kleine Nachtschicht unterm Jupiter

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Anette_Aslan

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Gestern stellte sich bei uns im Wiener Becken die Nacht der Nächte ein, schon am frühen Abend hörte der Wind endlich auf zu nerven, es klarte restlos auf und bei angenehmen 18 Grad und sehr trockenen Bedingungen (erst ab 3h leichter Taubeschlag) baute ich schon um 20h meinen Skywatcher 127/1000ed mit Planetenkamera QHY5 auf, weil es sonst eine Sünde gewesen wäre, diese Nacht mit geschätzten 4,8 bis 5,0 mag so verstreichen zu lassen. Meine erste Beobachtungsnacht überhaupt in der Frühlingssaison, seit gefühlten 3 Millionen Jahren.

Venus schimmerte bei romantischem Spätabendrot hoch im Westen zwischen einer Lärche hindurch, die Frösche quakten zum Gotterbarmen aus allen Richtungen, Fledermäuse sausten über meinem Kopf hinweg....der Löwe setzt schon zum Sprung ins westliche Niemandsland an, ich erschrak mit Bedauern! So lange schon nicht mehr unterm Sternenhimmel gewesen.

Mein Hauptaugenmerk gebührte Jupiter, der ab 21h langsam im SE aufstieg. Nach einem nervtötenden Alignment und 6 Anläufen war die Montierung endlich startbereit, ich konnte Jupiter mittig im Okular halten und fand ihn gleich im Screen des Laptops. Ich nahm, bis er im Meridian nach Mitternacht stand ca. 6 Filme mit 1000 frames auf.

In Horizontnähe tanzte er den reinsten Kosackentanz, wenngleich mir die Luft sehr ruhig vorkam und mit bloßem Augen das Bild "stand". An manchen Abenden mit leichter Cirrenbewölkung habe ich den Gasgiganten schon deutlich ruhiger erlebt.

Anfangs noch mau durchs 26er Pano, wurde er mit seiner Kulminationsannäherung immer schärfer. Ich vergrößerte mit dem 8 Baader Hyp auf 125fach und konnte deutlich seine roten Bänder sehen. Mehrere Farbfilter legte ich an und im gelben sah ich die meisten Kontraste. Wollte mich visuell vor lauter Nervosität wegen dieser seltenen Gelegenheiten aber nicht weiter aufhalten und schnallte sofort die Kamera an.
Nach Mitternacht machte ich Schluss mit Jupiter und nahm noch ein paar one shots von M51 und M13 auf, die ich zuvor mit dem 26er Pano schon als kristallklar ausmachen konnte. Selbst etliche Galaxien im Virgohaufen trotz tiefer Deklination ließen sich sofort auffinden, selbst das Leotriplet tief im Westen konnte ich noch immer erahnen.
Dass ich M51 mal so richtig mit seinen Spiralstrukturen erkennen konnte ist eine höchst seltene Gelegenheit. Steil im Zenit wurden aber sämtliche Knochen stark herausgefordert (ach gibt es denn keine Säule mit höhenverstellbarer Kurbel...???)

Ich nahm mir vor, von allen möglichen Galaxien die auszumachen waren, ein one shot zu nehmen, hielt mich dann bei M51 mit einer 20min Aufnahmeserie auf, die total vermurkst war und überlebte vor Müdigkeit die ganze Prozedur bis ca. 03h. Langsam kam Feuchtigkeit auf, es ging auf 10 Grad runter, der Himmel war ein Wunschhimmel, ein clear Sky wie ihn ein jeder Sternenmensch sich nur wünschen kann. ....Vega kam hoch im Osten hinterm Baum vor ... der Sommer steht vor der Türe....wenngleich wir mit den jetzigen Temperaturen ja schon mittendrin sind.

..... dann über alles eiligst eine Decke drüber und ab in die Kiste....mein Hirn setzte aus...seit 5h in der Frühe wach...dann diese Nacht...mehr geht nicht, echt nicht.

ein bissel was hab ich Euch eingefangen. Die Aufnahmen kommen dem visuell erlebten absolut nahe.

schlapp-selige Grüsse von Anette
 

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Hallo Anette,
war im Siegener Raum genauso schön zu sehen. Ich habe aber nir bis 1 Uhr durchgehalten. Auch viele Satellitendurchquerungen beim Beobchten! Ist immer wieder ein Erlebnis!

Grüße
Siggi
 
Moin Anette,

ich bin sicher, unsere Blicke haben sich an Jupiter oder Wega getroffen. Eineinhalb Stunden bin ich mal wieder durch "mein" unbeleuchtetes Baumschulgelände spaziert und habe die Sterne in meine Seele gelassen. Immer wieder habe ich dabei auch in Richtung Norden nach Polarlichtern gesucht, aber dort gab es nur das immerwährende Nordlicht von Hamburgs Lichtglocke.
Trotz Stadtnähe war die aufsteigende Milchstraße ab Schwan deutlich zu erkennen. Im Zenit habe ich Sterne bis 5 mag indirekt sehen können. Nach Süden war es noch dunkler mit dem strahlenden Juppi in meinem Sternbild Waage. Saturn ging dann auch noch auf.

Grüße aus dem Norden
Helmut
 
Also auch bei Euch da oben klare Nächte!

Diese mächtige Brücke des Azorenhochs dehnt sich ja weit über Mitteleuropa bis nach Russland aus! Diese Tage und Nächte waren einfach nur bilderbuchschön, bis auf manche Gegenden wo sich Gewitterwolken autobten. Heute quillt bei uns auch mächtig was hoch vor Wien, ich hoffe, dass sich aber um die Neumondzeit nochmals Chancen ergeben werden, Freitag soll sich alles wieder stabilisieren.

Um Vollmond hatten wir ja auch diesen Frühsommerüberfall mit heissen Tagen und klaren Nächten, da sollte man träumend nur den Fröschen beim Balzen zuhören oder in diesem Sinne......Mondromantik etc....

Helmut von Wega spürte ich eine Hamburger Invasion ausgehen....kein Wunder! Bei der Jupiterauswertung werd ich mal schauen, ob sich Blicke sichtbar machen.....zumindest konnte ich das sonst schwache Sternbild Waage gestern Nacht sehr gut erkennen. ... was wohl die Astrolügen dazu sagen?

Grüße von der Wasserfrau Anette (nach Regiomontanus....urps, nach dem berechnen die heuten noch) aktuell aber Steinbock 2000 Jahre später....

 
Hallo Anette,

vielen Dank für diesen schönen Bericht!

Auch hier in (bzw. nahe) Berlin wurde diese Nacht genutzt. Endlich mal ein Beobachtungsplatz mit freier Rundumsicht! Zwar vertrieb uns zunächst ein Jäger von einem privaten Acker unter Androhung von Polizei und 5-stelligen Strafzahlungen. Da blieb nur ausgesuchte Höflichkeit und ein deutlich schlechterer Platz als Ersatz. Aber auch dieser bot gute Rundumsicht und revanchierte sich mit Mückenfreiheit.

Mein 71mm Kleinfernglas machte sich wieder mal beliebt mit ästhetischen Blicken auf größtenteils offene Sternhaufen. Manchmal entstand tatsächlich ein dreidimensionaler Eindruck. Vielen Dank ans Gehirn für diese optische Täuschung!

Was mir besonders in Erinnerung blieb war der Blick auf Jupiter mit dem „falschen“ Okularpaar: 24mm ergeben an meinem Gläschen nur etwa 17-fache Vergrößerung bei ca. 4° tatsächlichem Gesichtsfeld. Das reicht, um Jupiter als Kugel im Raum erscheinen zu lassen und die vier größten Monde schön deutlich zu zeigen. Gleichzeitig bettet es diesen Anblick in die umgebenden Sterne ein. So entsteht ein besonders räumlich wirkender Anblick, als wäre man schon auf halbem Wege zum Planeten, mitten im schwarzen Weltall.

Der Tau wurde hier ab 1 Uhr störend, mein Fernglas ist zudem mit einem hübschen Pollenüberzug versehen. Aber gelohnt hat sich die lange Nacht auch hier auf jeden Fall!

Viele Grüße von weiter nördlich,
Sebastian



 
Danke lieber Sebastian. Freude überall in diesem Wonnemonat!

hier hab ich noch eine Aufnahme vom Jupiter gestern Nacht. Ist leider sehr mau geworden. Meine Bearbeitungsprogramme sind nicht so dolle.

Gruss von Anette
 

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Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hey Anette,

hier auch nochmal, schöner Bericht, wirklich angenehm zu lesen.
Das Bild von M 51 entspricht sehr gut meinem visuellen Eindruck in den besten Momenten der letzten Nächte, allerdings nur im indirekten Sehen.

Schöne, abwechslungsreiche Zeit gerade.

CS,

Henning
 
Lieber Henning, Danke!

Meine Astrofotos sind nun nicht der Brüller, weil meine Aufnahmetechniken einfach nicht geeignet sind, so perfekte Fotos hinzubekommen. Aber was mich doch erfreut ist die Tatsache, dass sie meinen visuellen Eindrücken in den meisten Fällen entsprechen. Ich freue mich einfach, diese nun festhalten zu können. Schön, dass Du mir das bestätigen kannst Henning.

Die M51 kann natürlich jeder mit längerer Belichtung auch unter weniger guten Bedingungen rausholen, doch nach 30s verziehen sich bei mir die Sterne und die Umgebung ist einfach zu hell, selbst da würde nix gescheites bei rauskommen. Auf diese Weise bin ich schon recht zufrieden, mehr Ansprüche kann ich eh nicht stellen.

Ja abwechslungsreich - tagsüber und an manchen Abenden Gewitter und schöne Wolken und hin und wieder solche Nächte....ich hüpf grad auch nur hin und her - die Natur ist so gigantisch einladend.

Grüsse von Anette
 
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