Optik für Planetenbeobachtungen

Status
Es sind keine weiteren Antworten möglich.

Juergi

Neues Mitglied
Hallo in die Runde,

was ist Gerätetechnisch eigentlich primär ausschlaggebend für ein gutes Abbildungsverhalten der Optik bei (hochvergrößerten) Planetenbeobachtungen?

Eine möglichst große Brennweite - weil sie hohe Vergrößerungen zulässt?
Eine möglichst große Öffnung - weil sie ein hohes Auflösungsvermögen besitzt?
Oder ein möglichst kleines Öffnungsverhältnis (f10+, also eine mögl. große Brennweite bei kleiner Öffnung) - weil es eine gute Abbildung im gesamten Gesichtsfeld liefert?

Ist z. B. ein 200/1200 Spiegel (f6), oder aber ein 102/1350 Achromat (f13) bei Planeten im Vorteil? Gibt es da klare Favoriten, oder liegen die Unterschiede im Detail?

Viele Grüße aus dem Rheinland
Jürgen
 
Hallo Jürgen,

am ehesten sind m.E. Farbreinheit und Öffnung wichtig. Ich kann zwar nichts aus eigener Erfahrung über deinen ins Feld geführten f 13 Achromaten sagen aber ein 90mm f 11 Fraunhofer an Jupiter kann gegen einen 200 1200 Dobson nicht im Entferntesten anstinken, weil man mit der kleinen Öffnung nicht vernünftig in Regionen von 250-300fach kommt und bei sagen wir mal 150fach ein gewisser Farbschimmer übrigbleibt.

Ein hoch obstruiertes Gerät habe ich nicht, aber ein verhältnismäßig großer Sekundärspiegel spült das Bild irgendwann weich, das ist auch zu beachten. Außerdem ist selbstredend die allgemeine Qualität der Optik sowohl auf Objektiv- als auch auf Okularseite entscheidend.

CU
Klaus
 
Hallo Jürgen,

eigentlich muss man nur saubere Spots fordern, aber...
- wie von Klaus genannt, bedeutet hohe Obstruktion eben nicht mehr so saubere Spots (Thema 1. Beugungsring).
- Spots sind nicht sauber, nur weil die Optik eine Farbe superdolle beugungsbegrenzt Strehl 100 hinkriegt, sondern alle Farben zugleich bitte im gleichen Fokus. Mein "Liebling" der Achromat kann das nicht, nein auch mit f/15 noch nicht gut genug.
- Ein großes Öffnungsverhältnis stellt derbe Anforderungen an alle nachfolgenden Systeme, Pixelgröße einer Kamera, Leistung eines Okulars. Die Spots werden nämlich absolut klein, und somit schrumpft auch jegliche Fehlertoleranz. Somit lässt ein kleineres Öffnungsverhältnis viel eher ein System "im Rahmen der gewünschten Fehlertoleranzen" zu.
- Kontrolle des Tubus-Seeings sei angenerkt, jaaa, hat auch ein Refraktor, wer was anderes sagt, der lügt.
- Beobachterseeing sei auch angemerkt, Kuppelseeing auch.

Zur konkreten Frage: ein 100 f/13 hat vom Farbfehler her noch einen erheblichen Nachteil bezüglich seiner Spots, was ein sauber funktionierender 200/1200 bei weitem nicht durch Obstruktion verliert. Den 100mm f/13 Achromaten wird selbst ein hoch obstruierter 127mm Mak angehen können und mit einem funktionierendem (!) 130/650 Spiegelchen lässt Du den einfach mal stehen. Da können sich die Kontrast-Durchmesserlis auf den Kopf stellen, denn sie können keinen Kontrastdurchmesser auf einen Achromaten beziehen, außer sie würden einen engen Filter einsetzen und nur über ein giftgrünes OIII-Bild reden. Aber wehe, jemand hat gemerkt, dass ein Newton 130/650 nur in den Dummbeutel-Serienteleskopen mit Turmbau-OAZ und Foto-Auslegung einen 40er Fangspiegel braucht. Dann ist auch ein 100mm Apo fällig...

Clear Skies
Sven
 
> Da können sich die Kontrast-Durchmesserlis auf den Kopf stellen, denn sie können keinen Kontrastdurchmesser auf einen Achromaten beziehen, außer sie würden einen engen Filter einsetzen

Was oft in dieser Betrachtung vergessen wird, ist die Streulichtanfälligkeit der Spiegelsysteme. Ein 88% reflektierender Spiegel entlässt eben einen gehörigen Teil des Lichts diffus, d.h. kontrastmindernd.
 
Hi Jürgi,

Kontrast und Öffnung sind die Punkte, die ich wichtig finde.

Öffnung, weil sie Licht sammelt und Auflösung bringt.

Kontrast, um Details zu zeigen. Um Kontrast zu erreichen, braucht es Farbreinheit, hoher Strehl (Optikgüte), möglichst geringes Geräteseeing und keine oder geringe Obstruktion (20% oder kleiner).

Das gilt im Wesentlichen für kleinere Optiken. Im Bereich 16 Zoll aufwärts relativiert sich in der Praxis manches wie z.B. die Obstruktionsauswirkung, weil z.B. lokales Seeing verhindert die physikalisch möglichen Maximalvergrößerungen tatsächlich zu nutzen. Schon der 16 Zöller hat AP 1 erst bei 400fach, d.h. visueller Gewinn ggf. bis rauf auf ca 550fach. Das hat man nur selten.

CS
 
Hallo Uwe,

...Was oft in dieser Betrachtung vergessen wird, ist die Streulichtanfälligkeit der Spiegelsysteme. Ein 88% reflektierender Spiegel entlässt eben einen gehörigen Teil des Lichts diffus, d.h. kontrastmindernd

es wäre natürlich schon recht interessant zu erfahren wie hoch denn der Streulichtanteil einer sauberen Spiegelfläche tatsächlich ist. Die fehlenden 12% Nutz- Reflexion werden meines Wissens keinesfalls als 12% Streulicht wiedergegeben, sondern sie werden überwiegend absorbiert. Oder gibt es dazu gegenteilige wissenschaftlich gesicherte Belege?

Gruß Kurt

 
Hallo Kurt,

ach, das sind immer diese wunderbaren Vergleiche: Gewienerte Linsen gegen taufleckige Spiegel. Ich gehe aber von korrekt gebauten Teleskopen aus. Mist bauen kann man beliebig, bei jedem Teleskoptyp. Und zu einem Newton gehört nunmal, dass man das Streulicht aus der Umgebung versorgt. Viele Geräte haben da Defizite.

Was nicht reflektiertes Licht angeht: Es geht auch ziemlich viel einfach durch. Man kann ja mit einer Taschenlampe auch prima durch eine forcierte Verspiegelung durchschauen. Bei meiner Hilux gar kein Problem. Daher weise ich ab und an darauf hin, dass Sonnenbeobachter dafür sorgen sollen, dass sie sich nicht Streulicht rückwärts durch den Spiegel einfangen, wenn das Gerät auf hellem Boden und vor hellen Wänden steht.

Ich frage mich immer, wie selten denn gut beherrschte Spiegelteleskope wirklich sind. Wenn es etwas zu bemängeln gibt, dann die Spikes, und dagegen gibt es ja nun diverse Konzepte. Aber solche Details entscheiden dann erst, wenn es hart auf hart kommt, während bei dem hier angesetzten Vergleich... also das ist schlicht gar kein Vergleich. Aber: Man kann sicher Geräte so von der Stange kaufen, dass diese beiden sich einen harten Kampf liefern - traurig.

Clear Skies
Sven
 
Hallo Sven,
ach, das sind immer diese wunderbaren Vergleiche: Gewienerte Linsen gegen taufleckige Spiegel...

mir ging es aber ausschließlich nur um den Streulichtanteil einer blitzsauberen Spiegelfläche am gesamten Streulicht einer ansonsten perfekten Optik . ?) Letzterer beträgt nämlich selbst bei dem allerteurebesten Refraktor mindestens rund 14% von eingefangenen Nutzlicht.

Gruß Kurt
 
Danke für Eure Antworten.
Meine Frage ist - zumindest grundlegend - beantwortet. Den Ausführungen von Sven kann ich allerdings nicht mehr folgen (danke trotzdem).

Jürgen
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Das ist Murks.

1. Streuung ist was anderes als Beugung. Sollte man auseinanderhalten können und nicht "ganz einfach" gleichsetzen.

Streuung entsteht an zahlreichen Hindernissen die klein gegen die Wellenlänge sind (mikroskopische Oberflächenunebenheiten z.B.) und macht deshalb diffuses unstrukturiertes Licht in alle möglichen Richtungen.

Beugung dagegen findet an einem gegen die Wellenlänge grossen Hindernis, z.B. einer Kante statt und entlässt das Licht vergleichsweise hoch strukturiert, im bekannten Hell-Dunkel-Streifenmuter.

2. Nicht nur das Licht im Airyscheibchen, sondern auch das Licht in Beugungsringen trägt noch Information und ist deshalb kein nutzloses Streulicht (weshalb man auch nicht von Streuungsringen spricht und weshalb durch Obstruktion verstärkte und verlagerte Beugungsringe die Wiedergabe mittlerer Ortsfrequenzen sogar ganz minimal verbessern können).

3. Es wirkt irreführend, wenn beim Vergleich Spiegel Linse die unvermeidlichen Beugungsverluste einer Öffnung für den Refraktor mit einer Zahl angeprangert werden, aber die obstruktionsbedingt noch höheren entsprechenden Verluste beim Spiegel ungenannt bleiben. Oder soll der falsche Eindruck entstehen beim Spiegel gäb's das alles nicht?

CS Nevi
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Nevi,

Mikrorauigkeit haben auch Refraktoren, spricht aber keiner von. (Extrem: CaF2)
Es wirkt irreführend, wenn beim Vergleich Spiegel Linse die unvermeidlichen Beugungsverluste einer Öffnung für den Refraktor mit einer Zahl angeprangert werden, aber die obstruktionsbedingt noch höheren entsprechenden Verluste beim Spiegel ungenannt bleiben.
Noch höher bei gleicher Öffnung, aber das will ja keiner vergleichen. Vergleicht man trocken die MTF vom Typischen Vollmeisen-Beispiel 4" Traumrefri gegen 8" Stangenspiegel, ist der Zahn trotzdem vollständig gezogen und die Aussage zur Lüge verkehrt.

Es ist auch reichlich blöde, denn hin und wieder findet man ja einen Spiegel im Trimm (bei Kurt eben öfter, als bei anderen). Man müsste nur mal durchgucken. Diese Optiken müssen mit Magie funktionieren, denn eigentlich ist jede Kleinscherbe einem obstruierten Teleskop überlegen. Huch, das war nicht nur ironisch, sondern auch polemisch...
Für mich ist es ein Fakt, dass die meisten Spiegeloptiken einfach massiv Leistung liegen lassen, weil deren Besitzer sich nicht darum kümmern. (Letzteres darf eine bewusste Entscheidung sein, aber auch dem "nicht Können" ist wenig Vorwurf zu machen.)

Meistens wirkt einzig die Begegnung mit einem Augenöffner-Spiegel heilsam gegen diese Art Diskussion. Nur wer ein paar Kiloeuro in einem Edelapo stecken hat, redet sich manchmal gut zu, damit es nicht so schlimm wird. Es soll aber auch Apo-Besitzer geben, die ihre Optiken aus ganz anderen Gründen lieben - und das macht echt Spaß. Es ist wohl ein Problem unserer Leistungsgesellschaft, dass man etwas nur lieben darf, wenn es Platz 1 in allen Disziplinen hat.

Clear Skies
Sven
 
Hallo Nevi,
1. Streuung ist was anderes als Beugung. Sollte man auseinanderhalten können und nicht "ganz einfach" gleichsetzen.
den Unterschied bemerkt man aber bei der Abbildung von flächigen Objekten nicht. Beide "Lichtarten" mindern den Kontrast und damit das Auflösungsvermögen für Details, siehe Kontrastübertragungsfunktion.

3. Es wirkt irreführend, wenn beim Vergleich Spiegel Linse die unvermeidlichen Beugungsverluste einer Öffnung für den Refraktor mit einer Zahl angeprangert werden, aber die obstruktionsbedingt noch höheren entsprechenden Verluste beim Spiegel ungenannt bleiben. Oder soll der falsche Eindruck entstehen beim Spiegel gäb's das alles nicht?

Sorry, hab ich doch tatsächlich vergessen auf die sonderbare Wirkung der Obstruktion hinzuweisen. Vielen dank dafür dass du das nachgetragen hast :super:

...Beugung dagegen findet an einem gegen die Wellenlänge grossen Hindernis, z.B. einer Kante statt und entlässt das Licht vergleichsweise hoch strukturiert, im bekannten Hell-Dunkel-Streifenmuter.

Aber so richtig abbildungsförderlich ist das aber nicht wirklich, genau so wenig wie die Beugungsringe.

Aber noch mal zurück Streulicht von Spiegelflächen lt. deiner Definition. Kennst du vielleicht den Anteil des davon ausgehenden sichtbaren Streulichtes in Verhältnis zum Nutzlicht, falls ja bitte um Quellenangabe. So nach meinen Gefühl ist das von Staubpartikeln auf einer opt. Fläche ausgehende Streulicht meistens intensiver als das von der Mikrorauheit.

Gruß Kurt




 
Status
Es sind keine weiteren Antworten möglich.
Oben