Traurig, nun gibt es wohl auch keine FS2 mehr.

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Zitat von KlausTietzel:
Ich würde allerdings _auch_ gerne mal genau erklärt haben, was denn jetzt diese teuflische an Rohs wirkich ist. Ich sag mal ganz frech: sooo viel Aufwand kann das doch nicht sein ...
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Ich hoffe auch für Michael Koch dass er kein ähnliches Schicksaal erleidet wie der Kollege Boxdörfer.
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Grüßlis

Klaus
Hallo Leute. Ich schau ja nicht oft hier rein. Aber wenn so freundlich gefragt wird, darf ich ein paar Worte dazu verlieren:

RoHS steht für "Restriction of Hazardous Substances". Unsere Steuerungen sollen halt weniger gefährliche Stoffe enthalten. Im Wesentlichen betrifft es für uns das böse Blei, das aus Bauteilen und Lot verbannt worden ist. Hier nachzulesen: https://www.stmwi.bayern.de/fileadm.../2016/2016-01-28-TB_Merkblatt_RoHS_neu_V2.pdf
Es gibt einige Ausnahmen, u.a. für sicherheitskritische Anwendungen, wo man den Ersatzloten noch nicht so recht traut, z.B. für Militär und Raumfahrt. Bleifreies Lot ist nämlich in einigen Eigenschaften nicht gleichwertig dem bleihaltigem Lot, was zu erhöhtem Ausschuss und vorzeitigem Ausfall führen kann. http://www.epp-online.de/news/-/art...en.-Oder-doch/art_co_INSTANCE_0000/maximized/
Nicht nur akademisch interessant ist, dass aus bleifrei verzinnten Bauteilen feine Nadeln aus Zinn ( Stichwort: Whisker ) wachsen, die Kurzschlüsse verursachen können: http://www.datacenterjournal.com/metal-whiskers-the-importance-of-understanding-failures/ Deswegen wären schon unerwartet ein Kernkraftwerk herunter gefahren worden und Satelliten ausgefallen. Ja ja, man muß sich echt anstrengen, um irgendwo noch "schlechte" Bauteile aufzutreiben und verdammt aufpasssen, dass man nicht versehentlich "gute" Bauteile erwischt. Zum Glück müssen wir uns im Consumer Bereich da keine Sorgen machen.

Ansonsten ist RoHS2 ganz einfach. Man vergibt den Fertigungsauftrag an einen Bestücker und der kümmert sich um alles. Mit etwas Glück erhält man weitgehend funktionsfähige Steuerungen zurück. Mit ebenfalls etwas Glück halten diese Steuerungen dann ein paar Jahre beim Kunden.

Ebenfalls machbar ist WEEE2, also das Dings mit der Rücknahme von Elektroschrott. Es genügt ein einziger Bevollmächtiger pro EU-Land, in das man verkaufen möchte, der sich bestens auskennt und der das Monat für Monat für einen regelt. "Wesentlich" mehr wird nicht verlangt.

Leute, da ich bei dem Zirkus noch nicht angemeldet bin, darf ich euch nur jetzt noch verraten, dass ich euch dann nicht mehr verraten darf, was mir und somit euch die Entsorgung einer eurer neuen Steuerungen kosten wird. WEEE2 ist von der EU aus sehr guten Gründen, die ich teile, gezielt so gewollt. Das ist kein Unglück. Also redet bitte nicht von Schicksal oder ähnlichem. Allein die praktische Umsetzung ist suboptimal.

Grüße
Sigi
 
hallo Sigi,

das ist ja gespenstisch, Whiskers, die wachsenden Zinnkristalle!

WEEE naja, pro angemeldetem Produkt und angefangener Tonne wird kassiert, der Bevollmächtigte kassiert, und man muß natürlich über jedes einzelne Teil Buch und Statistik führen. Alles zusammen führt dazu, daß Kleinmengen ins EU Ausland zu verkaufen unrentabel ist, also in jene Länder welche das aktiv bereits exekutieren. Wie D wo es Anwaltskanzleien gibt welche aktiv mystery shopping betreiben und daraus Geld schlagen. Früher gab es den Zoll als Einfuhrbeschränkung, und das war richtig Honiglecken dagegen. Wozu haben wir EU fragt sich da, wo ist die Union und der freie Warenverkehr, wenn jedes Land das eigen regelt?

lg Tommy
 
Freier Warenverkehr ist für ordentliche Unternehmen gewährleistet.
Vielleicht meint man, dass nur ordentliche Unternehmen auch ordentliche Produkte herstellen können.

Unter technischen Aspekten ist bleihaltiges Lot ideal. Lötprozess und Dauerhaftigkeit waren kein Thema. Die Löttemperatur ist Bauteil-schonend niedrig, das Lot benetzt sehr gut und die Lötstellen sind robust. Auch gibt es kein Whisker-Problem. Hier nochmal sehr schön illustriert: http://nepp.nasa.gov/whisker/reference/tech_papers/2011-kostic-pb-free.pdf

Es wird angenommen, dass Consumer-Elektronik ohnehin nur kurz und unter sanften Bedingungen benutzt wird, so dass eine geringere Qualität bleifreier Lötungen ausreichend ist. So etwa mit der gängigen Legierung SAC305 (Sn-3.0Ag-0.5Cu).
Die Anforderungen an Industrie-Elektronik sind da schon strenger. Es würde mich mal interessieren, inwieweit ihr solches Niveau auch für eure Steuerung wünschen würdet, etwa mit dem dauerfesten Lot SJM-40 (Sn-4.0Ag-2.0Bi-3.0Sb). Das zulegierte 3% Antimon ist nach RoHS erlaubt, aber auch nicht ganz unbedenklich.

Grüße
Sigi
 
Hallo Sigi,

mal ganz trocken überlegt:
1. Haltbarkeit: Bei einer sauber konzipierten Steuerung, die ihre FET-Brücken usw. nicht überlastet, können die Chips ja wirklich alt werden und zusammen mit heute wohl bezahlbaren Kondensatoren langer Lebensdauer kann so eine Platine wirklich alt werden. Dementsprechend schön wäre doch auch eine entsprechende Haltbarkeit der Verlötung.

2. Bedarf
Ich habe mich gerade mit einer recht alten, großen EQ-Plattform mit Schrittmotor-Anschluss auseinander gesetzt, die hat sogar einen ST4-Anschluss. Feine Sache und ich hoffe, dass die verwendeten Brücken ihren Dienst noch lange tun, denn wenn diese Steuerung ausfällt, fragt es sich doch, was man als Ersatz hernimmt. Eine Art naive GP-Steuerung habe ich mir schon selbst zusammen gelötet, aber sobald man bei größeren oder schnelleren Motoren mit den einfachen Darlingtons von der Belastbarkeit am Ende ist, kommt man nicht so einfach weiter. Soll hier jeder Bastler das Rad aus Platine und Software eigens neu erfinden? Es wird dann mämlich schon von den Bauteilen her teuer und da würde ich persönlich mir doch einfach eine Steuerung bieten, die einer MTS3 entspricht oder auch (egal wer die Augen verdreht) die Spezifikationen einer Littlefoot hat. Die größeren Steuerungen für größere Projekte auch gerne. Aus meinem Umfeld meine ich auch zu sehen, dass es durchaus eine Reihe GP-Klasse-Montierungen gibt, die gerne mit den vorhandenen Schrittmotoren aufgewertet werden könnten. klar, mehr als 40x geht da kaum, aber egal ob Vixen DD-1,2,3 oder funktional vergleichbarer China-Kram: Das ist doch alles furchtbar spartanisches Zeug.

Wenn ich recht erinnere, musste man für eine Littlefoot einen hunderter und eigenleistung berappen. Wenn man für unter 300 Euro eine Steuerung bekäme, wär's ja nett. Was bringt eine MTS3 bei Ebay eigentlich so? Also... wenn mal eine Auftaucht? Wer gibt sowas her, wenn man's hat?

Ob das nun reicht, dass man sowas (vorhandenes) wieder kostendeckend vertreibt, kann ich nun wieder nicht sagen. Ich lasse meine GP nicht sterben, aber ich verstehe auch, dass man heutzutage bei derartigen Investitionen wohl doch eher eine schnelle Goto-Lösung erwartet, so wie das bei den aktuell vermarkteten Montierungen dieser Klasse eben anzutreffen ist.

Clear Skies
Sven
 
Zitat von Sven_Wienstein:
mal ganz trocken überlegt:
1. Haltbarkeit: Bei einer sauber konzipierten Steuerung, die ihre FET-Brücken usw. nicht überlastet, können die Chips ja wirklich alt werden und zusammen mit heute wohl bezahlbaren Kondensatoren langer Lebensdauer kann so eine Platine wirklich alt werden. Dementsprechend schön wäre doch auch eine entsprechende Haltbarkeit der Verlötung.
Sparen bei Bauteilequalitäten oder grenzwertige Dimensionierung sind ein Risiko, das ich vermeide. Nach RoHS sind ungünstige Wahl der Verlötung und des Oberflächenfinishs der Leiterplatte ein zusätzliches Risiko. Eine gewisse Temperaturzyklen- und Schockverträglichkeit soll auch gegeben sein, was zusammen genommen mit gängigen Loten schwer vereinbar ist. Schließlich wird eine Steuerung auch mal fallen gelassen und da sollen nicht gleich Lötstellen brechen oder gar Bauteile abfallen.

Integrierte MOSFET H-Brücken mit niedrigem Durchlasswiderstand, auch doppelte und mit PWM und Schritt-Translator, gibt es viele. Bastler sollten die L6205-L6208 von www.st.com mal anschauen. Unter 300 EUR wird es sicher keine neue MTS-3SDI+ zu kaufen geben, aber außerhalb der EU etwas teurer eine mit größerem integriertem Display, ebenso eine DynoStar MX3. Ich darf nicht äußern, ob ich den Vertrieb auch nach Deutschland erwäge, sonst drohen mir möglicherweise bereits 100000 EUR Bußgeld ( nette Grüße an EAR und UBA !). Wer würde denn, wenn er außerhalb der EU wohnte, den Erwerb einer solchen Steuerung erwägen?

Grüße
Sigi
 
Unsere Grünen haben es mit RoHS tatsächlich geschafft, das Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten (DoD) in die Defensive zu treiben: http://www.dbicorporation.com/meschter11.pdf
Wäre ja schön, wenn man in ein paar Jahren endlich mal ein universelles Ersatzlot präsentieren würde. Kennt jemand das Lot SACm von Indium Corporation?

Grüße
Sigi
 
Hallo!

Ich habe (zu rein privaten Bastelzwecken) kürzlich auch meine erste Rolle bleifreies Lötzinn angefangen, allerdings nicht das von der Indium Corporation. Das ist schon beim Verarbeiten ein ziemlicher Sch**ß und die Aussicht, dass in ein paar Jahren meine Schaltungen durch feine Kurzschlüsse dahingerafft werden ist auch nicht erfreulich.

Trotzdem sehe ich mich zu folgender Richtigstellung genötigt:

Zitat von boxdoerfer:

Die sogenannte „RoHS“-Richtline wurde im Jahr 2003 während der 5. Wahlperiode des Europäischen Parlamentes beschlossen. Diesem gehörten Grüne zu 7,7% an, die stärkste Fraktion bildeten die Christdemokraten mit 37,2%. RoHS wurde also nicht von „unseren Grünen“ beschlossen, zumindest nicht mehrheitlich von ihnen.
Und mit der Verbannung des Bleis aus der Umwelt (die ich im übrigen sehr begrüße, auch wenn sie das Löten lästiger macht) haben die USA begonnen, als sie fast ein Jahrzehnt vor Europa und lange vor „unseren Grünen“ das verbleite Benzin verboten haben.

Als Abhilfe gegen die „whiskers“ wird allgemein eine Lackierung/Beschichtung der Leiterplatten genannt. Das sollte doch eigentlich kein Problem sein, oder?

Viele Grüße
Maximilian
 
Zitat von maximilian:
Hallo!
... RoHS wurde also nicht von „unseren Grünen“ beschlossen,
Viele Grüße
Maximilian
Hallo Maximilian,

vielen Dank für die Info. Die Grünen Parteien im Speziellen waren es natürlich nicht allein. Nennen wir die Verantwortlichen besser "Grün motivierte Politiker", wobei ich die Bezeichnung in keiner Weise abwertend meine. Es ist erstrebenswert, dass Menschen und Umwelt möglichst wenig mit gefährlichen Stoffen belastet werden.
Die andere Seite ist, daß etliche gefährliche Stoffe spezielle bis einzigartige Eigenschaften haben, die sie für technische Anwendungen nach gegenwärtigem Wissensstand bestens geeignet bis unentbehrlich machen. Eine vernünftige Balance zwischen Gefahren und Nutzen ist schwierig, wenn Gefährdete, Anwender, Entscheidungsträger und objektiver Sachverstand auseinander liegen.
Es ist halt schwierig, wenn eine ganze Branche zu umweltfreundlichen Alternativen verpflichtet wird, bevor sie allen entsprechend den jeweiligen Anforderungen ausgegoren zur Verfügung stehen. Uns es gärt nach über 10 Jahren immer noch fröhlich weiter ...

Das Verbot des verbleiten Benzins hat die Bleibelastung deutlich gesenkt und war insofern richtig. Nur sollten wir nicht vergessen, dass der Ersatzstoff Benzol auch nicht ideal ist, wenn man seine Dämpfe beim Tanken einatmet. Bleilot jedoch verflüchtigt sich nicht einfach aus der Elektronik und kann nach Nutzungsdauer einfach recycelt werden. Dass Elektroschrott zu oft woanders landet, ist falsche Bequemlichkeit bzw. kriminelles Tun.

Zinn-Whisker werden bei normaler Nutzungsdauer nicht als Problem angesehen. Die anderen Legierungsbestandteile im Lot, üblich Silber und Kupfer, würden deren Entstehung hemmen. Doch was ist schon normal? 20 Jahre sind definitiv nicht mehr normal.
Unsicher sind rein-verzinnte Bauteil-Pins, dort wo sie nicht mehr von Lot bedeckt sind. Kritisch wird es bei langer Nutzungsdauer. Whisker durchstossen jede Lackierung. Nach einigem Forschungsaufwand hat man wohl jetzt einen speziellen Lack konstruiert, der Whiskern einigen Widerstand bietet. Ist aber wohl kaum bekannt oder erhältlich (bitte korrigiert mich). Die NASA verlässt sich nicht darauf und schreibt mindestens 3% Blei auf Bauteil-Pins vor.

Es gibt allerdings auch Zink-Whisker, die sich von verzinktem Stahl (Regale, Gehäuse, Halterungen) lösen und dann über die Ventilation an die Elektronik getragen werden. Dieses Problem ist in Daten-Zentren brisant. Fahrt doch mal mit dem Finger über verzinkten Stahl. Falls Autsch, dann war es ein Zink-Whisker.

Der Hobbybastler darf ja weiterhin sein bleihaltiges Lot verwenden. Falls er ohne Abzug lötet, sollte er das sowieso tun. Denn so umweltfreundlich bleifreies Lot auch sein soll, umso schädlicher sind für ihn das Mehr an aggressiveren Flußmitteldämpfen.

Grüße
Sigi
 
Sorry, wenn es langsam nervt. "The Lead Free Electronics Manhattan Project Phase 1" darf ich euch nicht vorenthalten.
Ein sehr schön bebildertes und umfangreiches Dokument. Selbst unser Albert Einstein wird zitiert: http://www.navyb2pcoe.org/pdf/LFEMP_book.pdf
Der US Navy scheint dem Titel nach die RoHS-Herausforderung ähnlich brisant wie die Entwicklung der Atombombe.
Wie man schon erahnt, Phase 2 und Phase 3 folgen ...

Grüße
Sigi
 
Zitat von NGC_2024:
Hallo,

von mir nochmals ein Verweis auf die Deltacode Goto-Steuerung, welche wir mit einer Sideres85 Montierung an der Volkssternwarte Amberg-Ursensollen verwenden.
(Beziehbar ist die Steuerung über APM...)

Momentan tut sich da sehr viel in der Firmware, das Featureset entspricht dem einer FS2.

Wir haben die Steuerung "produktiv" im Einsatz und sie läuft einfach! Remote über LX200 (RS232) und ASCOM geht auch einwandfrei.

Sollte es doch techn. Probleme geben, erfolgt der Support direkt unbürokratisch vom Entwickler...
(Ein Firmwareupdate ist vom Kunden selber durchführbar)

Gruß
Norbert
Nachtrag zur Deltacode-Steuerung:

Es gibt eine 2 kanalige Encoderkarte zum Nachrüsten für hochgenaue Encoder mit 1/4 Bogensekunde Auflösung.
Wir werden unsere Sideries85 damit demnächst aufwerten.

Auch gibt es eine neue CPU-Karte auf "ARM-Controller Basis".
Damit sind dann wegen der im Überfluss vorhandenen Ressourcen viel mehr Funktionen möglich:

- genauere Positionierung mit Berücksichtigung der Präzession der Erde
- Meridian-Flip
- genaue Ephemeridenberechnung bei Planeten
...

Also für Sternwarten durchaus ein solides Arbeitspferd.

Gruß Norbert
 
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