15. Woche - Die Plejaden M 45 – ein Standardmotiv?

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Bilder der Plejaden bekommt man oft genug zu sehen. Auch Christian Walter schickte ein solches Bild als Bewerbung zum AdW ein. Es ist recht tief und zeigt sehr viel Nebel um den bekannten offenen Sternhaufen, und das aus dem Frankfurter Raum heraus! Die Aufnahme entstand am 23.10.2019 in Egelsbach (Rhein-Main-Gebiet), ca. 20 km entfernt von Frankfurt am Main. Teleskop war ein Celestron RASA8, Öffnung 203 mm, Brennweite 400 mm. Als Kamera wurde eine ASI071MCPro verwendet. Die Belichtungszeit betrug 135 x 120 s, also 4,5 Stunden bei Blende 2. Und das alles ohne jegliche Filter! Die Montierung ist eine Skywatcher EQ6-R PRO. Die Nachführung erfolgte mittels Leitrohr 50 mm/130 mm mit einer ASI120mm fürs Autoguiding. Das Bildfeld beträgt 3° x 2,2° bei einem Bildmaßstab von 2,467 Bogensekunden/Pixel. Norden ist sehr genau oben, Osten links.

Weitere aufnahmetechnische Angaben: Steuerung von Montierung, Aufnahmen und Guiding über Windows 10 MiniPC mit Astro Photography Tool, Stellarium und PHD2 Guiding. Der Remote-Zugriff lief über TeamViewer, die Bildbearbeitung mit PixInsight. Als nähere Auskunft teilt der Bildautor mit: „Leider gab es am Anfang ein Verkippungsproblem der Kamera, das zu verzogenen Sternen führte. Deswegen musste ich das Bild an der linken Seite ein gutes Stück beschneiden. Hervorgerufen wurde die Verkippung durch herausstehende Justageschrauben am RASA8. Nach Meldung bei Teleskop Service habe ich aber sehr schnell neue Schrauben von Baader bekommen, die das Problem gelöst haben.“

Zum Objekt selbst: Die Plejaden sind ein offener Sternhaufen, der sich gerade in einer Kollision mit einer Wolke aus interstellarem Gas und Staub befindet. Solche interstellaren Materiewolken zeigen sich abseits von hellen Sternen stets als bräunlich gefärbte Nebel, angeleuchtet durch die Sterne des galaktischen Bulge unserer Milchstraße. In diesem Fall sorgen aber die hellen Plejadensterne dafür, dass ihr blaues Licht am Staub der unmittelbaren Nachbarschaft gestreut wird und damit die Plejaden-Nebel zu markanten Reflexionsnebeln macht. Blaue Sterne bedeuten ein geringes Alter, wobei die Plejaden auf ein Alter von 120 ± 10 Mio. Jahren kommen (Basri et al. 1996, Stauffer et al. 1998). Die Entfernung wird aus Parallaxenmessungen zu 134.4 ± 2.9 pc berechnet, das sind rund 440 Lichtjahre.

Insgesamt sind heute mehr als 1000 zu M 45 gehörende Einzelsterne bekannt. Der Nachweis ist nicht immer einfach, zumal gerade die lichtschwächsten Sterne in einem solchen Sternengewimmel untergehen und spezielle Techniken verlangen. M.R. Zapatero Osorio und Kollegen (2017) haben mittels Infrarotaufnahmen am 10,4-m-Teleskop auf La Palma im J-Band 19 neue Braune Zwerge um die 21 mag entdeckt, was im V-Band etwa 26,5 mag entspricht. Die Oberflächentemperaturen dieser Sterne liegen nur bei ~ 1200 K, ihre Massen bei ~ 15 Jupitermassen. Im vergangenen Jahr stellten J. Krelowski et al. anhand von ausgewerteten Gaia-Daten die Theorie auf, dass die hellsten Plejadensterne deutlich im Vordergrund stehen, so dass die „Einheitlichkeit“ des Haufens fraglich ist. Eine Bestätigung dafür kommt aus Messungen der interstellaren Absorption der bekannten Calzium-II-Linie.

Als Anmerkung zur Aufnahme nun wieder ein Zitat des Bildautors: „Eine Aufnahme aus 2018 mit einem Skywatcher Esprit ED80 und einer ASI1600mm-c mit über 24 h Gesamtbelichtungszeit hatte mir damals schon gezeigt, dass man mit den heutigen Mitteln auch bei meinem Himmel Aufnahmen machen kann, die man so kaum im Netzt sieht. Man muss nur die entsprechende Ausdauer haben. Die Bildbearbeitung der einzelnen Aufnahmesessions mit den Aufnahmen der einzelnen LRGB-Filter waren aber eine Qual. Deswegen war ich sehr gespannt, wie die Aufnahmen mit dem RASA8 und der ASI071 aussehen würden - und ich war erstaunt, was bei meinem Himmel und bei der doch kurzen Gesamtbelichtungszeit dabei herausgekommen ist. Dies ist auch der Grund, warum ich das Bild einsende. Ich möchte zeigen, dass auch an unserem Himmel interessante Aufnahmen in relativ kurzer Zeit möglich sind.“

Nun eine kleine Richtigstellung: 4,5 h bei Blende 2 stellen keinesfalls eine kurze Belichtungszeit dar! Es wäre sinnvoll, dies mit anderen „normalen“ Teleskopen zu vergleichen. Bei einem Teleskop mit f/4 (Blende 4) z.B. wäre die vierfache Belichtungszeit nötig – also 18 h – um dieselbe Deckung von Nebeln und Hintergrund zu erreichen, die in 4,5 h bei f/2 erreicht wird. Und bei f/6 (Blende 6) muss diese Belichtungszeit sogar auf das Neunfache, sprich: 40,5 h erhöht werden. Das ist eben der Vorteil des großen Öffnungsverhältnisses 1:2 (Apertur f/2, Blende 2).

Insofern kann man das Plejadenbild von Christian Walter nicht als Standardbild bezeichnen. Wir danken dem Bildautor für das gelungene und informative Ergebnis und gratulieren zum Astrofoto der Woche!



Peter Riepe
Bildautor: Christian Walter



Koordinaten der Plejaden (J2000):
RA = 03 h 47 min, DEK = +24° 07´





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