Frage zum Refraktor

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SpaceUser01

Neues Mitglied
Hallo,

ich beschäftige mich schon seit Kindesalter für die Astronomie und Raumfahrt.
Nun möchte ich mir endlich ein Refraktor Teleskop kaufen.

Jetzt habe ich eine Frage dazu:

Wie funktioniert das ganze? Wenn ich durch das Teleskop schaue, werden dann viel mehr Sterne angezeigt als mit bloßem Auge zu sehen ist? Wird durch ein Linsenteleskop licht gesammelt, also so, als würde man den Kontrast bei einem Foto höher stellen, so dass man dann mehr sehen kann? Oder wie darf ich das verstehen? So wie bei einer Langzeitbelichtung quasi, nur halt durchgehend im Teleskop?
Ich wohne in einer mittelgroßen Stadt mit 75.000 Einwohner. Um 1 Uhr werden die Straßenlaternen abgeschaltet und man kann Sterne sehr gut sehen, aber wird mit einem Teleskop viel mehr zu sehen sein, auch an stellen wo das menschliche Auge nichts erkennen kann und lediglich ein schwarzer Himmel ist?

Ich bin in diesem Gebiet ein neuling und finde es einfach wahnsinnig interessant bzgl. die Technik mit denen Teleskope arbeiten.

Vielleicht kann mich diesbezüglich jemand von Euch aufklären.

Vielen Dank bereits für die Hilfestellung!

Gruß

René
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo René,

naja, eine interessante Fragestellung... ich versuche mal einen einfachen Ansatz. Und zwar betrachte ich ausschließlich das durchschauen. Fotografisch ist vieles davon anders zu betrachten!

1. Ein Teleskop kann Dinge nicht heller zeigen, als das bloße Auge. Das hängt damit zusammen, dass ein Teleskop beim visuellen Einsatz kein Licht bündelt. Vielmehr braucht das Auge nicht fokussiertes Licht. Das Auge bündelt ja selbst Licht zu einem Bild für die Netzhaut im Auge. Mit bereits gebündeltem Licht gibt es kein scharfes Bild. Daher passiert im Teleskop zweierlei: Das Objektiv bündelt das Licht, das Okular hebt die Bündelung wieder auf. Aber aus den Brennweiten von Teleskop und Okular gibt es eine Art "Übersetzungsverhältnis", was der Vergrößerung beim Blick durch die Kombination aus Teleskop und Okular entspricht. Und die Ergibt sich genau aus Teleskopbrennweite geteilt durch Okularbrennweite.
Die Vergrößerung bestimmt die Bildhelligkeit, denn je höher vergrößert wird, desto mehr Fläche auf der Netzhaut muss die gesammelte Lichtmenge des Objektivs beleuchten. Aus der Geometrie des Strahlenverlaufs ergibt sich nun, dass das ungebündelte Licht das Okular als Strahlenbündel verlässt. Dieses Strahlenbündel ist wie ein verkleinerter Querschnitt des Objektivdurchmessers zu verstehen. Hält man einen Finger vor das Objektiv, kann man in dem Bündel hinter dem Okular den Schatten des Fingers wiederfinden - allerdings je nach Bildumkehr des Geräts mal gespiegelt, mal rotiert, je nachdem. Je mehr Vergrößerung man nutzt, desto dünner ist das Strahlenbündel hinter dem Okular. Anders herum, je weniger man vergrößert, desto dicker ist es. Sobald es aber dicker als die Irisöffnung des Auges ist, kann das Auge eben nur noch einen Teil des Bündels "benutzen". Und da das Bündel ein Querschnitt der Öffnung ist, schaut man nur noch mit dem inneren Teil des Objektivs. Licht vom Rand der Teleskopöffnung bleibt ungenutzt an der Iris hängen (und wenn man das Auge eines Beobachters betrachtet, kann man das sogar sehen, wenn derjenige etwas ausreichend helles, wie den Mond, im Bild hat).
Dadurch gibt es eine Minimalvergrößerung und diese hat dieselbe Bildhelligkeit wie das Objekt mit bloßem Auge betrachtet - aber durch das Teleskop wurde eben das Bild stärker vergrößert.

2. Warum sieht man mehr Sterne?
Dazu muss man wissen, dass die Vergrößerungsfähigkeit eines Teleskops so ihre Grenzen hat, nämlich durch die Physik. Und wir müssen hier von Winkeldurchmessern der Sterne sprechen. Also Winkeldurchmesser ist jetzt nichts dramatisches. Der Mond hat ca. 0,5° Winkeldurchmesser. Der Himmel ist ja eine Kugel um ins herum und diese 0,5° sind eben ein kreisförmiger Ausschnitt der Kugeloberfläche. 360° sind einmal rund um die Kugel, 90° ein Viertel der Kugel - der Mond hat eben 0,5° und somit würden auf den Himmelsäquator grob 720 Monde nebeneinander passen... was störend hell wäre...
Ein Stern hat einen sehr kleinen Winkeldurchmesser. Ich glaube, dass bei sehr "nahen" Sternen 0,1 Bogensekunden vorkommen. Was ist das? Ein Grad Winkeldurchmesser hat 60 Bogenminuten, eine Bogenminute hat 60 Bogensekunden. Also sind 1° 3600 Bogensekunden nebeneinander. Der Mond hat somit schon 1800 Bogensekunden. Der Planet Mars kommt dieses Jahr auf mikrige 18 Bogensekunden maximal, Jupiter schafft maximal 50 Bogensekunden. Abgekürzt schreibt man 50" und eine Bogenminute ist kurz 1'.

Ein Stern mit 0,1' ist also winzig klein. So klein, dass für uns Amateure erreichbare Teleskope es nicht schaffen, so kleine Pünktchen zu erzeugen. Das liegt an der Physik und zwar an der Beugung des Lichts durch die Teleskopöffnung. Dafür gibt es eine Faustformel 120/D. Also 120 geteilt durch die Öffnung des Teleskops in Millimetern gibt die Auflösung in Bogensekunden. Damit ist gemeint, dass die sogenannten Beugugnsscheibchen zweier Sterne dann voneinander getrennt abgebildet werden.
Man kann sagen, dass das Teleskop den eigentlich winzig feinen Sternpunkt durch die Beugung verschmiert auf einen Klecks vom halben Durchmesser dieser Auflösung.

Dieses Verschmieren nun steckt hinter der Zunahme der Sterne im Bild des Teleskops. Die Frage ist nämlich, wie hell der verschmierte Klecks im Bild ist, ob der hell genug ist, um vom Auge überhaupt wahrgenommen zu werden, und ob der Himmel drum herum durch z.B. Mond oder Lichtverschmutzung nicht schon so hell ist, dass das wenige Mehr des verschmierten Sternklecks nicht darin untergeht.
Wenn man nun nachrechnet, wie das mit Minimalvergrößerung und Lichtsammelvermögen ist, dann stellt man fest, dass die zusätzliche Optikfläche eines Teleskops mit einem gewissen Durchmesser genau soviel mehr Fläche gegenüber dem bloßen Auge mit seinem Durchmesser ergibt, wie die Fläche der Abbildung durch die Minimalvergrößerung zunimmt. Dadurch würde man also bezüglich Helligkeit nicht mehr Sterne sehen. Aber weil durch die Formel oben beschrieben die Sternkleckse kleiner werden, je mehr Öffnung man hat, wird der Kontrast zum Himmelshintergrund besser. Es wird ja die gleiche Lichtmenge auf einen kleineren Kreis verteilt. Und dadurch sieht man mehr Sterne.
Fotografen haben es übrigens einfacher - die müssen bloß länger belichten... in gewissen Grenzen.

Tja, ich glaube das müsste sehr einfach besprochen Deine Frage erklären.

Clear Skies
Sven
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo René,

Svens Ausführungen ist eigentlich nichts hinzuzufügen, da bist Du in besten Händen. Im Prinzip ist meine Kurzform: Teleskope sammeln Licht, damit man die Dinge hell genug bekommt um sie größer ansehen zu können. Das macht man deshalb, damit man mehr Details erkennt. Und das macht man deshalb, weil es Spaß macht und Erkenntnisse bringt. Und man staunen kann. Wie Al Nagler (der von TeleVue) sagte: wenn die Menschen mehr in den Himmel sehen würden, gäbe es weniger Kriege.

Ja, Licht sammeln und staunen, das Fernrohr ist für den Beobachtungserfolg gar nicht soooo entscheidend, wie man meist denkt: ein dunkler Himmel, eine ruhige Luft schenkt Dir oft mehr "aaaah" als ein etwas größeres Rohr. Weil wir hier in Europa eben nicht das Klima der Atacama-Wüste haben... ;)

Fein, wenn Du Dir ein Teleskop anschaffst und neue Erfahrungen machst! Also: tief in die technischen Aspekte zu tauchen macht Spaß. Sieh Dir die Diskussionen hier an, da sind viele Enthusiasten und Experten! Aber sieh Dir auch den Himmel an, ohne Diskussionen, ohne alles zu wissen, und einfach nur das Wunder, dass es ist, wie es ist.

lg
Niki
 
Vielen herzlichen Dank Stefan und Niki für Eure ausführlichen Antworten!
Jetzt hab ich es auch begriffen und eniges dazu gelernt!

Liebe Grüße! :)

 
Hallo,

es tut nix zur Sache, aber der Mars wird dieses Jahr über 24 Bogensekunden groß sein, nicht bloß 18. Auch in zwei Jahren erreicht er immerhin 22" und steht dann für Mitteleuropa auch wesentlich höher/besser.

VG
Klaus
 
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