leider nicht.
Das nächste Mal werde ich sicherlich höher vergrößern und mein Nagler-Zoom für OIII präparieren.
Aber ich möchte nicht mit einer Enttäuschung schließen. Zwei Highlights der letzten Nacht (mit 14") möchte ich noch nennen.
Zum einen der vermutlich weniger bekannte Affenkopfnebel NGC 2174, den ich beim letzten Teleskoptreffen vergeblich gesucht habe. Dabei ist dieser Emissionsnebel sehr leicht zu finden und mich hat die Helligkeit und einfache Sichtbarkeit des Nebels mit UHC in dieser Nacht sehr überrascht. Vor allem hatte ich den Eindruck, dass er je nach Vergrößerung sein Aussehen wechselt.
Außerdem fand ich den NGC 2158 noch sehr interessant, ein kleiner feiner Offener Sternhaufen unmittelbar westlich von M 35. Ich konnte zwar nicht wirklich Sterne auflösen und habe maximal eine granulare Fläche bei höheren Vergrößerungen wahrgenommen, aber seine Stärke spielt der OS meiner Meinung nach im Zusammenspiel mit M 35 und geringen Vergrößerungen aus - da bildet dieser zarte Klecks neben dem mächtigen Sternhaufen M 35 einen wunderschönen Kontrast.
Nachfolgend habe ich allen Interessierten noch die wichtigsten Daten und allgemeine Beobachtungshinweise zu den vorgestellten PN angehangen.
Link zur Grafik: https://www.mediafire.com/convkey/9d83/tdnxjz49ujtnm4t6g.jpg
Die Seitenangaben beziehen sich auf den Deep Sky Atlas bzw. Uranometria, Helligkeit 2 ist die Helligkeit des Zentralsterns.
So, jetzt habe ich auch mal einen kleinen Beitrag geleistet, nachdem ich mir vorher immer auch gern Inspiration von Beobachtungsberichten anderer Sternfreunde geholt habe.
Beste Grüße
Rene
PS: Hat vielleicht jemand eine Ahnung, warum NGC 2022 wie ein Schlüsselbein aussehen soll?
Liebe Sternfreunde,
das ist mein erster Winter, wo ich nicht komplett in Astrowinterschlaf gefallen bin. Nach den letzten für Beobachtungsnächten bedaure ich die Wintermüdigkeit der vorangegangenen Jahre sehr. Es gibt wirklich viel zu sehen.
Über die Planetarischen Nebel der letzten beiden Nächte habe ich eine kleine Zusammenfassung geschrieben. Ich denke, trotz gleicher Objektklasse können diese Nebel teilweise unterschiedlicher nicht sein und es kann durchaus lohnend sein, diese abwechslungsreiche PN-Winter-Tour zu unternehmen.
Beobachtet habe ich in zwei Nächten - einmal mit 3,4" und die darauffolgende Nacht mit 14". In beiden Nächten hatte ich mindestens fst 6 mag.
Abell 21 - Medusanebel
Vor den Planetarischen Nebeln des Abell-Kataloges hat man reflexartig zunächst Ehrfurcht, weil man mit zartesten Nebeln jenseits der Sichtbarkeit kleiner Optiken rechnet.
Erwartungsgemäß schwierig gestaltete sich die Suche nach Abell 21 mit 3,4". Die Stelle war zwar schnell gefunden, mit UHC und viel Geduld konnte ich dann aber nur eine Andeutung von einem breiten nach Südosten gebogenen Etwas wahrnehmen. So richtig sicher war ich mir aber nicht.
Umso überraschter war ich dann eine Nacht später mit 14". Nach dem Reinschrauben des UHC-Filters erstarrte mein Blick durchs Okular (so wie man es ja bei diesem Eigennamen erwartet) und ich gab wenig artikulierte Laute von mir, den ich dann später für mein Diktiergerät "erstaunlich, überraschend" übersetzt habe. Zu sehen war kein schwaches angehauchtes Etwas mehr, sondern eine deutliche große Sichel mit dickem Bauch. Ansatzweise wurde auch schon die faserige Struktur deutlich.
NGC 1514 - Crystal Ball
Wenn man sich diesen Nebel auf Fotos anschaut, denkt man willkürlich, hier wurde Steve Jobs ein Denkmal gesetzt. Mit seiner quadratischen Form mit abgerundeten Ecken wirkt er wie ein App-Symbol.
Mit 14" hangelte ich mich vom Fußstern Atik im Perseus ausgehend zu der Stelle und war zunächst enttäuscht. So ein heller Nebel und trotz intensiver Suche einfach nicht auszumachen. Viele wissen jetzt sicher, was kommt. Da ist mal wieder einer zu faul gewesen, einen Filter rein zu schrauben. So ist es! Nach unendlich langer Mühe habe ich mich dann zum UHC-Filter durchgerungen ... und siehe da, ein heller großer Nebel um einen sehr hellen Zentralstern lachte mich an. Der Zentralstern ist schreiend hell. Hätte ich mich doch vorher mal ein wenig informiert, dann hätte ich gut 10 Minuten Suchens gespart. Die leicht quadratische Form und die abgerundeten Ecken, die mein Freund Robert bei seiner Sichtung mit seinem 8"-Dobson beschreibt, konnte ich leider nicht ausmachen. Die Ränder wirkten eher unterschiedlich stark definiert und mal heller oder dunkler. Mit OIII ist der Nebel besser abgegrenzt, UHC ist aber - wie meist - ästhetischer.
NGC 2371/72 - Double Bubble oder auch Erdnuss-Nebel
Nun wollte ich unbedingt den zuletzt von Christian Busch in seinem Bericht empfohlenen PN sehen, dem anscheinend eine NGC-Nummer nicht zu reichen scheint.
Leider steht der PN in meinem Atlas (Sterne bis 9m5) in einem sternarmen Gebiet, so dass ich mich von zwei helleren Sternen im Süden über eine West-Nord-Schleife an die betreffende Region herantasten wollte. Zu meiner Überraschung blinkte mich der Nebel schon ohne Filter und bei Aufsuchvergrößerung von 43-fach (8 mm AP) fröhlich an. Bei höheren Vergrößerungen sieht man schön den hellen Balken in der Mitte und an seinen Flanken sind mit etwas Geduld die schwächeren diffus auslaufenden Nebelblasen gut zu erkennen. Bei kleineren Vergrößerungen wirken die Kondensationen im Balken wie kleine Sterne, sie werden aber flächiger, je höher man vergrößert. Filter haben meiner Ansicht nach hier keine verbessernde Wirkung. Also ein klarer Kandidat für Beobachter wie mich, die denken, alles erstmal ohne Filter versuchen zu müssen.
NGC 2022 - Colarbone Nebula
Leider habe ich noch nicht herausbekommen, warum der Nebel diesen Namen trägt.
Mit 3,4" wird er ab 35-facher Vergrößerung indirekt als schwaches fluffiges Sternchen sichtbar. Bei 50-facher Vergrößerung ist der PN dann auch direkt zeitweise zu halten, ein diffuses kompaktes Nebelchen.
Mit 14" und Aufsuchvergrößerung ist noch nichts zu erkennen - mit 85x dann ist der Nebel auffällig, ein weiches rundes Bällchen - bei 131-fach ist ganz eindeutig eine helle homogene Scheibe zu sehen, die Ränder sind eher scharf begrenzt - ob der PN incl. der äußeren Schale zu sehen ist, vermag ich nicht einzuschätzen
NGC 2392 - Eskimo Nebula
Das scheint der einzige intelligente PN des Winterhimmels zu sein, er hat eine Kapuze auf.
Mit 3,4" und kleiner Vergrößerung ist der Nebel leicht flächig erkennbar und recht hell. Bei 50-facher Vergrößerung bildet er einen schönen Kontrast zu dem unmittelbar nördlich stehenden gelblich orangen Stern. Ich habe die Vergrößerungsorgie mal bis auf 150-fach getrieben. Selbst da wirkt der PN noch schön hell, aber Strukturen konnte ich keine erkennen. Der angesprochene nördlich liegende Stern allerdings wirkte bei 150-fach nicht mehr sehr ansehnlich. Er matschte inzwischen ähnlich wie der Nebel bei kleinen Vergrößerungen.
Ein Blick mit 14" habe ich in der zweiten Nacht nicht gewagt, ich wollte ich mir nicht die Dunkeladaption versauen ;-) ... Ne, quatsch, das werde ich sicher nachholen.
Abell 12 - die Enttäuschung
Der Stern, hinter dem sich der PN zu verstecken versucht, ist eigentlich schon mit bloßem Auge erkennbar. Insofern muss man den PN theoretisch nicht wirklich suchen.
Faktisch schon. Mit 14" strahlte der Stern für mich in allen Vergrößerungen bis 189-fach sowie OIII so hell, dass er weithin alles überstrahlte. Die kleine "Helligkeitsunregelmäßigkeit", die ich im Nordwesten ausgemacht habe, gilt vielleicht als Sichtung, für mehr aber leider nicht.
Das nächste Mal werde ich sicherlich höher vergrößern und mein Nagler-Zoom für OIII präparieren.
Aber ich möchte nicht mit einer Enttäuschung schließen. Zwei Highlights der letzten Nacht (mit 14") möchte ich noch nennen.
Zum einen der vermutlich weniger bekannte Affenkopfnebel NGC 2174, den ich beim letzten Teleskoptreffen vergeblich gesucht habe. Dabei ist dieser Emissionsnebel sehr leicht zu finden und mich hat die Helligkeit und einfache Sichtbarkeit des Nebels mit UHC in dieser Nacht sehr überrascht. Vor allem hatte ich den Eindruck, dass er je nach Vergrößerung sein Aussehen wechselt.
Außerdem fand ich den NGC 2158 noch sehr interessant, ein kleiner feiner Offener Sternhaufen unmittelbar westlich von M 35. Ich konnte zwar nicht wirklich Sterne auflösen und habe maximal eine granulare Fläche bei höheren Vergrößerungen wahrgenommen, aber seine Stärke spielt der OS meiner Meinung nach im Zusammenspiel mit M 35 und geringen Vergrößerungen aus - da bildet dieser zarte Klecks neben dem mächtigen Sternhaufen M 35 einen wunderschönen Kontrast.
Nachfolgend habe ich allen Interessierten noch die wichtigsten Daten und allgemeine Beobachtungshinweise zu den vorgestellten PN angehangen.
Link zur Grafik: https://www.mediafire.com/convkey/9d83/tdnxjz49ujtnm4t6g.jpg
Die Seitenangaben beziehen sich auf den Deep Sky Atlas bzw. Uranometria, Helligkeit 2 ist die Helligkeit des Zentralsterns.
So, jetzt habe ich auch mal einen kleinen Beitrag geleistet, nachdem ich mir vorher immer auch gern Inspiration von Beobachtungsberichten anderer Sternfreunde geholt habe.
Beste Grüße
Rene
PS: Hat vielleicht jemand eine Ahnung, warum NGC 2022 wie ein Schlüsselbein aussehen soll?