Hallo Leo,
wir müssen uns doch darüber im Klaren sein, dass bei größeren Instrumenten nicht das theoretische Auflösungsvermögen der Optik, sondern das Seeing der qualitätsbegrenzende Faktor ist.
Ein 12“-Teleskop besitzt ein theoretisches Auflösungsvermögen von besser als 0,5“. Das Seeing in unserer Gegend ist selten besser als 2“ FWHM, und selbst, wenn es mal 1“ sein sollte - hast Du schon einmal eine solche Angabe in einer Bildunterschrift gesehen ? - ist es auch dann noch deutlich schlechter als das 12" Teleskop.
Es macht deshalb wenig Sinn, die Bildgröße von vorneherein auf das theoretische Auflösungsvermögen des Teleskops abzustimmen. Diese Grenze erreichen wir doch nie, außer vielleicht gelegentlich in Namibia.
Deshalb geht es unter den hiesigen Sichtbedingungen vorrangig um die Frage, wie wir den Einfluss der Luftunruhe in den Griff bekommen, und da gibt es offensichtlich nur ein Mittel, nämlich die konsequente Verkürzung der Belichtungszeit.
Auf dieser Methode beruht schließlich die ganze „Videoastronomie“, der wir inzwischen diese vielen fantastisch aufgelösten Mond- und Planetenbilder überhaupt erst verdanken.
Du sagst es ja richtig, und das räumen viele Deiner erfahrenen Kollegen freimütig ein: Bei schlechterem Seeing kann man ebenso gut auch mit einem kleinenren Teleskop arbeiten.
Das bestätigt aber doch nur die Tatsache, dass die Auflösung des Teleskops nicht die entscheidende Rolle spielt, sondern eben das Seeing.
Gewiss, man sollte unter Berücksichtigung des jeweiligen Seeings einen vernünftigen Kompromiss finden zwischen Aufnahmebrennweite – dies im Hinblick auf eine möglichst kurze Belichtungszeit – und angestrebter Abbildungsgröße.
Ich halte es für wenig sinnvoll, diesen Kompromiss voll zugunsten der an dem theoretischen Auflösungsvermögen der Optik orientierten Abbildungsgröße zu wählen. Auf der anderen Seite macht es keinen Sinn, die Abbildungsgröße allein am Seeing zu orientieren. Das tatsächliche Optimum ist irgendwo zwischen diesen Extremen zu erwarten.
Als naheliegenden Kompromiss könnte man in erster Näherung an die Steigerung der Aufnahmebrennweite entsprechend der Quadratwurzel aus der Teleskopöffnung (Durchmesser der Optik) denken.
Wenn wir nun – zunächst einmal willkürlich, aber doch ein wenig im Hinblick auf Stefan – f/10 als ein Optimum für die 12“ Optik betrachten, dann ergäbe sich für eine 8“ Optik unter gleichen Bedingungen ein entsprechendes Optimum bei f/12,2 und für 16“ bei f/8,7 – jeweils zugeschnitten auf die Pixelweite von 4,65 µm der Kameras DMK-41 bzw. -31.
Um am Ende auf dieselbe Bildgröße zu kommen wie bei einer Aufnahme mit optischer Nachvergrößerung (Barlow) auf f/20, müsste man bei der 12“ Optik um den Faktor 2 nachvergrößern. Wir sehen an Stefans Apenninen-Bild, dass das sehr schön und offensichtlich ohne Verlust an Bilddetails funktioniert. Bei der 8“ Optik und f/12,2 müsste dementsprechend nur um 63%, bei der 16“ Optik und f/8,7 dagegen um den Faktor 2,3 nachvergrößert werden.
Mit einer angemessenen Nachvergrößerung wird aber – wie Stefans Bilder belegen – entgegen Deiner Befürchtung keine Bildauflösung „verschenkt“!
Ich glaube kaum, dass Stefan mit f/14 ein noch deutlich besseres Ergebnis erzielt hätte. Er hätte eher die Belichtungszeit noch weiter reduzieren können. Denn er hat – wie ich finde, unnötiger Weise – mit einem Gain von nur 250 gearbeitet. Bei vollem Gain hätte er noch viermal kürzer belichten können.
Klar erscheint mir hingegen, dass man bei schlechterem Seeing mit noch kürzerer Brennweite arbeiten muss und nicht mit längerer!
Unter Berücksichtigung dieser Zusammenhänge sollte man m.E. zu Bildergebnissen kommen, die der theoretischen Leistungsfähigkit eines Telskops besser gerecht werden als die Anwendung der optischen Nachvergrößerung auf typischerweise f/20 am Teleskop. Diese nimmt ja im Hinblick auf die überlangen Belichtungszeiten gar keine Rüchsicht auf den störenden Einfluss des Seeings.
Die Bewegungsunschärfe, die man durch Anwendung überlanger Belichtungszeiten bereits auf den Videoframes „einbrennt“, bekommt man später durch keine auch noch so ausgefeilte Bearbeitungstechnik wieder beseitigt. Durch Nachvergrößerung dagegen bringt man – wie die Bilder von Stefan eindrucksvoll belegen – die in verkleinertem Maßstab bei verkürzten Belichtungszeiten auf den Videoframes sauber festgehaltenen Details ohne weiteres wieder zum Vorschein.
Dies alles sind natürlich zunächst nur Schlussfolgerungen, die sich jedoch auf die zweifelsfrei handfesten Ergebnisse von Stefan stützen.
Ich würde mich freuen, wenn tatsächlich der eine oder andere Besitzer eines größeren Teleskops den Mut hat, die hier gegebenen Prognosen an seinem Instrument zu testen. Möglicherweis würde eine solche Aktion den Mutigen am Ende mit einem sichtbaren Gewinn an Bildqualität belohnen ...
Gruß, Jan