Alter ASTROCOM Sonnenfilter

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Wombat1964

Aktives Mitglied
Hallo,

ich habe zusammen mit meinem Meade LX200 10-Zöller einen Sonnenfilter von ASTROCOM mitbekommen. Dieser ist Typ B mit ND = 3,8. Offenbar für fotografische Anwendungen.
Laut Bedienungsanleitung des Filters soll man für visuelles Beobachten einen Graufilter 0,9 aufs Okular schrauben.

Ich habe mich heute telefonisch bei einem großen Astro-Shop beraten lassen. Dort sagte man mir, dass ich den Filter nicht benutzen soll, da er "gewisse Augenschädliche Strahlungen im infraroten Bereich nicht ausfiltern" würde. Im übrigen wäre es völlig unüblich, Objektivfilter einzusetzen, welche nicht 100% der gewünschten Filterwirkung erzielen würden. Außerdem würde ein Reflektor thermisch zu sehr belastet mit diesem Filter (kann ich mir nicht so ganz vorstellen...)

Wie denkt Ihr darüber? Ich habe das Telekop von einem sehr erfahrenen Sternfreund gekauft. Leider ist wegen Corona derzeit kein direktes Treffen und gemeinsames Beobachten mit ihm möglich...

Ich habe - wie vom Shop-Berater vorgeschlagen - den alten Sonnenfilter heute Mittag mal gegen die Sonne gehalten und cm für cm nach oben und unten geschwenkt. Ich habe mit meinen Augen keinerlei Beschichtungsfehler, Kratzer oder Poren gefunden. Die Sonne erschien an allen Stellen gleichmäßig goldgelb gedämpft im Filter.

Vielen Dank für alle Ratschläge und Tipps

Guido
 
Hi!

Wir haben seit Jahren im Verein einen ähnlichen Sonnenfilter, nur von Zeiss – er hat keine Anleitung mehr, aber benötigt ebenfalls einen weiteren Graufilter für visuell. Da alle im Verein noch was sehen, gehe ich davon aus, dass die Graufilter, die in den 80ern mit angeschafft wurden (oder auch der Filter selbst) in UV und IR dicht genug machen.

Bei einem Graufilterneukauf also ggf. darauf achten, dass er in UV/IR auch zu macht (oder mit UV/IR-Sperrfilter kombinieren).

Aber ich kann den Shop auch verstehen – bei Sonne ist Vorsicht immer besser, und bei Filtern, die man nicht kennt, würde ich auch keine Aussage machen, was nötig ist. Aber wenn eine Anleitung beiliegt, ist das schon viel wert.

Beste Grüße,
Alex
 
Hallo Guido,

lies Dir mal die Seite bei Baader zur fotografischen Sonnenfilterfolie durch:
https://www.baader-planetarium.com/...astrosolar-foto-sonnenfilterfolie-od-3.8.html
Etwa 60% der Seite runter gescrollt steht was zum evtl. doch technisch Möglichen. Wie man dort liest, ist die Kombination eines solchen Filters mit einem weiteren lichtdämpfenden Filter, wie bedampfte Neutralfilter (die dann gerne Reflektionen erzeugen), oder durchgefärbte Glasfilter, vor allem ein Haftungs-Problem. Wenn man weiß was man tut, dann wäre also rein technisch Einiges möglich. Auf die Gefahren ist auf der Seite ja hinreichend hingewiesen.
Wenn Du eine Bedienungsanleitung zu dem Filter hast, welche die visuelle Nutzung mit entsprechendem Zusatz-Okularfilter zulässt, dann hätte ich für meine Person keine allzu großen Bedenken das Filter mit entsprechendem Okularfilter einzusetzen. Wobei ich mich, angefangen mit der höchsten Okularfilter-Dämpfung ran tasten würde, falls unterschiedliche Okularfilter vorhanden sind. Das muss natürlich Jeder für sich selber entscheiden, entsprechendes Hintergrundwissen voraus gesetzt. Im Zweifel sollte man besser die Finger davon lassen.
Um es nochmal deutlich zu schreiben: Unsachgemäße Sonnenbeobachtung kann einen das Augenlicht kosten!!!

Viele Grüße & CS,
Reinhard
 
Hallo Guido,

der Mitarbeiter des Shops hat offenbar seine Verkäufe im Blick, der Einwand ist Mumpitz wenn der Filter wie Du durch Versuch festgestellt hat unbeschädigt ist. Wie angeführt einen ordentlichen Okularfilter dazu besorgen der die schädlichen Strahlungsanteile blockt und gut ist. Diese großen Glasfilter sind "unüblich" weil teuer, meistens werden Folienfilter verwendet, die zudem leichter sind, das hat aber nichts mit der Unbrauchbarkeit Deines FIlters zu tun. Aber Vorsicht - das wurde ja schon geschrieben, ist beim Thema Sonne immer geboten, insofern ist nachfragen besser als (nicht mehr) heilen.

CS
Jörg
 
Lieber Alex, Reinhard und Jörg,
danke für die fundierten Kommentare. Ich habe es mir so fast auch schon gedacht.

Der Filter erscheint mir wie neu, unbeschädigt und ohne Auflösungserscheinungen. Er wurde auch fast nicht benutzt. Trotzdem hat er natürlich 20 Jahre auf dem Buckel.
Ich teile selbstverständlich Eure Bedenken und Hinweise zur Gefahr der Sonnenbeobachtung. Ich habe aus diesem Grund mit meinen alten Refraktoren ausschließlich Okularprojektion mit Huygens-Okularen betrieben und die damals en vogue gewesenen schwarzen Okular-Sonnenfilter niemals benutzt. Ich lese auch mit großem Interesse in den Internet-Ressourcen der VdS-Gruppe Sonne mit und das Online-Heft "Sonne" ist auch immer wieder mit technischen Tipps versehen.

Da der Glasfilter nur auf mein Meade LX200 passt und nicht auf das Orion XT10i habe ich mir den Baader AstroSolar 240 bestellt, den ich auf dem Orion montieren werde. Damit starte ich dann die visuelle Beobachtung. Den Glasfilter teste ich vermutlich erstmals nur fotografisch am LX200.

Ich fand die Beratung übrigens sehr gut. Der Berater hat nicht nur seine Verkäufe im Auge denn er gab mir technisch sehr fundiert auch eine Beratung zu einem anderen Produkt, welche mich vom Kauf abstand nehmen liess. Das fand ich sehr ok. Ich habe auch großen Respekt davor, dass man als Fachberater am Telefon bei einem unbekannten Filter in unbekanntem Zustand auch aus Haftungsgründen und aus Gründen der eigenen Moral sehr sehr restriktiv beraten wird.

Schönen Abend
Guido
 
Hallo Guido,

kennst du die Seite über Sonnenfilter von Peter Höbel? Neben vielen Transmissionskurven diverser Filter gibt es unter "Normen und Richtlinien" Empfehlungen für den erforderlichen Augenschutz. Interessanterweise ist ab 800nm eine Dämpfung von etwa 2 OD weniger als im UV/Visuellen ausreichend.

Für den visuellen Einsatz des OD 3.8 Filters sollte zusätzlich ein Okularfilter von mindestens OD 0.9, besser OD 1.2 reichen. Sicherheitshalber kann man zusätzlich noch einen UV/IR-Blockfilter verwenden.

Wie ist es denn bei der Sonnenbeobachtung mittels Herschelkeil? Dort muss im Okular noch immens mit OD 3 nachgefiltert werden. Wären hier die Bedenken nicht viel höher?

Viele Grüße
Andreas
 
Lieber Andreas,
danke für diesen sehr informativen Tipp.
Die Seite kannte ich noch nicht. Da ist mein ASTROCOM sogar drin...
Mit dem Herschelkeil kenne ich mich nicht aus. An meinen Refraktoren nutze ich den nicht und am Reflektor ist er doch unbenutzbar, denn die ganze Sonnenenergie geht durch den Fangspiegel - oder?
Viele Grüße
Guido
 
Hallo Guido,

das mit dem Fangspiegel könnte der Grund sein, warum ein Herschelkeil nur am Refraktor verwendet wird. Beobachtet habe ich noch nie mit einem Herschelkeil.

Vom fotografischen zum visuellen Filter fehlen noch ND 1.2, also 6% Transmission. Das ist ein Wert, den typische Gletscherbrillen haben. So kann man sich vorstellen, wie die Blendwirkung wäre. Eine instantane Augenschädigung ergibt das wohl nicht, eine Beobachtung sollte man so aber nicht durchführen.

Man kann zwischen den Wellenlängen differenzieren:
Das Licht im visuellen Bereich erreicht die Netzhaut und schädigt dort das Auge. Hier ist Schutz also besonders wichtig. Glücklicherweise sehen wir das und schließen reflexartig die Augen (Ich will damit ausdrücklich nicht dazu aufrufen, das auszuprobieren).
Im (Nah-) Infraroten gibt es starke Wasserabsorptionsbanden. Ich kann mir vorstellen, dass dadurch im Kammerwasser des Auges Licht absorbiert wird, so dass auf der Netzhaut nicht mehr die volle Intensität landet. Zudem fällt das Sonnenspektrum zum IR ab. Das könnten die Gründe sein, dass OD 3 schon ausreichend sind.
Das UV im Bereich 300nm - 400nm ist sicher kritischer. Es ist noch recht intensiv, wir sehen es aber nicht. Man denke nur an Sonnenbrand. Im Auge schädigt das UV die Linse, eine Eintrübung, bekannt als grauer Star.

Übrigens benutze ich am meinem 12" Cassegrain auch einen ND 3.8 Sonnenfilter, allerdings die Baader Folie. Hintergrund für die fotografische Folie war der Gedanke, genug Licht für Aufnahmen im UV zu haben. Visuell habe ich dann noch einen 2" ND 0.9 oder ND 1.2 Filter im Strahlengang, zusätzlich noch ND 0.3 durch die 50:50 Teilung im Bino.

Viele Grüße
Andreas
 
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