Hallo Frank,
erstmal vielen Dank für das interessante Video, ich habe gleich deinen Kanal abonniert ?
Da Kameras mein Lieblingsthema in der Astronomie sind, gebe ich natürlich auch sonst noch meinen Senf dazu. Vorausschicken möchte ich, dass ich 1996 meine erste gekühlte Schwarzweiß-CCD gekauft habe (OES LCCCD14SC) und dann ab 2000 zum Starlight Xpress-Fanboy geworden bin, weil mir deren Kameras mit Sony-Chips so gut gefielen. 2010 wollte ich dann einen größeren Chip und habe mir einen Atik 383L+ gekauft. Die habe ich dann 2013 wieder verkauft, weil es inzwischen mit dem ICX694 einen halbwegs brauchbar großen Sony-Chip gab. Als ich dann eine Farbkamera für meinen Celestron RASA brauchte, habe ich mir 2016 erst eine ASI 174 und kurz darauf eine ASI 1600 MC cool gekauft. Von der Farb-ASI 1600 war ich so begeistert (nachdem mich vorher DSLRs nie begeistern konnten), dass ich mir gleich auch noch die Schwarzweiß-Variante gekauft habe. Seitdem benutze ich die ASIs und die Trius SX694 abwechselnd bzw. teilweise auch gleichzeitig.
Wie Tommy schon schrieb sind zumindest die ASI1600 (und vermutlich auch die gleichen Chips in Kameras anderer Hersteller) gut kalibrierbar und geben dann ein sauberes Signal. Wenn ich bei einer ASI1600 eine Serie von Darks mache und von einem einzelnen Dark ein Master-Dark abziehe, bleibt perfektes gleichmäßiges Rauschen übrig. Nachteil gegenüber der Trius SX694 ist, dass ich genau passende Darks brauche, während es bei der SX694 reicht, wenn ich einfach nur ein Master-Bias abziehe. Ich muss mit der ASI also für bei jeder Änderung der Einstellungen (Belichtungszeit, Gain) neue Darks machen, was sehr lästig sein kann. Insofern ist die Handhabung bei der CCD-Kamera einfacher. Wer keine Bildkalibration machen will, kommt mit einer CMOS-Kamera nicht weit. Mit sorgfältiger Kalibration kann ich die CMOS-Bilder aber genauso strecken wie die mit CCD. Nur selten kommt es vor, dass ich mit CMOS einen fleckigen Hintergrund bekomme. Woran das liegt weiß ich nicht, da es sehr selten ist, ist es aber auch nicht so tragisch.
Da ich gerne mit „langsamem“ Teleskop bei langer Brennweite (2 Meter bei f/8) Planetarische Nebel fotografiere, finde ich das geringe Ausleserauschen der ASI1600 sehr attraktiv, weil ich da nie längere als 5 Minuten Einzelbelichtungen machen muss. Mit der Atik 383L+ waren mit dieser Ausrüstung 1x20 Minuten deutlich besser als 2x10 Minuten. Vermutlich wären noch längere Einzelbelichtungen als 20 Minuten noch besser gewesen. Da kann bei 5-Minuten-Belichtungen mit der ASI1600 deutlich weniger schiefgehen. Die dank des geringen Ausleserauschens möglichen kurzen Einzelbelichtungen helfen mir auch bei meinem Celestron RASA, mit dem ich „dank“ Spiegelshifting maximal 2 Minuten am Stück belichten kann, sonst gibt es Verschiebungen zwischen Sucherguider und Hauptkamera. Das gilt natürlich auch allgemein, Kameras wie die ASI1600 ermöglichen auch bei Spiegelteleskopen mit Spiegelshifting den Einsatz von Leitrohren. Wer große Datenmengen nicht scheut, kann auch ganz auf einen Autoguider verzichten und zumindest bei etwas aufgehelltem Himmel mit Einzelbelichtungen von 10-30 Sekunden arbeiten. Das sollten die meisten Montierungen noch schaffen. Da die ASI Kameras ca. 13 Bilder pro Sekunde runterladen können, gibt es bei dieser Methode auch keine störenden Pausen zwischen den vielen kurzen Einzelbelichtungen. Zumindest auf der Aufnahmeseite (wie oben geschrieben nicht bei der Bildbearbeitung) kann eine CMOS-Kamera einem das Leben also erheblich erleichtern.
Wenn Ausrüstung und Umstände beliebig lange Einzelbelichtungen zulassen, haben die CMOS-Kameras aus meiner Sicht keinen Vorteil mehr. Wenn man hintergrundlimitiert ist spielt ja das Ausleserauschen keine Rolle mehr. Bei meinem Berliner Großstadthimmel bin ich zumindest bei Breitband auch mit CCD-Kamera praktisch immer hintergrundlimitiert, CMOS bringt mir hier nur bei Schmalband Vorteile durch die kürzeren Einzelbelichtungen. Bei Breitband bekomme ich mit meiner Trius SX694 geringfügig tiefere Bilder als mit der ASI1600, vermutlich wegen der größeren Quanteneffizienz des ICX694. Der Unterschied ist aber nicht groß.
Was ich bei deinem Video nicht nachvollziehen kann ist, dass die tendenziell kleinen Pixel bei CMOS-Chips negativ bewertet werden. Ich empfinde die vielen kleinen Pixel der ASI1600 als großen Vorteil, weil sie dadurch auch bei kurzen Brennweiten eine ordentliche Auflösung bringt. Und da man mit der ASI 1600 immer hintergrundlimitiert sein kann (zur Not halt Gain hochdrehen) ist Software-Binning gleichwertig mit Hardware-Binning oder größeren Pixeln. Wenn mir das Bild wegen der kleinen Pixel zu sehr rauscht, verkleinere ich es also einfach in Software und habe das gleiche Ergebnis als ob ich von vornherein mit größeren Pixeln fotografiert hätte. Im Gegensatz zu großen Pixeln habe ich aber die Flexibilität, dass ich selber den Kompromiss zwischen Abbildungsmaßstab und Rauschen bestimmen kann, weil ich frei entscheiden kann, wie stark ich das Bild verkleinere. Insofern kann ich die ASI 1600 auch problemlos bei 2 Metern Brennweite benutzen, auch wenn ich da natürlich üblicherweise keine scharfen Bilder erhalte.
Gut nachvollziehen kann ich kann deine Bemerkung über irreführende Beschreibungen von Händlern, die teilweise suggerieren, dass man mit CMOS nur ein Bruchteil der Belichtungszeit von CCD braucht. Diese Aussage gilt nur für die Einzelbelichtungen, die Gesamtbelichtungszeit ist natürlich bei CMOS nicht geringer als bei CCD.
Meine wichtigste Erkenntnis aus den letzten Jahren mit Kodak und Sony CCD-Chips und Sony und Panasonic CMOS-Chips ist, dass die Kamera nur eine untergeordnete Rolle bei der Bildqualität spielt, solange sie eine gewisse Mindestqualität hat. Ob ich mit einer Atik 383, einer Trius SX694 oder einer ASI1600 fotografiere hat deutlich weniger Einfluss auf das Gesamtergebnis als die Lichtstärke des Teleskops. Wenn ich die Öffnung verdoppele und bei gleichbleibender Brennweite damit das Öffnungsverhältnis z.B. von f/8 auf f/4 verbessere, sind gegen diesen Unterschied alle Unterschiede zwischen den genannten Kameras vernachlässigbar.
Es ist also derzeit niemand gezwungen, auf CMOS umzusteigen, es sei denn er muss/möchte kurze Einzelbelichtungen machen. Andererseits sehe ich auch keinen Verlust an Bildqualität mit CMOS, wenn es sich um einen ordentlichen Chip (z.B. ASI1600) handelt und man die Bilder sauber kalibriert. Für Einsteiger ist aber CCD zu bevorzugen, weil man da nicht so sorgfältig mit den Darks umgehen muss und nicht so viele potenziell verwirrende Einstellungen im Treiber machen kann/muss.
Wenn ich nur eine Kamera behalten würde, wäre das übrigens die Trius SX 694, wie eingangs erwähnt bin ich halt Starlight Xpress-Fanboy.