6. Woche - Eine Sternentstehungsregion im Cepheus: NGC 7129

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von Eckhard Alt

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NGC 7129 ist ein Sternentstehungsgebiet im Sternbild Cepheus. Optisch zeigt sich ein großer Reflexionsnebel, der im Inneren einen sehr jungen Sternhaufen beherbergt. Unser heutiges AdW stammt von Eckhard Alt. Norden ist oben, Osten links. Das Bildfeld umfasst 16,8´ x 10,4´. Die Einzelbilder wurden zwischen 2016 und 2018 im Pfälzer Wald aufgenommen. Das Teleskop - ein Ritchey-Chrétien-Reflektor von 400 mm Öffnung und 2700 mm Brennweite - wurde mit einer CCD-Kamera SBIG ST-8E kombiniert. Dieses Farbbild entstand - wie auch schon bei früheren AdWs des Autors - mit fünf (!) Filtern. Dazu am Ende noch eine Anmerkung. Belichtet wurde insgesamt 24,3 Stunden.

Unter den Astrofotografen gibt es auch viele, die sich nicht nur für den rein technischen Teilbegriff "Fotografie" interessieren, sondern auch für das vorangestellte "Astro". Daher berichten wir in jedem AdW über wissenswerte astronomische Fakten zum Bild. NGC 7139 liegt in einem dichten Molekülwolkenkomplex im Cepheus. Solche Wolken sind stets mit Staub durchmischt, das ist oft genug Material für die Bildung neuer Sterne. Was ist hier in NGC 7129 aber anders als in den H II-Regionen, den klassischen Orten der Sternentstehung? Rot leuchtende Hα-Nebel setzen sehr massereiche O-Sterne im Inneren voraus, die eine immense UV-Energie erzeugen. In blauen Reflexionsnebeln wie NGC 7129 gibt es keine solchen O-Sterne, sondern "nur" Sterne der Spektraltypen später als B1, also B2, B3 bis A. Daher fehlt die nötige, große Menge an UV-Energie, mit denen erst eine Hα-Emission im interstellaren Gas angeregt werden kann.

In NGC 7129 sehen wir einige Sterne im Nebel. Man kann einen locker aufgebauten, offenen Sternhaufen aus wenigen hellen Sternen vermuten, alles eingebettet in leuchtende Materie. Der Sternhaufencharakter wird aber durch den hellen Nebel überstrahlt. Schauen wir uns jetzt das beiliegende Zusatzbild an (hier klicken). Da wird der Zentralteil des AdWs (links) mit einem Infrarotbild (rechts) verglichen. Es stammt aus dem Sky-Atlas namens Aladin und zeigt uns den Anblick aus dem 2MASS (two micron all sky survey). In dieser infraroten Wellenlänge wird die interstellaere Materie ziemlich "durchsichtig", und die Haufensterne treten viel deutlicher hervor, insbesondere der innere Bereich aus lichtschwächeren Haufenmitgliedern. Die beiden massereichsten und hellsten Sterne sind BD+65°1637 und BD+65°1638 bei den Pixelkoordinaten (1032/631) und (927/680). Mit ihrer Helligkeit von V ~ 10,5 mag und ihrem Spektraltyp B3 repräsentieren sie hellblaue Sterne, die im AdW jedoch ein wenig zu blass wirken. An BD+65°1637 wurde laut Datenbank Simbad eine Parallaxe von 0,001163 Bogensekunden gemessen. Daraus folgt sehr einfach eine Distanz von rund 2800 Lichtjahren. BD+65°1637 und BD+65°1637 haben auch die sichtbare Höhle in NGC 7129 geschaffen, die sie aufgrund ihrer starken UV-Stralung und ihrer Sternwinde freigeblasen haben. Diese Höhle misst im Bild 520 px. Der Bildmaßstab von 0,489´´/px macht das zu 254 Bogensekunden, so dass die wahre Höhlendimension für die genannte Distanz von 2800 Lj bei gut drei Lichtjahren liegt.

Auch verschiedene Herbig-Haro-Objekte sind über das Bild im Nebel verstreut. Das hellste und größte ist HH 103 bei (1345/990). Es tritt als markantes, rot leuchtendes und sichelförmiges Objekt in Erscheinung. Noch ein interessantes Nebelchen sticht ins Auge: Der gelbliche Reflexionsnebel GN 21.41.8.02 umgibt den Veränderlichen V392 Cep bei (941/898). Die Nebelstruktur dürfte auf die im Vordergrund liegende interstellare Materie zurückzuführen sein und die gelbe Farbe rührt von der starken Rötung durch den umgebenden Staub her. Insgesamt wurden in NGC 7129 zahlreiche junge Veränderliche gefunden, ein Großteil davon sind Veränderliche des Typs T Tauri.

Erste Anmerkung: Für Echtfarben-Astrofotografie werden üblicherweise R-, G- und B-Filter eingesetzt. Zur Verbesserung des Signal/Rausch-Verhältnisses nehmen die meisten Astrofotografen auch noch langbelichtete Aufnahmen des gesamten visuellen Spektralbereichs mittels Luminanzfiltern hinzu. Im heutigen AdW kamen nicht die verbreiteten RGB-Filter zum Einsatz, auch kein zusätzlicher L-Filter, erst recht kein engbandiger Linienfilter, sondern nur fünf Breitbandfilter, die den visuellen Spektralbereich lückenlos überdecken. Welche einzelnen Breitband-Farbfilter Herr Alt verwendet, hat er uns nicht mitgeteilt.

Zweite Anmerkung: Das Rauschen ist dem rein bildmäßig orientierten Astrofotografen immer ein Dorn im Auge, es tritt in allen Helligkeitsbereichen des Bildes auf und wird besonders augenfällig im Signal/Rausch-Verhältnis des dunklen Himmelshintergrundes. Dazu zwei Standpunkte: (1) Das Bild muss "schön" wirken, also muss das Rauschen in den kritischen Bildzonen weg mit Hilfe der Rauschreduzierung bzw. Glättung. Manchmal geschieht das recht heftig, was zu teilweise auffälligen Glättungsartefakten führt, z.B. Verlust an Grenzsternen, Bildung von Glättungsmustern. Der erfahrene Astrofotograf kennt diese Effekte und führt seine Rauschreduzierung moderat aus. (2) Das Rauschen ist eine physikalische Tatsache. Rauschen tritt bei der Registrierung schwächster Signale ebenso auf wie bei der Wiedergabe. Eine fotometrische Messung schwächster Sterne wird in der Astrophysik z.B. mit 24,5 ± 0,4 mag angegeben. Die Angabe der Standardabweichung als ± 0,4 mag stellt das Rauschen dar - ein Schwankungsintervall, ebenso wie bei ADU-Schwankungen benachbarter Pixel im Himmelshintergrund. Zu seinem Vorgehen schreibt Herr Alt: "Das Bild besteht aus 65 Einzelaufnahmen, es werden solange Bilder gesammelt, bis das Rauschen minimiert ist. Vom künstlichen Entrauschen mittels Software halte ich nichts." Auch diese Einstellung ist zu akzeptieren.

Wir gratulieren Herrn Alt zu diesem ansprechenden AdW.

Koordinaten J2000.0:
RA = 21 h 42 min 56 s, DEK = +66° 06´ 12´´

Sie haben Fragen? Kontakt zum AdW-Team: fg-astrofotografie@vds-astro.de.

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