ESA-PR 12/2003: Mars Express - der schnellste Weg

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André_Knöfel

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Paris, 30. Mai 2003
Presseinformation
N° 12-2003

Mars Express - der schnellste Weg zum Roten Planeten

Die ESA-Mission Mars Express ist in mehrfacher Hinsicht ein
Pioniervorhaben: Zum einen handelt es sich um die erste europäische Reise
zum Mars, zum anderen wurde die Sonde zu außergewöhnlich niedrigen Kosten
und in Rekordzeit gebaut.

Mars Express ist das erste Beispiel für das neue Konzept der ESA zur
Entwicklung von Wissenschaftsmissionen: schneller, besser und
kosteneffizienter, und das ohne Beeinträchtigung der Zuverlässigkeit und
Qualität - denn gespart wurde weder bei den Erprobungen noch bei den
Startvorbereitungen. Die Sonde wird während ihrer Reise zum Roten Planeten
extreme technische Herausforderungen zu bewältigen haben, auf die sich die
Ingenieure der ESA gründlich vorbereitet haben.

„Mit Mars Express erarbeitet sich Europa seine eigenen Fachkenntnisse auf
zahlreichen Gebieten. Diese reichen von der Entwicklung von
wissenschaftlichen Experimenten und für die europäische Industrie neuen
Technologien bis zur Kontrolle einer Mission, zu der die Landung auf einem
anderen Planeten gehört - was wir noch nie gemacht haben“, sagt der
Projektleiter für Mars Express, Rudi Schmidt.

Schneller, besser - und dabei sicher!

Die Entwurfs- und Entwicklungsphase für Mars Express hat etwa vier Jahre
gedauert, verglichen mit rund sechs Jahren für ähnliche frühere Missionen.
Vor allem jedoch kostet die Mission mit 300 Millionen Euro weitaus weniger
als vergleichbare interplanetare Missionen. Der „Trick“: ein neuer
Managementansatz, der zum einen in der Wiederverwendung von vorhandenen
Geräten und Instrumenten und zum anderen in der Entwicklung durch ein
kleineres Team der ESA resultierte, das der Industrie mehr Verantwortung
übertragen hat. Gebaut wurde die Sonde von einem Konsortium unter der
Leitung des Hauptauftragnehmers Astrium, dem 24 Unternehmen aus den
fünfzehn ESA-Mitgliedstaaten und den USA angehörten.

Dabei wurde die Sicherheit der Mission zu keinem Zeitpunkt vernachlässigt.
„Obwohl wir gegen Ende des Projekts stark unter Druck standen, haben wir
kein einziges Mal erwogen, aus Zeitgründen einen geplanten Test ausfallen
zu lassen. Ich würde das Ganze eine schnelle Entwurfsphase mit
anschließender gründlicher Testphase nennen“, so Schmidt.

Diese neue, straffere Entwicklungsmethode soll auch bei Venus Express und
voraussichtlich noch bei anderen künftigen Missionen zur Anwendung kommen.

Der Start

Mars Express wird am 2. Juni mit einem Sojus-Fregat-Träger vom
Raumflugzentrum Baikonur in Kasachstan aus ins All befördert. Die Mission,
die aus einem Orbiter und dem Landegerät Beagle 2 besteht, wird in der
Konfiguration eines 1 223 kg schweren Aluminiumkastens mit den Abmessungen
1,5 x 1,8 x 1,4 m (ohne Sonnenzellenflügel) gestartet. Das seitlich an der
Sonde befestigte Landegerät bleibt während des Flugs „zugeklappt“ wie eine
riesige Taschenuhr. Die Ankunft am Mars ist für Ende Dezember geplant:
Dann wird Beagle 2 auf dem Mars landen, während der Orbiter in seine
Umlaufbahn um den Mars einschwenkt.

Gegenwärtig läuft in Baikonur die Endphase einer umfangreichen
Startkampagne. Die Sonde ist dort am 20. März eingetroffen. Mit 457 kg
Treibstoff betankt, wurde sie am 24. Mai in den Sojus-Träger integriert -
ein Vorgang, den die Russen „Hochzeit“ nennen. Träger und Nutzlast wurden
dann am 29. Mai, vier Tage vor dem Start, zum Startplatz gerollt.

Der schnellste Weg zum Roten Planeten

Einer der Gründe, weshalb die Wissenschaftler Mars Express in so kurzer
Zeit entwickeln mußten, ist die derzeit außergewöhnlich günstige
Konstellation zwischen der Erde und dem Mars. Zwar bietet sich eine
Startgelegenheit zum Mars alle 26 Monate - nämlich dann, wenn Sonne, Erde
und Mars in einer Geraden zueinander stehen -, aber so gering wie gerade
jetzt ist die Entfernung zwischen Erde und Mars nur alle 15 bis 17 Jahre.
Berechnungen ergaben zudem, daß die Kombination aus geringstem
Treibstoffverbrauch und kürzester Reisedauer nur unter der Voraussetzung
zu realisieren ist, daß der Start zwischen dem 23. Mai und dem 21. Juni
erfolgt. Das Mars-Express-Team hat alles daran gesetzt, dieses
Startfenster nicht zu verpassen.

Als Zeichen des gegenseitigen Respekts zweier europäischer
High-Tech-Organisationen wird Mars Express einen kleinen Behälter mit der
roten Farbe der Ferrari-Rennwagen mitführen.

Nach dem Start

90 Minuten nach dem Start wird sich Mars Express von der Oberstufe der
Sojus-Fregat lösen. Anschließend werden sich die Sonnenzellenflügel
entfalten, worauf die Sonde Funkkontakt mit der ESA-Bodenstation in New
Norcia, Westaustralien, aufnehmen wird.

Mars Express wird sich mit einer Geschwindigkeit von 3 km/s von der Erde
entfernen. Ein wesentlicher Vorgang in diesem frühen Flugstadium wird die
Abtrennung der Befestigungsklammern von Beagle 2 drei Tage nach dem Start
sein. Diese Vorrichtungen, die dafür sorgen, daß das Landegerät während
des Starts fest mit der Sonde verbunden bleibt, werden im Weltraum nicht
mehr benötigt - und nicht nur das: Ihre Absprengung ist auch Voraussetzung
dafür, daß sich Beagle 2 bei der Ankunft am Mars wie geplant vom Orbiter
lösen kann.

Um sicherzustellen, daß alles planmäßig verläuft, wurden keine Mühen
gescheut. Schmidt betont, daß „wir alle Aspekte der Mission gründlich
genug getestet haben, um voller Zuversicht sagen zu können, daß keine
Fehler, vor allem keine elementaren, auftreten werden. Mars Express wurde
zwar in Rekordzeit entwickelt, aber bei den Tests wurden keine Kompromisse
eingegangen, was auch für das Bodensegment gilt.“

Eintritt in die Umlaufbahn und Landung auf dem Mars

Sechs Tage vor der Ankunft am Mars wird das Landegerät ausgeklinkt. Dieser
Vorgang gilt als einer der komplexesten der gesamten Mission. Beagle 2 ist
mit seinen 65 kg zu leicht, um einen Steuerungsmechanismus mitzuführen,
und ist auch nicht für den Empfang von Befehlen während seines Abstiegs
und seiner Landung ausgerichtet. Seinen geplanten Landeplatz kann es daher
nur erreichen, wenn es vom Orbiter in die richtige Flugbahn gebracht und
an einem ganz bestimmten Punkt mit einer ganz bestimmten Geschwindigkeit
ausgesetzt wird. Für die Steuerung dieses Manövers wird das
Bodenkontrollteam im Europäischen Raumflugkontrollzentrum (ESOC) in
Darmstadt, Deutschland, zuständig sein. Mit Simulatoren, die
ausgeklügelten Computerspielen ähneln, trainieren die Ingenieure seit
Monaten für den Anflug auf den Mars und das Aussetzungsmanöver. Sie werden
ihre Vorbereitung auch nach dem Start fortsetzen.

Nach dem Ausklinken des Landegeräts wird sich der Orbiter zunächst auf
Kollisionskurs mit dem Roten Planeten befinden. In einem weiteren
entscheidenden Manöver müssen die Bodenkontrolleure dann seine Flugbahn
korrigieren und seine Geschwindigkeit auf 1,8 km/s drosseln. Bei dieser
Geschwindigkeit kann die Schwerkraft des Mars den Orbiter erfassen und ihn
auf seine Umlaufbahn lenken. Anschließend sind noch eine ganze Reihe von
Manövern erforderlich, bevor der Orbiter seine endgültige Einsatzposition
- eine stark elliptische polare Umlaufbahn - erreichen wird und die
wissenschaftlichen Beobachtungen beginnen können.

Beagle 2 wird inzwischen auf dem Mars gelandet sein. Vorgesehen ist
hierfür ein ausgedehntes elliptisches Gebiet von 300 km Länge und 150 km
Breite in der Äquatorregion Isidis Planitia, das wegen der dort heftig
wehenden Marswinde und der relativ ebenen Oberfläche ausgewählt wurde.
Beagle 2 wird an Fallschirmen herabschweben und schließlich, geschützt
durch große Luftkissen, auf der Marsoberfläche aufsetzen. Nach seiner
Landung wird es den Betreibern in der britischen
„Jodrell-Bank“-Radioteleskopstation mit einem Signal - einer
Neun-Ton-Melodie, die von der britischen Popgruppe Blur für das
Beagle-2-Team komponiert wurde - anzeigen, daß es sein Ziel sicher
erreicht hat.

Mars Express soll mindestens zwei Jahre lang die Oberfläche, die Schichten
unter der Oberfläche und die Atmosphäre des Mars erforschen. Das
Landegerät wird etwa sechs Erdmonate lang die Oberfläche des Planeten
erkunden und seine Daten über den Orbiter zur Erde senden.

Die europäische Mission Mars Express soll helfen, grundlegende Fragen über
den Mars zu beantworten, darunter die, ob es auf ihm Wasser gibt und
wieviel, und ob Anzeichen für vergangenes oder gar gegenwärtiges Leben zu
finden sind. Ihr Name steht für die bisher umfangreichste Erforschung des
Roten Planeten.



Nähere Auskunft erteilt:

ESA Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
Referat Medienbeziehungen
Tel.: +33 (0)1 53 69 71 55
Fax: +33 (0)1 53 69 76 90


Links:

Mission Mars Express und Startkampagne:
http://www.esa.int/marsexpresslaunch

Live-Bilder von der Mars-Express-Sonde:
http://sci2.esa.int/spacecam/marsexpress.htm

Mehr über das ESA-Wissenschaftsprogramm:
http://sci.esa.int

Allgemeine Informationen über die ESA:
http://www.esa.int
 
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