Himmelsguckerin
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Hallo zusammen!
Die Vorweihnachtszeit ist Märchenzeit. Deshalb, und weil ich mich bei euch allen bedanken möchte für die unglaubliche Unterstützung, die ihr mir während der letzten Monate bei meinem Weg zu den Sternen geschenkt habt, habe ich für euch dieses kleine Märchen geschrieben.
Nun hoffe ich, dass es euch gefällt. Und Ähnlichkeiten mit gewissen Astro-Foren sind, nun ja, bildet euch selbst eine Meinung dazu.
Viel Spaß beim Lesen!
(Ja, es wird wieder mal etwas länger...)
Das Märchen von Astro-Gnoms Weg zu den Sternen
Es war einmal in einem fernen Land, da lebte in seiner Höhle tief unter der Erde ein gar seltsames Männlein. Sein Name war Astro-Gnom, und sein größter Wunsch war es, die Sterne zu sehen. Er kannte die Sterne nur aus einem alten Buch, das er schon als Kind geliebt hatte. Darin waren herrliche Zeichnungen und Geschichten, die vom Nachthimmel erzählten. Und wenn Astro-Gnom so vor sich hin träumte, dann stellte er sich vor, dass er über sich diesen strahlenden Sternenhimmel sehen konnte, von dem das Buch erzählte.
Sein ganzes Leben hatte er unter der Erde zugebracht. Er kannte weder den Sonnenschein noch das Funkeln, das des Nachts den Himmel erhellte. Von all diesen wunderbaren Dingen wusste er nur durch das Buch, das er wie einen Schatz hütete. Er las es von vorne bis hinten und wieder von hinten bis vorne. Immer und immer wieder. Und seine Sehnsucht nach den Sternen wurde dadurch nur noch größer. Alle Tage und alle Nächte konnte er an nichts anderes mehr denken. Er vergaß zu essen und zu trinken und zu schlafen. Und wurde immer unglücklicher.
Eines Tages fasste er einen Entschluss. Er wollte seine Höhle verlassen und sich auf die Suche nach den Sternen begeben. Das machte ihm Angst, denn er hatte seine Höhle noch nie verlassen. Aber er war inzwischen so unglücklich, dass er sicher war, er würde nie wieder lachen können, wenn er diese Reise zu den Sternen nicht wagte. Also umschlang er sein Buch mit beiden Armen, drückte es fest an sein Herz, und dann trat er den ersten Schritt in den langen dunklen Gang hinaus, in den seine Höhle mündete.
Astro-Gnom war schon eine ganze Weile in dem unterirdischen Gangsystem unterwegs, als sich vor ihm plötzlich eine große Höhle auftat. Sie war so riesig, dass er weder das gegenüberliegende Ende noch die Decke erkennen konnte. Einige Hütten standen dort im Kreis, und in der Mitte gab es einen großen Platz, auf dem reges Treiben herrschte. Ein beklemmendes Gefühl zwickte seinen Bauch, und er drückte sein Buch noch etwas fester an sich. Einen Moment lang überlegte er, ob es nicht besser war, wieder umzukehren. Aber dann würde er die Sterne niemals sehen. Und das kam nicht in Frage. Also nahm er all seinen Mut zusammen und ging auf die Leute zu, die dort auf dem Platz beieinander saßen und sich unterhielten. Etwas versteckt hinter einer Hausecke blieb er stehen, lugte ein wenig hervor und lauschte.
„Schau, das hab ich mit meinem neuen OPA-2000 aufgenommen“, sagte der Dachs und hielt ein Bild in die Runde, das die anderen staunend von einem zum Nächsten weiterreichten.
„Ganz nett“, grummelte Brummbär, der das Bild mit spitzen Krallen hochhielt und aus zusammengekniffenen Augen anschielte. „Aber dein OPA-2000 ist nichts gegen meinen KAT-Turbo-XL! Der hätte die Sterne noch viel klarer dargestellt.“
Astro-Gnom horchte auf. Die Leute sprachen von den Sternen! Anscheinend hatten sie sie sogar schon gesehen! Er war plötzlich so aufgeregt, dass er alle Vorsicht vergaß und näher ging. Tatsächlich! Als er einen Blick auf das Bild erhaschte, waren darauf Sterne zu sehen, und ein wunderschönes nebelartiges Gebilde.
„Ach, bleib mir mit deinem KAT vom Leib!“, giftete der Dachs in Brummbärs Richtung und zog ihm das Bild aus den Krallen. „Der hat einen Farbfehler. Außerdem sieht man bei dieser Lichtverschmutzung heutzutage sowieso kaum noch etwas. Da ist es völlig egal, was für ein Gerät man benutzt.“
„Ja, so ist es“, mischte sich der Uhu nun in das Gespräch ein.
„Früher sah ich gerne
Da draußen viele Sterne
Heute schmutzt das Licht
Drum seh ich Sterne nicht!
Sehen oder nicht sehen, das ist hier die Frage.“
„Ach, bleib mir mit deinen Gedichten vom Leib! Und auch mit der Lichtverschmutzung“, rief Brummbär. „Die ist doch nur eine Ausrede für Leute, die keine ordentliche Technik besitzen. Womöglich fängst du jetzt auch noch mit dem Klimawandel an. Alles nur dummes Gerede!“
„Wollen wir den Klimawandel sehen oder wollen wir ihn nicht sehen, ...“ Weiter kam der Uhu nicht. Denn Brummbär hatte ihm einen Tritt verpasst, der ihn rücklings umkippen ließ.
„He, he, Brummbär, jetzt reiß dich mal zusammen. Jeder darf seine Meinung dazu sagen, ob sie dir in den Kram passt oder nicht.“
„Bla, bla, bla!“, Brummbär boxte den Dachs in die Seite. „Ich hab dieses Gerede vom Klimawandel satt!“
Dachs straffte sich und stemmte die Arme in die Hüften. „Der Klimawandel ist im Gange, auch wenn so Leute wie du sich immer noch starrköpfig weigern, die Zeichen zu sehen.“
„Weil es da nichts zu sehen gibt!“
„Gibt es doch!“
„Gibt es nicht!“
„Gibt es doch!“
„Ach, sie streiten,
Ach sie reiten
Auf dem Klimawandel rum,
Und dabei sind all die Zweifel
Nicht nur seltsam, sondern d...“
Weiter kam Uhu nicht mehr. Besinnungslos streckte er die Flügel weit von sich, als nun Dachs und Brummbär gemeinsam auf ihn einhieben. Danach hieben die beiden aufeinander ein. Bis drohendes Donnergrollen aus den Tiefen der Höhle sie zusammenfahren ließ.
Brummbär schüttelte sich. Beleidigt spuckte er aus und trottete davon.
Astro-Gnom schaute ihm verwundert hinterher und überlegte noch einmal, ob er dort drüben wirklich um Rat fragen sollte. Aber sein Wunsch, die Sterne zu sehen, war groß. Und hier gab es Leute, die sich anscheinend damit auskannten. Er blickte zum Uhu hinüber, der gerade sein Gefieder spreizte und versuchte, sich wieder aufzusetzen. Dachs half ihm dabei.
So rau schienen diese Burschen also doch nicht zu sein. Deshalb traute Astro-Gnom sich nun, noch ein paar Schritte näher zu kommen.
„Entschuldigung“, begann er und musste seine erneut anschwellende Angst hinunterschlucken, als Dachs und Uhu sich ihm zuwandten. „Ihr kennt euch mit den Sternen aus?“, fragte er schüchtern.
Die beiden nickten, und aus den Augenwinkeln sah Astro-Gnom, dass auch Brummbär schon wieder ein Stück näher kam.
„Ich würde euch gern etwas dazu fragen.“
Astro-Gnom zuckte zusammen, als er Brummbärs Raunen dicht hinter sich vernahm: „Schon wieder so einer, der hier dumm herumfragt! So ein Bürschchen wie du hat uns gerade noch gefehlt.“
„Lass ihn doch fragen!“, entgegnete Dachs und streckte Astro-Gnom freundlich eine Hand entgegen. „Wir haben alle mal mit dummen Fragen angefangen. Also, was willst du wissen?“
Astro-Gnom überlegte. Ja, was wollte er eigentlich wissen? „Nun, eine richtige Frage hab ich gar nicht. Ich möchte nur einmal die Sterne sehen. Hier in meinem Buch steht, dass es gelbe, rote und blaue Sterne gibt, die am Himmel funkeln wie Edelsteine. Sie sollen Gebilde formen, die man Sternbilder nennt. Ein leuchtendes Sternenband namens Milchstraße, das sich quer über den ganzen Himmel spannt, soll es ebenfalls geben. Und Planeten, die regelmäßig ihre Bahnen ziehen. Und auch den Mond möchte ich sehen. Alle diese Wunder des Nachthimmels!“
Brummbär verdrehte die Augen. „Gelbe, rote und blaue Sterne also. Und Planeten. Wie spannend! Etwas anderes als die Planeten geht ja bei dieser Lichtverschmutzung heutzutage kaum noch. Das hat Dachs ja grade schon festgestellt. Und der Mond ist nur dann schön, wenn er sich nicht blicken lässt.“
Da segelte der Uhu zwischen ihnen hindurch. „Natürlich ist das spannend! Weißt du denn schon nicht mehr, wie schön es ist, durch die Stille einer klaren Nacht zu fliegen? Oder zu laufen. Und wenn du nach oben blickst, siehst du all diese Sterne, die unendlich weit weg sind und doch ihr Licht bis zu uns schicken. Himmelskörper, die so uralt sind, dass wir uns das überhaupt nicht vorstellen können. Hast du dann nicht auch dieses Gefühl, ein ganz winziger Teil von etwas Großem zu sein? Und spürst du nicht auch dieses Glück, ein Teil davon sein zu dürfen – wenn auch ein ganz unbedeutender? Könntest du nicht auch dahinschmelzen beim Anblick dieser Schönheit?“
Etwas nachdenklich nickte Brummbär. „Doch, da ist schon was dran.“
Astro-Gnom hüpfte vor Aufregung hoch in die Luft. „Ich will das alles sehen. Bitte zeigt mir die Sterne!“
Brummbär nickte. „Na gut. Was für ein Teleskop hast du denn?“
„Was soll ich haben?“
„Na, so etwas wie meinen KAT-Turbo-XL. Warte mal.“ Brummbär galoppierte davon und kam kurz darauf mit einem seltsamen rohrartigen Gerät auf drei dürren langen Beinen wieder.
„Hier, da siehst du gleich mal was Ordentliches.“
Unsicher ging Astro-Gnom darauf zu. „Und damit kann man Sterne sehen?“
Brummbär nickte. Er deutete auf einen etwas abstehenden Knubbel an der Seite des Gerätes. „Da muss man reinschauen, dann sieht man Sterne.“
Astro-Gnom hielt vorsichtig ein Auge an die kleine runde Glasscheibe, die sich in dem Knubbel befand. Doch so sehr er sich auch anstrengte, außer tiefer schwarzer Dunkelheit sah er überhaupt nichts.
„Also, ich weiß nicht. Heute sind da keine Sterne drin. Oder mache ich etwas falsch?“
Nun lachten alle drei.
„So könnte man das nennen“, meinte Dachs. „Hier in der Höhle unter der Erde kannst du auch mit dem besten Teleskop keine Sterne sehen. Außerdem“, er schritt zum anderen Ende des Rohres und nahm dort eine dunkle runde Scheibe ab. „Außerdem sollte man schon diese Abdeckung entfernen, bevor man durchschaut. Ansonsten wirst du damit auch droben an der frischen Luft keine Sterne finden.“
„Droben an der frischen Luft“, Astro-Gnom schluckte. „Muss man wirklich da raus, um Sterne sehen zu können?“
Uhu lachte und segelte dicht über ihre Köpfe hinweg. „Das würde ich dir schon empfehlen! Auch wenn es hier Leute gibt, die nur ihre Apparate rausstellen und sich dann gleich wieder in ihren Höhlen verkriechen.“ Er grinste zu Brummbär hinunter. Und an Astro-Gnom gewandt sagte er: „Hab keine Angst, wir werden dir den Weg zeigen und dich begleiten!“
„Ach, das werden wir?“ Brummbär warf einen giftigen Blick zum Uhu hinauf. Dann holte er eine schmale flache Glasscheibe aus der Hosentasche und begann, auf den bunten Bildchen herumzuschmieren, die dort wie durch Zauberhand erschienen. „Also gut“, meinte er schließlich, „die Uhrzeit ist günstig und der Mond noch nicht zu voll. Vom Wetter her passt es auch.“
„Worauf warten wir dann noch?“ Dachs deutete auf das Teleskop. „Los, Brummbär, pack es schon ein. Wir werden uns beim Tragen abwechseln.“ Er zwinkerte. „Ich wollte schon lange mal durch ein KAT-Turbo-XL schauen!“
Brummbär grummelte etwas Unverständliches. Dann packte er sein Teleskop in einen großen Koffer, den er ebenso fest an sich drückte, wie Astro-Gnom sein Buch. Und dann folgten sie Uhu durch ein Gewirr an Höhlen und Gängen, bis sie eine ganze Weile später hinaus auf eine nächtliche Wiese traten.
„Schau nur, schau!“, rief Uhu, der sofort in der Dunkelheit verschwunden war, „hier sind sie schon, die Sterne!“
Astro-Gnom wandte den Blick nach oben, und vor freudigem Schrecken gaben seine Beine nach. Ja, da waren die Sterne! Genauso hatte er sie sich vorgestellt. Nein, eigentlich war der Sternenhimmel noch viel schöner, als er ihn sich vorgestellt hatte! Das Buch entglitt seinen Händen, als er rücklings ins Gras sank und die Arme ausbreitete. Überwältigt von dem Wunder, das er dort oben sah, war er ganz davon gefangen.
So sah er nicht, wie Brummbär seinen KAT-Turbo-XL aufbaute. Und er hörte nicht, dass Dachs bemerkte, sein OPA-2000 würde doch das bessere Bild liefern. Genauso entging ihm Brummbärs Einladung, jetzt doch mal einen Blick auf NGC XY zu werfen, der heute trotz der Lichtverschmutzung gar nicht so übel aussah.
Und während Astro-Gnom ganz benommen vor Glück war, blickte Brummbär Dachs fragend an. Dann schaute auch er hinauf zum Sternenhimmel. Dachs folgte seinem Blick. Eine Weile standen die beiden stumm neben dem Teleskop und sahen einfach nur hinauf. Bis Brummbär meinte: „Der Kleine hat recht. Man sollte das viel öfter so machen wie er.“ Dachs nickte.
Sie setzten sich neben Astro-Gnom ins Gras und suchten nach den gelben, roten und blauen Sternen dort oben. Sie grüßten den Mond, wanderten die Sternbilder ab und die Milchstraße. Und sie fanden auch den einen oder anderen Planeten. So gaben sie sich alle zusammen ganz dem Zauber dieser Sternennacht hin, bis die Morgendämmerung ihn auflöste.
Nun wünsche ich euch noch eine schöne Vorweihnachtszeit mit möglichst vielen beglückenden Sternenhimmelbegegnungen – jeder und jede so, wie ihr es liebt!
Herzliche Grüße
Sabine
PS: Natürlich konnte ich mich auch nicht zurückhalten und hab so einen Astro-Gnom gehäkelt...
Die Vorweihnachtszeit ist Märchenzeit. Deshalb, und weil ich mich bei euch allen bedanken möchte für die unglaubliche Unterstützung, die ihr mir während der letzten Monate bei meinem Weg zu den Sternen geschenkt habt, habe ich für euch dieses kleine Märchen geschrieben.
Nun hoffe ich, dass es euch gefällt. Und Ähnlichkeiten mit gewissen Astro-Foren sind, nun ja, bildet euch selbst eine Meinung dazu.
Viel Spaß beim Lesen!
(Ja, es wird wieder mal etwas länger...)
Das Märchen von Astro-Gnoms Weg zu den Sternen
Es war einmal in einem fernen Land, da lebte in seiner Höhle tief unter der Erde ein gar seltsames Männlein. Sein Name war Astro-Gnom, und sein größter Wunsch war es, die Sterne zu sehen. Er kannte die Sterne nur aus einem alten Buch, das er schon als Kind geliebt hatte. Darin waren herrliche Zeichnungen und Geschichten, die vom Nachthimmel erzählten. Und wenn Astro-Gnom so vor sich hin träumte, dann stellte er sich vor, dass er über sich diesen strahlenden Sternenhimmel sehen konnte, von dem das Buch erzählte.
Sein ganzes Leben hatte er unter der Erde zugebracht. Er kannte weder den Sonnenschein noch das Funkeln, das des Nachts den Himmel erhellte. Von all diesen wunderbaren Dingen wusste er nur durch das Buch, das er wie einen Schatz hütete. Er las es von vorne bis hinten und wieder von hinten bis vorne. Immer und immer wieder. Und seine Sehnsucht nach den Sternen wurde dadurch nur noch größer. Alle Tage und alle Nächte konnte er an nichts anderes mehr denken. Er vergaß zu essen und zu trinken und zu schlafen. Und wurde immer unglücklicher.
Eines Tages fasste er einen Entschluss. Er wollte seine Höhle verlassen und sich auf die Suche nach den Sternen begeben. Das machte ihm Angst, denn er hatte seine Höhle noch nie verlassen. Aber er war inzwischen so unglücklich, dass er sicher war, er würde nie wieder lachen können, wenn er diese Reise zu den Sternen nicht wagte. Also umschlang er sein Buch mit beiden Armen, drückte es fest an sein Herz, und dann trat er den ersten Schritt in den langen dunklen Gang hinaus, in den seine Höhle mündete.
Astro-Gnom war schon eine ganze Weile in dem unterirdischen Gangsystem unterwegs, als sich vor ihm plötzlich eine große Höhle auftat. Sie war so riesig, dass er weder das gegenüberliegende Ende noch die Decke erkennen konnte. Einige Hütten standen dort im Kreis, und in der Mitte gab es einen großen Platz, auf dem reges Treiben herrschte. Ein beklemmendes Gefühl zwickte seinen Bauch, und er drückte sein Buch noch etwas fester an sich. Einen Moment lang überlegte er, ob es nicht besser war, wieder umzukehren. Aber dann würde er die Sterne niemals sehen. Und das kam nicht in Frage. Also nahm er all seinen Mut zusammen und ging auf die Leute zu, die dort auf dem Platz beieinander saßen und sich unterhielten. Etwas versteckt hinter einer Hausecke blieb er stehen, lugte ein wenig hervor und lauschte.
„Schau, das hab ich mit meinem neuen OPA-2000 aufgenommen“, sagte der Dachs und hielt ein Bild in die Runde, das die anderen staunend von einem zum Nächsten weiterreichten.
„Ganz nett“, grummelte Brummbär, der das Bild mit spitzen Krallen hochhielt und aus zusammengekniffenen Augen anschielte. „Aber dein OPA-2000 ist nichts gegen meinen KAT-Turbo-XL! Der hätte die Sterne noch viel klarer dargestellt.“
Astro-Gnom horchte auf. Die Leute sprachen von den Sternen! Anscheinend hatten sie sie sogar schon gesehen! Er war plötzlich so aufgeregt, dass er alle Vorsicht vergaß und näher ging. Tatsächlich! Als er einen Blick auf das Bild erhaschte, waren darauf Sterne zu sehen, und ein wunderschönes nebelartiges Gebilde.
„Ach, bleib mir mit deinem KAT vom Leib!“, giftete der Dachs in Brummbärs Richtung und zog ihm das Bild aus den Krallen. „Der hat einen Farbfehler. Außerdem sieht man bei dieser Lichtverschmutzung heutzutage sowieso kaum noch etwas. Da ist es völlig egal, was für ein Gerät man benutzt.“
„Ja, so ist es“, mischte sich der Uhu nun in das Gespräch ein.
„Früher sah ich gerne
Da draußen viele Sterne
Heute schmutzt das Licht
Drum seh ich Sterne nicht!
Sehen oder nicht sehen, das ist hier die Frage.“
„Ach, bleib mir mit deinen Gedichten vom Leib! Und auch mit der Lichtverschmutzung“, rief Brummbär. „Die ist doch nur eine Ausrede für Leute, die keine ordentliche Technik besitzen. Womöglich fängst du jetzt auch noch mit dem Klimawandel an. Alles nur dummes Gerede!“
„Wollen wir den Klimawandel sehen oder wollen wir ihn nicht sehen, ...“ Weiter kam der Uhu nicht. Denn Brummbär hatte ihm einen Tritt verpasst, der ihn rücklings umkippen ließ.
„He, he, Brummbär, jetzt reiß dich mal zusammen. Jeder darf seine Meinung dazu sagen, ob sie dir in den Kram passt oder nicht.“
„Bla, bla, bla!“, Brummbär boxte den Dachs in die Seite. „Ich hab dieses Gerede vom Klimawandel satt!“
Dachs straffte sich und stemmte die Arme in die Hüften. „Der Klimawandel ist im Gange, auch wenn so Leute wie du sich immer noch starrköpfig weigern, die Zeichen zu sehen.“
„Weil es da nichts zu sehen gibt!“
„Gibt es doch!“
„Gibt es nicht!“
„Gibt es doch!“
„Ach, sie streiten,
Ach sie reiten
Auf dem Klimawandel rum,
Und dabei sind all die Zweifel
Nicht nur seltsam, sondern d...“
Weiter kam Uhu nicht mehr. Besinnungslos streckte er die Flügel weit von sich, als nun Dachs und Brummbär gemeinsam auf ihn einhieben. Danach hieben die beiden aufeinander ein. Bis drohendes Donnergrollen aus den Tiefen der Höhle sie zusammenfahren ließ.
Brummbär schüttelte sich. Beleidigt spuckte er aus und trottete davon.
Astro-Gnom schaute ihm verwundert hinterher und überlegte noch einmal, ob er dort drüben wirklich um Rat fragen sollte. Aber sein Wunsch, die Sterne zu sehen, war groß. Und hier gab es Leute, die sich anscheinend damit auskannten. Er blickte zum Uhu hinüber, der gerade sein Gefieder spreizte und versuchte, sich wieder aufzusetzen. Dachs half ihm dabei.
So rau schienen diese Burschen also doch nicht zu sein. Deshalb traute Astro-Gnom sich nun, noch ein paar Schritte näher zu kommen.
„Entschuldigung“, begann er und musste seine erneut anschwellende Angst hinunterschlucken, als Dachs und Uhu sich ihm zuwandten. „Ihr kennt euch mit den Sternen aus?“, fragte er schüchtern.
Die beiden nickten, und aus den Augenwinkeln sah Astro-Gnom, dass auch Brummbär schon wieder ein Stück näher kam.
„Ich würde euch gern etwas dazu fragen.“
Astro-Gnom zuckte zusammen, als er Brummbärs Raunen dicht hinter sich vernahm: „Schon wieder so einer, der hier dumm herumfragt! So ein Bürschchen wie du hat uns gerade noch gefehlt.“
„Lass ihn doch fragen!“, entgegnete Dachs und streckte Astro-Gnom freundlich eine Hand entgegen. „Wir haben alle mal mit dummen Fragen angefangen. Also, was willst du wissen?“
Astro-Gnom überlegte. Ja, was wollte er eigentlich wissen? „Nun, eine richtige Frage hab ich gar nicht. Ich möchte nur einmal die Sterne sehen. Hier in meinem Buch steht, dass es gelbe, rote und blaue Sterne gibt, die am Himmel funkeln wie Edelsteine. Sie sollen Gebilde formen, die man Sternbilder nennt. Ein leuchtendes Sternenband namens Milchstraße, das sich quer über den ganzen Himmel spannt, soll es ebenfalls geben. Und Planeten, die regelmäßig ihre Bahnen ziehen. Und auch den Mond möchte ich sehen. Alle diese Wunder des Nachthimmels!“
Brummbär verdrehte die Augen. „Gelbe, rote und blaue Sterne also. Und Planeten. Wie spannend! Etwas anderes als die Planeten geht ja bei dieser Lichtverschmutzung heutzutage kaum noch. Das hat Dachs ja grade schon festgestellt. Und der Mond ist nur dann schön, wenn er sich nicht blicken lässt.“
Da segelte der Uhu zwischen ihnen hindurch. „Natürlich ist das spannend! Weißt du denn schon nicht mehr, wie schön es ist, durch die Stille einer klaren Nacht zu fliegen? Oder zu laufen. Und wenn du nach oben blickst, siehst du all diese Sterne, die unendlich weit weg sind und doch ihr Licht bis zu uns schicken. Himmelskörper, die so uralt sind, dass wir uns das überhaupt nicht vorstellen können. Hast du dann nicht auch dieses Gefühl, ein ganz winziger Teil von etwas Großem zu sein? Und spürst du nicht auch dieses Glück, ein Teil davon sein zu dürfen – wenn auch ein ganz unbedeutender? Könntest du nicht auch dahinschmelzen beim Anblick dieser Schönheit?“
Etwas nachdenklich nickte Brummbär. „Doch, da ist schon was dran.“
Astro-Gnom hüpfte vor Aufregung hoch in die Luft. „Ich will das alles sehen. Bitte zeigt mir die Sterne!“
Brummbär nickte. „Na gut. Was für ein Teleskop hast du denn?“
„Was soll ich haben?“
„Na, so etwas wie meinen KAT-Turbo-XL. Warte mal.“ Brummbär galoppierte davon und kam kurz darauf mit einem seltsamen rohrartigen Gerät auf drei dürren langen Beinen wieder.
„Hier, da siehst du gleich mal was Ordentliches.“
Unsicher ging Astro-Gnom darauf zu. „Und damit kann man Sterne sehen?“
Brummbär nickte. Er deutete auf einen etwas abstehenden Knubbel an der Seite des Gerätes. „Da muss man reinschauen, dann sieht man Sterne.“
Astro-Gnom hielt vorsichtig ein Auge an die kleine runde Glasscheibe, die sich in dem Knubbel befand. Doch so sehr er sich auch anstrengte, außer tiefer schwarzer Dunkelheit sah er überhaupt nichts.
„Also, ich weiß nicht. Heute sind da keine Sterne drin. Oder mache ich etwas falsch?“
Nun lachten alle drei.
„So könnte man das nennen“, meinte Dachs. „Hier in der Höhle unter der Erde kannst du auch mit dem besten Teleskop keine Sterne sehen. Außerdem“, er schritt zum anderen Ende des Rohres und nahm dort eine dunkle runde Scheibe ab. „Außerdem sollte man schon diese Abdeckung entfernen, bevor man durchschaut. Ansonsten wirst du damit auch droben an der frischen Luft keine Sterne finden.“
„Droben an der frischen Luft“, Astro-Gnom schluckte. „Muss man wirklich da raus, um Sterne sehen zu können?“
Uhu lachte und segelte dicht über ihre Köpfe hinweg. „Das würde ich dir schon empfehlen! Auch wenn es hier Leute gibt, die nur ihre Apparate rausstellen und sich dann gleich wieder in ihren Höhlen verkriechen.“ Er grinste zu Brummbär hinunter. Und an Astro-Gnom gewandt sagte er: „Hab keine Angst, wir werden dir den Weg zeigen und dich begleiten!“
„Ach, das werden wir?“ Brummbär warf einen giftigen Blick zum Uhu hinauf. Dann holte er eine schmale flache Glasscheibe aus der Hosentasche und begann, auf den bunten Bildchen herumzuschmieren, die dort wie durch Zauberhand erschienen. „Also gut“, meinte er schließlich, „die Uhrzeit ist günstig und der Mond noch nicht zu voll. Vom Wetter her passt es auch.“
„Worauf warten wir dann noch?“ Dachs deutete auf das Teleskop. „Los, Brummbär, pack es schon ein. Wir werden uns beim Tragen abwechseln.“ Er zwinkerte. „Ich wollte schon lange mal durch ein KAT-Turbo-XL schauen!“
Brummbär grummelte etwas Unverständliches. Dann packte er sein Teleskop in einen großen Koffer, den er ebenso fest an sich drückte, wie Astro-Gnom sein Buch. Und dann folgten sie Uhu durch ein Gewirr an Höhlen und Gängen, bis sie eine ganze Weile später hinaus auf eine nächtliche Wiese traten.
„Schau nur, schau!“, rief Uhu, der sofort in der Dunkelheit verschwunden war, „hier sind sie schon, die Sterne!“
Astro-Gnom wandte den Blick nach oben, und vor freudigem Schrecken gaben seine Beine nach. Ja, da waren die Sterne! Genauso hatte er sie sich vorgestellt. Nein, eigentlich war der Sternenhimmel noch viel schöner, als er ihn sich vorgestellt hatte! Das Buch entglitt seinen Händen, als er rücklings ins Gras sank und die Arme ausbreitete. Überwältigt von dem Wunder, das er dort oben sah, war er ganz davon gefangen.
So sah er nicht, wie Brummbär seinen KAT-Turbo-XL aufbaute. Und er hörte nicht, dass Dachs bemerkte, sein OPA-2000 würde doch das bessere Bild liefern. Genauso entging ihm Brummbärs Einladung, jetzt doch mal einen Blick auf NGC XY zu werfen, der heute trotz der Lichtverschmutzung gar nicht so übel aussah.
Und während Astro-Gnom ganz benommen vor Glück war, blickte Brummbär Dachs fragend an. Dann schaute auch er hinauf zum Sternenhimmel. Dachs folgte seinem Blick. Eine Weile standen die beiden stumm neben dem Teleskop und sahen einfach nur hinauf. Bis Brummbär meinte: „Der Kleine hat recht. Man sollte das viel öfter so machen wie er.“ Dachs nickte.
Sie setzten sich neben Astro-Gnom ins Gras und suchten nach den gelben, roten und blauen Sternen dort oben. Sie grüßten den Mond, wanderten die Sternbilder ab und die Milchstraße. Und sie fanden auch den einen oder anderen Planeten. So gaben sie sich alle zusammen ganz dem Zauber dieser Sternennacht hin, bis die Morgendämmerung ihn auflöste.
Nun wünsche ich euch noch eine schöne Vorweihnachtszeit mit möglichst vielen beglückenden Sternenhimmelbegegnungen – jeder und jede so, wie ihr es liebt!
Herzliche Grüße
Sabine
PS: Natürlich konnte ich mich auch nicht zurückhalten und hab so einen Astro-Gnom gehäkelt...