Abschaffung der Schaltsekunden?

P_E_T_E_R

Aktives Mitglied
Zum Ausgleich der mit Atomuhren gemessenen variablen astronomischen Tageslänge wurden seit 1972 in unregelmäßigen Abständen Schaltsekunden eingeführt, welche sich mittlerweile auf ein Aggregat von 37 Sekunden akkumuliert haben.

Da die Verlangsamung der Erdrotation aber in unregelmäßigen Schüben voranschreitet und zur Zeit sogar leicht rückläufig ist, ist das vom Bureau International des Poids et Mesures (BIPM) bei Paris bislang angewendete Verfahren der unregelmäßigen Einführung von Schaltsekunden nicht nur kompliziert und unübersichtlich, sondern wegen der dadurch verursachten technischen Probleme von Anfang an auch Gegenstand heftiger Kritik, insbesondere auch aus Kreisen global vernetzter Finanzmärkte, deren Geschäfte von split second time stamps abhängen, denen der genaue Stand der Sonne dabei ziemlich egal ist.

Diese Kritik ist nun wohl bei der zuständigen Organisation, dem BIMP, angekommen, die sich auf der bei Versailles stattfindenden Konferenz damit befassen will:

27th meeting of the General Conference on Weights and Measures

Am 18. November steht Proposition D über die vorläufige Aussetzung der Schaltsekunden zur Disposition, erst mal bis zum Jahr 2035:

Draft Resolutions of the General Conference on Weights and Measures (27th meeting)

Dabei wird eine verbindliche Regelung für wenigstens 100 Jahre angestrebt.

The New York Times - Time Is Running Out for the Leap Second

 
Zuletzt bearbeitet:
Jaja, und dann geht auf einmal die Sonne um Mitternacht auf! :mad:

Thomas :cool:
 
Wie in Proposition D auf der BIMP Konferenz vorgeschlagen, wird das peu à peu Verfahren mit den Schaltsekunden nur noch bis 2035 fortgesetzt und danach ausgesetzt:

Global timekeepers vote to scrap leap second by 2035

Wie man danach verfahren wird, wurde jetzt noch nicht festgelegt. Eine Möglichkeit wäre die Einführung von Schaltminuten, was dann nur noch alle 60 bis 100 Jahre zu solchen disruptiven Zeitsprüngen führen würde.
 
Ich finde das BIPM soll das so machen wie es das für richtig hält. Ich mein, dort sitzen ja auch keine Lulu's, mit Verlaub. Was kümmert einen da der SM (Stock M..., ein Schelm)?
Wenn die Rotation sich verlangsamt sollen's halt eine zeitlang aussetzen und wenn es wieder notwendig wird, wieder weitermachen. Kompliziert hin oder her. Ich verstehe auch nicht, warum da die Schaltsekunde ein Problem ist. Die ziehen ja die Zeit wahrscheinlich von irgendeinem Zeitserver? Entweder haben's alle keine Schaltsekunde oder sie haben alle dieselbe Schaltsekunde.
Vielleicht direkt bei der Umstellung selbst, dass da einem die notwendigen 1000-stel flöten gehen und einer sich dann verbrokert...

Beste Grüße aus Graz,
cs, hc

p.s.
OK, 2. Bier jetzt. Sorry ;)

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Moin,

was mich etwas irritiert, wie wird die "offizielle" Zeit den "verteilt"?

Wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt, Tag XY, Stunde Z usw. eine Schaltsekunde eingeführt wird und sich die offizielle Zeit ändert - muss das ja verteilt werden, damit weltweit oder zumindestens im Kreise derer die diese Zeit als verbindlich ansehen, Synchronität herrscht.

In Zeiten des Internets stelle ich mir das nicht sehr schwer vor. Meine PC's synchronisiere ich per Web am PTB-Zeitserver. Die Zeitserver werden sich untereinander auch synchronisieren. Das kann dich so ein arges Problem nicht sein. Wenn jemand im Subsekundenbereich arbeiten muss, muss er an dem ja vorab bekannten Zeitpunkt seine Systeme eben zu einem einheitlichen Zeitpunkt synchronisieren, das kann bei dem Teilnehmerkreis doch auch kein Wunderwerk sein.

CS
Jörg
 
Es gibt da mehrere Probleme: Schaltsekunden kommen nicht oft vor, viele Programmierer verstehen nicht vollständig wie sie auf bestimmten Systemen funktionieren und machen Fehler, weil verschiedene System das verschieden implementieren, was die Interoperabilität beeinflusst. Es ist schwer, alle Systemkomponenten mit ihrem Zusammenspiel zu testen. Die letzten Male sah ich keine Ausfälle mehr, aber früher war es ein großes Problem und Risiken bleiben. Dann ist es bei NTP leider so, dass die Ankündigung einer Schaltsekunde erst in den letzten 24h erfolgt. Sollte die Uhr sehr genau laufen und selten pollen, und es dann Netzwerkprobleme geben, könnte das System die Ankündigung verpassen. Darum ist es üblich, Dateien mit den Zeitpunkten zu verteilen, sowie das IERS es entscheidet, was 6 Monate im voraus ist. Aber wenn da etwas nicht funktioniert, bleibt das Problem halt. Wer kann, legt Wartungsfenster so, dass sie die Schaltsekunde enthalten, um kein Risiko einzugehen.

Das sind alles lösbare Probleme, aber ein interoperabler Ansatz, der keine seltenen Ereignisse enthält, wäre vorteilhaft. Eine Zeit, die immer nur maximal knapp 1 s von der Sonnenzeit abweicht wie im Moment und potentiell mehrdeutige Zeitstempel enthält, ist nicht so nützlich, dass man sich dafür Schaltsekunden antun möchte.

Hier ein paar Details zu "kann nicht so ein arges Problem sein":


Michael
 
[...] Was für ein Irrsinn mit den x verschiedenen Standards...

Und warum wundert uns das jetzt alle nicht? :ROFLMAO:

Die Menschheit kann sich ja nicht mal auf einheitliche Ladekabel, Lebensmittelkennzeichnungen, Zahlensysteme, ... , [man füge etwas ein], ... , einigen.
Kocht jeder sein eigenes Süppchen. Sonst lässt sich ja auch kein Geld verdienen.

[...] Dateien mit den Zeitpunkten zu verteilen, sowie das IERS es entscheidet, was 6 Monate im voraus ist

Das ist doch vernüftig. Hat man wenigstens bissl Zeit das zu implementieren. Bei Spezialsoftwaren von irgendwelchen Spezialfirmen sicher nicht ganz einfach.

cs,
harald

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