Teleskopsteuerung mit Raspberry Pi ?

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Der_Michael

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Hallo zusammen,

ich hatte heute einen Geistesblitz, bei dem ich mal euren Input bräuchte, weil ich schon fast zwei Jahre nicht mehr aktiv in der Szene dabei bin.

Ich hatte mir vor Jahren eine Montierung gebaut und war dann an der Entwicklung einer eigenen Steuerung gescheitert (Hard- und Software waren irgendwann lauffähig aber wirklich komfortabel war das ganze nicht). Ich habe auch den "Steuerungskrieg" mit offenem Mund staunend verfolgt und mich schließlich für ein Kaufprodukt entschieden und bin damit seitdem glücklich. (hier bitte keine Diskussion dazu)

Trotzdem lässt mich das Thema "moderne, frei parametrierbare Steuerung für ein Teleskop" nicht los. Zufälligerweise wurde mir zu Weihnachten ein Raspberry geschenkt und der liegt seit dem eigentlich nur rum und da kam mir jetzt eine Idee: Viele der Projekte die man so verfolgen konnte: kommerzielle(Boxdörfer), teilkommerzielle (LF), komplett offene (open drive) krankten immer daran, dass die Leistungselektronik und das was softwaretechnisch da drauf kam in einem Gerät integriert wurde. Sprich da war vllt ein Entwickler, der zwar die Leistungselektronik prima zusammen bekam, die Benutzeroberfläche war aber irgendwie aus einem anderen Jahrhundert. Oder andersherum sah die Benutzeroberfläche sauber aus, die Leistungselektronik war aber dann etwas schwach auf der Brust. Alle Entwickler hatten die gleichen Herausforderungen zu meistern: Koordinaten umrechnen, Sternenkataloge richtig interpretieren und und und.

Jetzt kam mir die Idee mit dem Raspberry. Im Prinzip ist alles schon tausendfach in allen Geschmacksrichtungen vorhanden: Planetariumsprogramme, die jeder nach seinen Vorlieben einrichten kann mit Katalogen noch und nöcher (und größtenteils auf dem Raspberry lauffähig) und alle größtenteils mit einem gemeinsamen Protokoll: die LX200 Schnittstelle. Ich träume schon länger davon, eine Steuerung zu bauen die total "dumm ist", also von einer Hardware lediglich Stepperfrequenzen bekommt und diese dann per Transistoren verstärkt an die Motoren weitergibt (also eine typische Schrittmotortreiberkarte, wenn man so will). Diese Frequenzen (also Drehrichtung und Drehgeschwindigkeit) könnte doch ein Raspberry aus LX200 Befehlen, die aus einem Planetariumsprogramm kommen, generieren, oder?

Nötig wäre also ein kleines Programm, in dem durch eine kleine Eingabemaske Getriebedaten und Schrittmotorauflösung eingegeben werden. Anschließend müssen die von einem X-beliebigen Planetarium kommenden LX200 Befehle nur noch in Stepperimpulse umgerechnet werden, die per Ausgabepins den Raspberry verlassen und dann zur Treiberkarte laufen, die die Motoren entsprechend befeuern.

Ich habe das Gefühl dass die gesamte Hardware für eine unendlich individuell einstellbare Teleskopsteuerung zu einem unschlagbar niedrigen Preis schon vorhanden ist und es nur an einem kleinen Programm fehlt. Per VNC könnte man dann am Smartphone oder Tablet die Steuerbefehle eingeben (GOTO oder Richtungstasten wie am Gameboy). Wenn jemand Bock hat zu basteln, könnte man sich sogar noch eine robuste mit Winterhandschuhen bedienbare Handsteuerbox basteln oder man könnte sich sogar ein Interface bauen welches es ermöglicht, LX200 Hardwarebefehle einzulesen (und entsprechend der verwendeten Montierung im Raspberry nur umrechnen zu lassen), sodass man eine etwaige Handsteuerbox weiter benutzen kann, an deren Menüführung man sich schon gewöhnt hat.

Warum finde ich dazu nichts, wenn ich Teile dieser Idee per Stichwortsuche bei Google eingebe? Denke ich zu einfach? Wo ist der Haken? Oder gibt es keinen Bedarf mehr für solche Technik?

Würde mich freuen von euch zu hören!
Viele Grüße
Michael
 
Moin,

ich denke mal der Zielkreis ist extrem klein. Sich mal eine Schaltung löten, ok, mal eine Platine machen lassen, ok, aber die ganzen Metallbearbeitungen sind natürlich nicht ohne. Mich als E-Techniker schreckt sowas ziemlich ab, da es total nicht meine Welt ist.

Mir ist letztens mal Arduino ASCOM Driver on Homemade telescope mount über den Weg gelaufen. Da ist auch ein Link auf eine Homepage. In die Sourcen lässt er sich nicht reingucken. Arduino ist für sowas natürlich auch eine nette Wahl.

Ich denke mal, wenn man so weit ist, und sich seine eigene Montierung baut, dann hat man dann den Ehrgeiz ähnlich wie Du, auch die Steuerung selber zu machen, weil man 100% sein "Ding" haben will.
Prinzipiell finde ich Deine Aufteilung sinnvoll und ich hoffe Du findest Mitstreiter!

Beste Grüße
Thomas
 
Hallo Michael,

für die Raspberry Pi gibt es ein sehr ausgereiftes Projekt mit dem unterschiedliche Teleskopfunktionen (mit Schwerpunkt Fotografie) gesteuert werden können: iastrohub

https://www.cloudynights.com/topic/551998-iastrohub-30-iot-for-astrophotography/

Damit könntest Du eine Teleskopsteuerung ansprechen, d.h. also Du benötigst also noch eine zusätzliche Hardware wie eine Arduino Steuerung (die On-step Steuerung wird von vielen als Selbstbauprojekt empfohlen). Wenn Du eine Skywatcher Steuerung hast, dann kann der RPi mit dieser Steuerung kommunizieren. Viele andere Steuerungen werden auch unterstützt, z.B. wenn es einen INDI Treiber dafür gibt. Schau mal hier: http://indilib.org/

Auch eine Ekos Umgebung kann man auf dem RPi betreiben: http://indilib.org/support/tutorials.html

Vielleicht ist Dir damit zumindest teilweise geholfen.

CS
Stephan
 
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danke für die Antworten!

@ Thomas: So wie ich mir das vorstelle, sind keine Metallarbeiten nötig. Ich stelle es mir ja genauso vor: Hardware gibt es schon nur bislang ist keinem aufgefallen, dass sich daraus (in dem man das Kabel aus der einen Hardware in die Buchse der anderen Hardware steckt und etwas Softwareentwicklung investiert, eine tolle Steuerung ergibt.

Die Arduinogeschichte ist ja dann schon etwas für Bastler der härteren Sorte. Vllt ist meine Vorstellung ja auch etwas romantisch, eine Schrittmotorkarte zu kaufen (mit Gehäuse drumrum) und mit einem Kabel den Raspberry dranzumachen und anschließend ausschließlich Einsen und Nullen bearbeiten zu müssen.

@ Stephan: das iastrohub gibt LX200 Befehle aus, rechnet diese aber nicht über Getriebeinfos zu Frequenzen um. Die Arbeit, die dieser Entwickler eringesteckt hat ist also eine Abstraktionsebene höher, als das, was ich mir so vorstelle...

Würde mich freuen, wenn hier weiter Leute Input geben könnten. Fänd das wirklich interessant!

Viele Grüße
Michael
 
Hallo Zusammen,

ich weis nicht, ob ich euch richtig verstanden habe, aber ich denke, das was ihr sucht, ist eine AstroEQ Steuerung.

https://www.astroeq.co.uk/

https://github.com/TCWORLD/AstroEQ

Laut der Homepage ist die Steuerung für EQ3-, EQ5- und EQ6-Montierungen geeignet. Um das zu erreichen, MUSS für jede Montierung ein Config-File angelegt werden: mit Schrittweite des Steppers, Übersetzung des Motors, Übersetzung der Montierunge etc. - damit ist sie nach meinem Verständnis für jede beliebige Montierung geeignet, solange sich die Stepper-Motoren elektrisch mit dem Stepper-Treiber vertragen (Stromaufnahme etc. - siehe AstroEQ-Homepage für Stepper Spezifikation).

Mit der Steuerung verhält sich dann die Montierung wie eine Skywatcher Montierung und kann über EQMOD gesteuert werden.

Das Schöne an der AstroEQ Lösung ist der Punkt, dass man sie fertig aufgebaut für nur ca. 100€ kaufen oder aber als Arduino-Projekt komplet selber bauen kann - Software siehe Github-Seite.

Ich selber bin gerade dabei, damit eine alte Vixen GP auf Goto und Belt-Drive aufzurüsten. Wenn das klappt, dann ist danach eine EQ3 dran, die ich dann nach Einspielen des entsprechenden Config-Files auch mit der selber Steuerung betreiben können sollte.

Schaun wir mal, ob ich das Projek richtig verstanden habe....

Gruß, Marc
 
Das OnStep Projekt finde ich recht schlank. Sind Standardkomponenten für kleines Geld, der Sketch für den Microcontroller läßt sich ggfs. für eigene Zwecke anpassen und die Plattform ist recht offen. Ist an manchen Stellen etwas störrisch mit dem Setup, aber ich finde das besser als mit aussterbenden proprietären Lösungen leben zu müssen.

Gruß, Stephan

 
Hallo,

Wie astrobelecke bereits schrieb, gibt es ein Projekt, das die Anforderungen erfuellt::

https://www.astroeq.co.uk/

Die Treiberstufe kann man ja, falls noetig, auf Basis der offenen Quellen hardwaremaessig umdimensionieren. Nach aussen abstrahiert das kleine Kaestchen die Teleskopsteuerung auf das Synscan(?)-Protokoll. Das wiederum kann man prima mittels indilib

http://indilib.org/

in ein derart gesteuertes Gesamtkonzept einbinden. Wenn man auch heutzutage tatsaechlich noch Windows einsetzt, kann man das auch mit ASCOM-basierten Produkten machen, aber damit kenne ich mich nicht aus. Mein erfolgreich getestetes Setup war
EQ3 <- astroEQ <- raspi mit indilib und WiFi AP <- Notebook mit KStars unter Verwendung von Ekos. Es gab noch Guiding-Probleme, aber die sind evt schon ausgebuegelt (ich mache normalerweise alles mit meiner Losmandy G11, deshalb habe ich laenger nicht mehr mit astroEQ gestestet. Mit der G11 arbeite ich allerdings ansonsten im selben Setup und mache so ganz passable Astrofotos...)

Viel Spass,
 
Hallo,

Hier mein Raspi guider (jetzt dürft ihr alle mal lachen). Goto geht bei mir nicht, aber das hier hat geklappt. Das Lego ist nur für den Prototypen. Die Monti ist eine Unitron 131, recht alt, und durfte keinesfalls modifiziert werden, daher alles spurlos abnehmbar. Der clue: Steuerung per Joystick.

Leider wirds nach einer weile etwas wackelig, funktioniert aber.
 

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Ich möchte den thread mal etwas hochholen, denn es gibt inzw. weitere Lösungen:
Vom erwähnten
iAstroHub 3.0: IoT for Astrophotography - Astronomy Software & Computers - Cloudy Nights
iAstroHub
gibt es auch kommerzielle Varianten:
StellarMate
ZWO-ASIAIR | ZWO ASI
Review: ZWO ASIair Review

Vielleicht hat die jemand sogar im Einsatz?
Ich hatte StellarMate ausprobiert, kam jedoch zum Schluss, dass es nicht das ist, was ich suche.
Vorteil von StellarMate ist, das die Software ( eigentliche nichts weiter als ein Ubuntu Mate mit vorinstallierten EKOS und PHD) ohne Raspberry Pi erhältlich ist. Die App im Store zur Steuerung war - meine ich - auch kostenlos.

Nachteil: ist halt ein Linux mit den genannten Programmen auf nem Raspberry. Nicht mehr und nicht weniger. Da meine Linux-Kenntnisse überschaubar sind, war alleine schon das Einrichten (vergrößern) des Speichers mühsam (Standart bei frisch installierten Stellarmate 3 GB). Updaten auf neuere StellarMate-Version? Ohne entsprechende Linux-Kenntnisse, vergiss es.
Und die APP ist eigentlich nur ein Remoteprogramm (VNC) mit entsprechenden Latenzzeiten. Auf einem iPhone 7 war Stellarmate fast unbrauchbar. Aus meiner Sicht nur mit einem Tablet oder PC/Mac bedienbar.

Anders das ASIAIR, welches ich seit ca. 1 Woche teste. Grundsätzlich scheint das OS an den mitgelieferten Raspberry gebunden zu sein. Nachdem ich SD gesichert habe, versuchte ich das OS in einem "normalen" Raspberry laufen zu lassen. Kurz: geht nicht. Im mitgelieferten Raspberry: kein Problem.

Auch funktioniert der ASIAIR nur mit Kameras und Filterrädern der Fa. Zwo. Ein Focuser von ZWO soll wohl kommen.
Es handelt sich beim ASIAIR nicht, wie zum Beispiel bei StellarMate, um ein Linux mit entsprechend installierten Programmen, welche von einer App aus "ferngesteuert" werden, sondern die App ist die Steuerungssoftware. Somit erfolgt zum Beispiel ein Firmwareupdate der ASIAIR direkt von der jeweils aktuellen App aus. Fokussieren ist mit dem mobilen Endgerät in Echtzeit möglich. Die App ist sowohl mit einem iPhone 7 wie mit einem iPad gut bedienbar. Wobei ich auch hier das iPad bevorzuge.

Wenn die Wolken wieder weg sind, werde ich weiter testen. Ich kann aber jetzt schon sagen, dass ASIAIR das ist, was ich die ganzen Jahre gesucht habe: Mein Teleskop im Garten aus dem Warmen bedienen (inkl. anfahren der Objekte der Begierde mit SkySafari).
 
Danke für die Einschätzung der beiden kommerziellen Produkte. Eine Verdongelung mit der Hardware finde ich ja nicht so prickelnd. Was, wenn der Raspi mal kaputt geht?
 
Das wäre eine Frage bei Zwo wert. Wobei mein "normale" Raspberry schon seit geraumer Zeit seinen Dienst tut. Insofern habe ich da erstmal keine Angst. Und dann gibt es ja noch zwei Jahre Gewährleistung. Das OS habe ich auf dem Mac als Image - wie von Zwo empfohlen - gesichert und auf eine zweite SD installiert und nur diese kommt in den Raspberry, so dass ich sowohl die Original SD und ein Image auf dem Mac als Sicherheit habe. Also da dürfte nichts anbrennen. Die Bilder hole ich über Wifi auf den Mac. Somit kann ich die SD-Karte auch im Raspberry lassen.
 
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