Amici-Prisma zur Mondbeobachtung

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Caine

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Hallo,

da ich in letzter Zeit viel visuell auf dem Mond unterwegs bin, nervt mich das seitenverkehrte Bild ehrlich gesagt - es macht mir die Orientierung und das Aufsuchen der Objekte bzw. Krater nicht einfacher. Ich überlege mir deshalb, ein Amici Prisma explizit für den Mond zu verwenden. Bei Planeten und Deep Sky stört mich das seitenverkehrte Bild natürlich nicht... Und die Verwendung am Sucherfernrohr ist vielleicht auch nicht die dümmste Idee?

Ich vermute mal, dass die Verwendung eines Amici-Prismas beim Mond keine großen Probleme machen sollte. Gibt es beim Kauf etwas, auf was ich besonders achten sollte, z.B. bezüglich Qualität, Handhabung usw?

Danke euch!

Viele Grüße und CS!

Christian
 
Hallo Christian,
ich benutzt seit mehr als 20 Jahren das Baader Amici-Prisma zur Mond- und Sonnenbeobachtung. Was anderes würde ich nicht mehr zur Mondbeobachtung benutzen, neben mir der Rükl Mondatlas und man findet sich prima zurecht. Auch sind ja Fotos und Mondkarten aufrecht und seitenrichtig orientiert, so lassen sich die Mondformationen leichter beobachten und erkennen. Oft beobachte ich bei 214x mit dem 115mm Vixen Refraktor.
Die Bildqualität ist gleichwertig mit anderen Prismen (ich habe auch das Baader-T2 Zenitprisma, teure Version). Die oft genannte Kante des Amici ist höchstens bei hellen Planeten zu erkennen.
Zu empfehlen ist noch ein Bino:
Nachteil Mono Beobachtung: ein Auge ist geblendet vom Mond das andere dunkeladaptiert, damit im Mondatlas während der Beobachtung nachsehen ist schwer, bei Binobeobachtung sind beide Augen gleichmäßig im Anblick und der Atlas sofort leicht zu lesen/sehen.
Ich würde nur ein hochwertiges kaufen (Baader), es muß schon was taugen, auch die T2 Anschlüsse sind klasse um Zubehör leicht und universell anzuschließen. Die ATT ist ja bald.

Einige Beobachtungsideen vom Mond findest Du auf meiner Seite:
www.Olaf-Dieme-Naturfotografie.de

Viele Grüße Olaf.
 
Hallo Olaf,

danke für die Info, die bringt mich schon mal gut weiter!

D.h. ich benötige für den Anschluss des Baader Amici-Prismas am Teleskop bzw. vom Okular am Prisma noch entsprechende Adapter?

Viele Grüße

Christian
 
Hallo Christian,

richtig, du kannst dir bei Baader 2-Zoll oder 1,25-Zoll Anschlüsse im T2 System aussuchen und auch eine passende Okularhülse oder eben Anschlüsse für ein Bino (Schnellwechselsystem). Dann passen auch gleich die Glaswegkorrektoren für Binos in die Anschlusshülsen.
Ist alles im T-2 System bei Baader gut durchdacht.

Viele Grüße Olaf.
 
Hallo Olaf,

das Baader Amici ist von anerkannt guter Qualität, das vorweg. Aber es mangelt ihm an einem Phasenkorrekturbelag, so dass es rein technisch/physikalisch nicht dazu in der Lage ist, die volle Auflösung der Primäroptik ans Okular weiterzugeben. Zeiss lässt sich bei seinen Dachkant-Gläsern den P*-Belag teuer bezahlen. In der astronomischen Welt hat die Amici-Beobachtung wohl stets eine so untergeordnete Rolle gespielt, dass kein Bedarf vorhanden ist.
Ich nehme den Mond so rum, wie er aus dem Okular kommt, egal ob Refraktor, Katadiopter oder Newton.

Clear Skies
Sven
 
Hallo Sven,
ein optisch natürlich sehr interessanter Einwand.
Nun müsste man zuerst klären, ob die von Baader beworbene BBHS Silberbeschichtung auch den Zweck der Phasenkorrektur erfüllt (obwohl sie ja auch beim Prisma und Spiegel verwendet wird). Sie war auch schon früher in den 90er Jahren wohl drauf, wurde aber nicht extra erwähnt. Beim Fernglas wird sie schon bei niedrigen Vergrößerungen so um 7-10x angewand wegen der Bildschärfe, aber am Fernrohr scheint das Amici von Baader auch bei 200x scharf, in älteren Berichten hier auf Ade waren die Benutzer nicht unzufrieden, es waren keine Klagen zu lesen. Vielleicht hat ja das Öffnungsverhältnis wie auch beim Glasweg auf die Wirksamkeit der Phasenkorrektur (ich gehe da mit F13 rein, beim Fernglas wohl eher um F4 oder ähnlich), eine Bedeutung.
Vielleicht kann ein Optiker das mal berechnen, für mich in der Praxis bleibt das Baader-Amici ein wichtiges Zubehör.

Kurze Erläuterung zu meinem Öffnungsverhältnis F 13:
Vixen ED 115/890 hat F 7,74, Baader GWK Typ 1,7x vor dem Amici + Baader Großfeldbino, der GWK 1,7x hat seine Vergrößerung von 1,7x nur vor dem Amici, vor dem Großfeldbino allein eingebaut sind es etwas weniger als 1,4x ! Dem 1,25x ergeht es ebenso.

Viele Grüße Olaf.
 
Hallo Olaf,

ich hatte das vor einiger Zeit schonmal gecheckt und war zu dem Schluß gekommen, das Baader Profi genug wäre, einen Phasenkorrekturbelag werbetechnisch auszunutzen.
Du könntest die Sache aber über den Test mit zwei Polfiltern herausfinden. Zwischen zwei gekreuzte (sich gegenseitig abdunkelnde) Polfilter gehalten, muss jeweils eine Seite im Prisma die Polarisationsrichtung wechseln, also die 90° Verkippung der Polfilter aufheben und eben wieder hell werden. Mit Phasenkorrekturbelag hingegen würde bei der Prismenpassage keine Polarisation auftreten (bzw. diese würde zunichte gemacht), und somit der vor dem Auge befindliche Polfilter keine vollständige Abdunklung eines Lichtweges (vielleicht aber eine Einfärbung) zeigen. Da ich aber sowas edles wie ein phasenkorrigiertes Dachkantglas nicht besitze, habe ich das noch nicht selbst ausprobiert.

Clear Skies
Sven
 
Hallo zusammen,

wie muss man sich denn die oft erwähnte Dachkante vorstellen?

Hat jemand ein Foto von diesem Effekt?
 
Hallo Peter,

OK, also ein billiges Amici garantiert ohne Phasenkorrektur habe ich ja. Schaut so aus, mit den beiden "Hälften" eines variablen Polfilters in Szene gesetzt.
Link zur Grafik: http://www.svenwienstein.de/Amici%20ohne%20Phasenkorrektur.jpg
Man muss den Polfilter in der teleskopseitigen Steckhülse zunächst auf die Polarisierung des Prismas justieren, damit der andere Polfilter dann jeweils eine Hälfte abdunkelt. Also:
Beide Filter drehbar einsetzen. Der unten war der Drehbare des variablen Polfilters, der obere steckte im Filtergewinde eines 1,25" auf T2 Adapters.

1. Vor der Aufnahme den unteren Polfilter so justieren, dass man auf einer Seite eine gute Abdunklung schafft.
2. Oberen Polfilter auf maximale Abdunklung justieren: Foto 1
3. Oberen Polfilter ca. 90° drehen: Foto 2 bei fast gleicher Helligkeit der hälften.
4. Oberen Polfilter nochmals 90° drehen: Foto 3 bei umgekehrter Abdunklung.
5. Oberen Polfilter entnehmen: Foto 4
6. Unteren Polfilter entnehmen: Foto 5 (man sieht praktisch nichts von der Teilung des Strahlenkegels.

Da der Phasenkorrekturbelag nun die bereits stattgefundene Polarisation des Prismas wieder "aufmischt", passen beide Hälften des Strahlenkegels also wieder zusammen. Simpel erklärt. Ob es physikalisch korrekt ist, zu behaupten, der Belag verhindere gar die Polarisation, mag jemand mit mehr Wissen in dieser Sache erklären.

Wenn ich die Sache recht verstehe, haben übrigens die 3D-Kino-Brillen auch so einen Belag auf der Richtung Auge weisenden Seite. Und da diese Brillen eigentlich gar nichts kosten...

Clear Skies
Sven
 
Einen Phasenkorrekturbelag braucht man meines Wissens nach nur, wenn man auf die Totalreflexion einer Glasfläche setzt. Sobald man eine reflektierende Beschichtung aufbringt, kommt es nicht mehr zur Totalreflexion und damit auch nicht zur Goos-Hänchen Verschiebung. Damit sollten silberverspiegelte Prismen keine Phasenverschiebung zeigen. Der Nachteil daran ist halt der geringere Reflexionsgrad einer Silberverspiegelung ggü. der Totalreflexion.

Aber mal was anderes: Was passiert, wenn man zwei Zenitspiegel hintereinander benutzt? Ich kann es mir gerade nicht richtig vorstellen: Wenn man einen Spiegel seitwärts einsetzt und den anderen dann nach oben wird das Bild um 90° gedreht oder? Könnte natürlich auch eng werden mit dem Backfokus.

Viele Grüße,
Sebastian
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Christian,

für solche Fälle verwende ich gespiegelte oder umgekehrte Mondkarten (wie z.B. im kleinen Rükl).

CS

Matthias
 
Zitat von b_schaefer:
Einen Phasenkorrekturbelag braucht man meines Wissens nach nur, wenn man auf die Totalreflexion einer Glasfläche setzt. Sobald man eine reflektierende Beschichtung aufbringt, kommt es nicht mehr zur Totalreflexion und damit auch nicht zur Goos-Hänchen Verschiebung. Damit sollten silberverspiegelte Prismen keine Phasenverschiebung zeigen. Der Nachteil daran ist halt der geringere Reflexionsgrad einer Silberverspiegelung ggü. der Totalreflexion.
In der Tat, silberverspiegelte Dachkanten brauchen keinen Phasenkorrekturbelag. Das folgt bereits aus der originalen Arbeit von Goos und Hänchen, wo sie die Totalreflexion an der Glas/Luft-Grenzfläche direkt mit der Reflexion an einem auf dem selben Glaskörper aufgebrachten Referenzstreifen aus Silber verglichen, wo dieser Effekt nicht auftritt:

Goos-Hänchen-Effekt

Siehe dazu auch: S&T: Why do the best roof-prism binoculars need a phase-correction coating?

Aber mal was anderes: Was passiert, wenn man zwei Zenitspiegel hintereinander benutzt? Ich kann es mir gerade nicht richtig vorstellen: Wenn man einen Spiegel seitwärts einsetzt und den anderen dann nach oben wird das Bild um 90° gedreht oder?
Ja, das Bild erscheint um 90° zur Seite gedreht. Jedenfalls, solange man am Refraktor wie gewohnt dahinter steht und geradeaus wie in einen normalen Zenitspiegel schaut. Du könntest die Bilddrehung kompensieren, indem Du aus der Richtung der seitlichen Strahlablenkung ähnlich wie beim Newton von der Seite reinschaust. Sieht aber etwas komisch aus ...


 
Zitat von Der_Peter:
wie muss man sich denn die oft erwähnte Dachkante vorstellen? Hat jemand ein Foto von diesem Effekt?
Schau mal hier: CN: Help me - Baader Planetarium 2 "90 ° Amici Prism with reflection line

Das ist vielleicht ein etwas schockierendes Beispiel für den Effekt einer Dachkante an einem hellen Stern, aber es zeigt das prinzipielle Problem einer Dachkante. Egal wie präzise man diese herstellt, es bleibt immer eine Übergangszone an der Dachkante zwischen den Prismenflächen, welche solche Spikes produziert. Das ist völlig unabhängig von dem Auflösungsverlust durch den Goos-Hänchen-Effekt.

Dachkantenprismen von mittlerer Qualität sind eher für Tageslichtanwendungen bei niedrigen Vergrößerungen geeignet. Bei astronomischem Einsatz zeigen sie an hellen Sternen und an Planeten solche häßlichen Spikes, für Mondbeobachtungen aber wohl unproblematisch. Am besten ist sicher das explizit für astronomische Anwendungen bezeichnete Amici von Baader

Siehe dazu auch diesen Post im CN-Forum: Re: Baader statement on their Amici prisms

Only our T-2 90° Roof-Prism has a "one second" prism quality fit for Astro use.

And you will never find a roof prism not producing "spikes". Each and every "roof-prism" has a roof edge running straight through the middle of the field of view - and when the spot brightness of the target is intense enough, even a 1 micron wide "edge" will show that spike.

So the correct question would be "how intense is that spike"....

Only on our 30 mm aperture (32 mm prism width) T-2 roof-prism that spike will be subdued enough that is is acceptable.

 
Danke Peter für die Links!

Was dann natürlich auch noch ginge, allerdings noch kostenintensiver wird als das Baader T2 Prisma, wäre ein einzelnes Matsumoto-EMS. Je nach gewünschter Durchlassgrösse sind dafür ca. 300, 400 oder 480 Euro plus MWSt. (also eigentlich Einfuhr-Umsatzsteuer) fällig.

Allerdings ist die Abbildung damit wirklich erstklassig und frei von Artefakten. Ich schaue mit meinem EMS-Bino sehr gerne den Mond an, teilweise deutlich übervergrößert.

Ich kann den Wunsch nach „richtiger“ Darstellung verstehen. Manchmal beobachte ich mit einem Kollegen zusammen, der ein C11 nutzt. Bei Kugelsternhaufen oder Galaxien ist mir die Bildorientierung egal, aber schon beim Trapezium stört mich die „verkehrte“ Darstellung.

Viele Grüße,
Sebastian
 
Danke Euch auch ganz herzlich für die Bilder, Erläuterungen und Links!

 
Zitat von b_schaefer:
Was dann natürlich auch noch ginge, allerdings noch kostenintensiver wird als das Baader T2 Prisma, wäre ein einzelnes Matsumoto-EMS. Allerdings ist die Abbildung damit wirklich erstklassig und frei von Artefakten. Ich schaue mit meinem EMS-Bino sehr gerne den Mond an, teilweise deutlich übervergrößert.
In der Tat - das einzige, was noch besser als ein EMS ist, sind zwei EMS an einem Doppelrefraktor

 

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