Doppelstern Castor mit schönen Airy-Scheibchen

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Heljerer

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Hallo zusammen!

Doppelsterne langweilen mich. Gott hat Doppelsterne nur zu dem Zweck erschaffen, damit Menschen ihre Teleskop-Optiken testen können. So habe ich zumindest bisher immer gedacht.

Gestern habe ich mir trotzdem mal Castor vorgenommen. Verwendet habe ich meinen Skywatcher 114/450 mit einem ES 4,7mm/82° Okular. Dadurch, dass ich schon vor Sonnenuntergang angefangen hatte, konnte ich sehr schön beobachten, wie das Seeing im Laufe der Dämmerung ein Optimum durchlaufen hat, um sich schließlich wieder zu verschlechtern. (Ein normaler Effekt, den man nutzen kann, wenn gutes Seeing notwendig ist.) Gutes Seeing hatte ich zwischen ca. 20 und 21 Uhr.

Link zur Grafik: http://fs1.directupload.net/images/180419/pxz7tarx.jpg

Castor ca. 70° über dem Horizont

Was soll ich sagen: Der Anblick war alles andere als langweilig. Ich habe ein lehrbuchmäßig ausgeprägtes Beugungsmuster gesehen. Zwei ausgestanzte Airy-Scheibchen und drumherum Beugungsringe.

Ich habe versucht, das in einer Skizze schematisch darzustellen:

Link zur Grafik: http://fs5.directupload.net/images/180419/j38tkmkd.jpg

Den Durchmesser der Airy-Scheibchen habe ich zu 2,6 Bogensekunden berechnet. (Dieser Wert darf nicht mit der Auflösung des Teleskops verwechselt werden!) Den Abstand zwischen den Scheibchen habe ich als etwas größer gesehen als deren Durchmesser. Ich schätze daher mal ca. 3 Bogensekunden. Dementsprechend wäre der geschätzte Abstand der beiden Sternkomponenten 5,6 Bogensekunden. Leider konnte ich im Internet für den aktuellen Abstand nur widersprüchliche Angaben zwischen 5" und 7" finden. Vielleicht hat ja jemand von euch verlässliche Daten hierzu.

Ich konnte mich an dem Anblick gar nicht sattsehen. Da sieht man mal: Ich muss einfach öfter meine Vorurteile hinterfragen.

An anderer Stelle wurde hier im Forum kürzlich behauptet, man könne mit ähnlich kleinen Geräten die Jupitermonde als Scheibchen sehen. Selbst zum Zeitpunkt der Opposition erreicht Ganymed aber maximal 1,7". Mit anderen Worten: Man sieht Ganymed zwar als Scheibchen. Das ist aber auch nichts anderes als das Airy-Scheibchen. Fürs echte Mondscheibchen braucht's schon deutlich mehr Öffnung.

Gruß
Wolfgang

 
Hallo Wolfgang,

Danke für Deinen interssanten Bericht. Ich habe lange Planeten mit Öffnungen zwischen 100mm und 140mm beobachtet und war es eigentlich gewohnt, die Jupiter-Monde nicht nur an ihrer jeweiligen Stellung, Helligkeit und Farbigkeit zu unterscheiden, sondern auch an ihrer Größe. Callisto und Europa haben ziemlich die selbe Helligkeit und Farbigkeit, doch Callisto scheint mir bei hoher Vergrößerung größer als Europa, und zwar um etwa das anderthalb-fache. Das habe ich immer als Beleg für die "Scheiben-Eigenschaft" gesehen. Das scheint gegen die Theorie zu sprechen, wenn ich Dich richtig verstehe - ist aber meine Praxis - oder vielleicht verstehe ich die Theorie falsch.

Beste Grüße, Christopher
 
Hallo Christopher!

Zitat von Schiefspiegler:
...doch Callisto scheint mir bei hoher Vergrößerung größer als Europa, und zwar um etwa das anderthalb-fache. Das habe ich immer als Beleg für die "Scheiben-Eigenschaft" gesehen. Das scheint gegen die Theorie zu sprechen, wenn ich Dich richtig verstehe - ist aber meine Praxis - oder vielleicht verstehe ich die Theorie falsch.

Ich weiß nicht, ob das unbedingt ein Widerspruch ist, zu dem was ich beschrieben habe. Eine Punktquelle im 100 mm-Newton erscheint 2,6" groß. D.h., aus der Tatsache, dass man irgendetwas Flächiges im Okular sieht, kann man nicht schließen, dass das Objekt auch tatsächlich flächig ist. Ich gehe aber schon davon aus, dass ein flächiges Objekt ein größeres Beugungsscheibchen erzeugt als eine Punktquelle. Insofern wird deine Beobachtung schon stimmen.

Ich habe auch probiert, im Internet Beugungsmuster für flächige Quellen zu finden, allerdings ohne Erfolg. Gerechnet hat das aber bestimmt schon jemand. Man müsste vielleicht mal selber eine flächige Quelle aus einer Überlagerung vieler einzelner Punktquellen simulieren. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass der erste Beugungsring bei einer flächigen Quelle schwächer ausgeprägt ist als bei einer Punktquelle. Das wäre dann auch eine Erklärung, warum Planetenmonde und Asteroiden im Okular irgendwie anders erscheinen als Sterne.

Leider bin ich auch nicht der große Experte in Sachen Wellenoptik. Ich hab mir das auch erst gestern alles in der englischen Wikipedia durchgelesen. Dort wird, anders als in der deutschen Ausgabe, auch dargelegt, wie man die Airy-Scheibchen für obstruierte Optiken rechnen kann. Damit habe ich meine 2,6" berechnet (100 mm effektiver Durchmesser, 30 mm Obstruktion).

Gruß
Wolfgang
 
Hallo Wolfgang,

eine verlässliche Quelle sind die Ephemeriden im Sixth Catalog of Orbits of Visual Binary Stars:

Sixth Catalog of Orbits of Visual Binary Stars

Dort findet man Castor unter der WDS-Nummer 07346+3153 bzw. dem Namen STF1110AB. Die Abstände sind:

2016.0: 5.109"
2017.0: 5.178"
2018.0: 5.246"
2019.0: 5.312"
2020.0: 5.377"

Siehe auch

Stelledoppie.it - Castore

Der aktuelle Abstand sollte also zwischen 5.2" und 5.3" liegen.

Viele Grüße
Mark
 
Hallo Wolfgang,

zu der Frage, ab welcher Öffnung man die Jupitermonde als Scheibchen sehen kann, ist hier noch ein interessanter Artikel:

Cloudynights: Disk vs. Airy Disk - Seeing Jupiter's moons as disks

Danach entsteht das Beugungsbild von ausgedehnten Objekten wie den Jupitermonden durch Addition der Airy-Disks von jedem einzelnen Punkt auf dem Objekt. Darin ist vermutlich implizit die Annahme gemacht, dass das Licht inkohärent ist und man daher einfach die Intensitäten addieren kann.

Wenn man auf dem Jupitermondscheibchen von Durchmesser d die Randpunkte betrachtet, vergrößert sich das Scheibchen nach außen um den Radius D/2 der Airy-Disks. Insgesamt erscheint der Jupitermond dann mit Durchmesser d+D, wenn ich das richtig verstehe, d.h. größer als die Airy-Disk.

Bei kleiner Öffnung ist D relativ groß im Vergleich zu d, d.h. man sieht vor allem die Airy-Disk. Bei größerer Öffnung wird D kleiner und man sieht vor allem das Mondscheibchen.

Der absolute Größenunterschied

(D+d)-(D+d') = d-d'

zwischen zwei Jupitermonden ist immer derselbe, unabhängig von der Teleskopöffnung, aber der relative Unterschied

(D+d)/(D+d')

hängt von der Öffnung ab und nähert sich dem realen Verhältnis d/d' immer besser an, je größer die Öffnung wird, weil dann D gegen 0 geht. Deshalb erkennt man die unterschiedliche Größe der Jupitermonde erst mit größerer Öffnung.

Viele Grüße
Mark
 
Moin Mark!

Nebenbei: Was haben die Jupitermonde jetzt mit Castor zu tun? :gutefrage:

Besser hätte der Verweis in den Fiction-Thread um den 72er ED-APO weiter oben gepaßt, dessen Wunderoptik die dollsten Dinge zugeschrieben wurden (welch' ein sinnloser Thread!). :smiley64:
Dieser Kernsatz aus dem CN-Thread
"None of Jupiter's moons can be resolved with a 80mm scope. Ganymede, and possibly Callisto, but no others, may be resolved with a 100mm scope."
hätte unseren foreneigenen Theoretikern, Strehlis und APO-Phantasten sämtliche Zähne gezogen. :smiley55:

Make my day! :super:

Tschuldigung für's OT! :blush:
 
Hallo Winnie,

stimmt schon, das Thema war primär Castor, aber es ging oben auch um die Frage, ab welcher Öffnung man die Jupitermonde als (unterschiedlich große) Scheibchen sehen kann.

Viele Grüße
Mark
 
Hallo Mark,

Zitat von M_Hamilton:
Danach entsteht das Beugungsbild von ausgedehnten Objekten wie den Jupitermonden durch Addition der Airy-Disks von jedem einzelnen Punkt auf dem Objekt.

Genau das habe ich damit gemeint als ich oben geschrieben habe:

"Man müsste vielleicht mal selber eine flächige Quelle aus einer Überlagerung vieler einzelner Punktquellen simulieren."

Damit könnte man das gesamte Beugungsmuster einer flächigen Quelle (z.B. Jupitermond) simulieren. Interessant bei dem Cloudynights-Artikel ist auch die Betrachtung, dass bei dunkler Lichtquelle das Airy-Scheibchen kleiner erscheint, da der dunklere Außenbereich nicht mehr wahrgenommen und quasi abgeschnitten wird. Das heißt konkret, dass es eine direkte Abhängigkeit zwischen der Größe des Airy-Scheibchens und der Helligkeit des Objekts gibt. Das wird auch in einem Artikel über Galileo Galilei dargelegt. Galileo ging davon aus, dass alle Sterne gleich groß sind. Über die Abbildungsgröße hat er versucht die Entfernung zu bestimmen. Tatsächlich hat er auch gefunden, dass schwächere Sterne im Teleskop als kleinere Scheibchen erscheinen (siehe Abbildung 4 auf Seite 7). Aus seiner damaligen Sicht war damit alles sehr schlüssig. Er konnte ja nicht wissen, dass ihn die Airy-Scheibchen zum Narren gehalten haben.

Interessant wieviel man mit diesen "langweiligen Doppelsternen" doch anfangen kann.

Gruß
Wolfgang
 
Hallo Wolfgang,

"Interessant wieviel man mit diesen "langweiligen Doppelsternen" doch anfangen kann."

Oja! Darf ich dir diese Seite ans Herz legen von J.S. Schlimmer. Da hab ich beim Stöbern Feuer gefangen.
Es gibt Amateure, die haben bei Doppelsternen sogar große Teile der Umlaufperioden mitbeobachtet. Ich selbst habe mal für mich den ersten DS-Katalog von 1779 von C. Mayer nachbeobachtet um zu sehen, wie sich seine Beobachtungen heute nachvollziehen und nachmessen lassen.
Also nix von wegen langweilig :)
Gruß
Thorsten
 
Hallo Wolfgang,

ich sehe gerade mit Freude, dass es im Forum einen weiteren Beobachter gibt, der solchen behaupteten Unsinn mal praktischen Überprüfuingen durch Beobachtung und Heranziehung anderer Quellen unterzieht. Es gibt wirklich nicht mehr Viele oder sie haben aufgegeben darüber zu schreiben.
Meist folgt, wie auch im letzten Fall wieder, auf Anleitung zu konkreten Beobachtungen nur noch Schweigen.

Allerdings

Zitat von Wolfgang_Hofer:
....
An anderer Stelle wurde hier im Forum kürzlich behauptet, man könne mit ähnlich kleinen Geräten die Jupitermonde als Scheibchen sehen. Selbst zum Zeitpunkt der Opposition erreicht Ganymed aber maximal 1,7". Mit anderen Worten: Man sieht Ganymed zwar als Scheibchen. Das ist aber auch nichts anderes als das Airy-Scheibchen. Fürs echte Mondscheibchen braucht's schon deutlich mehr Öffnung.....

ist aber schon dein hier abschließender Satz der offene argumentative Ausweg für den Fall einer Überprüfung.
Da ist von Scheibchen die Rede, nicht von Mondscheibchen, auch wenn jeder Leser in Richtung Planetenscheibchen denkt.
Außerdem schreibt da jemad der auch schreibt, dass er bei 1,7 mm AP Beugungsscheibchen auflöst und dann bis weit in die für andere Leute leere Vergrößerung hinein Detailgewinn hat.
Im Falle der thematisierten 71 mm Öffnung also angefangen bei rund 40fach und natürlich die Unschärfe, dass das Öffnungsverhältnis als elementare Grundlage fehlt.
Möglichst hohe Unschärfe als Ausgangsannahme für eine dann beihart und sehr konkret vertretene Meinung, Aussage und sogar wissenschaftlich wirkende, vom Weg her absolut korrekte und daher nicht zu bezweifelnde Berechnung.

Das ist ein Programm dem man nur mit Beobachtung beikommt, wenn man wissem und lernen will.
Und ja, die entsprechenden Beobachtungsprogramme und die Beobachtungen selbst sind durchaus spannend.

Gruß
*entfernt*
 
Zuletzt bearbeitet:
Zitat von Wolfgang_Hofer:
Was soll ich sagen: Der Anblick war alles andere als langweilig. Ich habe ein lehrbuchmäßig ausgeprägtes Beugungsmuster gesehen. Zwei ausgestanzte Airy-Scheibchen und drumherum Beugungsringe.
Naja, ob das wirklich so lehrbuchmäßig war?
Mein 8-Zöller hat mir gestern einen Zwischenraum der beiden Castor-Sterne von etwa 4 Sterndurchmessern gezeigt. Mit 50mm Blende war es knapp 1 Durchmesser. Dein 114mm Newton müßte also mindestens 2 Durchmesser zeigen! Laut deiner Zeichnung war dies aber nicht so, wodurch ich schlußfolgere dass der Newton erhebliche sphärische Abberation aufweist und deshalb viel größere Sternscheibchen produziert als eine beugungsbegrenzte Optik. Und dies überrascht mich auch nicht, da ich dieses Teleskop selbst schon mal hatte und da war das genau so. Die Cassini-Teilung beispielsweise habe ich damit kaum bis garnicht gesehen, während sie mein 120/1000 Refraktor vom selben Hersteller umlaufend zeigt!

Nach meinen Abschätzungen liefert eine 6 Zoll Optik ein Sternscheibchen von 1 Bogensekunde, für die Jupitermonde braucht man also mindestens soviel Öffnung um alle 4 wahren Monddurchmesser zu sehen. Mit 4 Zoll gehen höchstens Ganymed und Kallisto.
 
Hallo Thorsten!

Zitat von 47Tau:

Danke für den Tipp. Ich war schon mal früher kurz auf dieser Seite, hätte sie aber ohne deinen Hinweis wahrscheinlich nicht mehr gefunden. Ich werde das mal zum Anlass nehmen mich ein bisschen mehr damit zu beschäftigen.




Hallo Coltrane!

Zitat von coltrane:
Dein 114mm Newton müßte also mindestens 2 Durchmesser zeigen! Laut deiner Zeichnung war dies aber nicht so, wodurch ich schlußfolgere dass der Newton erhebliche sphärische Abberation aufweist und deshalb viel größere Sternscheibchen produziert als eine beugungsbegrenzte Optik.

Ich habe mir hier vor kurzem erklären lassen, dass aufgrund des etwas zu kleinen Fangspiegels für den effektiven Durchmesser des Hauptspiegels nur 98 mm anstatt 114 mm angesetzt werden dürfen.

Den Durchmesser des Airy-Scheibchens habe ich berechnet mit

d [radiant] = 2 * 1,11 lamda/D

Nicht wundern, dass die sonst üblichen 1,22 durch 1,11 ersetzt sind. Hierin ist die Obstruktion von 30% berücksichtigt. Der Faktor 2 kommt von der Beziehung zwischen Airy-Scheibchen-Durchmesser und Auflösung (Raleigh-Kriterium). Mit lamda = 555e-9 m und D = 0,98 m ergibt sich für den Durchmesser des Airy-Scheibchens d = 1,26e-5 rad bzw. d = 2,6".

Die Größe des gesehenen Airy-Scheibchens kann ich nicht messen. Was ich wahrgenommen habe, ist, dass der Zwischenraum zwischen der Airy-Scheibchen geringfügig größer war als deren Durchmesser. Was passt da jetzt nicht? Das, was ich gesehen habe, wäre bei einem tatsächlichen Abstand der Sternkomponenten von 5,3" ja sogar besser als beugungsbegrenzt. Ich habe auch lange mit mir gehadert, ob der der Zwischenraum jetzt größer oder gleich der jeweiligen Durchmesser erscheint. Wahrscheinlich habe ich mich doch ein kleines bisschen verschätzt. In Anbetracht der mickrigen Größe bin ich aber recht zufrieden mit dem Ergebnis.

Wie kommst du jetzt dazu, dass das gesehene Airy-Scheibchen größer als das beugungsbegrenzte ist?

Zitat von coltrane:
Nach meinen Abschätzungen liefert eine 6 Zoll Optik ein Sternscheibchen von 1 Bogensekunde.

Also nach meiner Rechnung kommen da bei 20% Obstruktion 1,76" und bei 30% Obstruktion 1,67" raus.

Gruß
Wolfgang
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich weiß nicht was du da alles berechnest, es ist doch ganz einfach. Nach Rayleigh beträgt das Auflösungsvermögen einer 100mm Optik 1,38 Bogensekunden. Da sich dabei die Beugungsscheibchen bereits ein wenig überlappen sind diese folglich etwas größer. Deswegen setzte ich als Richtwert die besagten 1,5 Bogensekunden an. Wie du bei deinem Newton auf 2,6 kommst verstehe ich nicht, jedenfalls ist das ein miserabler Wert. Was gute Teleskope zeigen habe ich bereits geschildert und das paßt dann auch zur Theorie.
 
Hallo Coltrane,

die von dir berechneten 1,38" sind gemäß Rayleigh der Radius des Beugungsscheibchens nicht der Durchmesser. Der Durchmesser ist dann 2,76". Ich komme davon abweichend auf 2,6" weil ich die Obstruktion mit berücksichtigt habe.

Gruß
Wolfgang
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Die 1,38" sind der Abstand der Mittelpunkte der beiden Beugungsscheibchen. Mit dem Radius hat das alles nichts zu tun. Wie bereits gesagt, mein 8-Zöller liefert ungefähr 4 Sternscheibchen Abstand zwischen den Castor Sternen. Desweiteren sollten die Beugungsscheibchen bei 100-fach wie in deinem Versuch (also 1mm AP) noch nahezu punktförmig erscheinen.
 
Zitat von coltrane:
Die 1,38" sind der Abstand der Mittelpunkte der beiden Beugungsscheibchen.
Richtig.


Zitat von coltrane:
Mit dem Radius hat das alles nichts zu tun.
Falsch.

Das Beugungsscheibchen lässt sich nach Airy berechnen. Ergebnis: Durchmesser 2,76". Das ist harte Naturwissenschaft.

Das Rayleigh-Kriterium ist dagegen nur eine "heuristische Regel", die besagt, dass man zwei Airy-Scheibchen dann gerade noch als getrennt wahrnimmt, wenn deren Mittelpunktsabstand gleich dem Radius des Airy-Scheibchens ist.

Also:
Auflösevermögen 1,38"
Airy-Scheibchen-Durchmesser 2,76"

Gruß
Wolfgang
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich gebs auf und verweise auf Wikipedia.
Dort sieht man klar dass der Abstand der beiden Sternmittelpunkte fast genau so groß wie deren Durchmesser ist und nicht deren Radius.
 
Zitat Wikipedia:

"Zwei Punkte lassen sich dann sicher (nach dem Rayleigh-Kriterium) trennen, wenn die Maxima ihrer Abbilder mindestens um den Radius r des Beugungsscheibchens auseinander liegen."
 
Zitat von coltrane:
Ich gebs auf und verweise auf Wikipedia.
Dort sieht man klar dass der Abstand der beiden Sternmittelpunkte fast genau so groß wie deren Durchmesser ist und nicht deren Radius.
Ist wohl ein häufiges Missverständnis. Hier ist die englische Wikipedia ziemlich klar:

Airy disk

The Rayleigh criterion for barely resolving two objects that are point sources of light, such as stars seen through a telescope, is that the center of the Airy disk for the first object occurs at the first minimum of the Airy disk of the second. This means that the angular resolution of a diffraction-limited system is given by the same formulae.

Rayleigh Criterion

two point sources are regarded as just resolved when the principal diffraction maximum of one image coincides with the first minimum of the other.

Figure Caption: Airy diffraction patterns generated by light from two points passing through a circular aperture, such as the pupil of the eye. Points far apart (top) or meeting the Rayleigh criterion (middle) can be distinguished. Points closer than the Rayleigh criterion (bottom) are difficult to distinguish.
 

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So, um die Sache mal abzuschließen war ich grad draußen und hab ein paar Tests durchgeführt. Meinen 8" Dobson habe ich dazu immer weiter abgeblendet bis sich die beiden Castor Sterne irgendwann berührten. Dies war dann bei 30mm Öffnung der Fall. Der Abstand beträgt laut meinen Recherchen momentan 5,4 Bogensekunden, so dass man mit 30mm Öffnung Beugungsscheibchen von eben diesem Wert erhält.

Für 100mm Öffnung ergibt das dann einen Sterndurchmesser von 1,6 Bogensekunden, woraus sich ein Abstand der beiden Sternränder von 3,8 Bogensekunden errechnet, was wiederum 2,3 Scheibchendurchmessern entspricht.

Diese Werte weichen erheblich von denen im Eröffnungsbeitrag ab und deshalb kam von mir auch der Einwand dass der 4,5" Newton bei weitem nicht das maximale Auflösungsvermögen erreicht.

Hinzufügen möchte ich noch dass der hellere Castorstern etwas größer erschien als der andere, so dass die ermittelten Werte möglicherweise nicht für alle Sterne gelten.
 
Hallo Coltrane,

warum du bei 30 mm ein Beugungsscheibchen siehst (5,3"), das deutlich kleiner ist als das nach Airy berechnete (9,3"), kann ich auch nicht wirklich schlüssig erklären. Möglicherweise kommt hier ein ähnlicher Effekt zum Tragen, den ich oben schon mal in Bezug auf die Abhängigkeit zwischen Sternhelligkeit und Scheibchendurchmesser beschrieben habe. (Stichwort Galilei) Dunkle Sterne erscheinen kleiner. Kleine Teleskopdurchmesser dunkeln ebenso ab. Quantitativ belegen kann ich das allerdings nichts - ist nur eine Vermutung.

Was mein Teleskop betrifft, gehe ich tatsächlich von beugungsbegrenztem Verhalten aus. Ich konnte Pi Aquilae (1,4" Abstand) sicher trennen, was gut zum theoretischen Auflösungsvermögen passt, welches ja wie mehrfach dargelegt bei 1,3" liegt.

Gruß
Wolfgang
 
Hallo Wolfgang,

das

Zitat von Wolfgang_Hofer:
...
Was mein Teleskop betrifft, gehe ich tatsächlich von beugungsbegrenztem Verhalten aus....

ist auch berechtigt und dieser Thread zeigt vielfältig auf, wie man sich an starken aber ungenauen Behauptungen, Missverständnissen und verunglückten theoretischen Auslegungen/Schlussfolgerungen und der entsprechenden Beweisnot aufhalten kann.

Gerade Dein 114/450er ist ein Paradebeispiel für ein so benanntes Teleskop von dem es aber sehr viele Varianten gibt.
Aus verschiedensten Gründen nutzen die alle volle Öffnung eher nicht und das hat dann Auswirkungen auf Öffnungsverhälntis, Obstruktion, Lichtsammelleistung, Okularperformanze am Gerät, Stör-/Streulicht und alles was ich noch vergessen habe.

Wer davon ein so richtig schlechtes Beispiel mit krassem Öffnungsschwund und entsprechend riesiger Obstruktion hat, die immer noch keine volle Ausleuchtung vom "Restspiegelchen" bewirkt und vergleicht den z.B. mit einem x beliebigen 90er Linsenteleskop glaubt den dramatischen Berichten und Berechnungen über die massiven Reflektions- und Auflösungsverluste durch obstruierende Fangspiegel sofort und misst dem dann große Bedeutung bei.

Wer volle Öffnung nutzt oder wie Du weiß was er davon nutzt und darauf optimiert, sieht das herbeidiskutierte Drama nicht oder je nach dem wie gut die verglichene Qualität passt, sogar mit umgekehrten Vorzeichen.

Ich weiß nun z.B. warum auch mal ganz bitterböse gegen die Versuche einen 114er zu optimieren gewettert wird und eigentlich erst Ruhe ist, wenn alles wirklich zur vollsten Zufriedenheit des Besitzers gelungen ist.
Da hat einfach jemand einen fürchterlich miesen 114er besessen sich darauf (s)einen Reim passend gemacht. Davon wegzukommen ist schwer.

Gruß
*entfernt*
 
Zuletzt bearbeitet:
Zitat von coltrane:
...wodurch ich schlußfolgere dass der Newton erhebliche sphärische Abberation aufweist und deshalb viel größere Sternscheibchen produziert als eine beugungsbegrenzte Optik.
Hier geht es ja um Beobachtungen und nicht um Optik, aber diese falsche Aussage möchte ich doch nicht so stehenlassen. Bei wachsender sphärischer Aberration wird die Lichtintensität im Beugungsscheibchen immer geringer und das Licht wird immer stärker in die Ringe verteilt. Die Größe des Beugungsscheibchens bleibt jedoch gleich, egal wie viel sphärische Aberration die Optik hat.

Daher ist Doppelsterne trennen wenig geeignet, um die Qualität einer Optik zu beurteilen. Erst wenn die sphärische Aberration so massiv anwächst, dass der 1. Beugungsring so hell wird, dass er das Airy-Scheibchen überstrahlt, denkt man, dass das Airy-Scheibchen größer geworden ist. In Wirklichkeit sieht man in dem Fall jedoch die Summe aus Beugungsscheibchen und 1. Beugungsring.

Zitat von Wolfgang_Hofer:
Galileo ... Er konnte ja nicht wissen, dass ihn die Airy-Scheibchen zum Narren gehalten haben.
Hmm, ich glaube nicht, dass Galilei mit seinen Teleskopen Beugungsscheibchen sehen konnte (Einfachlinsen mit Schlieren, viel zu geringe Vergrößerung. Oder hat er so stark abgeblendet?
 
Hallo Stathis!

Zitat von Stathis_Kafalis:
Hmm, ich glaube nicht, dass Galilei mit seinen Teleskopen Beugungsscheibchen sehen konnte (Einfachlinsen mit Schlieren, viel zu geringe Vergrößerung. Oder hat er so stark abgeblendet?

Die Geschichte, dass man anfangs die Airy-Scheibchen für ein echtes Abbild des Sterns gehalten hat, hatte ich früher schon mal gelesen. Als ich jetzt kürzlich die Literatur über Galilei fand, war ich auch sehr skeptisch. Dafür hielt ich Galileis Teleskope einfach für zu grottenschlecht. Die von mir oben verlinkte Literaturstelle scheint aber seriös zu sein. Vom selben Autor gibt es noch diesen Artikel .

Dort schreibt er:
Within a few years Galileo's skill and instruments improved to the point that he indeed identified stars as being round and with measurable “disks” of definite sizes – sizes which varied with brightness. He was measuring disks by 1617; in 1623 he wrote in detail on stars, saying that “every star is a perfect globe” and that their sizes showed measurable variation in that “no fixed star subtends even 5 seconds, many not even 4, and innumerable others not even 2”; in his famous Dialogue of 1632 he wrote that “...the apparent diameter of a fixed star of the first magnitude is no more than 5 seconds,... one of the sixth magnitude measures[5/6 seconds]....”

Meines Erachtens heißt das aber noch lange nicht, dass Galilei das, was er schreibt, auch tatsächlich gemessen hat. Es ist nicht untypisch für die damalige Zeit, dass einfach mal ein paar Zahlen in den Raum geworfen werden.

Stathis, ich gebe dir Recht: Die Skepsis bleibt.

Gruß
Wolfgang
 
Zitat von Stathis_Kafalis:
Bei wachsender sphärischer Aberration wird die Lichtintensität im Beugungsscheibchen immer geringer und das Licht wird immer stärker in die Ringe verteilt. Die Größe des Beugungsscheibchens bleibt jedoch gleich, egal wie viel sphärische Aberration die Optik hat.
Wie bitte???
Wieso sollte ein Spiegel bei sphärischer Abberation das Licht ausgerechnet in die Beugungsringe befördern?
Bei einem Kugelspiegel (also extreme Form der sphärischen Abberation) haben Mitte und Rand (naja, eigentlich die gesamte Spiegelfäche) eine unterschiedliche Brennweite. Man hat also keinen einheitlichen Fokus, ein Teil des Lichts ist immer defokussiert und führt folglich zu einer vergrößerten Sternabbildung.
Beugungsscheibchen entstehen bei der Beugung eines Lichtstrahls an einer Blende und nicht durch Fehler der Optik.
 
Sphärische Aberration heißt ja ganz grob, dass das Instrument Zonen mit verschiedenen Brennweiten hat. Die Bilder überlagern sich, und ergeben die geringerer Schärfe.

Da auf diese Weise ein fokussiertes Kernbild mit leicht defokkussierten Abbildungen überlagert werden, vergrößert sich die Beugungsscheibe.
 
Schaut euch mal Fig. 10-8 auf Seite 181 im Buch von Harald Suiter an. Da werden die Beugungsbilder im Fokus für ein zu 33% obstruiertes System gezeigt, und zwar einmal ganz ohne Sphärische Aberration (SA), sowie für verschieden große SA-Fehler.

Die zentrale Airy-Scheibe bleibt im wesentlichen unverändert, mit zunehmender SA wandert aber immer mehr Energie in die äußeren Beugungsringe.

Wenn man das Beugungsmuster nicht auflöst, etwa weil es im Weißlicht stark verschmiert wird, dann bekommt man halt einen diffusen Fokus aus der Überlagerung von zentraler Airy-Scheibe und den bei großer SA ähnlich hellen Beugungsringen drumherum.

 
Die Bilder sind aus Aberrator 3.0. Ich habe das Standarfernrohr dort (ein Vierzoll-Apo) benutzt.

Im ersten Bild habe ich die Aberration 3. und 5. Grades parallel erhöht: 0 - 0,5 lambda - 0,5 lambda.

Das zweite Bild zeigt nur den 0,5-lambda-Fall, aber um 0,2 Lambda nach innen fokussiert. Man hat jetzt nicht mehr den Brennpunkt des zentralen Strahles, sondern ein Bild, was sozusagen am besten aussieht. Die Schiebe reduziert sich deutlich. Das ist der Grund dafür, dass der Kugelgestaltsfehler weniger wirksam ist, als es die Zahlen angeben: Man fokussiert auf das beste Bild und erhält einen akzeptablen Zwischenwert. Man kann Pi mal Daumen sagen, dass nur ca die Hälfte der Aberration visuell wirksam wird, verglichen mit anderen Fehlern wie z.B. Astigmatismus.

Wenn man nur Kugelgestaltsfehler der 3. Ordnung simuliert, dann tritt das von Peter erwähnte verhalten ein: Man überlagert ein scharfes Bild mit derselben Art von unscharfen Scheibe, die man zum Einschätzen der Fehlerbilder einstellt. Dis ist ja ein Muster aus dunkeln und hellen Ringen. Indem man diese hellen Ringe als "Energie in die Beugungsringe gewandert" interpretiert, muss freilich an der zentralen Stelle Energie fehlen. In Wirklichkeit wird der Fehler in dieser reinen Form nicht auftreten. Dadurch überlagern sich die Muster der Fehler 3. 5. und meinetwegen höherer Ordnung. Da deren Maxima und Minima jeweils woanders liegen, ergibt sich eine mehr oder weniger homogene Scheibe (3. Bild).
So rein treten die Abweichungen aber normalerweise nicht auf, so dass ich diesen Fall als eher unrealsitisch einschätze.
 

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Wer das Buch von Harald Suiter nicht vorliegen hat, siehe auch:
http://www.telescope-optics.net/diffraction_pattern_and_aberrations.htm

Figure 95 zeigt die Intensitätsverteilung (Point spread function PSF) für fehlerfreie im Vergleich zur fehlerbhafteten Optik. Wie man sieht, bleibt das Beugungsscheibchen fast gleichgroß (1. Minimum= Airy Disk Radius an fast derselben Stelle), nur die Intensitätsverteilung ändert sich.
Der Vergleich bezieht sich ausdrücklich auf "balanced primary spherical aberration", also mit Nachfokusieren auf bestem Fokus (genaue Definition siehe http://www.telescope-optics.net/spherical1.htm)

Ich werde dazu hier im Beobachtungsforum nicht mehr weiter diskutieren, da schon arg strapaziert. Bei Bedarf, vielleicht besser ein neues Thema unter Optik eröffnen?
 
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