Der Tonfall, der hier leider oft zum Vorschein kommt, ermutigt einen nicht gerade, solche Themen anzusprechen. Das ist schade, weil eben auch viele Informationen zu Tage treten (und oft gegenseitig bestätigt werden), die man nicht durch eine einfache Recherche finden bzw. nachvollziehen kann.
Ich habe mal Svens Experiment nachgestellt, ich ermutige jeden, das ebenfalls zu tun.
Also Text in großer Schrift (18+) schreiben und dann z.B. in Photoshop verkleinern. Aber nur so, dass der Text danach in Vollansicht (100%) noch lesbar ist. Wir simulieren damit eine Degradierung durch z.B. Beugung. Schaut man sich das Ergebnis in 100% Ansicht an, sieht man die degradierenden Effekte der simulierten Beugung noch nicht. Vergrößert man dann aber die Ansicht, gehen zwar keine Details verloren, aber ab einer bestimmten Übervergrößerung wird es dennoch schwierig, die Schrift zu lesen und zu verstehen. Das Gehirn erkennt die Muster (Buchstaben) nicht mehr im entstehenden Graustufensalat.
Jetzt kommt das Verrückte: Ich hatte diesen Test zuerst mit konstanter Helligkeit gemacht, also nur die Auflösung verändert. Dann schlägt die Mustererkennung irgendwann oberhalb von 500- oder 600-facher Übervergrößerung fehl. Senke ich jetzt aber Helligkeit und Kontrast in dem Bild ab, verschiebt sich die Grenze massiv nach oben! 500-fach vergrößerte Schrift ist mit nur 10% Kontrast auf einmal wieder viel besser, ja absolut eindeutig lesbar! Das ist wiederum auch nicht so verwunderlich, weil der geringere Kontrast die störenden Graustufen, welche durch die Verkleinerung an den Buchstabenkanten entstanden sind, weniger bildwirksam sein lässt. Die Mustererkennung lässt sich von dem Pixelsalat nicht mehr ablenken und liest die Buchstaben wieder sicher.
Svens Experimentvorschlag bestätigt also im Prinzip Gerds These, dass sich die negativen Auswirkungen von Übervergößerung und Kontrastverlust ausgleichen.
Alles in allem findet sich in der ganzen Diskussion nicht der Ansatz eines Beleges, dass es physikalische oder physiologische Ursachen geben sollte, die dazu führen, dass Details bei Übervergrößerung verloren gehen. Das, was Uwe so schön anschaulich beschreiben hat, ist die Mustererkennung unseres Gehirns, die bei ungewohnten Größen- und Kontrastverhältnissen keine Zuordnung zu bekannten Phänomenen mehr hinbekommt. Zudem hat z.B. Marcus ebenfalls nachvollziehbar beschrieben, dass ab einer bestimmten (geringen) Größe der AP Effekte unseres Auges (Mouches Volantes bzw. floaters) den Spaß verderben. Ich finde auch die zunehmenden Schwierigkeiten bei der Positionierung des Auges ein starkes Argument gegen zu kleine AP.
Dass man also letztlich je nach Beobachter, Beobachtungssituation, bevorzugten Objekten, Teleskop u.a. wieder zu Grenzwerten kommt, die in der Nähe der anfangs eingebrachten 1mm AP liegen, ist doch völlig in Ordnung. Nur das Wissen um das Zustandekommen dieser Grenze hilft auch dabei, einzuschätzen, wann und wo und wer diese Grenze vielleicht auch mal überschreiten kann.
So hatte ich z.B. keinen echten Spaß an der monokularen Beobachtung mit dem Borg 71FL (D=71mm, f=400mm) und dem 2,5mm Nagler (ergibt AP=0,44mm). Jede winzige Bewegung führte zu Abschattungen im Blickfeld und floaters schwirrten durch meinen Blick. Beidäugig geht es aber deutlich besser, Abschattungen und floaters sind verschwunden (durch den beidäugigen Blick ist die Einblicksgeometrie anders und die floaters werden offenbar vom Gehirn weggerechnet). So kann ich staunend den riesigen Mond an meinem Blick vorbeiziehen lassen.
Ich hatte hier aber eben auch schon vorher oft von festen physikalischen Grenzen gelesen und manche schrieben sogar, man müsse den Vergrößerungsfaktor durch das beidäugige Sehen ebenfalls einrechnen und sollte daher binokular APs unter 1,4mm meiden. Und da kam ich halt ins Grübeln, ob irgendwas mit meinem Sehvermögen komisch sei und wollte verstehen, welche Wirkmechanismen diese Grenze definieren.
Dafür nochmals Danke an alle Mitdiskutierenden.
Viele Grüße,
Sebastian