Der ewige Streit: Zenitspiegel vs. Zenitprisma & Warum kein Glaswegkorrektor für Zenitprismen?

Astrochriss

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Hallo liebe Sternenfreunde,
nachdem ich mir nach langem Überlegen einen schicken, kleinen 100/800 LZOS Apo gegönnt habe, muss nun das ganze Zubehör her (Zenitspiegel, ggf. Bino, etc.). An einem quasi perfekten Apo, möchte man natürlich auch kein imperfektes Zubehör und so habe ich mich mal ein bisschen in diversen Foren eingelesen, welche Zenitspiegel/-prismen und Binos die besten auf dem Markt sind. Jetzt soll es in diesem Thread aber gar nicht darum gehen, was genau ich jetzt für meinen Apo brauche, sondern vielmehr würde ich gerne ein oder zwei (scheinbare?) Widersprüche klären:

1. Allgemein ist wohl akzeptiert, dass dielektrische Zenitspiegel (Televue Everbrigt, Baader Maxbright, etc.) an hellen Objekten mehr Streulicht verursachen als silberbeschichtete Zenitspiegel (z.B. Baader BBHS) und die geringste Streulichtanfälligkeit nach wie vor von Zenitprismen erreicht werden (siehe z.B. hier und hier). Unter anderem habe ich gelesen, dass dies vermutlich auf die größeren Fertigungstoleranzen zurückzuführen ist, die zwangsläufig auftreten, wenn 20 und mehr Schichten für eine dielektrische Verspiegelung aufgetragen werden. Den Unterschied zwischen Prisma und Silber-Spiegel lässt sich dann ggf. dadurch erklären, dass die Prismenoberfläche und Glasoberfläche des Spiegelsubstrates nahezu perfekt glatt produziert werden kann und das Licht im Prisma ja direkt an der inneren Glasfläche reflektiert wird, während auch die eine Silberbeschichtung noch leichte Ungleichmäßigkeiten in der Dicke aufweisen kann und, da die Reflexion nicht an der Glasfläche sondern an der Metalloberfläche passiert, dann eben zu mehr Streuung führt. Für mein Verständnis müsste eine geringere Oberflächengenauigkeit eher für ein unschärferes Bild als für Streulicht sorgen (siehe z.B. Zusammenhang zwischen Oberflächen RMS und Strehl). Streulicht entsteht doch eher, wenn irgendetwas auf der Oberfläche (Staub, Tau) das Licht zusätzlich streut/beugt? Aber korrigiert mich in diesem Punkt gerne.
Dennoch stellt sich mir dann aber die Frage, warum ein spiegelbasiertes Bino im direkten Vergleich in Sachen Schärfe etwas besser abschneidet als ein prismenbasiertes Bino? Höhere Fertigungsgenauigkeit bei Zeiss vs. Baader? Tatsächlich hat mich der Test so sehr überzeugt, dass ich mir das Zeiss Bino gerade nach dieser Inspiration nachbaue.

2. Auf Basis der hervorragenden Erfahrungen mit den sehr guten Baader/Zeiss (BBHS) Zenitprismen, würde ich ja gerne ein solches für meinen Apo kaufen. Dabei kommt es mir jedoch sehr schwachsinnig vor, bei dem Bino extra darauf geachtet zu haben, eines mit Spiegeln und minimiertem Glasweg zu nehmen, nur um dann in dem Zenitprisma den eingesparten Glasweg wieder hinzuzufügen. Insbesondere kam mir dabei die Frage in den Kopf wie viel Glasweg so ein typisches Prismenbino (z.B. Baader/Zeiss Mark V oder Baader MaxBright II) hat, das ja unter anderem wegen der chromatischen Abberration gerne mit Glaswegkorrektoren benutzt wird. Der optische Weg beider Binos dürfte so im Bereich um 100-125mm liegen. Wenn man dann noch bedenkt, dass ein ordentlicher Teil des optischen Weges für die 1.25" Hülsen und den teleskopseitigen Anschluss drauf gehen, wird der Glasweg ganz grob um die 50-75mm liegen, vielleicht etwas drüber. Aber ein großes Zenitprisma und insbesondere ein großes Amiciprisma hat ja auch schon einen Glasweg von 50mm bzw. 70mm. Warum ist die CA beim Bino so 'offensichtlich', dass man es typischerweise mit GWK benutzt, während Zenitprismen anscheinend nur eine ganz marginale CA aufweisen, die erst bei allerhöchsten Vergößerungen ganz schwach sichtbar wird? Verstehe ich nicht...

Danke für eure Hilfe im Voraus und allzeit klare Nächte
Christian
 
Hallo Christian,

zu den dielektrischen Zenitspiegeln kann ich dir nur sagen, dass es da um die Rauhigkeit der Oberfläche geht, das ist etwas anderes als die Genauigkeit der Oberfläche. Man kann also offensichtlich nicht alles haben; so haben dielektrische und Silber Spiegel ihre Berechtigung.

Wie viel Glasweg bei bestimmten Optiken eingerechnet ist oder auch nicht, kann man nicht immer von allen Herstellern erfahren. Prinzipiell gibt es aber immer wieder Kombinationen bestimmter Elemente, die an einem Gerät gut funktionieren und an einem anderen nicht. Das betrifft Binos, Zenitspiegel oder -Prismen, aber auch Okulare und das liegt nicht nur an der Qualität der einzelnen Komponenten. Nur gute Einzelspieler machen auch nicht automatisch eine gute Mannschafft!

CS Gerhard
 
Also ich sehe die CA von Zenithprismen genauso wie die von Binos. Hab zwar keinen LZOS, aber selbst an meinen Skywatcher EDs führt schon das Baader Zeiss T2 Prisma mit nur 36mm BaK4 Glasweg deutlich mehr zusätzlichen Farbfehler ein, als der ED Apo selbst hat.
So ein Bino hat aber eher um die 80 bis 90mm Glasweg, da wird das dann so gravierend, dass man es korrigieren muss. Sphärische Überkorrektur kommt ja auch noch dazu.
Deswegen nutze ich meine GWKs entweder vor dem Prisma, oder aber den BBHS Spiegel und den GWK dann direkt am Bino.

Das mit der Oberflächenqualität durch Unregelmäßigkeiten der Beschichtung hast du korrekt beschrieben. Solche Unregelmäßigkeiten drücken dann den lokalen Strehl an dieser kleinen betroffenen Stelle, da es aber nur ein kleiner Teil des vom gesamten Lichtkegel genutzten Bereiches betrifft, wird das Bild davon nicht unscharf, die Qualität der Abbildung bleibt hoch, aber diese kleine Portion Licht, die betroffen ist, landet ja dann nicht mehr da, wo sie hingehört.
Ich persönlich empfinde die BBHS Spiegel was Streulicht betrifft den Prismen gleichwertig. Insgesamt, durch die CA der Prismen, finde ich die BBHS Spiegel aber überlegen. Auch wirkt sich Staub weniger aus, da nur eine statt zwei Oberflächen Staub ansetzen kann.

LG
Olli
 
Moin ihr beiden,
na das nenne ich mal hilfreich! In nicht mal 10 Minuten quasi alle Unklarheiten beseitigt! Herzlichen Dank euch beiden! Ursprünglch hatte ich tatsächlich zum Zenitprisma oder vielleicht sogar Amici-Prisma tendiert (mir gefällt der Gedanke eines aufrechten und seitenrichtigen Bildes sehr!), aber wenn man schon in ein "Apo" Bino mit Spiegeln statt Prismen investiert, macht der Einsatz von wieder mehr Glasweg durch ein Prisma vielleicht wirklich keinen Sinn. Also werde ich mal Richtung BBHS Zenitspiegel Ausschau halten.
Nochmals, ich danke euch!
Viele Grüße
Christian
 
Im Gegensatz zu APQs sind LZOSs nicht für ZP (Glasweg) sondern für ZS gerechnet. (Ein ZP könnte die hohe Farbreinheit eines LZOS tangieren...).
Ich verwende bei meinem LZOS 130 f6 den dielektrischen 99% ZS von TS (sehr gut, sehr zufrieden).
(Hier im Forum/Bieteboard wird gerade ein Astro Physics Maxbright ZS angeboten..., der ist neu sehr teuer...)
 
Hallo Steinheil,
danke für den Hinweis. Nachdem ich hier gelesen habe, dass sogar zwischen dem sehr guten Astrophysics Maxbright und dem Baader BBHS ein sichtbarer Unterschied zugunsten des Baader besteht, kommt mir nichts als das Beste in die Tüte. Sicher ist das alles nur Hörensagen, aber von einem sehr langjährigen, erfahrenen Beobachter, dessen Erfahrung ich jetzt einfach mal blind vertrauen würde. Deswegen tendiere ich derzeit zu dem kleinen T2 Baader BBHS Zenitspiegel. Der große ist mir dann doch zu teuer und 2" Okulare werde ich an dem Apo, der hauptsächlich für Mond, Sonne und Planeten gedacht ist, ohnehin nicht oder nur sehr selten einsetzen. Und mit dem freien Durchlass von immerhin 33mm wird auch mit einigen 2" Okularen schon einiges gehen. Klar, ein 41mm Panoptik vignettiert dann, aber ein 27mm Panoptik oder ein 22mm Nagler wird auch an dem kleineren Spiegel eine gute Figur machen.
Viele Grüße
Christian
 
Hab den BBHS Spiegel in 2" und als T2 sowie das T2 Zeiss von Baader, die Bildhelligkeit und Schärfe sowie Farbbrillianz durch die BBHS ist definitiv deutlich sichtbar, vor allem im Unterschied zu den Dielektrischen von zB Skywatcher.
Auf keinen Fall eine falsche Entscheidung.

LG
Olli
 
Die Delites sind aber auch irre gut.
Was Kontrast und Schärfe betrifft an alleroberster Spitze von allem, was ich bisher am Auge hatte neben den Delos. (Das noch bessere Einblickverhalten ist das einzige, was sie von den Delos unterscheidet)

LG
Olli
 
Zustimmung.
Dann ist aber auch ein Satz DeLites oder Delos fällig...;).
Ja, das fürchte ich auch. _affeaugen:
Ich habe neulich mein Leica 7.3mm-22mm Zoom, das auf cloudynights.com überall in den Himmel gelobt wird, mit einem 7mm Delite verglichen und war der erstaunt wie gut das Delite war! Vor allem stört mich am Leica, dann man bei nicht ganz perfekt mittigem Einblick chrmatische Abberation ohne Ende bekommt. Das fehlte im Delite komplett.
Ohje, das wird teuer...
 
Hallo,

zu BBHS Prisma gegen BBHS Spiegel:
Ich habe beide in der 2"-Ausführung und das Prisma ist sowohl am 5"-Apo als auch am C11EHD dem Spiegel in Punkto Kontrast und Schärfe überlegen. Am Apo beseitigt das Prisma noch den letzten kleinen Rest an CA (der aber eh nur bei sehr hohen Vergrößerungen wahrnehmbar ist).
Ein bisschen anders sieht es bei Deep-Sky aus, da wirken Sternhaufen im Spiegel etwas brillianter, ich komme mit der Grenzgröße auch einen Tick tiefer als mit dem Prisma, bei Nebeln ist mit dem Spiegel eine Tick mehr an Details bzw. Ausdehnung zu erkennen.
Also hat man am besten beides: BBHs-Prisma für Planeten, BBHS-Spiegel für Deep-Sky.
Andere Zenitspiegel in meinem Besitz (TeleVue Everbrite 2", Baader Maxbright 2", ES 99% 2") haben gegen die BBHS-Teile nicht den Hauch einer Chance.
Zu Delos für Planeten:
Nein, Delos wäre für Planeten nicht meine erste Wahl.
Ich habe ein 8mm Delos und das fällt in Sachen Schärfe und Kontrast deutlich gegen mein 8mm-Radian und mein 7mm-Pentax XW ab.
Für Deep-Sky bevorzuge ich jedoch das Delos.

VG
Günter
 
Zuletzt bearbeitet:
zu BBHS Prisma gegen BBHS Spiegel:
Ich habe beide in der 2"-Ausführung und das Prisma ist sowohl am 5"-Apo als auch am C11EHD dem Spiegel in Punkto Kontrast und Schärfe überlegen. Am Apo beseitigt das Prisma noch den letzten kleinen Rest an CA
Da sieht man malnwieder wie sehr es auf die genaue Geräte Kombination ankommt. Bei mir führt das Prisma den Farbfehler überhaupt erstmal ein, und ich sehe mit dem Spiegel mehr an Jupiter.

LG
Olli
 
Und deswegen gilt auch hier:
Immer selbst ausprobieren, nicht auf Foren-Aussagen alleine verlassen.
Zur Ergänzung: bei mir handelt es sich um einen ES127-Apo der ersten Generation, bei dem das BBHS-Prisma den letzten (minimalen) Rest Farbfehler beseitigt.
Erstaunlicherweise führt es aber beim C11EHD keinen zusätzlichen Farbfehler ein, das könnte aber vlt. am Öffnungsverhältnis liegen.

VG
Günter
 
Ich habe ein 8mm Delos und das fällt in Sachen Schärfe und Kontrast deutlich gegen mein 8mm-Radian und mein 7mm-Pentax XW ab.
Im Gegensatz zu meinen BGOs 5, 7 und 9, produzieren meine Radians 3, 4, 6 und 8 einen sichtbaren Farbfehler an Jupiter sowie einen leichten Gelbstich. Nur der Kontrast der Radians ist besser als bei den BGOs (alles am LZOS 139 f/6).

Sven Wienstein erachtet das Pentax XW 5 als optisch leicht besser als das DeLite 5 (also am besten XW?):
 
Wäre für mich mal interessant, wie das XW 20 gegen das Delite 18,2 abschneidet. Die XWs haben ja bei jeder Brennweite einen anderen Linsenaufbau.

LG
Olli
 
Nochmals vielen Dank für eure Einschätzungen bezüglich BBHS Spiegel vs. Prisma. Ich finde es durchaus plausibel, dass das Prisma an dem ES127er Apo mit dem Glasweg den letzten Rest CA eliminiert. Mein LZOS 100/800 dürfte allerdings keine nennenswerte CA aufweisen, was für den Spiegel spricht. Andererseits hat William "Bill" Paolini am Takahashi TSA102 (der ähnlich perfekt wie der LZOS sein dürfte) zwar eine ganz schwache zusätzliche CA im Prisma gesehen, und trotzdem das Prisma wegen höherem Kontrast dem Spiegel vorgezogen.

Am Ende hilft nur ausprobieren... vielleicht muss man wirklich einfach beide kaufen und einen binnen 14 Tagen zurückschicken. Beide behalten werde ich bestimmt nicht, da der Fokus beim Apo eindeutig auf Mond, Sonne und Planeten liegt. Für DeepSky habe ich einen großen Dobson bei uns im Verein zur Verfügung.

Wäre für mich mal interessant, wie das XW 20 gegen das Delite 18,2 abschneidet. Die XWs haben ja bei jeder Brennweite einen anderen Linsenaufbau.

LG
Olli
Zum Delite kann ich wenig sagen, aber wir hatten das 20er XW neulich bei einem Freund an seinem selbstgebauten 60mm Bino (f/4) getestet und ich war doch sehr überrascht wie schlecht das 20er XW gegen das 24er Panoptic abgeschnitten hat. Das 20er hatte sehr deutliche Randunschärfe, wo das 24er übers ganze Feld perfekt war. Natürlich liegt das am schnellen Öffnungsverhältnis und ist sicher nicht auf f/6 oder f/8 Refraktoren übertragbar.

Viele Grüße
Christian
 
Das 18,2er Delite hab ich ja da, das ist nach allem bisher einfach nur als absolut perfekt zu bezeichnen, in allen Belangen. Damit gehe ich selbst im H alpha auf 0,6mm AP und hab ein super klasse definiertes Bild. Mein oberes Ende bei Omularbrennweiten bildet ein 3,5mm Delos, und auch das leistet sich keine einzige Schwäche.

LG
Olli
 
Zum Delite kann ich wenig sagen, aber wir hatten das 20er XW neulich bei einem Freund an seinem selbstgebauten 60mm Bino (f/4) getestet und ich war doch sehr überrascht wie schlecht das 20er XW gegen das 24er Panoptic abgeschnitten hat. Das 20er hatte sehr deutliche Randunschärfe, wo das 24er übers ganze Feld perfekt war. Natürlich liegt das am schnellen Öffnungsverhältnis und ist sicher nicht auf f/6 oder f/8 Refraktoren übertragbar.
Hallo Christian,

die Pentaxe ab 14mm aufwärts sind für kleine Öffnungsverhältnisse gebaut (ich schätze ab f/10 und langsamer). Ab 10mm und darunter passt es auch bei großen Öffnungsverhältnissen. Bei den derzeitigen TV-Preisen sind die Pentaxe und die Nikon SW Okulare klar zu bevorzugen, zumal sie qualitativ in der gleichen Liga spielen.

CS Jochen
 
Hallo Jochen, hallo auch an alle Beteiligten in diesem Thread,

meines Wissens sind die XW auf ca. f/6 (f/6,3?) korrigiert. Ich bin schon seit geraumer Zeit glücklicher Besitzer der kompletten 1 1/4"-Reihe und kann das aus meinen Beobachtungen mit verschiedenen Teleskopen ein Stück weit bestätigen. An meinem damaligen 10"-Orion-Dobson (zufällig? f/6,3) konnte ich aus der Erinnerung keine Randunschärfe ausmachen, an meinem 12"-Spacewalk mit f/4,5 natürlich schon. Bei meinem 5"-Apo-Refraktor mit 1200 mm Brennweite ist Randunschärfe logischerweise überhaupt kein Thema. Um die Lücke zwischen 7 und 5 mm zuschließen, entschloss ich mich zum Kauf des 6 mm-Delos. An diesem Gerät kann qualitativ in der Tat keinen Unterschied zwischen XW uns Delos feststellen. Insofern ist der aktuelle Preisunterschied für mich überhaupt nicht nachvollziehbar.

VG und CS
Joachim
 
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