Saturn und Farben

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Jan_Fremerey

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Die Saturn-Saison hat bisher an meinem Beobachtungsstandort mit nach Osten hin versperrter Sicht nicht das hergegeben, was ein 10" Teleskop erwarten lässt. Ich hatte im Laufe der letzten Monate bei jeder sich bietenden Gelegenheit aufgebaut und probeweise Rotauszüge videografiert. Die Ergebnisse waren jedesmal so, dass ich auf weitere Farbauszüge verzichtet habe. Vorgestern Abend, am 29. Mai, war das Seeing - wenn auch nicht für 10" hinreichend - dann doch zum erstenmal so, dass ich beschloss, einen RGB-Versuch zu unternehmen.

Link zur Grafik: http://www.astro-vr.de/conv_Moon_R_29_05_2011_232844g3_Driz_q662_p40_lumi_wD1285_0-45Kg075_RRGBsat080_720x600_GaussGlaetten075x100.jpg

Die Aufnahmedaten: Royce-Spiegel 10" f/5 mit 2,2x Klee-Barlow (komakompensierend) und Chameleon-Kamera (3,75 µm) in offener Trägerrohrmontierung ( "Schüsselteleskop" ). Aufnahmebrennweite 2,8 m bei f/11, RGB Farbfilter Astronomik Typ II in Steckfassung, Aufnahmesoftware FireCapture mit Gain 1020, Gamma 1,5 und ca. 30 ms Belichtungszeit bei 24 fps, ca. 1450 Frames pro Farbe in jeweils 60 s, Farbfolge (BRGR) im Abstand von jeweils 2 min in der Zeit von 2236 bis 2340 MESZ. Das Video für den Luminanzkanal (Rot) der gezeigten Aufnahme wurde um 2328 MESZ gestartet.

Bildbearbeitung: Autostakkert mit 1,5x Drizzle und automatischer Image Convolution, 40%-Auswahl, Nachbearbeitung und Farbcomposits (R+RGB) in Fitswork.

Die "Farbgestaltung" halte ich für einigermaßen "willkürlich" im Hinblick auf die Vielfalt der Alternativen, die man allenthalben zu sehen bekommt. Auf NASA-Fotos sieht man oft überwiegend Brauntöne. In einer aktuellen Diskussion werden gerade Unterschiede zwischen RGB-Composit-Aufnahmen aus Monochrom-Kameras und Aufnahmen mit Farbkameras (Bayer-Matrix) verglichen. Inwieweit die oben gezeigte Farbenvielfalt mit violetten Tönen oberhalb der Sturmzone auf der Nordhalbkugel und Orangetönen auf der Südhalbkugel unmittelbar unterhalb des Ringsystems überhaupt "gerechtfertigt" sind, vermag ich nicht zu beurteilen. Jedenfalls gefallen mir die Farben in dieser Zusammenstellung, und das Ringsystem kommt einigermaßen farbneutral heraus.

Über kritische Anmerkungen, insbesondere zur Farbe, würde ich mich freuen.

Gruß, Jan
 
Hallo jan,

eine sehr schöne Aufnahme ist dir da gelungen! Du hast deine Schüssel und die EBV im Griff.
Bezüglich Farbe: mir selbst gefallen eher die gedeckten Farben besser, irgendwas in mir sträubt sich gegen bunte Planeten - das ist auch bei Jupiter so. Das entbehrt aber jeder "wissenschaftlichen" Grundlage.
Wie immer im Astrobereich wird es schwer bis unmöglich, die echten Farben festzustellen, und daher immer subjetiv dem Bearbeiter überlassen - siehe Amis mit ihrem h-Alpha-rot.

LG, Markus
 
Hallo Jan !

Ich denke mal, Du hast die Farben sehr gut erwischt. Ich bearbeite bei meinen RGB-Komposits die Farben möglichst gar nicht nach (ab und an habe ich mal etwas Rot und Grün 'rausgenommen) un dkommen im Großen und Ganzen auf dieselben Farben wie Du. Alles etwas gedeckt, aber das scheint's ja auch zu sein. Hier waren mal ein paar Aufnahmen mit einem überdeutlichen Sturm zu sehen, die kamen mir von der Farbgebung gar nicht so gelungen vor.

Gruß aus Köln,
Ingo
 
hallo Jan,

das viele Probieren und Warten hat sich gelohnt - der rechte Meister weiss den rechten Moment abzuschätzen und handelt dann entschlossen :)

Visuell hat Saturn für mich einen weiss-gelblichen Farbton mit sehr zarten Nuancen, den Wolkengürtel nehme ich als etwas dunkler wahr, aber nicht unbedingt von anderer Farbe. Blautöne sehe ich überhaupt keine.

Bei einem Bild ist alles anders, da kommen andere und mehr Farben zum Vorschein, und sind ein Mittel um unterschiedliche Bereiche zu kontrastieren. Das ist auch legitim finde ich, so kann die Vielfalt erst dargestellt werden die auf unseren Chips landet.

Hier sehe ich aber etwas Gelb in den Ansen ganz aussen, kann das denn stimmen?

Ein ausgezeichnetes Bild, wie ich finde, und herzliche Gratulation von einem der noch immer auf den rechten Moment wartet... das kann auch passieren ;-)

lg Tommy
 
Hallo zusammen,

Vielen Dank für Eure lebhaften Reaktionen, über die ich mich sehr freue! Eure Antworten deuten darauf hin, dass ihr die Farbfrage in ähnlicher Weise beurteilt wie ich - will mal versuchen einige Punkte unmittelbar zu kommentieren:


Zitat von GalaxieFinder:
... irgendwas in mir sträubt sich gegen bunte Planeten ...
Ja, die erinnern mich bisweilen - wenn auch "entfernt" - an farbige Mondbilder. Andererseits werden aber Saturn und besonders Jupiter auch im Okular als farbig wahrgenommen, während die Mondoberfläche im wesentlichen farblos bzw. "eintönig" erscheint.

Wenn man also prinzipiell bereit ist, Farbe am Planeten zu akzeptieren, dann stellt sich die Frage nach einer sinnvollen Referenz oder nach anderen "vernünftigen" Gesichtspunkten. Als Referenz erscheinen natürlich Fotos aus NASA-Sonden naheliegend. Wenn diese im wesentlichen nur Brauntöne zeigen, frage ich mich, warum man eine solche Farbgebung nicht auf direktem Wege mit unseren Kameras hinbekommt - egal ob mit RGB-Filtern oder Bayer-Matrix.

Mit unserer RGB-Technik landet man bei Saturn offenbar immer bei einer etwas reicheren Farbenvielfalt mit zarten Blau-, Violett- und Orangetönen. Als "Eigenreferenz" kann man bei der Bildbearbeitung das Ringsystem heranziehen, indem man dafür sorgt, dass dieses weitgehend farbneutral herauskommt. Dann ergeben sich die anderen Farben weitgehend von selbst, und man hat als Justierparameter im wesentlichen nur noch die Farbsättigung, an der man "drehen" kann.

Meine gegenwärtige (!) Auffassung geht dahin, die Sättigung soweit zurückzunehmen, dass die angesprochenen Farbdifferenzen gerade noch wahrnehmbar bleiben. Denn es steht außer Frage, dass die Farbdifferenzen immer hilfreich für die Erkennbarkeit von Bilddetails sind, die man ohne Farbe kaum oder gar nicht wahrnehmen würde. Wenn es um die Herausarbeitung besonderer Phänomene geht, wie aktuell die Sturmsituation auf Saturn, halte ich eine Anhebung der Farbsättigung im Sinne einer "Falschfarbendarstellung" durchaus für sinnvoll und zulässig. Dafür gibt es ja in letzter Zeit eine Vielfalt von Beispielen.


Zitat von IngoHeide:
... kommen im Großen und Ganzen auf dieselben Farben wie Du.
Das ergibt sich eben m.E. einfach aus der Farbbalance bzw. aus der Vermeidung von offensichtlichen Farbstichen und unter Bezugnahme auf die weitgehende Farbfreiheit des Ringsystems.


Zitat von TorstenEdelmann:
Ich hatte bisher vor allem beim Ringsystem wegen des in dieser Saison bisher fast durchwegs schlechten B-Kanals immer so meine Probleme. Du zeigst mit Deiner Aufnahme wie es aussehen muss.
Der Blaukanal ist auch bei meinen Aufnahmen schwach. Ich benutze diesen aber auch nur im RGB-Komposit und verwende hier für alle drei Farben viel "grobere" Schärfungsalgorithmen, d.h. deutlich größere Schärfungsradien als für den Luminanzkanal, in diesem Falle Rot. Das habe ich von Torsten Hansen gelernt, der den RGB-Stack im Hinblick auf optimale Farbkonvergenz offenbar grundsätzlich nicht aus "durchgeschärften" Farbauszügen aufbaut.

"Wie es aussehen muss", das ist ja hier gerade die Frage, und die scheint mir auch durch diese Diskussion nicht letztendlich geklärt ...


Zitat von tommy_nawratil:
Visuell hat Saturn für mich einen weiss-gelblichen Farbton mit sehr zarten Nuancen, den Wolkengürtel nehme ich als etwas dunkler wahr, aber nicht unbedingt von anderer Farbe. Blautöne sehe ich überhaupt keine.
Wenn da nicht mehr Farbe erkennbar ist, dann wird das vermutlich auch daran liegen, dass das Auge bei den winzigen Austrittspupillen, wie sie in der Planetenbeobachtung üblich sind, kaum noch imstande ist, feine Farbdifferenzen wahrzunehmen. Als weiterer - massiver - Störfaktor kommt am Okular die Luftunruhe hinzu.

Der obige Saturn erscheint bei einem Betrachtungsabstand von 60cm auf dem Bildschirm in ca. 530-facher Vergrößerung und damit ebenso groß, wie am Okular eines 10-Zöllers bei einer Austrittspupille von weniger als 0,5 mm. Da ist es im Okular schon rech duster im Vergleich zur Wiedergabe hier am Bildschirm.


Zitat von tommy_nawratil:
Hier sehe ich aber etwas Gelb in den Ansen ganz aussen, kann das denn stimmen?
Die gelben Flecken sehe ich auch. An den Stellen hat offensichtlich die Farbkonvergenz nicht ganz hingehauen. Wenn ich da jetzt Blau reinmische, stimmt die ganze Farbbalance nicht mehr, deshalb nehme ich die Flecken einfach in Kauf.

Nochmal Dank an Euch alle!

Gruß, Jan
 
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Hallo Jan,

erst einmal Glückwunsch zu Deinem sehr geglückten späten Satun!

Außerdem freut es mich zu lesen, dass auch Ihr mit den Farben kämpft und genauso unsicher seid, wie ich es auch bin :)

Ich mache es so wie Du und orientiere mich am Ring. Dann kommt meistens so etwas ähnliches, wie bei Dir heraus. Allerdings haben auch die bunteren Aufnahmen ihren Charm, weil sie mitunter die unterschiedlichen Bänder und auch Sturmgebiete deutlich differenzierter zeigen.

Uns allen bald wieder besserer Wetter und eine schöne Jupiter-Saison.

Gruß,

Michael
 
Hallo Michael,

Dank Dir für die freundliche Meldung!

Zitat von Attalar:
Allerdings haben auch die bunteren Aufnahmen ihren Charm, weil sie mitunter die unterschiedlichen Bänder und auch Sturmgebiete deutlich differenzierter zeigen.
Klar, da stimme ich Dir zu! Man sieht mit übersättigten Farben manches kleinere Detail viel deutlicher. Darum werden ja in der Bildschirm-Analytik auch vielfach Falschfarben-Bilder benutzt, u.a. auch in AviStack.

Gruß, Jan
 
Hallo Torsten,

Deine Bemerkung bezüglich des Blaukanals hat mich gestern veranlasst nachzuschauen, wie der denn bei meinem Bild aussah, und ich war in der Tat einigermaßen erstaunt über dessen schlechte Qualität - siehe linke untere Ecke in dieser Zusammenstellung:

Link zur Grafik: http://www.astro-vr.de/RGB-Vergleich_110601_5.jpg

Die Zusammenstellung zeigt auf der linken Seite die Komponenten, aus denen das RGB (ganz oben) zusammengesetzt ist, in der Mitte den voll ausgearbeiteten Rot-Kanal, der als Luminanz-Komponente dient, und rechts das fertige LRGB (oben) mit seinen RGB-Komponenten, wie man sie durch Farbzerlegung des fertigen Bildes gewinnt. Dort profitiert der Blaukanal dann offenbar gehörig vom Luminanzbild.

Am Ende bleibt festzustellen, dass die magere Qualität des Blaukanals hier gar nicht von so gravierender Bedeutung war. Allenfalls die von Tommy angemerkten gelben Flecken in den Ansen kann man den an diesen Stellen sichtbaren Einbrüchen im Blausignal anlasten.

Gruß, Jan
 
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