70 mal schwärzer als Velour

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P_E_T_E_R

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Schwarze Velourfolie mit einer Absorption von 0,9965 ist ja in unserem Hobby mittlerweile ein wohlbekanntes und verbreitetes Hausmittel zur Unterdrückung von unerwünschtem Streulicht. Vor einigen Jahren wurde ein noch schwärzeres Material mit einer Absorption von 0,9996 unter dem Namen Vantablack bekannt. Dieses Material besteht im wesentlichen aus vertikal angeordneten Nanoröhren aus Kohlenstoff (vertically aligned carbon nanotube array = VANTA), in denen sich das einfallende Licht verliert.

Jetzt ist es Forschern am MIT gelungen, diese Technik noch weiter zu verbessern und ein noch schwärzeres Material mit einer Absorption von 0,99995 zu entwickeln. Das wäre dann 70 mal schwärzer als schwarzes Velour, und 8 mal schwärzer als Vantablack.

Material .......... Absorption

Velour ................ 0,9965
Vantablack ....... 0,9996
MIT ..................... 0,99995

Spiegel - Wissenschaftler entwickeln neues Superschwarz

K. Cui and B.L. Wardle, ACS Appl. Mater. Interface 2019, Sep. 12

Noch gibt es das nicht zu kaufen, aber vielleicht demnächst ...

Siehe auch: Thomas Schiffer: Reflexion von Licht an absorbierenden Oberflächen (auf der Suche nach dem schwärzesten Schwarz)
 
Das "neue" Superschwarz dürfte aber leider keine klassische Farbe zum Auftragen sein, sondern die CNT (Carbon Nano Tubes) "wachsen" als "Mini-Wald" auf einer Oberfläche. Zwischen (und in?) diesen Röhren wird das Licht dann so oft gestreut, dass es sich in Wärmeenergie umwandelt und "verschwindet". Das setzt aber wohl langwierige Vor- und Nachbehandlungen der zu beschichtenden Oberflächen voraus. Wäre aber sehr cool, wenn man eine einfach aufzutragende Substanz entwickeln könnte, in der die chemischen Vorgänge dieses Wachsens nach dem Auftrag einfach als Prozess ablaufen, ohne zusätzlichen Aktivator von Außen oder bestimmte Umgebungsbedingungen und die Oberfläche dann auch noch grifffest wird. Hier ist der Weg zum neuen Schwarz auch nochmal zusammengefasst beschrieben:

Aktuell scheint eine aufklebbare Mikrostrukturfolie aus Urethanschaum die ich in Japan aufgetrieben habe, der bestmögliche HighTec-Kompromiss aus Bezahlbarkeit, Absorption, Haltbarkeit und Anwendungsfreundlichkeit zu sein. Die könnte Velourfolie übertreffen, aber zu einem Vielfachen der Kosten!

Der Link unten drunter passt schon (trotz der irren Länge) und öffnet eine kleine Produktinformation:
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo.
Wie aus folgender Grafik des Herstellers hervorgeht , hat die Fineshutfolie im Visuellen (ca. 400-700nm) noch eine Restreflektivität von gut 1% und unterdrückt Streulicht damit nur etwa halb so gut wie die bewährte Velourfolie mit ihren 0,5%.
(Da das Ganze jedoch winkelabhängig sein dürfte, könnte sich das Verhältnis beim praxisrelevanten, typischerweise flachen Lichteinfall allerdings auch ändern...)

Link zur Grafik: https://images-na.ssl-images-amazon.com/images/I/61l4QNLz5EL._SL1500_.jpg
Quelle: Amazon USA

Die Fineshutfolie ist ein paar Zehntel dünner, das könnte in engeren Blendrohren z. B. bei MAKs und SCs oder in Okularen usw. wo es schnell mal vignettieren kann, vielleicht ein kleiner Vorteil sein.

Gruss,
T.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, Velours ist schon sehr, sehr gut - und wenn man den Preis in die Betrachtungsweise mit einbezieht, dann erübrigt sich faktisch jede Diskussion.
Es gibt nach wie vor nichts, was zu ähnlich günstigen Kosten auf flachen oder nur in einer Dimension gewölbten Oberflächen Licht absorbiert oder streut.

Bei komplexen Strukturen muss man dann auf Lacke ausweichen. Irgendwo / irgendwie wird man da sicher fündig. Da gab es und gibt’s ja viele Diskussionen dazu ;) .

Velours streut / absorbiert zudem bei unterschiedlichsten Eintrittswinkeln ähnlich effektiv. Steifender Lichteinfall ist ja vor allem nah am Fokus (OAZ, Blendrohr, Steck- und Verlängerungshülsen, Fangspiegel) ein Thema, aber gegenüber dem OAZ am Newton und im Tubus werden die Winkel ja auch mal schnell größer.

Weswegen ich aber vor allem schreibe ist, dass die ob verlinkte Grafik nicht die Reflexionskurve von „Fineshut Kiwami“ zeigt, sondern von dem Vorläufermaterial „Standard SP“
Hier ist die Messkurve für Fineshut Kiwami, so wie sie von Koyo Japan kommuniziert wird:

B7133C07-F9EB-44AA-8442-30E5DFE4668B.jpeg


Interessant (nützlich) ist vielleicht, dass diese Urethanfolien auch noch im nahen Infrarotbereich sehr effektiv arbeiten, wo Velours dann langsam, aber immer stärker und dann ganz massiv, seine Wirkung verliert. Vielleicht ist das für jemanden, der im nahen IR Bereich fotografiert interessant. Da habe ich aber keine Ahnung ob überhaupt oder inwieweit sich Streulicht jenseits von 800-850 nm auf dem Chip störend bemerkbar macht.

Gruß, Andreas.TAL
 
Der Winkel wird leider oft vernachlässigt. Ich sah hier im Forum mal eine Testanordnung, mit der der Reflektionsgrad von Materialien unter 45 Grad getestet wurde. Das ist schon viel besser als im direkten Auflicht, aber immer noch weit weg vom typischen Einsatz bei Teleskopen. Im direkten Auflicht sehen viele Lacke ähnlich schwarz wie Velours aus, aber beim Bild durch den teilweise beklebten Tubus ist es ein riesiger Unterschied. Die für uns interessante Materialeigenschaft ist, wohin wieviel Licht welcher Wellenlänge vom welchem Winkel kommend reflektiert/gestreut wird, und das ist dann kein 2D Diagramm mehr. Man misst das mit einem Gonioreflectometer - Wikipedia .

Viel interessanter ist aber das Ergebnis am Teleskop, messbar als Veiling Glare Index. Eine schöne Einführung, auch wenn ich nicht mit allen Aussagen übereinstimme, ist Veiling Glare AKA lens flare | imatest .

Ich wollte immer mal einen Testchart mit einer Matrix von Lichtfallen bauen, wie am Ende des Artikels beschrieben. Letztere müssten als Papprohre mit diagonalem Schnitt am Ende und mit Velours beklebt gut herstellbar sein. Teleskope haben kein großes Gesichtsfeld, d.h. bei gutem Wetter könnte man den Test auf einem Feldweg oder so machen. Damit wäre der Einfluss einer Beklebung mit Velours messbar.

Was NIR angeht: Einfach mal ein normales Objektiv auf die Astrokamera setzen, dann sieht man, wie seltsam die Welt aussieht. Da gibt's wenig schwarze Dinge, d.h. bei NIR ist das Problem viel größer. Wer selbst testen will: Hellgrauer Beton ist ein gut verfügbares Material, was auch jenseits des sichtbaren Lichts halbwegs gleichmässig reflektiert, d.h. als Kalibrierungsplatte für Photometrie geeignet ist.

Gemeinerweise sehen Bilder mit NIR gerne wie Vignettierung aus, was zeigt, dass Flat Field Aufnahmen leider spektralabhängig sind und mit dem Spektrum und den Filtern gemacht werden müssen, mit denen auch die Lights aufgenommen werden: Flat Fields and Stray Light in Amateur Telescopes - Diffraction Limited

Wie ich jüngst lernte, ist das in der Radioastronomie alles noch viel schlimmer. Die haben weder Tubus noch Veloursfolie und die ganze Umgebung ist hell. :)

Michael
 
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