Konstruktion H-alpha Sonnenteleskope

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Staranton

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Hallo !

Die Sonnenbeobachtung im Weißlicht mit Glas- oder Folienfilter und auch Herschel-Prisma ist heut zu Tage recht einfach, sicher und günstig. Jedenfalls sicherer als mein zweites Teleskop (Quelle-Newton), mit dem 1974 ich einen Okular-Sonnenfilter geknackt hatte.

Nun möchte die Sonne auch im H-alpha und CaK beobachten und fotografieren.

Deshalb möchte ich vor dem Kauf einmal die Konstruktion der auf dem Markt z. Z. aktuellen und leider sehr teuren Konstruktionsweisen von Coronado und Lunt in Frage stellen.

Wie ich es bislang verstanden habe, erfolgt die erste engbandige Farb- und (wegen Ausblendung aller anderen Farben auch) Energie-Filterung mit einem Interferenzfilter vor dem Objektiv, welches zudem bei kompletten Sonnenteleskop als "billiges" chromatisches einlinsiges Objektiv ausgefertigt wird. Bei größeren Öffnungen (D=90mm oder mehr) wird dieser Interferenz-Objektivfilter als Lösung extrem teuer für ein Teleskop nur zum Sonne gucken. Dazu kommt ja noch der Blockfilter, wenn man einen auch für den Nachthimmel verwendbaren Refraktor hat.

Wieso konstruiert man ein H-alpha-Teleskop nicht so: ?????

Apo-Refraktor, guter Weißlicht-Objektiv-Filter oder Herschel-Prisma, Restfilterung der Lichtintensität breitbandig mit aufschraubbaren Filtern für 2“-Okulare (gibt es ja in verschiedenen Dämpfungen), dann einen engbandigen kleinen ebenfalls aufschraubbaren Interferenzfilter vor dem Okular oder der Kamera !

Trotz der Warnung auf der Plastikdose „Never use for observing the sun !!!“ habe ich trotzdem so meinen Astronomics 13nm, mit dem ich sonst nachts fotografiere, verwendet.

Natürlich war bei der Bandbreite von 13nm nicht viel außer einer knallroten ziemlich homogenen Sonnenscheibe zu erwarten. Hinsichtlich der sicheren Energiedämpfung funktioniert es aber.

Außerdem ist die Verwendung von Interferenzfiltern besonders unter 1nm in einem konvergenten Strahlengang (verschärft noch durch schnelle Öffnungsverhältnisse – 1:15 wie bei alten Fraunhofern sind ja nicht mehr up to date) außerhalb der optischen Achse in Schwierigkeiten.

Dem könnte man aber mit einer Aufweitungsoptik oder so gen. „Unendlichoptik“, also einem parallelen Strahlengang, in welchem der Interferenzfilter sitzt, begegnen. Bei Mikroskopen gibt es jedenfalls so etwas.

Ich bin mir sicher, dass diese Lösung zumindest ab D=70mm billiger ist als ein guter APO (den man auch nachts benutzen kann !) und zusätzlich irgendwas (womöglich noch 40mm Filter von Coronado) vor dem Objektiv und dann noch den Blockfilter kaufen.

Also:

1. Wer kennt sich mit der Konstruktion eines parallelen Strahlengangs aus ?

2. Wann bietet Astronomics einen 0,5nm Filter in H-alpha und ca. 1,5nm bei CaK an ?



Über die Meinungen erfahrener Sonnenbeobachter wäre ich sehr dankbar !

Mit sternfreundlichen Grüßen

staranton
 
Hallöchen Staranton,

du hast in deinen Überlegungen leider ein paar prinzipielle Denkfehler.
Wie du in deinem eigenen Experiment ja schon gesehen hast, ist bei 13nm Durchlassbreite keinerlei Struktur auf der Sonnenoberfläche zu sehen. Bei der H-alpha-Beobachtung spielt die Halbwertsbreite eine ganz zentrale Rolle.
Für die Oberflächendetails sollte sie nicht größer als ein Angström (0,1nm) sein. Jedes zehntel Angström besser macht sich hier bemerkbar.
Leider kann man aber nicht mal so schnell einen Inteferenzfilter mit einer so engen Durchlassbreite bauen. Solche Filter gibt es zwar (siehe hier - an der Preiseinteilung dort kann man auch sehr schön erkennen, wie der Preis mit kleineren Halbwertsbreiten steigt), sind aber technisch recht aufwändig und daher sehr teuer herzustellen. Bei solch extrem geringen Halbwertsbreiten benötigt man dann schon quasi-parallelem Strahlengang und einen temperierten Filter, sonst verschiebt sich die gewünschte Wellenlänge sofort. Auch die Blau- bzw. Rotverschiebung von Protuberanzen etc. die auf uns zu bzw. von uns wegfliegen sind hier schon deutlich zu bemerken und müssen entsprechend wegjustiert werden.

Einen etwas anderen Weg wie die Firma SolarSpekrum gehen die Firmen Coronado, Lunt, Lille, ...
Hier wird ein Etalon verwendet, um einen Kamm mit der gewünschten geringen Halbwertsbreite zu erzeugen kombiniert mit weiteren Filtern, die die richtigen Zacke aus dem Kamm herausnehmen.
Um den erforderlichen parallelen Strahlengang zu haben, muss dieses Etalon dann entweder vor der Objektivlinse sitzen, oder das Öffnungsverhältnis an der Stelle an der es eingesetzt wird entsprechend lang sein (Stichwort: Telezentrisches System). Beide Verfahren sind von den oben genannten Firmen am Markt erhältlich.

Im wesentlichen gibt es also schon ein wie von dir erdachtes System: Am Anfang erst einmal ein Filter, um den Großteil der Energie loszuwerden und dann in einem Telezentrieschen System ein Verfahren, um sich engbandig die H-alpha-Wellenlänge herauszupicken.
Der Unterschied besteht noch darin, dass du zur Vorfilterung vorne erst einmal einen generellen Filter (z.B. Baader-Folie) verwendet hättest. Damit schwächst du aber auch deine gewünschte Wellenlänge massiv ab. Das ist aber etwas, was du nicht haben willst, denn angesichts der extrem engen Durchlassbreite des H-alpha-Systems geht einem selbst bei der Sonne irgendwann einmal das Licht aus. Die verwendeten Energieschutzfilter lassen daher in der Regel die Region um die H-alpha-Wellenlänge weitgehend in Ruhe. Diese Filter sind dazu da, die Wärmeentwicklung im Teleskop im Rahmen zu halten und so die teuren Filter zu schützen - für sich alleine darf man die Filter freilich nicht einsezten, dazu lassen sie noch viel zu viel durch.

Zum Schluss also zur Beantwortung deiner beiden konkreten Fragen:
Zitat von Staranton:
1. Wer kennt sich mit der Konstruktion eines parallelen Strahlengangs aus ?
2. Wann bietet Astronomics einen 0,5nm Filter in H-alpha und ca. 1,5nm bei CaK an ?
1. Baader, Lille, Lunt, viele Leute hier im Forum, ...
2. Wie oben beschrieben ist ein 0,5nm-Filter für die Beobachtung von Oberflächendetails nicht engbandig genug und daher witzlos - es gibt aber Filter anderer Hersteller im Bereich von 0,2nm bis 0,6nm die für Protuberanzenansätze verwendet werden können (Preis ab 485,- EUR). Zur Beobachtung im Kalzium-Licht werden etwas andere Systeme verwendet - hier sind die Filter in der Regel breitbandiger (HWB ca. 6nm).

Grüße
Andy
 
Hallo,

ich habe da noch etwas von einem Heliografen nach Veio gehört. Wäre dies nicht eine preiswerte Lösung sein "normales" Teleskop aufzurüsten?

Gruss aus Bonn
Wilhelm
 
Hi!

Das wäre diese Seite: http://www.spectrohelioscope.org/net/
Ich hab auch schon mal mit dem Gedanken gespielt... und ihn verworfen, nachdem im Verein ein H-Alpha-Ansatz von Wolfgang Lille angeschafft wurde.

Mit einem Spektrohelioskop rüstest Du aber weniger ein vorhandenes Teleskop auf, vielmehr baust Du was völlig neues. Ist leider schon fünf Jahre her, dass ich mich damit beschäftigt habe. In das PDF von Veios Buch "The Spectrohelioscope" reinzuschauen lohnt aber auf jeden Fall (ist das erste in der Rubrik "Theory and Design), und auch die anderen verlinkten Infos sind gut.

Kommt auch darauf an, wie gerne du bastelst, was an passenden Linsen vorhanden ist und ob Du an ein günstiges Gitter kommst. Ich meine mich zu erinnern, dass er mit ewig langen Öffnungsverhältnissen und Gittern arbeitet. Vielleicht haben die Spektroskopiker ein paar Boards tiefer praktische Erfahrung damit. Ich weiß nicht, ob in Deutschland eins existiert.

Gruß,
Alex
 
Zum Spectrohelioskop:
Ich hatte seinerzeit persönlichen Kontakt mit Herrn Veio. Er besorgte mir die optischen Komponenten aus USA. Gitter, Objektiv und weitere kleine Glasscheibchen.
Über ein Jahr habe ich meine Freizeit mit der Herstellung dieses Gerätes verbracht. Das Ergebnis war: Ich habe viel gelernt über Spektren und mich in viel Geduld geübt.
Leider habe ich das Gerät nie so weit gebracht, dass es wirklich funktioniert hat. Herr Veio hat mir berichtet, dass er auch noch am "arbeiten" daran ist.
Viel Aufwand hat die Schlitzscheibe mit dem vibrationsfreien Antrieb gemacht. Ich habe dafür Schneiden von Bleistiftspitzern verwendet, die man aus 1/10 mm
Abstand justieren konnte.. Es gab noch andere fans von Herrn Veio, die schlugen vor, die ganze Sache im Vacuum zu betreiben .....
Dann baute ich mir ein Protuberanzenfernrohr, danach kaufte ich ein PST und jetzt habe ich ein daystar-quark und bin begeistert.
Gruß an alle Sonnenanbeter von Kurt
 

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CaK bitte nur fotografieren, nicht beobachten. Wir reden hier über 393nm und das ist zwar noch sichtbar, ist aber auch schon im UV-A Bereich. Auf Dauer sind da Schäden an der Netzhaut vorprogrammiert.
Auch bei fertigen H Alpha Teleskopen werden 2-Linsige Achromate verwendet, der Luftspalt zwischen den Linsen dabei etwas verringert, um das Korrekturoptimum der sphärischen Aberration auf Rot zu schieben. Bei einer Einzellinse müsste das Scope schon bei mittleren Öffnungen unhandlich lang werden, um die sphärische Korrektur in annehmbare Bereiche zu bekommen.
 
Und mindestens einmal pro Jahr hat jemand die brilliante Idee, die H alpha Sonnenbeobachtung für Amateure enorm zu
verbilligen, weil man ja doch den engen H alpha Filter aus der Deep Sky Fotografie.
Eine kürze Suche zum benötigten Filter lässt einen z.B über einen Fabry-Pérot-Interferometer stolpern und man müsste feststellen, das das mit dem Filter
doch nicht so einfach und billig ist und den heutigen H-alpha Systemen für eine lange Entwicklung vorrausgegangen ist.
Und dann findet sich ein Forenmitglied, in diesem Falle der Alex, der mit einer Engelsgeduld und Fachwissen dafür sorgt, das diese brilliente Idee verschwindet wie Frühnebel im Herbst.

Noch eine kleine Einführung in die Theorie und Praxis der Beobachtung der Sonne im H alpha Band. Ist schon ein wenig älter, aber immer noch richtig :

Unbenanntes Dokument

Gruß und CS
Thomas
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Kurt,

habe jetzt erst gemerkt, das du das bist. Ich erinnere mich noch gut an dein "Bleistiftspitzermesserteleskop". Ein für mich auch heute noch
beeindruckendes Werk!
Was für ein Aufwand bei einem Minimum an Beobachtungsgenuss im H-alpha Licht, aber hochinteressant!

Gruß
Thomas
 
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