Fernglas-Booster Selbstbau!

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anatolli

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Hallo!
Würde mir gerne für ein 10x50 einen Fernglasbooster selbstbauen,(15-30Fach so ungefähr in diesem Bereich je nachdem was Sinn macht und was erhältlich ist) von Swarovski gibt es soetwas.Momentan hab ich noch keine Ahnung wie das geht oder ob das überhaupt machbar ist. Hat jemand Erfahrung damit oder kann mir eine Anleitung bzw Literaturhinweise dazu geben. Wo könnte man die geeigneten Linsen dafür kaufen? Die Mechanik ist kein Problem, habe CNC-Fräsmaschinen und Drehbänke zur Verfügung.

vielen Dank für Eure Mithilfe.

Martin
 
Hallo Namensvetter!
Dieser Booster ist eigentlich ein komplettes Fernrohr mit Umkehrprismen und 2facher Vergrößerung, das nachzubauen wird ohne die entsprechenden Teile etwas schwierig sein. Du kannst aber auch mit einem 2. Okular, welches Du hinter dem Feldstecherokular montierst, eine Nachvergrößerung erreichen, das funktioniert dann wie mit Okularprojektion, je größer der Abstand, desto höher die Vergrößerung. Es ist allerdings fraglich, ob ein Feldstecherobjektiv so hohe Vergrößerungen überhaupt verträgt. Nachdem Du auch aus Innsbruck bist, könntest Du ja mal zum Astrostammtisch kommen, der findet jeden Donnerstag im Hotel Heiligkreuz in Hall ab 20 Uhr statt und wir schauen uns das an.

Gruß
Martin
 
Hallo Martin,

was man heute bei Swarovski Booster nennt, nannte man früher schlicht und einfach Vorsatzfernrohr <img src="/phpapps/ubbthreads/images/icons/wink.gif" alt="" />. Für astronomische Nutzung hat das Rudolf Brandt schon vor 70 Jahren in seinem wunderschönen Buch "Himmelswunder im Feldstecher" beschrieben. Zeiss hatte ebenfalls in den dreißiger Jahren das Minifernrohr (Fernrohrlupe) "Tellup" mit 2,5-facher Vergrößerung im Angebot. Diese Fernrohrlupe war nach Art des Gallilei'schen Fernrohrs gebaut und konnte für 2.5-fache Nachvergrößerung ans Fernglas gesetzt werden.

Die Frage ist nun, wofür willst Du so ein Teil nutzen? Für Tagbeobachtungen brauchst Du ein aufrechtstehendes und seitenrichtig orientiertes Bild. Daher sind die Teile von Swarovski oder das Zeiss Classic Mono 3x12 nicht ganz billig. Hier sitzt im Minifernrohr ein Dachkantprisma zur Bildaufrichtung. Im Selbstbau müsstest Du Dir also ein kleines Fernrohr mit 2- oder 3-facher Vergrößerung konstruieren und im Strahlengang ein System zur Bildaufrichtung vorsehen. Ich habe im Moment keine Ahnung, woher man solche Prismen beziehen kann. Da mußt Du mal kräftig googeln. Im einfachsten Fall könnte man sich ein 45 Grad Amici-Prisma aus dem Astrosortiment greifen, die Stutzen etwas kürzen, vorn ein Objektiv passender Brennweite einsetzen und hinten ein Okular einstöpseln. Die Brennweite des Objektivs müsste irgendwo bei 70 bis 100mm liegen. Mit einem guten orthoskopischen oder Plössl Okular müßte auch die Qualität der Abbildung brauchbar sein. Das Problem ist nur, ein kleines achromatisches Objektiv von entsprechender Güte aufzutreiben. Der Durchmesser sollte ja nicht größer als 20 oder 25mm sein, sonst wird das ganze zu sperrig. Auch hier habe ich momentan keine Idee, wo man sowas herbekommt. Ich würde wahrscheinlich auf ebay oder in Fotoläden stöbern, ob sich ein ordentliches Fernglas mit 20mm Optik zum ausschlachten findet. Eventuell kann man auch gleich das Prismensystem ausbauen und für den "Booster" verwenden.

Für astronomische Nutzung vereinfacht sich die Sache etwas. Hier kann man auf die Bildaufrichtung verzichten. Dabei kann man das Vorsatzfernrohr entweder in gerader Bauweise konstruieren oder man nimmt gleich ein 90 Grad Zenitprisma, passt vorn ein kleines aber gutes Objektiv ein und hinten kann man normale Astrookulare nutzen. Man sollte es aber nicht übertreiben, eine 2- bis 4-fache Nachvergrößerung ist das, was gute Feldstecher noch verkraften. Vor 20 Jahren hatte ich mir solche Teile auch selbst gebaut. Leider habe ich die nicht mehr und Konstruktionszeichnungen habe ich auch nie gemacht. Das Prinzip ist aber so einfach, daß man nicht viel falsch machen kann.

Frank.
 
hallo frank,
dein beitrag erinnert mich an meine " frühzeit ", als ich auch nach diesem herrlichen buch mein erstes vorsatzfernrohr für meinen 10x50 feldstecher gebastelt habe.
und es klappte einwandfrei. damals hatte ich noch ein mikroskopokular genommen und das objektiv aus einem feldstecher meines opas ( feldstecher aus dem 1. weltkrieg ) ausgebaut.
für mich war damals das hauptproblem, es in geeigneter weise am feldstecher zu befestigen, da ich keine der damals verwendeten , austauschbaren kunststoffaugenmuscheln hatte.
kleine achromaten hat z.b. der h. voss von bw in seinem programm. da findet sich bestimmt was.
wenn man erstmal mit 2 pappröhren experimentiert kann man sich ja dann, wenn man die genauen einstellungen gefunden hat, entsprechende " high-tec-teile " aus alu oder dergl. herstellen.
aber es ist wie du sagst, man kann nichts falsch machen, wenn man zuerst bissel rumprobiert.
wolf

 
Hallo Martin,

es wird nicht ganz einfach sein, im Selbstbau eine befriedigende Lösung zu finden. Wie schon von meinen Vorrednern gesagt, handelt es sich bei einem solchen Booster um ein im Grunde eigenständiges Teleskop schwacher Vergrößerung, das für terrestrische Beobachtung ein aufrechtes und seitenrichtiges Bild liefern sollte.

1. Bei der üblichen Konstruktion aus Objektiv und Okular jeweils prositiver Brechkraft (also beim Kepler-Typ) ist das Bild aber um 180° gedreht, also kopfstehend seitenverkehrt, so daß ein Prismen- oder Spiegelsystem oder eine zusätzliche Zwischenabbildung nötig ist. Letztere ist aus Kompaktheitsgründen nicht praktikabel. Ein so kompaktes Umkehrprisma (z.B. nach Schmidt-Pechan) dürfte schwer zu bekommen und wahrscheinlich so teuer sein, daß sich der Selbstbau gegenüber dem Kauf bei Zeiss oder Swarovski letztlich nicht lohnt. Ein entsprechendes Spiegelsystem dürfte es fertig in den erforderlichen Dimensionen gar nicht geben, und es selbst zu bauen, würde ich es auch nicht empfehlen, zumal es mit erheblichen Helligkeitsverlusten verbunden wäre (vier Reflexionen zu je ca. 89% reduziert die Helligkeit auf 0,89ˆ4 = ca. 0,63 oder 63%). Weil z.B. bei einen 2fach-Booster die Fernglas-Austrittspupille im Durchmesser halbiert wird, sollten solche zusätzliche Lichtverluste vermieden werden.

2. Es gibt aber noch die Fernrohrkonstruktion aus einem Objektiv positiver und einem Okular negativer Brechkraft (Galilei-Typ), und das käme eigentlich für einen Selbstbau eher in Frage, weil es die Sache sehr viel einfacher macht. Dieser Fernrohrtyp liefert nämlich von sich aus ein aufrechtes seitenrichtiges Bild (fast alle einfachen „Operngläser” und die auf Jahrmärkten für Kinder billig angebotetet kleinen Blech-Ferngläser sind nach diesem Prinzip aufgebaut, weil keine Umkehrprismen nötig sind). Der Schwachpunkt solcher Galilei-Ferngläser ist, daß man bei stärkerer Vergrößerung nicht so einfach eine hohe Abbildungsqualität und ein großes Gesichtsfeld zustande bringt. Aber wir brauchen ja für einen Booster nur ca. 2fache Vergrößerung, und da sollte es allemal möglich sein, ein ausreichend gutes Galilei-Fernrohr kleiner Abmessungen mit brauchbarer Schärfe selbst zu bauen.

Da ich das Zeiss Mono 3x12 B besitze und mir eine Adaption für mein Leica Ultravid 12x50 BR gebastelt habe, weiß ich, daß dieses bis fast zum Rand sehr scharf abbildende Minifernglas nur ein sehr kleines Gesichtsfeld zeigt. Ich schätze, daß der scheinbare Gesichtswinkel kaum über 35° beträgt. Wie groß das scheinbare Gesichtsfeld beim Swarovski-3fach-Booster ist, weiß ich nicht Aber wenn ich die Swarovski-Sehwinkelangabe von 1,6° in Kombination mit dem 10x50 SLC oder dem 10x42 EL richtig umgerechnet habe, liegt der scheinbare Sehwinkel bei knapp über 45° - ist also für mehr Geld also schon größer als bei Zeiss, aber immer noch bescheiden. Du mußt Dich somit beim Booster-Upgrade Deines Fernglases zum Spektiv selbst bei Verwendung teurer kommerzieller Booster auf einen gewissen Tunnelblick einstellen. Ich denke, daß Du einen ähnlichen Gesichtswinkel auch mit einem selbst gebastelten Galilei-Booster erreichen kannst. Was Du an Geld und Arbeitsaufwand wegen des nicht benötigten Umkehrprismensystems sparst, solltest Du in anständige Optik stecken.

Wichtig ist, daß die Eintrittspupille Deines Boosters mindestens so groß wie die Austrittspupille Deines Fernglases ist (beim 10x50 also mindestens 5 mm im Durchmesser); sie braucht aber nicht größer zu sein, wenn es gelingt, die Eintrittspupille des Booster-Objektivs ziemlich genau dort zu positionieren, wo die Austrittspupille des Fernglases ist.

Ich hoffe, daß Dir diese Hinweise helfen, Dein Projekt mit positivem Ergebnis zu realisieren.

MfG Walter E. Schön
 
Hallo Walter,
was hältst Du denn von einem Versuch mit einem sogenannten Telekonverter - Vorsatz, wie er für manche Foto- und Videobjektive angeboten wird? Der, den ich im Moment noch zur Verfügung habe, ist ein B300 von Olympus ( ja , stimmt, teuer,aber es gibt auch einfachere) mit 1,7facher Verlängerung. Den werde ich heute abend zuhause mal testen. Ist exakt das galileische Fernrohr, daß Du beschreibst.
Ich werde über das Ergebnis berichten
Rainer
 
Hallo Rainer,

das ist eine gute Idee, an so einen Vosatz hatte ich gar nicht gedacht. Vom Prinzip her muß es funktionieren. Die Eintritspupille ist bestimmt groß genug, ja sogar wesentlich größer als nötig (man dürfte also wohl den kleinsten Tele-Vorsatzkonverter nehmen, den man bekommen kann). Ob die Eintrittspupille des Vorsatzkonverters weit genug vorn liegt, müßte man prüfen. Andernfalls kann es zu stärkeren Abbildungsfehlern kommen. Die Lage der Austrittspupille sollte unproblematisch sein, denn auch das nachgeschaltete Objektiv der Digitalkamera, für das der Vorsatz konzipiert ist, braucht ja einen gewissen „Augenabstand”.

Da man Televorsätze möglichst bei auf „Teleposition” eingestelltem Zoomobjektiv benutzen sollte, damit es wegen des beschränkten Bildwinkels zu keiner stärkeren Vignettierung kommt, sehe ich das einzige Problem in einem eventuell zu sehr eingeschränkten Gesichtswinkel. Aber wie ich schon weiter oben sagte, bieten die Booster von Zeiss (knapp über 35°) und von Swarovski (um 45°) auch nicht gerade einen Panoramablick.

Also probier es mal aus und laß uns wissen, was Du dabei festgestellt hast!

MfG Walter E. Schön


PS.: Es gibt aus dem Fotobereich noch ein anderes hierfür einsetzbares Zubehör, nämlich sogenannte „Sucherlupen” für präzisere Scharfeinstellung von Nicht-AF-SLR-Kameras, die den zentralen Bereich des Mattscheibenbildes meistens etwa 2fach vergrößern. Auch dabei handelt es sich um kleine Galilei-Fernrohre (und nicht um Lupen, die der wohl von Werbe- und Marketingleuten und nicht von Technikern geprägte Name suggeriert). An diese Sucherlupen hatte ich beim Schreiben meines vorherigen Beitrages sogar gedacht, aber ich habe auf ihre Erwähnung verzichtet, weil alle diese Geräte wirklich nur ein für unsere Zwecke viel zu kleines Gesichtsfeld zeigen.
 
Hallo wolf,

das wird nicht nur uns so gegangen sein. In den 50 Jahren seiner Existenz hat das Büchlein wohl viele Freunde gefunden und auch manchen ruiniert, wenn er vom schönen Hobby nicht mehr lassen konnte <img src="/phpapps/ubbthreads/images/icons/grin.gif" alt="" />. Mit Fernrohrlupe, geradem und geknicktem Vorsatzfernrohr habe ich seinerzeit mein Binoctem zu Höchstleistungen gebracht. Im Vergleich zu 7-fach konnte man mit 20- oder 25-fach schon eine Menge sehen. Schade finde ich, daß sich für das Buch heute kein Nachfolger bzw. neuer Verleger findet. Die letzte Auflage aus den 80-ern müßte etwas überarbeitet werden und schon hätten wir eine echte Bereicherung des deutschen Astrobuchmarktes. Übrigens gibt es in dieser Auflage auch eine tolle Idee einer Reisemontierung für die Astrofotografie. Mir fällt jetzt der Name des Montierungstyps nicht ein, die Sorte, wo einfach ein Sperrholzbrett mit Scharnieren und einer Spindel in Form eines Tangentialtriebs bewegt wird. Darauf sitzt ein monokulares Fernglas mit Vorsatzfernrohr und 90 Grad Prisma sowie eine KB Kamera auf Panoramakopf. Und schon kann man den Urlaubshimmel ablichten ...

Frank.
 
Hallo Walter,
ich habe gerade zwei solche Vorsätze ausprobiert, jeder natürlich nur einmal vorhanden, daher nur einäugig.
Fernglas: ein einfaches albinar 10x50, 122m/1000
B300 (Olympus) : Faktor 1,7. Funktioniert, Gesichtsfeldeinschränkung bei Vergleich ohne/mit zu merken, aber nicht wirklich störend. Abbildung bei Sternen sehr schön, kaum Verlust an Randschärfe. Beim Mond etwas zusätzliche Reflexe. Faktor 1,7 scheint zu stimmen.

Hama Videoobjektiv 1,5 /0,6:

noch weniger Gesichtsfeldverlust, Abbildungsqualität sehr zufriedenstellend . Auch die Brennweitenverkürzung funktioniert! ( das Ding hatte ich mal für 4,95DM (!) bei Conrad erstanden..) leider habe ich das zweite damals weitervertickt :-( Hätte ich das geahnt!
Ich glaube, das Ganze ist eine wirklich interessante Alternative!
Morgen bei Tag probiere ich noch mal weiter, bisher habe ich nur davorgehalten, muss mal festmachen..
Rainer

 
Hallo Frank,
die von Dir beschriebene Montierung ist die altbekannte "barndoor" (Scheunentor) , steht bei mir im Keller. Gibts unter barndoor mount mit vielen Treffern und in x Ausführungen in google . Suche lohnt wirklich, der Nachbau ist ziemlich einfach.
Rainer
 
Hallo Walter,
jetzt habe ich mir endlich den Swarovski-Booster mal angesehen.. nachschauen hilft manchmal wirklich, denn jetzt verstehe ich Deine Einlassungen zu Ein und Austrittspupille. Ich war naiv davon ausgegangen, dass das Gerät vor das Objektiv gehört.
Genauso ( also wirklich vor das Fernglasobjektiv gesetzt ) habe ich die beiden Teleconverter getestet. Hinter dem Okular funktionieren diese Dinger überhaupt nicht vernünftig, optischer Effekt ist wie gewünscht, aber Gesichtsfeld vielleicht 1 oder 2 Grad.
Wo kann man denn etwas zur optische Konstruktion solcher Galilei- Fernrohre finden? Meine laienhaften Versuche mit entsprechenden Linsenkombinationen endeten immer mit einem winzigen Gesichtsfeld.
Noch eine Beobachtung übrigens mit den Televorsätzen: die Nahgrenze des Fernglases wird deutlich zu größeren Entfernungen verschoben, was allerdings für Astronomie nicht schadet.
Rainer
 
hallo frank,
der nachfolger des von dir oben genannten buches heißt
" himmelsbeobachtungen mit dem fernglas " von brandt/müller/splittberger.
es liegt hier in seiner 2. auflage vom verlag j.a.barth vor mir.
auch hierin sind solche vorsatzteile mit und ohne umlenkprisma detailliert beschrieben.
schön, so ein buch sein eigen zu nennen! und für jeden sternfreund empfehlenswert!
wolf
p.s. lieber frank, das m500 habe ich weiter getoppt.
das wird dich bestimmt ebenfalls interessieren
http://forum.astronomie.de/phpapps/ubbthreads/showflat.php?Cat=&Board=selbstbau&Number=184978&page=0&view=collapsed&sb=5&o=&fpart=1
 
Nahgrenzenverschiebung und Minigesichtsfeld

Hallo Rainer,

die Vorsatzkonverter für Video- und Digitalkameras sind eigentlich – wie es der Name schon sagt – dafür gedacht, vor das Objektiv gesetzt zu werden. So war Deine Vorgehensweise durchaus logisch. Da aber zuvor die Booster von Zeiss und Swarovski unser Thema waren und ich natürlich annahm, daß auch Du ein vergleichbares System bauen wolltest, bin ich von einem dem Fernglas nachgeschaltetem optischen System ausgegangen. Aber nun hat sich das Mißverständnis ja aufgeklärt.

Daß ich nicht empfohlen hatte, so einen Vorsatzkonverter vors Fernglasobjektiv zu setzen, liegt daran, daß ich dabei keine ausreichende Schärfe erwarte. Denn die beträchtliche Nachvergrößerung durch das Fernglas (in Deinem Falle immerhin 10fach!) offenbart gnadenlos alle optischen Mängel des Konverters. Außerdem verlierst Du bei dieser Konverteranordnung beträchtlich an Öffnung, denn die Austrittspupille des Konverters ist bestimmt erheblich kleiner als die Objektivöffnung Deines Fernglases (50 mm beim 10x50).

Nun zu den Problemen, die Du festgestellt hast. Fangen wir mit der Verlängerung der Nahgrenze an und betrachten wir anschließend die starke Gesichtsfeldeinschränkung.

1. Die Nahgrenze ändert sich nur in der zunächst von Dir benutzten Konfiguration mit dem Konverter vor dem Fernglas, nicht jedoch bei der Boosteranordnung hinter dem Okular! Der Grund ist einfach zu erklären. Wie sowohl von Herbert („Hausmeister”) wie auch von mir hier im Forum schon mehrfach – u.a. schon in der langen „Schärfentiefe”-Diskussion Ende letzten Jahres – gesagt, bildet ein auf unendlich eingestelltes Fernglas alle nahen (= endlich weiten) Gegenstände virtuell in einer umgekehrt proportional zum Quadrat der Vergrößerung verkürzten Entfernung ab. Da diese Formulierung wahrscheinlich nicht jedem sofort verständlich ist, will ich sie mit einem Beispielen veranschaulichen:

Ein 10fach vergrößerndes Fernglas verkürzt, wenn es auf unendlich fokussiert ist, die scheinbare (= vom Betrachter im Fernglas gesehene) Entfernung um den Faktor 1/10ˆ2 = 1/100. Ein 8fach vergrößerndes Fernglas verkürzt die Entfernung um den Faktor 1/8ˆ2 = 1/64. Das virtuelle Bild rückt also erheblich näher als der Gegenstand in der Natur. Das ist auch der Grund dafür, daß die Schärfentiefe beim Blick durchs Fernglas sehr viel geringer ist als ohne Fernglas, denn das Auge kann dieses gewaltige Heranrücken ab einer bestimmten Grenze nicht mehr durch Akkomodation ausgleichen. Wenn der Betrachter das Fernglas auf den Nahbereich scharfstellt, ändert sich das jedoch so, also würde man durch Drehen des Fokussierrades das Bild wieder weiter weg schieben, um es besser (ohne anstrengende Akkomodation) sehen zu können. Diese Korrekturmöglichkeit durch Fokussieren beseitigt also oder entschärft das Problem.

Nun müssen wir genau dieses Phänomen auf den Vorsatzkonverter anwenden, der ja für sich allein genommen auch ein (Galilei-)Fernglas darstellt, das jedoch fest auf unendlich fokussiert ist und sich nicht auf die Nähe einstellen läßt. Wenn Dein Konverter z.B. den Vergrößerungsfaktor 1,7 hat, dann rückt er beim Blick von hinten durch den Konverter für den Betrachter jeden Gegenstand um den Faktor 1/1,7ˆ2 = 1/2,89 = 0,346 näher. Um einen tatsächlich 10 m entfernten Gegenstand durch den Konverter hindurch scharf sehen zu können, muß das Auge deshalb so akkomodieren, als ob der Gegenstand nur 3,46 m entfernt wäre. Und wenn der Gegenstand 20 m weit weg liegt, muß sich das Auge auf 20 m · 0,346 = 6,92 m einstellen.

Und nun kommt zusätzlich das Fernglas ins Spiel. Nehmen wir an, Dein Fernglas erlaubt eine Naheinstellung bis 7 m. Dann heißt das, daß Du beim Blick durch das Fernglas nur Gegenstände scharf sehen kannst, die mindestens 7 m weit vor dem Fernglas liegen. Wenn Du nun statt mit bloßem Auge zusammen mit dem Fernglas durch den Konverter schaust, dann heißt das, daß Du nur solche Gegenstände scharf sehen kannst, die das Fernglas durch den Konverter mindestens 7 m weit entfernt sieht. Du würdest also den oben genannten 20 m entfernten Gegenstand nicht mehr ganz scharf sehen, denn durch den Konverter erscheint er dem Fernglas ja so, als wäre er nur 6,92 m entfernt und somit zu nah für seine 7-m-Grenze. Wenn also der Konverter einen Gegenstand um den Faktor 1/vˆ2 (mit v = Komvertervergrößerung) heranrückt und dieser vom Fernglas an der Nahgrenze gesehen wird, so folgt daraus umgekehrt, daß sich die Nahgrenze des Fernglases durch Vorschalten des Konverters um den Kehrwert von 1/vˆ2, also um vˆ2 verlängert. Das ist in unserem Falle mit 1,7facher Konvertervergrößerung also ein Faktor von 1,7ˆ2 = 2,89. Statt 7 m beträgt die Nahgrenze jetzt 7 m · 2,89 = 20,23 m. Als allgemeine Formel ergibt sich somit:

Nahgrenze (Konv. vor Fernglas) = Nahgrenze (Fernglas) · Konvertervergrößerungˆ2

Anders liegt der Fall, wenn der Konverter wie ein Booster hinter dem Fernglas, also hinter dem Okular verwendet wird. Hier ist jetzt umgekehrt das erste Fernglas fokussierbar und das zweite (= der Konverter) nicht. Das erste Fernglas kann für ein scharfes Bild eines 7 m entfernten Gegenstandes fokussiert werden. Bei dieser Entfernung treten also die von jedem Gegensatandpunkt her einfallenden Strahlenbünden parallel aus dem Okular (= virtuelle Abbildung nach unendlich). Also „sieht” das nachgeschaltete zweite Fernglas (= Konverter) diesen Gegenstand so, als wäre er unendlich weit weg. Und solche Gegenstände bildet der genau auf unendlich fokussierte Konverter ebenfalls wieder nach unendlich ab. Der Betrachter am Ende der Kette sieht den Gegenstand durch den Booster genauso scharf (nur nochmals vergrößert) wie ohne Booster allein durchs Fernglas. Die Naheinstellung hat sich deshalb in diesem Falle nicht verändert.

2. Jetzt kommen wir zum stark eingeengten Gesichtsfeld, das ich ja schon als den zu befürchtenden kritischen Punkt vorhergesagt hatte. Auf den ersten Blick sollte man meinen, daß so etwas gar nicht passieren kann, denn wenn man mit bloßem Auge (also ohne Fernglas) durch den Vorsatzkonverter schaut, ist der scheinbare Gesichtswinkel doch ziemlich groß, vielleicht 50° oder noch größer. Warum dann plötzlich diese Verengung, wenn der Konverter hinter dem Okular angeordnet wird?

Das Problem ergibt sich aus der fehlenden Übereinstimmung von Austrittspupille des Fernglases und Eintrittspupille des nachgeschalteten Konverters. Du weißt, daß Du beim Fernglas nur dessen volles Gesichtsfeld überblicken kannst, wenn sich Dein Auge nahe genug am Okular befindet. Vor allem Brillenträger, die mit Brille nicht näher als ca. 12-15 mm an die Okularfassung herankommen, wissen davon ein Lied zu singen. Geh doch mal mit Deinem Auge nur 3 cm weit weg vom Okular, und Du siehst statt vorher vielleicht 65° nur noch beispielsweise 15° vom ursprünglichen Gesichtsfeld. Wieviel es tatsächlich ist, kann man nicht pauschal sagen, sondern das hängt von der Okularkonstruktion ab.

Genau dieses Problem hat Dein Vorsatzkonverter: Seine Eintrittspupille liegt offensichtlich zu tief, also zu weit weg vom Okular, und deshalb „sieht” der Konverter nur ein stark eingeschränktes Gesichtsfeld im Fernglas. Aber wenn der Konverter nur wenig sieht, dann kannst Du hinter dem Konverter nicht mehr sehen, denn hinten kann beim Konverter nicht mehr Bild herauskommen, als vorn hinein kommt.

Jetzt wird Dich vielleicht wundern, daß diese Einschränkung so groß sein soll, daß Du tatsächlich, wie Du geschrieben hast, nur etwa 1° bis 2° siehst! Das liegt daran, daß das oben erklärte Problem bei einem Galileischen Fernrohr noch zusätzlich dadurch verschäft wird, daß bei diesem Fernrohrtyp die Austrittspupille innerhalb des Fernrohres und nicht wie beim Keplerschen Fernrohr hinter dem Okular liegt. Das Galileische Fernrohr hat also von Hause aus schon erhebliche Gesichtsfeldprobleme, und wenn die dann zusätzlich zu den obengenannten Problemen auftreten, wird's eng – eventuell bis zu 1° eng!

Das war jetzt wohl wieder ein etwas anstrengender Parcours durch die optischen Gesetze. Ich hoffe, Du bist dabei nicht vom Pferd gefallen und konntest alle Hindernisse nehmen.

MfG Walter E. Schön
 
Re: Nahgrenzenverschiebung und Minigesichtsfeld

Hallo Walter,
besser kann man die Sachlage wohl kaum erklären, also zuerst mal vielen Dank dafür!
Mit der Austrittspupille des Konverters hast Du natürlich recht, aber sie liegt immer noch bei ca 40 mm für beide Konverter, Frontlinse des 1,7er hat fast 70 mm. Das Teil ist für ein 5,6/180mm-Objektiv gerechnet und soll da ohne Lichtverlust funktionieren (das hab ich aber noch nicht getestet) . Das hat dann ein Eintrittspupille von ca 32 mm.
Also kann man schon von Lichtverlust ausgehen, aber das Gesichtsfeld bleibt tatsächlich praktisch gleich.
Die optische Qualität ist überraschend gut, bei Tagbeobachtung wirkt das Bild zumindest in der Mitte (sehr scharf, zusätzliche Farbfehler (Äste gegen hellen Himmel) sind mir nicht aufgefallen. Zumindest für Tagbeobachtung könnte so etwas eine gangbare und relativ preiswerte Möglichkeit sein.
Die übrigen Effekte sind hier wohl erschöpfend (nicht zu verwechseln mit ermüdend) erklärt. Wie wärs, wenn Du deine inzwischen zahlreichen ausführliche Postings zu einem Referenzwerk zusammenfassen würdest? Ich würds sogar kaufen..
Nochmal danke
Rainer
 
eh, so war es doch garnicht gemeint.
du hattest doch mal einen zum testen und ich dachte, das könnte für dich ein kaufansporn sein, wenn du weißt, wie du das ding richtig zum laufen bringen kannst <img src="/phpapps/ubbthreads/images/icons/laugh.gif" alt="" />
herzliche grüße!
wolf
 
Re: Nahgrenzenverschiebung und Minigesichtsfeld

hallo walther und alle anderen,
es gibt aber noch eine weitere variante:
nämlich nur ein " nachvergrößerungsokular " einzusetzen, ohne objektiv!
der grundgedanke ist dabei, statt eines projektionsschirmes das reelle bild durch ein zweites okular vergrößern zu lassen.
das ist in dem von mir o.g. buch ebenfalls detailliert beschrieben.
ich erinnere mich, auch diese variante mit erfolg ( und mit mikroskopokular ) vor etwa 35 jahren mal zusammengebastelt zu haben!
da ist nur die situation, daß das oku ziemlich weit hinter dem feldstecherokular plaziert werden muß. klappt aber prima!
ich kann martin und allen anderen interessierten dieses buch nur empfehlen.
umfangreiche zitate spare ich mir jetzt. aber es ist wirklich ein interessantes betätigungsfeld mit vielen möglichkeiten.
wolf
 
lange Tüte

> da ist nur die situation, daß das oku ziemlich weit hinter dem feldstecherokular plaziert werden muß

Hi wolf,

da war (glaube ich) noch ein Problem. Nur mit Nachvergrößerungsokular wird es wohl nicht einfach, geringe Vergrößerungen zu erzielen. Das hängt u.a. davon ab, was der Fokussiertrieb am Fernglas hergibt und auf welchen minimalen Abstand zum Nachvergrößerungsokular man kommt. Will man keine zu hohen Vergrößerungen und kein allzu langes Rohr hinten dran, dann ist das Minifernrohr wahrscheinlich die bessere Idee.

Frank.

PS: Habe mir Deine Umbauten natürlich genau angesehen. Wenn ich wenigstens rudimentäre mechanische Fähigkeiten hätte, würde ich so einen Umbau wagen. Aber ich warte noch etwas ab, vielleicht taucht ja mal der eine M500 auf dem Astromarkt auf <img src="/phpapps/ubbthreads/images/icons/grin.gif" alt="" /> ...
 
Re: lange Tüte

klar frank, so isses.
ich wollte nur einfach noch auf diese variante hinweisen.
und weißt du, es ist doch seltsam:
bei diesem thema befällt mich immer so ein bissel nostalgie, es erinnert mich an meine " frühzeit " und wie ich mit nem brillenglas und nem microskopokular meine ersten fernrohre gebastelt habe.
und dann funkelte sirius so herrlich bunt im oku.
ach , was war ich begeistert!
aber so fing es an!
ich denke, bei dir war es ähnlich!
herzliche grüße!
wolf
 
Hi MArtin,
ich habe ja sehr viel Verständnis fürs Basteln und Selbstbau (Verschlimmbessern), aber, da es z.B. bei M.Pieper (Astro-Selbstbau?) für ganz wenig Geld tolle Spektive aus der Ukraine gibt, die viel mehr Öffnung haben und übers Feld gute abbildungseigenschaften, lohnt das IMHO nicht mehr -
außer man muss was Basteln.
Effektive GRüße und
cs
jorgos
 
Hallo an alle!
Vielen Dank für Eure Beiträge, hab momentan leider keine Zeit muß mich sehr kurz fassen. Mit dem Projekt geht es mir eher darum meine geometrischen Optikkenntnisse zu verbessern. Ich will nicht überheblich klingen, aber Basteln will ich das Ding nicht, wenn dann wird es zuerst ordentlich am Computer konstruiert, ( mit dem dafür nötigen theoretischen Wissen --> will ich mir ja aneígnen, hab schon meine alten Physik Bücher rekrutiert, sind hilfreich aber nicht speziell genug) und dann auf professionellen Maschinen gefertigt. Daß ich mir so ein Ding kaufen kann, und das Ding wahrscheinlich in seiner Funktion besser ist, soll nicht der Punkt sein.
Also nochmals vielen Dank an alle für die rege Beteiligung
fahr jetzt direkt in den Urlaub.

schöne Grüße
Martin
 
Hallo Martin und alle anderen, die hier geposted haben,

habe mir gestern mal den Spaß gemacht und mein 6x30 Sucherfernrohr, welches aufrechtstehend und seitenrichtig abbildet, an die Okulare meiner Ferngläser gehalten:

funktioniert prima, die Abbildung ist scharf, relativ hell und ohne jede Vignettierung. Zufällig paßt der Außendurchmesser des Sucherfernrohrs exakt in die Augenmuscheln des 12x45 Conquest wie auch des 7x42 Vixen Ultima. Wenn ich jetzt noch eine passende Steckhülse drehen könnte <img src="/phpapps/ubbthreads/images/icons/grin.gif" alt="" /> hätte ich einen prima 6-fach Booster mit Fadenkreuz!

Viel Spaß beim Ausprobieren mit dem eigenen Sucher wünscht

Matthias

 
Ich habe auch ein versuch gemach und eine 26 Plössel ruckwards hinter meine Pentax 8x42 gehalten. Hinter der plössel habe ich eine 15mm Kellner befestigt. Ich war erlich gesagt sehr erstaunt. Das bild steht zwar auf den kopf aber am tag sah is echt brauchbar aus. Farbfehler und randscharfe halten sich in grenzen.


-Matt
 
Hallo Matt,

das Ergebnis Deines Experiments sollte hinsichtlich der Bildschärfe vor allem im Randbereich noch besser werden, wenn Du das unmittelbar hinter dem Okular befestigte Plössl umdrehst. Also die Seite, auf der Du normalerweise hineinschaust, dem Fernglasokular zugewandt ist und die Steckhülse zum zweiten Okular, also zu Deinem Kellner hin zeigt!

Der Strahlengang ist nämlich so, daß bei dieser zweiten Abbildung hinter dem Fernglas zunächst die von einem Gegenstandpunkt kommenden Strahlen das Fernglasokular parallel verlassen, nach dem ersten Objektiv (= nach Deinem Plössl) zu einem reellen Bildpunkt konvergieren und dann dieses reelle Zwischenbild mit dem letzten Objektiv (= Deinem Kellner) wie mit einer Lupe betrachtet wird. Das Brennweitenverhältnis f(1):f(2), also in Deinem Falle f(Plössl):f(Kellner) gibt die Nachvergrößerung des so konstruierten Boosters an. Achte dabei noch darauf, daß das nunmehr umgedrehte erste Okular einen so großen Abstand vom Fernglasokular hat, daß seine normale Austrittspupille (welche in diesem Falle zur Eintrittspupille wird) genau mit der Austrittspupille des Fernglasokulars zusammenfällt. So solltest Du die beste Schärfe und geringste Vignettierung bekommen.

Wenn das als erstes Objektiv für die Erzeugung des Zwischenbildes eingesetzte Okular (= hier Dein Plössl) symmetrisch aufgebaut ist, dann bringt das Umdrehen nichts. Aber wenn Du als erstes Objektiv ein anderes, nicht symmetrisch aufgebautes Okular einsetzt, sollte der Qualitätsunterschied zwischen falscher Anordnung und richtiger sehr deutlich zu erkennen sein. Ein echtes Plössl ist nicht ganz symmetrisch, aber doch fast symmetrisch aufgebaut, so daß in diesem Falle der Unterschied möglicherweise nicht sehr auffallen wird. Probier's jedenfalls mal aus!

MfG Walter E. Schön


NACHTRAG für alle, die nach diesem Vorschlag weitere Experimente machen wollen:

Es kann bei dieser hier beschriebenen korrekten Anordnung das Problem geben, daß die beiden einander mit dem Einstecktubus zugekehrten Okulare nicht nahe genug zusammengebracht werden können. Denn es müssen dabei ihre beiden Fokalebenen (Feldblendenebenen) in einer Ebene zusammenfallen. Es kommen also für einen derartig improvisierten Fernglas-Booster nur Okulare in Frage, deren Feldblende frei und nicht hinter Linsen liegt und deren Einstecktubus (wenigstens bei einem der beiden Okulare) abschraubbar ist.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Walter,

Genau wie du es beschrieben hast, hatte ich den Possel montiert. Nur eine umgekerte Okular ist in der lage den afokal strahlengang vernuftig in eine focal strahlengang wieder "umzubiegen" <img src="/phpapps/ubbthreads/images/icons/wink.gif" alt="" />

Ich bastle ein gehause und bericht wie der perfomance ist unter ein Stern himmer. Ich befurchte die farben werden ein problem sein.

-Matt
 
Status
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