18. Woche - Deep-Sky-Schätze in der Molekülwolke MonR2

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Bildautor Florian Pieper

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Heute präsentieren wir eine wenig gezeigte Ansicht aus dem Sternbild Einhorn (Monoceros): Die Molekülwolke Monoceros R2 (etwa 8,5° östlich des Orionnebels M 42) und was drum herum alles zu sehen ist. Das Bild stammt von Florian Pieper. Er ist neu hier in unserer Runde der AdW-Astrofotografen, und deshalb begrüßen wir ihn ganz herzlich! Er schreibt: „Vor gut 4 Jahren begann ich selber mit der Astrofotografie und seitdem bewundere ich sehr regelmäßig das Astrofoto der Woche.“ Darüber freuen wir uns natürlich sehr! Die Bildserie zu seinem Astrofoto der Woche entstand in Schwentinental bei Kiel, und zwar auf der Dachterrasse. Als Teleskop wurde ein „Newton ohne Namen“ (von Teleskop-Austria) eingesetzt mit 200 mm Öffnung und 800 mm Brennweite, dazu als Kamera eine ZWO ASI 1600 MM-Cool V3. Belichtet wurden am 02.01.19 die Luminanzaufnahmen mit 102 x 180 s, am 31.01.19 die Farbaufnahmen 29 x R, 27 x G, 25 x B je 180 s, am 03.02.19 schließlich nochmals RGB mit jeweils 40 x 180s. Die Gesamtbelichtungszeit kommt somit auf 15,15 Stunden. Pro Kanal wurden 50 Darks, 200 Bias und 40 Flats angefertigt. Weitere technische Details: Montierung Sky Watcher AZ-EQ6 auf Berlebach-Stativ „Planet“, Guiding per MGEN am 8x50-Sucher, Komakorrektor GPU, Filter der Astrodon E-Serie II LRGB, Steuerung APT, EBV: PixInsight, Photoshop.

Und jetzt die gewohnten Informationen über das, was der Bildautor mit seiner wunderschönen Aufnahme „eingefangen“ hat. Auf der rechten Bildhälfte erkennt man, dass die Sternendichte deutlich geringer ist als beispielsweise oben links. Ursache dafür ist eine Menge an interstellarer Materie. Dieses Gebiet stellt die Molekülwolke Monoceros R2 dar. Ihr Zentrum liegt etwa bei dem rot leuchtenden Nebel NGC 2170, der bei den Pixelkoordinaten (3460/2120) zu sehen ist. Dazu bitte wie immer das Originalbild herunterladen und ruhig einmal hineinzoomen. Molekülwolken sind stets die mögliche Wiege für Sternentstehung, aber nur dann, wenn es genügend molekulares und staubförmiges Material gibt. Lada & Lada (2003) stellen fest, dass sich 70 bis 90 Prozent aller Sterne in riesigen Molekülwolken bilden. Im 74' x 56' großen Bildfeld (Norden auf 1 Uhr) finden sich viele Reflexionsnebel. NGC 2170 ist auch als Cederblad 63, als LBN 994 und als DG 88 katalogisiert. Die Datenbank Simbad bezeichnet ihn als Reflexionsnebel, nicht etwa als HII-Region. Andererseits schreiben die Astronomen Kuchar, Clark und Frank eindeutig von einer HII-Region, von denen sie etliche mit Radiofrequenzen von 4,85 GHz untersucht hatten (Astronom. J. 114, 198-221, 1997). Schaut man sich das AdW genauer an, so stellt man schon einen Unterschied der Rotfärbung von NGC 2170 zu dem schwachen Rot fest, welches die blauen Reflexionsnebel umgibt.

An Reflexionsnebeln sind zunächst drei „van den Berghs“ zu nennen: vdB 67 mit dem 10,1 mag hellen B1-Stern BD-06°1415 (3579/2328), vdB 68 mit dem 9,7 mag hellen B1.5-Stern BD-06°1417 (3426/1544) und vdB 69 mit dem 9,6 mag hellen B2.5-Stern BD-06°1418 (3187/1976). Sie umgeben sozusagen NGC 2170, wobei vdB 68 und vdB 69 eine faserförmige Struktur aufweisen. Von der Linie vdB 67/vdB 69 nach links schließt sich die Dunkelwolke Dobashi 4977 an, mit einer chaotischen Struktur. Darüber hinaus leuchtet der Nebel ebenfalls rot, allerdings von Blauanteilen überlagert. Ob hier echtes Hα-Leuchten vorliegt, kann nur eine kalibrierte Kontinuumsubtraktion ergeben, doch wer macht sich schon diese Mühe? Wie weit ist der Molekülwolkenkomplex entfernt? J.M. Carpenter (Astronom. J. 120, 3139-3161, 2000) folgert aus IR-Messungen 830 pc (~2700 Lj). Das liegt deutlich weiter weg als der Orion-Komplex.

Ein weiterer heller Reflexionsnebel ist der knallblau leuchtende NGC 2182 (= Ced 68 = DG 93 = LBN 998) mit dem 9,3 mag hellen B3-Zentralstern BD-06°1431 etwas oberhalb der Bildmitte (2073/1274). Und links oben liegt noch ein Nebelfeld mit den Einzelnebeln GN 06.08.7, [RK68] 53 (aus dem Katalog von Rojkovskij und Kurchakov, 1968) sowie NGC 2183 (= Ced 69 = LBN 996 = DG 94). Bei genauerem Hinsehen stellt man fest: Hier liegt eigentlich ein ausgedehnter Reflexionsnebel vor, der aber durch die große Dunkelwolke Dobashi 4978 zergliedert wird.

Helle Sterne sind stets ein Kriterium, um die Farbechtheit einer (L)RGB-Aufnahme zu checken. Im heutigen AdW sind folgende Sterne zu nennen: Rechts mittig am Bildrand HD 41794 (4359/1909), Spektraltyp A2/3, B = 6,78 mag und V = 6,58 mag, Farbindex also B-V = 0,2 mag - das ist hellblau und gut passend. Unten mittig am Bildrand HD 42132 (1855/3200), ein G8-Riese mit B = 7,34 mag und V = 6,46 mag, Farbindex B-V = 0,88 mag - das ist gelb und ebenfalls gut passend.

Anmerkung: Dem Bildautor ist ein sehr schönes, farbechtes AdW gelungen, das eine Fülle interessanter Details zeigt. Die Bildschärfe lässt - wenn man deutlich hineinzoomt - einen FWHM-Wert um 3,5" erahnen (genauer geht das ohne das Original nicht). Das hielt den Autor nicht davon ab, die Gausskurven der Sterne „natürlich“ weich wiederzugeben - eine Einstellungsfrage. Des öfteren findet man Schärfungen, die extrem ins Auge stechen. Und das verunstaltet ein Bild eher als es aufzuwerten. Wir bedanken uns für das Bild und gratulieren zum AdW.

Peter Riepe

Koordinaten von NGC 2170 (J2000.0):
RA = 06 h 07 min 48 s, DE = -06° 23' 06"


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