Entstehung und Wirkung des Gaußfehlers

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FelixB95

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Hallo,

nach einiger Recherche nach dem Gauß-Fehler habe ich leider nur überewiegend komplizierte Erklärungen zum Gaußfehler und Erklärungen richtung "Fehleraddition" gefunden. Grund für mein Interesse ist, dass der Gaußfehler bei der Bewertung von APOs oft zum Tragen kommt.
Auch auf den einschlägigen Astroseiten habe ich leider keine Erklärung zur Entstehung und Wirkung des Gaußfehlers gefunden, das gleich vorweg.

Nun meine Fragen:

-Woher kommt der Gaußfehler?
-Wie sieht er aus, d.h. wie wirkt er sich auf die Abbildung aus?
-Und wie wird er "behoben"?

Ich würde mich über eine verständliche aber fachgerechte Erklärung freuen, sei es in einem Beitrag oder in einem verlinkten Artikel.

Viele Grüße
Felix
 
Hallo Felix,

Zur Definition: Wiki hilft

Woher er kommt kann man schlecht sagen. Es wirkt eben die ganze Optik zusammen.
Starke Krümmungsradien der Linsen wirken sich negativ auf den Gaußfehler aus.

Verringern kann man den Gaußfehler durch schwächere Krümmungsradien. Das ergibt eine langsamere Optik. Will man dennoch eine schnelle Optik, dann muss man die Brechung auf mehrere Linsen aufteilen. Z.B. statt einer stark gekrümmten Positivlinse, zwei jeweils schwächer gekrümmte Positivlinsen verwenden. Oder eine Positivlinse mit deutlich höherer Brechzahl verwenden. Letzteres macht wieder den Farblängsfehler größer.

Viele Grüße
Andreas
 
Hallo Felix,

als gutes Beispiel für den Gaußfehler ist mir das Schmidt-Cassegrain eingefallen. Hier tritt der Gaußfehler in Reinform auf.

Auf der optischen Achse, also in der Bildmitte, können designbedingt nur die Fehler sphärische Aberration und Farblängsfehler auftreten. Farblängsfehler gibt es nicht, da die Bildgebung über Spiegel erfolgt. Die sphärische Aberration wird durch die Schmidtplatte behoben, das allerdings nur für eine Farbe. Somit ist die Schmittplatte der Verursacher für den Gaußfehler. Während im Allgemeinen grün korrigiert ist, ist blau überkorrigiert und rot unterkorrigiert.

Zur Frage ob man sieht:
Ich habe ein optisches Design zu einem 11" SCT erstellt. Grün ist komplett korrigiert und damit Strehl 100%. In derselben Fokusebene ergibt sich für blau und rot ein Strehl von ca. 90%. Sehen wird man das an einem realen System vermutlich nicht, da dies von Fertigungsfehlern komplett überdeckt wird.

Wie man den Gaußfehler beheben kann ist in diesem Beispiel ganz radikal: Schmidtplatte raus, Hauptspiegel parabolisch, Sekundärspiegel hyperbolisch. Damit erhält man einen klassischen Cassegrain.

Viele Grüße
Andreas
 
Hallo Felix,

die Sache ist eigentlich ganz einfach.
der Gaußfehler ist schlicht die Veränderung der sphärischen Korrektur mit der Wellenlänge.
Die sphärische Korrektur ist also nur für eine Wellenlänge ideal und abseits dieser Wellenlänge kommt es je nach Ausmaß des Gaußfehlers zu mehr oder wen weniger ausgeprägter sphärischer Aberration.
Bei einen Refraktor haben kurze Wellenlängen Unterkorrektur es gibt dann die Wellenlänge mit perfekter sphärischer Korrektur (das perfekt gilt nur für SA der Grundordnung) und längere Wellenlängen haben dann Überkorrektur.

Das Ganze wirkt sich für die jeweilige Wellenlänge also so aus wie sich eine sphärische Aberration auswirkt also die „Strahlen“ Unterschiedlicher Zonen haben keine gemeinsame Schnittweite mehr sondern fallen unterschiedlich weit.
In der Regel interessiert einem aber nicht speziell die SA einer ganz bestimmten Wellenlänge sondern die Auswirkung im Weißlicht also über einen Spektralbereich hinweg.
Hierzu ist das nach Sensorempfindlichkeit gewichtete Mittel des SA die sinnvollste Betrachtungsweise.
So ein gewichtetes Mittel ist dann bezüglich Wirkung auf Kontrast und Schärfe durchaus vergleichbar mit der Wirkung einer SA gleicher Größenordnung einer Gaußfehlerfreien Optik, also eines reinen Spiegelsystems.
Bezüglich Farbfehler natürlich nicht sondern nur bezüglich der Auswirkung dieses Farbfehlers auf Kontrast und Schärfe.

Und wenn man einmal dabei ist so ein gewichtetes Mittel zu bilden kann man auch gleich noch die Wirkung des Farblängsfehlers also des von ihm verursachten Defokus für unterschiedliche Wellenlängen mit einbeziehen.
Man erhält dann den Polystrehl als eine sehr aussagefähige Zahl die sowohl Gauß als auch Farblängsfehler berücksichtigt und dadurch eine sehr gute Beurteilung der Farbkorrektur zulässt.
Das ist insbesondere für APOs bei denen der Gaußfehler gegenüber dem Farblängsfehler dominiert besonders wichtig.
Eine weitere Möglichkeit ist neben dem Polystrehl also dem gewichteten Mittel das Erstellen einer Strehlkurve.
Hier gibt es prinzipiell 2 Möglichkeiten.
Möglichkeit 1 es wird nur der Gaußfehler berücksichtigt also Fokus auf die jeweilige Wellenlänge
Möglichkeit 2 es wird sowohl der Gauß als auch der Farblängsfehler berücksichtigt, der Fokus liegt hier fest auf einer bzw. 2 Wellenlängen mit gleichem Fokus.

Um zu verstehen wie der Gaußfehler entsteht muss man sich schon etwas näher mit mehrlinsigen Systemen befassen, das würde hier zu weit führen.
Man kann ihn mindern und auch gänzlich in der völligen Bedeutungslosigkeit verschwinden lassen in dem man das Design entspannt gestaltet.
Geht das nicht weil man unbedingt eine sehr kleine Öffnungszahl (Blendenzahl) möchte geschieht seine Korrektur über die Anordnung der Linsen in mehreren deutlich voneinander entfernten Gruppen.
Bei der Gelegenheit bietet es sich natürlich an auch gleich die Feldkorrektur zu perfektionieren (geebnetes Feld).
Das Petzvalobjektiv ist da zb. ein Klassiker.
Hier erhält man neben der Feldebnung durch die 2 weit auseinanderliegenden Gruppen ebnen auch eine sehr gute Korrektur des Gaufehlers auch bei sehr kleinen Öffnungszahlen.
Aber Vorsicht.
So ein System nicht verwechseln mit einem einfachen Doublet oder Triplet dem lediglich ein Flattener nachgeschaltet wurde.
Auch wenn der Flattener fest im Tubus eingebaut wurde ist und bleibt es ein System mit nachgeschaltetem Flatter und kein echtes Petzvalobjektiv bzw. vergleichbares.

Der entscheidende Unterschied besteht darin das ein echtes Petzval als Ganzes korrigiert ist.
Es funktioniert daher auch nur als Ganzes.
Das vordere Doublet alleine würde kein brauchbares Abbild liefern nur das komplette System zusammen mit dem hinteren Doublet ist funktionsfähig.

Ganz anders bei Systemen mit nachgeschaltetem Flattener.
Hier ist das vordere Objektiv für sich korrigiert und es funktioniert daher auch einzeln.
Der Flattener ist lediglich Zubehör und dieses Zubehör kann man prinzipiell auch fest im Tubus einbauen wenn man möchte.
Ein echtes Petzval oder vergleichbares System wird es aber deswegen noch lange nicht.

Grüße Gerd
 
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