Galaxienausbeute aus dem Frühjahr

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Stefan_Lilge

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Hallo,

aus Zeitmangel bin ich mit der Bildverarbeitung meiner Frühjahrsgalaxien noch nicht durch, aber die "erledigten" möchte ich hier schon mal zeigen, bevor der Frühling vorbei ist ;-)
Das Frühjahr hat zumindest hier in Berlin für die Schlechtwetterphase im Herbst/Winter entschädigt, einige Nächte hatte ich angesichts der stabilen Wetterlage sogar zwei Teleskope parallel auf meiner Dachterrasse aufgebaut, die "Stimmungsbilder" gibt es hier:
https://www.astronomicum.de/forum/38/713

NGC 2903

Einen Tag nach dem Februar-Vollmond (dem rot-blauen Superdupermond) war es klar, so dass ich in der ersten Nachthälfte Halpha gemacht habe und mir für die zweite Nachthälfte eine halbwegs helle Galaxie gesucht habe. Die Wahl fiel auf NGC 2903, von der ich schon länger kein Foto mehr gemacht hatte. Bei diesem Objekt bin ich dann auch geblieben und habe in fünf Nächten ca. 17 Stunden Photonen gesammelt. Auch in den Nächten, die nicht mehr vom Mond betroffen waren, war die Grenzgröße schlecht, meist war im Zenit nur SQM-L 18,4 bis 18,5 drin. Angesichts dessen, dass es hier in guten Nächten auch mal Werte jenseits von 19 gibt, war also nicht mit besonders tiefen Bildern zu rechnen. Dafür war das Seeing gut genug, um eine scharfe Darstellung mit 0,57"/Pixel zu erlauben. Wenn alle Nächte so gutes Seeing wie die ersten beiden gehabt hätten, hätte ich auch die volle Größe (0,38"/Pixel) zeigen können.

Technisch gab es diverse Abenteuer, erst wollte mein altersschwaches Filterrad nicht mehr (was sich gegeben hat, nachdem ich es einmal auf- und wieder zugeschraubt habe), dann erkannte der Laptop den Lodestar nicht mehr. Anscheinend hatte das letzte Windows-Update die Starlight-Treiber beeinträchtigt. Nachdem ich eine Nacht mit einer ASI290 mini nachgeführt hatte (die aber für 2 Meter Brennweite zu kleine Pixel hat, auch mit 2x2 Binning), konnte ich nach Neuinstallation der Starlight-Treiber wieder auf den Lodestar umsteigen.

Aufgenommen auf meiner Berliner Dachterrasse mit einem 10" Meade ACF auf AZ-EQ6 Montierung, ASI 1600MM Kamera, 115x5min Lum, ca. 30x5min pro Farbe (RGB). Da ich die Kamera nach den ersten beiden Nächten von Hochkant- auf Breitbildformat gedreht habe, bleibt als Bildfeld nur das zentrale Quadrat übrig.

Link zur Grafik: http://ccd-astronomy.de/temp13/2903colourhellgut.jpg
Volle Größe: http://ccd-astronomy.de/temp13/2903colourhellgut.jpg

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NGC 4151 und 4145

Dieses schöne Galaxienpaar habe ich in den Monaten März, April und Mai in insgesamt sechs Nächten auf meiner Berliner Dachterrasse aufgenommen. Eine siebte Nacht mit dem schönsten Himmel von allen Nächten ist mir entgangen, weil ich am nächsten Morgen um 5 Uhr zum Flughafen nach La Palma musste...

Nach der ersten Aufnahmenacht im März wurde Anfang April die Supernova 2018aoq in NGC 4151 entdeckt, so dass ich Daten mit und ohne SN habe.
NGC 4151 ist überhaupt eine tolle Galaxie, abgesehen von dem extrem hellen Kern (der ein supermassives schwarzes Loch beherbergen soll) hat sie sehr große aber schwache äußere Spiralarme, die für meinen Berliner Großstadthimmel auch mit den erreichten knapp 22 Stunden Belichtungszeit grenzwertig sind. Schwach zu sehen sind sie aber.

Aufgenommen mit einem Skywatcher Esprit 150 APO mit TS 2,5" Flattener und ASI 1600MM Kamera (Abbildungsmaßstab 0,75"/Pixel) auf AZ-EQ6 Montierung, 106x5min Lum, 52x5min jeweils für RGB, alles bei Unity Gain und ungebinnt.

Link zur Grafik: http://ccd-astronomy.de/temp13/4145-4151colourgut.jpg
Volle Größe: http://ccd-astronomy.de/temp13/4145-4151colourgut.jpg

Und noch mal eine "Zeitschiene" für die Supernova:
http://ccd-astronomy.de/temp13/SN2018aoq.jpg

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NGC 5248 (Galaxie in Bootes)

Die meiste Belichtungszeit in diesem Frühjahr hat NGC 5248 abbekommen, die ich parallel mit Skywatcher Esprit 150 und Explore Scientific 127 FCD100 APOs belichtet habe. Eine schön große (laut Guide9 5,9 Bogenminuten) und zumindest im inneren Bereich halbwegs helle Galaxie im Bootes. Die Galaxie ist laut Guide9 ca. 55 Millionen Lichtjahre entfernt, dürfte also zu dem Galaxienhaufen in der benachbarten Jungfrau gehören.

Insgesamt habe ich auf meiner Berliner Dachterrasse 24,6 Stunden in sieben Nächten zwischen dem 20.03.2018 und 05.05.2018 belichtet.

Die Belichtungszeit verteilt sich wie folgt auf die Teleskope:
22x5min Lum mit ASI1600MM an Esprit 150 auf AZ-EQ6
76x5min Lum mit Trius SX694 an Esprit 150 auf AZ-EQ6
132x5min RGB mit Trius SX694 an Esprit 150 auf AZ-EQ6
65x5min RGB mit ASI1600MC an ES 127 auf H-EQ5 Skyscan (teilweise mit, teilweise ohne IR-Sperrfilter)

Natürlich habe ich die Farbdaten auch zur Luminanz dazugemischt, also alles ungebinnt aufgenommen. Das Bild ist auf die Aufnahmen der Trius SX694 am Esprit 150 gecroppt bzw. herunterskaliert, was ein Bildfeld von ca. 40 Bogenminuten in der Breite und einen Abbildungsmaßstab von 0,89"/Pixel ergibt.

Ich hatte nach dem Anschauen von Vergleichsbildern im Internet noch überlegt, ob ich etwas Grün herausnehmen soll, habe es aber letztlich so gelassen, weil ich denke, dass da eher die Vergleichsbilder zu wenig Grün hatten, um den Blau/Rot-Farbkontrast zu betonen. HII-Regionen und blaue Knoten kommen halt besser heraus, wenn man Grün reduziert, aber ich denke, dass das nicht realistisch ist.

Link zur Grafik: http://ccd-astronomy.de/temp13/5248colourgut.jpg
Volle Größe: http://ccd-astronomy.de/temp13/5248colourgut.jpg

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Denen, die bis hierher durchgehalten haben, mute ich jetzt noch ein paar "Kleinigkeiten" zu, bei denen ich nur einen Link auf das Bild setze, damit die Ladezeit für den Thread nicht zu lang wird:
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NGC 3705 und Kumpels

In der Nacht vom 18.03.2018 war es zwar klar aber sehr windig, so dass es keinen Sinn hatte, ein großes Teleskop zu verwenden. Ich habe also meinen ES 127/952er APO mit FCD100 Glas auf die AZ-EQ6 geschnallt, das dünne Röhrchen bietet ja keinen großen Windwiderstand. Ich hatte keinen Ausschuss in der Serie. In der folgenden Nacht habe ich dann noch Daten ohne Wind nachgelegt, die noch etwas schärfer waren.

Der ES 127 / FCD100 mit dem TS 2,5" Flattener bildet auf dem Chip der Trius SX694 Kamera schön bis in die Ecken ab. Der Abbildungsmaßstab dieser Kombination ist ziemlich genau 1"/Pixel (genau 0,98"/Pixel), also ein auch für kleinere Objekte geeigneter, aber noch schön entspannter Abbildungsmaßstab. Der Refraktor hat auch eine gute Fokusstabilität, ich musste spürbar weniger Nachfokussieren als in anderen Nächten mit dem Esprit 150. Allerdings produziert er Spikes um hellere Sterne, da dieser Strahlenkranz halbwegs symmetrisch ist, stört mich das aber nicht groß.

Als Ziel suchte ich mir ein Galaxienfeld im südlichen Teil des Löwen (ca. 5 Grad unterhalb des Leo Trios) um NGC 3705 aus. NGC 3705 (links oben) und NGC 3692 (die edge-on-Galaxie rechts oben) sind laut Guide 9 jeweils ca. 75 Millionen Lichtjahre entfernt, sind also auch physisch Nachbarn. Gleiches gilt für den Galaxienhaufen rechts unten, für dessen Mitglieder Guide 9 jeweils 270 Millionen Lichtjahre als Entfernung angibt.

Aufgenommen auf meiner Berliner Dachterrasse mit der bereits genannten Ausrüstung, 61x5 Minuten Luminanz und jeweils ca. 30x5 Minuten RGB (also insgesamt knapp 12,5 Stunden Belichtungszeit).

http://ccd-astronomy.de/temp13/3705colourgut.jpg

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NGC 3888/3898 (Galaxien im Kasten des Großen Wagens)

Am 25. und 26. Februar war zwar ein heller Mond am Himmel, dafür war die Transparenz gut. Ich habe also möglichst weit weg vom Mond auf Galaxien im Kasten des Großen Wagens gehalten.
Links oben ist NGC 3898, eine eng gewundene und daher nicht besonders stark strukturierte Spirale. NGC 3888 rechts unten war mein eigentliches Ziel, eine Spirale mit einem langgezogenen Arm. Als Verursacher kommt vermutlich die kleine Zwerggalaxie rechts unten von NGC 3888 in Betracht. Leider habe ich für den Begleiter keine Entfernungsangaben gefunden, so dass sich nicht nachvollziehen lässt, ob es wirklich ein Begleiter ist oder ein Hintergrundobjekt.

Ich hatte massive Probleme mit den Flats, die Staubkörner auf dem Kamera-Abdeckglas scheinen teilweise zwischen den Aufnahmen und den Flats (habe leider in der Schönwetterphase nicht jede Nacht Flats gemacht) gewandert zu sein. Ich habe daher den Hintergrund ziemlich geplättet und um NGC 3898 sieht man Artefakte, wenn man das Bild stärker aufzieht.

Aufgenommen auf meiner Berliner Dachterrasse mit einem 10" Meade ACF bei 2050mm Brennweite (CCDT67 Reducer) auf AZ-EQ6 Montierung, ASI 1600MM Kamera, 38x5min Lum, je 19x5min RGB.
Das Bild zeigt das ganze Bildfeld (abgesehen von einigem Verschnitt am Rand) in halber Größe, was einen Abbildungsmaßstab von 0,76"/Pixel ergibt.

http://ccd-astronomy.de/temp13/3888-3898colourgut.jpg

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NGC 4211 (wechselwirkende Galaxien in Coma)

Im Februar habe ich drei Nächte auf ein wechselwirkendes Galaxienpaar im Haar der Berenike gehalten, NGC 4211. Die beiden sind laut Guide9 ca. 290 Millionen Lichtjahre entfernt, die links unten gelegene UGC 7287 ist noch ca. 60 Millionen Lichtjahre weiter entfernt, also nicht an den Gezeitenschweifen beteiligt.

Ich hätte auch noch NGC 4196 mit ins Gesichtsfeld pressen können, das ist ein ähnliches wechselwirkendes Paar. Dann wären aber beide Objekte am Bildfeldrand gewesen, was auch nicht schön ist.

Das Bild ist auf halbe Größe verkleinert, was einen Abbildungsmaßstab von 0,78"/Pixel ergibt. Auf eine Schärfung des Bildes habe ich verzichtet, nur die leichten Nachführfehler der Sterne etwas begradigt.

Aufgenommen auf meiner Berliner Dachterrasse mit einem 10" Meade ACF bei 2050mm Brennweite (CCDT67 Reducer) auf AZ-EQ6 Montierung, ASI 1600MM Kamera, 50x5min Lum, je 30x5min RGB.

http://ccd-astronomy.de/temp13/4211colourgut.jpg
 
Hallo Namensvetter,

das sind allesamt hervorragende Aufnahmen. Mein Favorit sind wohl NGC 4151 und NGC 5248. Aber diese Belichtungsorgien! :) Beeindruckend!

Besonders gefallen mir die Bilder mit dem Esprit 150. Ich habe einen 120er und bin recht begeistert von der ausgezeichneten Abbildung. Was die Spikes beim ES angeht, das könnten Schatten von Abstandsplättchen zwischen den Linsen sein. Hast du dir die Ränder der Linsen mal genauer angesehen?

Viele Grüße
Stefan
 
Hi Stefan,

irgendwie "schön", dass wir mobilen Photographierer ständig mit diversesten, blödesten und komischsten Problemen uns rumschlagen müssen. Das ganze wäre ja wohl sonst zu langweilig.

Am besten gefällt mir NGC 2903, wahrscheinlich, weil es da am meisten zu sehen gibt. Jedenfalls laden Deine Bilder ein, es auch mal aus lichtverschmutzen Gebieten zu versuchen. Danke!

Beste Grüße
Thomas
 
Hallo Stefan (aus Berlin),

da hast du ja ein super Galaxienfrühjahr als überragende Fleissarbeit hinter dir. Ich habe eigentlich keinen bestimmten Favoriten bei deinen Aufnahmen, die sind allesamt sehenswert und top bearbeitet, klasse :respekt2: .

Viele Grüße

Stefan
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Stefan, Markus, Thomas, Michael und Stefan,

da ist mir doch glatt entgangen, dass ich mich noch gar nicht für eure Kommentare bedankt habe. Ist hiermit nachgeholt :)

Zitat von StHz:
Was die Spikes beim ES angeht, das könnten Schatten von Abstandsplättchen zwischen den Linsen sein. Hast du dir die Ränder der Linsen mal genauer angesehen?

Ich habe mir gerade mal das Objektiv von vorne mit Taschenlampe angeschaut, das ist ein zerklüftetes Gebirge mit lauter Plättchen etc.
Da ist es schon verwunderlich, dass es so wenige Spikes gibt ;-)
Ich werde aber mangels Ahnung nicht an dem Objektiv herumfummeln, zumal das knackscharf und absolut farbrein abbildet, das kann nur noch schlechter werden.
 
Hallo Stefan

Sehr schöne Sammlung ist das geworden - mir gefällt speziell NGC 5248 !
 
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