Jupiter mit Monden: RGB-Konvergenz?

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Jan_Fremerey

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Wenn das Wetter so ist wie gegenwärtig hier, dann betreibt manch einer von uns die Astronomie halt am PC – so auch ich.

Um ein wenig mehr über die Möglichkeiten von Registax und Fitswork in Erfahrung zu bringen, habe ich einige Jupiter-Videos vom Juni 2006 aus dem Archiv gezogen und versucht, die Auswertung zu verbessern. Das ist mir nun anscheinend – zumindest in dem hier vorgestellten Fall - auch bis zu einem gewissen Grad gelungen, wenn ich mit dem letztjährigen Ergebnis vergleiche.

Link zur Grafik: http://www.astro-vr.de/2314G_rs4spaQ90ref50w108stw120-210_fwx2+RGBauto1fs200B110itGx5_PPajpg1_070s10jpg1.jpg


Bei der neuen Ausarbeitung ist mir aber eins zum erstenmal aufgefallen: Wenn ich die mit der verwendeten, monochromen Videokamera und RGB-Filterrad gewonnenen Farbauszüge mittels Fitswork zusammenfüge und dabei auf eine möglichst gute Deckung der Farblayer an der Jupiterscheibe achte, dann passen die Farben an den begleitenden Monden gar nicht gut übereinander.

Da der Passungsfehler bei Io deutlich höher war als bei Kallisto, und der Rotauszug bei Io westlich, aber bei Kallisto östlich von Grün erschien, kam mir der Verdacht, dass der Versatz mit der Umlaufbewegung der Monde zu tun haben könnte. Da die Farbauszüge in der Reihenfolge R-G-B aufgenommen wurden, deutet die Abbildung darauf hin, dass sich Io nach Osten und Kallisto gleichzeitig, jedoch vergleichsweise viel weniger schnell nach Westen bewegt haben musste. Und – in der Tat – der Astrokalender zeigt genau diese Situation an für die Beobachtungszeit am 17. Juni 2006 gegen 2245 MEZ (2345 MESZ).

Eine schnelle Rechnung zeigt, dass sich Io in der Zeit von 1min38s zwischen der Rot- und der Grünaufnahme etwa um einen halben Durchmesser nach Osten bewegt haben musste, so dass der im Bild erkennbare Farbversatz tatsächlich im wesentlichen durch die Bahnbewegung von Io in dieser Zeit erklärt werden kann.

Möglicherweise ist die Erscheinung ja hier im Forum schon öfter diskutiert worden. Ich war aber – ehrlich gesagt – zu faul, nach einem solchen Thema zu suchen und freue mich, die Fehlerursache für den Farbversatz selbst „entdeckt“ zu haben. Jedenfalls weiß ich jetzt, dass die Filterradmethode bei schnellen Objekten doch etwas zu langsam sein kann.

Gruß, Jan



 
Hallo Jan,

eine beeindruckende Verbesserung gegenüber dem letztjährigen Ergebnis. Hast Du auch Schärfungen in Fitswork vorgenommen?

Zur Mondbewegung bzw. Planetenrotation habe ich auch kurz nachgerechnet. Wäre schön, wenn das jemand bestätigen könnte.
Unter der Voraussetzung, dass Dein 150er Refraktor ca. 0,9" Auflösungsvermögen besitzt und Jupiter 42" Durchmesser sowie 10h Rotationsdauer, erhält man für die Zeit, die eine 0,9" messende Struktur in Rotationsrichtung zurücklegt ca. 6,4 Minuten. Dies sollte die maximale Zeit sein, in der man ohne Schärfeverlust, hervorgerufen durch die Rotation des Planeten, aufnehmen kann. Dieser Wert ist natürlich deutlich länger als die knapp 1,5 Minuten Io-Bewegung. Somit sollten die Monde (bei einer maximal möglichen Aufnahmedauer ohne Schärfeverlust durch Rotation) von 6,4 Minuten deutlich länglich erscheinen.

Beste Grüße
Torsten
 
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Hallo Torsten,

Zitat von TorstenHansen:
Zur Mondbewegung bzw. Planetenrotation habe ich auch kurz nachgerechnet. Wäre schön, wenn das jemand bestätigen könnte.
Zur Planetenrotation hatte ich in meiner Webcam-Anfangszeit 2003 mal Berechnungs-Links und Bildchen gepostet, später bin ich für meine Möglichkeiten und zu meiner Zufriedenheit von max. 90sec Aufnahmezeit für Jupiter ausgegangen.

Gruß+cs,
Dietmar

P.S.: Jan, hast Du mal versucht, mit drei APs in Registax-MAP das Problem auszutricksen?
 
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Hallo Torsten,

über Deinen zustimmenden Kommentar freue ich mich ebenso wie vor allem über die Erkenntnis, dass die im vergangenen Jahr etwas mangelhaft gelungenen Farben doch offensichtlich eher auf meine noch zu geringe Erfahrung in der Bildbearbeitung und nicht etwa – wie damals befürchtet – auf eine „Farbschwäche“ des Refraktors zurückzuführen sind.

Die einzige Farbverschiebung, die ich in dieser neuen Ausarbeitung angebracht habe, war – zur Beseitigung eines geringfügigen Gelbstichs - eine Anhebung des Blaukanals in Fitswork um 10%.

Dieses Resultat gibt mir die Gewissheit, dass sich der Farbfehler des 6“ FH bei der geringen Öffnung von f/20 doch in sehr erträglichen Grenzen hält und das - aufgrund des gefalteten Strahlengangs – bei recht kompakten Abmessungen des Teleskops.

Nun zu Deiner Frage: Ja – ich habe auch in Fitswork geschärft und zwar mit dem Tool „Iteratives Gauss-Schärfen“. Allerdings bin ich damit etwas zurückhaltend umgegangen, indem ich nur 5 Durchläufe statt der voreingestellten 20 Durchläufe gewählt habe. Ich hatte nämlich zuvor in Registax-4 bereits Wavelets angewendet, aber auch dort nur mit moderater Stärke, d.h. Regler 1 bei 20 und Regler 2 bei 10. Die Verarbeitung in Fitswork und die dortige Schärfung habe ich bei verdoppelter Bildgröße vorgenommen, um eine vernünftige Farbkonvergenz hinzubekommen. Nach einer abschließenden Maßstabsreduzierung in Picture Publisher auf 140% - bezogen auf das Aufnahmematerial – habe ich dort schließlich nochmal auf Stufe 10 geschärft.

Insgesamt ist also einigermaßen viel geschärft worden, und ich bin nicht sicher, ob ich damit bereits eine einigermaßen optimale Verfahrensweise gefunden habe. Jedenfalls scheint mir aber eine angemessene Ausnutzung der Leistungsfähigkeit selbst eines 6“ Teleskops schon eine gewisse Geschicklichkeit und Erfahrung im Umgang mit den Auswertetools vorauszusetzen.

Hier noch ein paar Zahlen zu den Bewegungsgeschwindigkeiten von Jupiter und Monden:

Bei einem mittleren Bahnradius von 421.600 km und einer Umlaufzeit von knapp 42,5 h beträgt die Bahngeschwindigkeit von Io rund 1.040 km/min. Bei einer Entfernung von rund 600 Mio km kreuzt Io - von uns aus gesehen - die Jupiterscheibe mit einer Winkelgeschwindigkeit von 1.040 / 6x10^8 rad/min = 0,36“/min. Der Winkelabstand zweier benachbarter Bildelemente (Pixel) auf dem Videochip meiner Kamera, bezogen auf die Brennweite des FH-Objektivs beträgt 7,4 µm / 3 m = 0,51“. Die Abbildung von Io schreitet somit in 1,5 min gerade um etwa einen Pixelabstand auf dem Kamerachip voran. In der von mir gewählten Vergrößerung auf 140% des Originalmaßstabs werden in derselben Zeit rund 1½ Pixel überschritten, und das genügt, um die Fehlpassung der Farbkanäle bei Io erkennbar werden zu lassen.

Wenn man die Fehlpassung auf ½ Pixel begrenzen will, dann muss man mit einer Teleskopbrennweite von 3 m bei Io die Belichtungszeit auf insgesamt etwa 30 s begrenzen, falls man nicht auf Io selbst mit dem Teleskop oder bei der Bildbearbeitung nachführen will.

Bei den hier im Forum oftmals zu bewundernden, deutlich größeren Abbildungsmaßstäben wird deshalb die Belichtungszeit entsprechend zu verkürzen sein.

Betrachten wir noch kurz die Situation beim Jupitermond Europa und die Jupiteroberfläche selbst. Europa läuft mit einer Bahngeschwindigkeit von 825 km/min und ein Punkt am Jupiteräquator mit 754 km/min um. Damit wird zur Einhaltung ähnlicher Abbildungsbedingungen wie bei Io die Belichtungszeit bei 3 m Brennweite auf rund 40 s zu begrenzen sein und auf entsprechend kürzere Zeiten bei längerer Brennweite.

Gruß, Jan
 
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Hallo Dietmar,

vielen Dank für die interessanten Links und Deine resultierende Beurteilung, die sich ja im wesentlichen mit meinen soeben geposteten Überlegungen deckt, sofern man eine Toleranz von der Größenordnung einer ganzen – statt einer halben - Pixelbreite zulassen möchte. Ich glaube, dass man das sogar guten Gewissens tun kann, zumal ja die Planeten hier oftmals in etwas überhöhten Maßstäben dargestellt werden und somit ohnehin etwas unscharf erscheinen. Da fällt dann eine Fehlpassung um eine oder gar mehrere Pixelbreiten in der Tat kaum noch auf.

Danke auch für den eigentlich doch naheliegenden Gedanken, das von Registax-4 angebotene Multipoint-Alignment-Verfahren für das separate Tracking von Jupiter und Io zu nutzen. Das will ich gleich mal ausprobieren.

Gruß, Jan


P.S. Nein - das kann eigentlich nur dann funktionieren, wenn man gleich mit einem synchron aufgenommenen RGB-Datensatz - etwa aus einer Farb-ToU - in Registax hineingeht. In meinen nacheinander aufgenommenen Farbauszügen (jeweils monochrom) hängt die Schärfe doch nur von der Dauer des einzelnen Videoclips ab, und die lag hier zwischen 30 und 40 Sekunden. Das Problem ist doch, dass die mittleren Aufnahmezeitpunkte der Summenbilder für R, G und B und somit die Mond-Positionen um jeweils ca. 100 s auseinander lagen und deshalb nicht mehr im Rahmen der genannten Toleranz aufeinanderpassen konnten.
 
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Hallo Jan und Dietmar,

danke für die klärenden Worte und die Links.
Wenn ich also richtig verstanden habe, so sind die 3 Minuten als Gesamtbelichtungszeit am Jupiter, von denen ich schon (unabhängig vom benutzten Teleskop) häufiger gehört habe, wohl deutlich zu viel. Interessant, dass z.B. ein Spitzenkönner wie Antony Wesley (alias Bird) aus Australien nach dem gleichen Grunsatz arbeitet (siehe z.B. hier (attachment anklicken): http://www.cloudynights.com/ubbthre...2219/page/3/view/collapsed/sb/5/o/all/fpart/1 ; sorry für die Fremdverlinkung :blush:). Aber wenn man dort den dunklen Fleck neben dem GRF sieht, der deutlich unscharf erscheint, ist jetzt auch klar warum.

Jan nochmal meinen Glückwunsch zu Deinem neu bearbeiteten Bild.

Gruß und cs
Torsten
 
Hallo Jan,

Zitat von Jan_Fremerey:
Danke auch für den eigentlich doch naheliegenden Gedanken, das von Registax-4 angebotene Multipoint-Alignment-Verfahren für das separate Tracking von Jupiter und Io zu nutzen. Das will ich gleich mal ausprobieren.

Gruß, Jan

P.S. Nein - das kann eigentlich nur dann funktionieren, wenn man gleich mit einem synchron aufgenommenen RGB-Datensatz - etwa aus einer Farb-ToU - in Registax hineingeht.
Hm, gemacht habe ich's noch nicht, aber kann man nicht die aus den einzelnen Videos resultierenden FITS/TIFF-Summenbilder mit 3-Punkt-MAP stacken?

Viel Erfolg, Gruß+cs,
Dietmar
 
Hallo Torsten,

Dank erstmal für den anerkennenden Kommentar zur Neubearbeitung.

Zum Bird-Jupiter: Die Ausarbeitung ist zwar in ihrer Größe und Farbe imposant – aber trotzdem nicht ganz mein Geschmack. Es herrscht dort auf der ganzen Fläche ein auffälliges Gewimmel von madenartigen Waveletartefakten einer charakteristischen „Wellenlänge“, und der Helligkeitsabfall zu den Rändern hin wirkt auf mich ebenfalls unnatürlich.

Die Wavelets führen insbesondere zu ausgeprägten, wulstartigen Säumen an in Wirklichkeit scharf begrenzten Konturen wie z.B. entlang der Randlinie des GRF und um den von Dir genannten schwarzen Fleck herum. Alles, was kleiner ist als die „Madendicke“, wird nicht mehr differenziert abgebildet.

Bei solchen Darstellungen macht es m.E. wenig Sinn, über die von uns diskutierten Unschärfen infolge überhöhter Belichtungsdauer zu sprechen. Aber im Grunde hast Du Recht: Bei dem dort gewählten Abbildungsmaßstab und einem Belichtungszeitraum von 3 min muss man in der Nähe des Zentrums der Jupiterscheibe schon mit einer deutlich sichtbaren Verbreiterung von Bilddetails in Umfangsrichtung rechnen.

Gruß, Jan
 
Hallo Dietmar,

... kann man schon, aber dann bleibt nur noch ein Summenbild, und für Farbe braucht man eben die drei voneinander unabhängigen und hinsichtlich des Bildinhalts unterschiedlichen Summenbilder.

Zur Aufnahme der Farbinformation könnte man natürlich – wie das manche fortgeschrittene Autoren bereits tun – auch eine separate Farbkamera verwenden. Damit geht die Sache jedenfalls etwas schneller als mit dem RGB-Filterrad an einer Monochromkamera. Oder man blendet einen Teil des Lichts aus und nimmt gleichzeitig mit zwei Kameras auf, wenn man schon nach dem LRGB-Schema arbeiten will.

Gewiss kann man die mangelnde Farbkonvergenz an den Monden in dem vorliegenden Bildbeispiel nachträglich noch durch lokale Verschiebung der seitlich abweichenden Rot- und Blaulayer von Hand korrigieren. An dieser Stelle ging es mir aber eher um die Demonstration des Einflusses der – von uns aus gesehen seitlichen - Objektbewegungen am Jupiter auf die Farbkonvergenz der Abbildung bei längeren Belichtungszeiträumen.

Gruß, Jan
 
schönes foto. gratuliere :) mit welcher cam und welchem teleskop hast du die aufnahme gemacht?
 
Hallo Mirco,

ich freue mich, dass Dir das Bild gefällt. Es wurde aus drei Videofiles "entwickelt", die ich mit einer monochromen Videokamera "Micropix M640" (offenbar hergestellt von Point Grey) und RGB-Filterrad (Astronomik Typ II) aufgenommen habe. Bislang hatte ich nur eine vergleichsweise undeutliche Durchzeichnung hinbekommen. Als Teleskop dient mir nach wie vor ein offener Faltrefraktor mit 6" f/20 FH-Optik von D&G. Näheres hierzu findest Du auf meiner Website.

Gruß, Jan
 
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