der Wiener Refraktor

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Anette_Aslan

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Liebes Astrovolk,
letzten Samstag war Tag der offenen Tür an der Uni-Sternwarte Wien auf der Türkenschanze. Da ich sowieso in Wien war, zog es mich da natürlich wieder hin, denn ich wollte zu gern mal durch den 67cm/10m Refraktor schauen, der auf einer Säule lagert, die an den Turm von Babel erinnert. Ein 60mm Pentax Okular zeigte den zunehmenden Mond noch bei Tageslicht am frühen Abend und bei einer Vergrößerung von 167 fach war der Anblick für mich nun nichts spektakuläres, doch das Gesichtsfeld war enorm. Auch konnte man die Rille über den Alpen deutlich sehen, das schafft mein 6"FH oder 10"Dobs nicht so locker vom Hocker.
Der Refraktor wurde von Hand (!) geführt und ich dachte schon, ich sei eine Heldin mit der Führung meines 6 Zöllers auf schwerster Montierung. Zwar noch unter den Top Ten Europas doch wegen der Lichtverseuchung um und in Wien nicht mehr im Einsatz. Es wurde erklärt, dass sich Hochvergrösserungen nicht mehr lohnen. Ich konnte es nicht fassen!!!!!!!!!!!
Dann gegen 22h gab es einen großen Andrang wegen Saturn. Da ich am Großen keine Chance mehr hatte und später die anderen Wartenden auch nícht, weil eine Altocumulusbank daherschwebte konnte ich noch schnell umschwenken und einen Blick durch einen SC 11 von Celestron werfen. Dort war nur das 40mm Oku drin, höher vergrössern würde man für die Gäste nicht...........ich war sehr enttäuscht, denn dass hätte man auch mit einem 102/1000 hinbekommen.....dann wie gesagt kam die Wolkenbank und aus und vorbei......ach was hätt ich für Saturn am Großrefraktor gegeben!!!!
Was ich als unnötig empfand, waren die vielen Kleinkinder, die alle an die Okus gehieft wurden und absolut nix verstanden...........traurig, dass dieser Dino von Teleskop arbeitslos geworden ist...sehr traurig.
Grüssle von Anette
 
Zitat von Anette_Aslan:
Zwar noch unter den Top Ten Europas doch wegen der Lichtverseuchung um und in Wien nicht mehr im Einsatz...traurig, dass dieser Dino von Teleskop arbeitslos geworden ist...sehr traurig.

Hallo Anette,

der Wiener Reafraktor ist (was den Durchmesser der Optik betrifft) sogar unter den Top 10 der Welt, aktuell auf Platz 9.

Das Arbeitslosen-Schicksal teilt er mit fast allen großen Refraktoren dieser Zeit, wie etwa auch dem Yerkes-Refraktor oder dem Doppelrefraktor in Potsdam. Auch diese werden, so weit ich weiss, nur noch für Öffentlichkeitsarbeit genutzt, aber nicht mehr für wissenschaftliche Beobachtungen. So eindrucksvoll diese Teleskope auch sind, sie bieten halt nicht das, was man von einem modernen wissenschaftlichen Instrument erwartet.

Wenn Du wieder mal in Wien bist würde ich Dir auch unbedingt einen Besuch auf der Kuffner-Sternwarte empfehlen, falls Du die noch nicht kennst. Eine sehr schöne restaurierte historische Sternwarte, die sicher einen Besuch wert ist!

Grüße, Herbert
 
Nun ja,

da sich jeder Hobbyastronom einmal an einem solche Refraktor die Nacht um die Ohren schlagen würde, wären durchaus Anwendungsmodelle zu entwerfen.
Damit meine Öffnungszeiten, geringe Eintrittsgebühren, Sternenparties, ... und was einem noch so einfällt.
Speziell in und um Wien dürften genügend astronomisch engagierte Interessenten zusammenkommen.

Grüße,
Doppelstern
 
Hi!

Ich hab mal das Glück gehabt, durch den 500/10.000mm-Cassegrain der Jenaer Forst-Sternwarte schauen zu können. Trotz Wald und Wolken war ein kurzer Blick in die Plejaden möglich - Du glaubst gar nicht, wie wenig Du bei 10 Meter Brennweite vom Himmel siehst. Schöne Ziele sind enge Doppelsterne, Planetarische Nebel und Planeten, danach wird's schon eng.

Aber beeindruckend ist's schon, so ein massives Stück Handwerkskunst zu sehen und die rotierenden Messingteile der Nachführung in Aktion zu sehen, die durch ein zuvor hochgekurbeltes Gewicht im Keller angetrieben wird - dazu vielleicht noch die Sternzeituhr im Vorraum, die unter einer Vakuumglocke steht. Man vergißt leicht, wie einfach man heute an die exakte Uhrzeit kommt und wie knifflig das noch vor gut 20 Jahren war, geschweige denn vor 100.

Bei "Massenveranstaltungen" ist immer auch das Problem, dass nicht in Ruhe beobachtet und mal was ausprobiert werden kann. Da muss halt eine Vergrößerung rein, bei der jeder erkennt, was er gerade sieht, und das möglichst auf Anhieb.

So toll und erhaltenswert die Riesen auch sind, etwas mit mehr Gesichtsfeld ist mir zum Beobachten lieber... Okulare mit 60 oder 70mm Brennweite kriegt man ja auch kaum mehr. Aber solange die Dinos der Öffentlichkeit zugänglich sind und das Interesse an Astronomie und Naturwissenschaften wecken, erfüllen sie einen mindestens ebenso wichtigen Zweck wie als reine Forschungsinstrumente. Und während die Massen zum größten Gerät strömen, kann man in Ruhe an den kleineren Geräten beobachten, auch nicht schlecht.

Gruß,
Alex
 
Hi,Anette
wenn du große Okulare suchst-geh mal zu APM Ludes>Zeiss second hand :/
Nachführheld!?-was soll ich denn sagen :biggrin: bei meinem Eumel-siehe meine HP in Signatur
in Wien war ich noch nicht :blush: aber Berlin treptow Refraktor D700/f 21000 :augenrubbel:
in der Wiener Westkuppel steht ein Clark 12"Refraktor :)
warum man den nicht zur entlastung öffnet ?)


zur Privaten Beobachtung kleiner Gruppen an den großen Refraktoren mußt ja leider immer ein Sternwartentechniker bereit stehen ,der freilich auch für seine zeit bezahlt werden möchte.
gruß Marc

@Alle: warum hat man im ausgehenden 18.jahrhundert und beginnenden 19.jhd. die Sternwarte in bzw. an den Städten gebaut? die zunehmende Lichtmenge der beleuchtung aller Art war doch vorraus zu erahnen !?Wissenschaftler wohnten doch eh auf Sternwartengelände ?)also bräuchte man doch auf verkehrswegestruktur keine Rücksicht nehmen
 
Hi!

Wenn ich mich richtig erinnere (nein, so alt bin ich nicht - aber ich vor längerer Zeit mal Richard Learners Buch "Die Geschichte der Astronomie" gelesen, das auch die Problematik streift), wurde damals ziemlich viel von Sponsoren gezahlt, die das Teleskop natürlich in ihrer Nähe haben wollten - und im Zeitalter von Gaslampen war die Straßenbeleuchtung auch noch nicht so störend. Zumindest in den USA war das so, aber aber auch im Kaiserreich wurden dafür viele Spenden gesammelt. Bei einer Führung auf der Landessternwarte Heidelberg hat mal einer gemeint, dass Max Wolf der zweitgrößte "Schnorrer" Deutschlands war - nach Oscar von Miller, der in München das Deutsche Museum samt erstem Planetarium auf die Beine stellte.

Straßenbeleuchtung ist erst seit dem 20. Jahrhundert ein Problem - und welcher Wissenschaftler geht schon freiwillig in die Pampa, wenn er mit der Postkutsche unterwegs ist? Abgesehen davon, dass die Optik auch mit einem Fuhrwerk quer durch die Botanik transportiert werden müsste. Da lieber in der Nähe von Flüssen, die holpern nicht so stark... Dunlop hat 1888 den Fahrradluftreifen patentieren lassen, die Elektrifizierung begann auch erst kurz vor 1900.

Außerdem waren die Städte damals viel kleiner - was heute Innenstadt ist, war vor 100 Jahren Randlage und meist ab Mitternacht im Dunkeln. Noch um 1900 waren in USA viele stadtnahe Sternwarten problemlos nutzbar, die heute nur Neonreklamen beobachten können. Deutschland war ähnlich - ich kenne ein paar Berichte aus den 1930ern, nach denen in Heilbronn (Stadtrand der Innenstadt) beobachten ab Mitternacht gut möglich war, vorher störte die Beleuchtung doch beim fotografieren. Heute bräuchten wir einen Stromausfall - und ein Notstromaggregat für die Instrumente.

Dass Energie mal so billig und allgegenwärtig wie heute und Mobiität so einfach und günstig sein würde, hätte sich damals wohl niemand träumen lassen. Strom und fließend Wasser in jedem Haus, und fast jeder kann sich eine "Motorkutsche" leisten, unglaublich.

Gruß,
Alex

PS: War es Agatha Christie, die mal gesagt hatte, dass sie gedacht hätte, dass sie einmal so reich sein würde, dass sie sich ein Auto leisten könnte - und so arm, dass sie sich keinen Dienstboten leisten kann? Die Zeiten ändern sich...
 
Hi,Alex
an die eitelkeit der Sponsoren bzw. des jeweils einzigen Sponsors hab natürlich nicht gedacht :blush: :biggrin:

okay, weit in die Zukunft gucken(10-20 jahre)ist ne schwierige Angelegenheit :/

wüsste auch nicht so recht, wohin ich mein traumhaus,meine Traumsternwarte hinbauen sollte :gutefrage:
hinsichtlich steigenden meeresspiegels(HH säuft bald ab ;) ), Bevölkerungsstruktur,eig.Gesundheit(Versorgungsnetz),grundstückpreise etc.
Gruß Marc
PS: aber ne bessere Nutzung der nicht mehr wissentschaftlich verwertbaren teleskope für die Allgemeinheit sollte doch kreativ möglich sein- scheitert mal wieder an deutscher Bürokratie ?! :krank: oder hat das "liebe"Geld uns in der Zange :mauer:
 
@Marc:
Dein PS trifft auch meine Meinung - vielleicht fehlt jemand, der es 'durchziehen' kann.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hi!

Ich überlege grad - wieviele ehemalige Groß-Teleskope gammeln denn eigentlich irgendwo rum und sind nicht in Betrieb - weder als Ausbildungsteleskop einer Uni noch zumindest sporadisch für die Öffentlichkeitsarbeit? Und ich meine jetzt nicht die Geräte, die ins Museum gewandert sind oder in der Physik-Sammlung einer Schule ihr Dasein fristen (bzw. im Osten auf den Müll flogen, als Astro nach der Wende kein Unterrichtsfach mehr war)...

Teilweise werden die alten Geräte auch abgegeben, wenn das Sternwartengebäude weiter verwendet werden soll, aber mit größerem Gerät - ich meine mich zu erinnern, dass das alte 80-cm-Teleskop auf dem Wendelstein eine neue Heimat kriegen soll, nachdem es für ein 2m-Teleskop Platz machen soll.

Gruß,
Alex
 
Zitat von Clark:
warum hat man im ausgehenden 18.jahrhundert und beginnenden 19.jhd. die Sternwarte in bzw. an den Städten gebaut?

Die Sternwarte und der große Refraktor waren sicher auch ein Prestigebau für den Kaiser. Das ist ja auch an der Architektur der Sternwarte zu erkennen. Deshalb sollte sie wohl nicht all zu weit von Wien entfernt errichtet werden. Weiters muss man auch bedenken, dass die Astronomen in Wien gelehrt haben, und damals gab es noch keine günstigen Flugverbindungen nach Chile, und keine Remote Observatories... :/

Aber als die Universitätssternwarte Wien 1883 eröffnet war, stand sie auf einem Hügel, auf dem Wein angebaut wurde, in der damals noch selbständigen Gemeinde Währing ausserhalb von Wien. Dass die Stadt so schnell wachen würde konnte damals wohl niemand voraussehen. Und dass man 30 Jahre später die Städte nachts hell erleuchten würde wohl noch weniger.

Im Jahr 1924 haben die Astronomen schon sehr unter der Lichtverschmutzung gelitten, dabei war die Beleuuchtung damals im Vergleich zu heute wohl eher bescheiden. Johann Palisa schrieb damals: "So z.B. wurde in Wien vor dem Weltkriege die Ringstraße mit Bogenlampen beleuchtet. Um Mitternacht wurden die Bogenlampen ausgeschaltet, und sofort konnte ich um 1,5 bis 2 Größenklassen schwächere Sterne sehen. [...] Nun wird jedermann begreifen, wie sehr die Arbeitsfreudigkeit herabgestimmt wird, wenn er sieht, daß der fünfmal mehr Sternlicht auffangende 27-Zöller nicht das zu leisten imstande ist, was der 12-Zöller in Heidelberg leistet. [...] Solche Wahrnehmungen bringen den Beobachter immer wieder auf den Gedanken, daß die Wiener Sternwarte mit ihrem großen Refraktor heute nicht mehr auf dem richtigen Platze steht, und daß es an der Zeit ist, an ihre Verlegung zu denken und zu schreiten." (Ganzer Text hier).

Im übrigen möchte ich noch anmerken, dass die Wiener Astronomen in Sachen Nutzung der historischen Refraktoren durchaus zugänglich sind. Der 12" Clark wird regelmässig von Amateuren genutzt, und auch eine Beobachtung mit dem großen Refraktor kann man arrangieren. Eine Gelegenheit dazu bietet sich z.B. für die Teilnehmer der Darksky 2008 Tagung (22./23. August in Wien).

Grüße, Herbert




 
Hi,Herbert
Leider wohn ich mehr als 1000 km weg :(
wo kann man detailliert mehr erfahren zum 12"Clark ? :)
einige Bilder hab ich schon gefunden :)
zur Geschichte fehlt noch was
Gruß Marc
PS: gerade die HP der Uni-Sternwarte durchstöbert-keine Silbe zum 12 " Refraktor :eek: :erschreck:
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Marc,

vielleicht fragst Du einmal bei DDr. Thomas Posch nach, wenn Du nähere Informationen haben willst. Er ist für die Öffentlichkeits an der Wiener Sternwarte zuständig, und gegenüber Amateuren sehr aufgeschlossen. Kontaktibformationen findet Du auf der Webseite der Universitätssternwarte unter "Mitarbeiterinnen & Mitarbeiter".

Grüße, Herbert
 
Hallo,
komm mit den Mailadressen nicht klar :blush:
zweimal " _ " in jeder adresse
wo kommt das hin > @ < ? :gutefrage:
Gruß
 
Hi!

Statt _AT_ schreibst du @
name_AT_uni wird also zu name@uni

Gruß,
Alex
 
Hi,
Danke für die Aufklärung :)
aber warum so umständlich geschrieben : _AT_ ?
jeder kann doch Strg und Alt gedrückt halten und den Buchstaben Q drücken oder wird das beim erstellen einer html seite nicht so wiedergegeben ?)
Gruß
 
Hi!

Das Problem ist, dass Webseiten regelmäßig von Robotern gescant werden, ob eine Emailadresse draufsteht, der man tolle Angebote von Viagra und sonstigem Schrott anbieten könnte. Mit etwas Glück kommt ein Roboter zum Einsatz, der dumm genug ist und nur nach Klammeraffen Ausschau hält - dadurch kommt nicht ganz so viel Schrott auf öffentlich bekannte Emailadressen. Andernfalls läuft's schnell so: http://ars.userfriendly.org/cartoons/?id=20040118

Durch die Umschreibung und den Verzicht auf anklickbare Adressen kommt wenigstens etwas weniger Spam. Ist also reine Notwehr.

Gruß,
Alex
 
@ Alex: Der Link is ja mal geil, shipping $ 3,95 :totlach: TLD = .moo, :totlach2:

CS Stefan
 
Erst jetzt auf diesen Thread aufmerksam geworden, wollte ich nur anmerken, dass der Yerkes-Refraktor zumindest noch bis vor wenigen Jahren sehr wohl wissenschaftlich genutzt wurde: Der Sternwartendirektor Kyle Cudworth - der auch in diesem originellen Artikel über den Besuch eines deutschen Historikers "mitspielt" - nahm damit immer wieder Bilder von Kugelsternhaufen auf, um durch Vergleich mit historischen Fotoplatten Eigenbewegungen der Sterne zu messen.

Wen es mal in den Raum Chicago verschlägt: Ein Besuch in der Yerkes-Sternwarte (auf der übrigens eine Schiesserei im Film "Chain Reaction" gedreht wurde, wo sie bestens ins Bild gesetzt wird) ist 'a must', wie die Amis sagen würden. Ich hatte 1999 am Rande einer Astrotagung das Vergnügen und konnte sogar durch den 1-m-Refraktor und ein Okular(!) die Venus mit 400-facher Vergrößerung am Taghimmel betrachten. Was wegen exzellenten Seeings (man hat sich bei der Standortwahl an einem See durchaus Gedanken gemacht) sogar förderlich war.

Daniel
 
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