Hallo.
Ich besitze seit langem zwei Exemplare des o.g. Meade 26mm Serie 5000 "Plössl" 60° und ebenso zwei des Bresser 26mm 60°. Ich könnte darauf wetten, dass nicht nur diese beiden Typen optisch in Bezug auf den Linsensatz völlig identisch sind, sondern auch das von "Thiel" als angeblich bessere Alternative genannte ES 26mm 62° LER. Meines Erachtens ist das mit an Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit
-) immer derselbe (sehr gute) Wein, nur in anderen Schläuchen - und mit kleinen mechanisch bedingten Unterschieden im Sehfeld.
Hintergrund: Als Bresser vor ein paar Jahren den Vertrieb von Meade aufgab, wurde der Lagerbestand günstig abverkauft, und da ich ein 1,25" Übersichtsokular suchte, bestellte ich kurzerhand das besagte Meade "Plössl", von dem ich zuvor diesen
Bericht von Thilo Bauer (den ich sehr schätze) gelesen hatte. Da ich davon an meinem f/9.4 Vixen VMC sehr angetan war, und ohnehin den späteren Binoeinsatz plante, orderte ich gleich noch ein Exemplar. Die Feldblende ist mit 27,4mm (meine Messung) für eine stabile 1,25" Konstruktion so gut wie maximal geöffnet, nur wenige Okulare schaffen noch einen Tick mehr (das Baader Eudiaskopic 35mm hat z.B. 29mm, wobei sein SSW dann allerdings nur noch bei 46° liegt).
Die ganze alte Meade-5000er-Serie (ohne die Bezeichnung "HD"!) scheint gut, ich habe jedenfalls auch zwei exzellente 14mm Exemplare zur Bino-Planetenbeobachtung, die leicht und klein sind und knackscharfe Bilder liefern. Die Brennweiten dieser Serie haben allerdings alle unterschiedliche Augenlängsabstande. Daher erschien kurze Zeit später eine angeblich im Einblick verbesserte Okularserie 5000 "HD" mit 20mm einheitlichem Augenabstand für Brillenträger, bei etwas veränderten Brennweiten. Das nun entsprechende Meade HD 25mm 60°, das ich ebenfalls kurz besaß, fand ich jedoch enttäuschend: deutlich geringere Transmission, leicht gelbliche Färbung, mehr CA am Rand, deutlich weicheres Bild und bei weitem nicht die Brillianz des Vorgängers. Dessen Transmission, Kontrast, Schärfe, Einblick, Verarbeitung und Gewicht bilden für mich nach wie vor einen wunderbar ausgewogenen Kompromiss, im Zentrum ist das Bild an jedem Teleskop brilliant, selbst an meinem f/5 Weitfeldrefraktor empfinde ich immer noch ca. 80% des Feldes als genügend scharf.
Als ich jedoch mein Baader Maxbright Bino anschaffte, stellte ich fest, dass mir für Binobeoachtung bei ca. 68mm Augenabstand die etwas wulstigen Augenmuscheln der 26er doch zu ausladend waren, es ging nur gerade soeben wenn sie völlig heruntergedreht waren und ich den Kopf unangenehm anpresste. Außerdem wurde der Sehfeldrand unscharf abgebildet, weil die Feldblende für den geringeren Durchlass der Bino-Prismen schon zu groß ausfiel. Im Bino sollte sie für eine scharfe Begrenzung ca. 25mm nicht überschreiten. Da ich also eine schlankere Konstruktion suchte, und außerdem auch nichts gegen eine etwas leichgewichtigere Bauweise ohne verstellbare Augenmuschel hatte, fiel mein Blick auf das Bresser 26mm, von dem ich wegen der ehemaligen Verbandelung mit dem Meadevertrieb gleich den Eindruck hatte, es könnte optisch zumindest sehr ähnlich sein...
So war es dann auch. Das Bresser ist m.E. optisch identisch bis hin zur Vergütungsfarbe, ich kann im Abbildungsverhalten nirgendwo Unterschiede erkennen. Allerdings hat man in die veränderte Fassung unten einen unüberlegt engen Gewindering als Adapter eingeschraubt, um auf dessen hervorstehendes Außengewinde eine einfache Standard-Innengewinde-Steckhülse einzuschrauben. Dieser Adapter kann im Wulst, der das Außengewinde tragen muss, nur noch 25mm Durchlass haben, die als Feldblende wirken. Damit wird nun auch am Bino eine scharfe Sehfeldbegrenzung bewirkt, was ich schätze. Allerdings ist das subjektive Sehfeld durch diese eigentlich unnötig einschränkende Konstruktion bei jedem Teleskop auch nur noch ca. 55° groß - obwohl Bresser 60° angibt. Was jedoch nicht stimmt, bzw. mit viel gutem Willen noch in der großzügen Toleranz von gut 10% Abweichung liegt, die man bei Sehfeldangaben leider allzu oft findet. Schaut man den verengenden Adapterring näher an, sieht man, dass der freie Linsendurchmesser hinter dem überbauten Bereich genauso groß ist wie beim Meade und sicher ebenso für die Ausleuchtung einer 27,4mm Blende ausreichen würde. Ich habe es nicht getestet, weil der Adapter bei dieser Konstruktion auch die Linsen halten muss. Im Meade ist dagegen die Steckhülse sinnigerweise mit einem Außengewinde versehen, so dass deren voller Innendurchmesser optisch zur Verfügung steht.
Warum halte ich das ES 62° LER für optisch identisch? Schaut man sich die Technischen Daten der Optischen Baugruppe an, findet man volle Übereinstimmung: 5 Linsen, 3 Gruppen, exakt der selbe Augenlängsabstand von 19,3mm und beim Meade und dem ES exakt die gleiche Feldblendenangabe von 27,3mm. (Bei Bresser schweigt man sich darüber vielsagend aus...). Auch die Angaben der übrigen Okulare der ES-LER- Serie gleichen denen der alten Meade 5000er auf's Zehntel, bis herunter zu den 14mm Typen (die 9er und 5,5er hat man jedoch offenbar überarbeitet, weil hier der Längsabstand unangehm gering war). Ich gehe davon aus, dass man die vorhandenen Linsensätze der ursprünglichen Meade-Konstruktion zur Gewichtsersparnis ohne verstellbare Augenmuschel einfach neu verpackt hat, beim Bresser etwas schlichter und ungeschickter, beim ES - LER werbewirksam stickstoffdicht, und das war's. Der Rest ist Design und reines Marketing, wie auch der angebliche Unterschied von 62° zu 60°, der, ich könnte wetten, gar nicht existieren wird, aber sich in der Bezeichnung halt gut macht.
Gruß,
Mathias