Re: Pferd von hinten
Hast Du jemals durch ein Gerät dieser Grösse geschaut?
Leider nein. Dass die maximale kaufbare Öffnung auch jedem Anfänger empfohlen wird, finde ich aber (vielleicht deshalb, weil ich wenig praktische Erfahrung habe) trotzdem "hinterfragwürdig". Das klingt für mich so, als empfiehlt man einem Computerspieler-Einsteiger, nur einzig auf die Grafikkarte Wert zu legen. Mir scheint ein Wettlauf unter den Amateuren um die meiste Öffnung vorzuliegen - vergleichbar mit dem "Wahn", im 3DMark2001 möglichst viele Punkte zu bekommen. Trotz des allgemeinen Tenors "Öffnung, Öffnung, Öffnung!" versuche ich eben mangels Möglichkeiten von Direktvergleichen herauszufinden, wieviel Öffnung ich für meine Wunschvorstellung brauche. Davon hängt ab, wieviel Geld ich ausgebe. Auf einer zu kleinen Öffnung zu sitzen und zu lesen, was die anderen alles sehen können, macht sicherlich auch kein Spaß. Andersherum wäre es (für mich) Geldverschwendung eine Teleskop mit einer Öffnung zu haben, welche ich sogut wie nie ausnutzen kann. Für seltenes extrem gutes Seeing wäre ich nicht bereit, viel Geld auszugeben.
Ich suche ein pflegeleichtes, transportables Teleskop "zum durchgucken", was für Planetare Oberflächendetails und helle Messiers geeignet ist. (Für große Gesichtsfelder kaufe ich mir u.U. irgendwann mal einen brauchbaren Feldstecher, und mit Astrofotografie habe ich auch nichts am Hut. Vielleicht irgendwann mal mit Webcam und Notebook...)
Inzwischen bin ich mir über die "Wollen"-Seite im Klaren. Mars: Polkappen, weitere Helligkeitsunterschiede auf der Oberfläche (u. U. nur im Filter), Jupiter: Mehr als 2 Bänder, Strukturen in den Bändern wie Verfransungen oder Wirbel (also nicht einfach nur Streifen), Saturn: Cassini-Teilung, ein Wolkenband (Kann-Kriterium), Uranus als Scheibchen, ebenso die Auflösung von M13-Randsternen, und das Erahnen der Form von M31. Die Fähigkeit zu "Mondspaziergängen" bei Vergrößerungen deutlich jenseits von 100x (z.B. 200x) und dabei angenehmem Gesichtsfeld wäre auch notwendig, damit mir das Gerät Freude bereitet.
Jetzt steht die Frage, was man dazu braucht.
Auch sonst müsstest Du (mit Deinem angeblich miesen Gerät) bemerkt haben, daß Seeing sich ständig ändert, daß selbst die miesesten Tage ihre guten Sekunden dazwischen haben.
Hm. Ich glaubte einmal, am Jupiter den GRF zu sehen - als "Etwas" (undefinierbare, aber punktförmige Störung) am äußeren Rande eines Wolkenbands. Was ich nun jedenfalls weiß ist: 60 mm Öffnung sind einfach zu wenig, und die Aufstellung muss stabil und mit präziser Nachführmöglichkeit versehen sein.
Für den GRF braucht man wohl mehr Öffnung. Was ich hier generell an Bildern aller möglichen Objekte sah (ja, die sind natürlich aufwändig nachbearbeitet und geben nicht das wieder, was man mit bloßem Auge sieht) so übertrifft das bei weitem alles, was ich in 20 Jahre alten Astronomiebüchern gesehen habe. Diese Jagd auf Apertue Size ist sicherlich berechtigt (wie die Bilder eindrucksvoll beweisen) aber ich fühle mich da irgendwie "gehetzt". Deswegen der etwas scharf formulierte Betreff des Themas mit der Frage, wann man denn die großen Öffnungen überhaupt ausfahren kann. Nur, um alle Jahre zu Weihnachten einen modernen 3D-Shooter online spielen zu wollen, muss es ja nicht gleich eine 2000-MHz-Maschine mit DSL-Anschluss sein, wenn man ansonsten eigentlich nur Office nutzt...
Warum lässt Du Dich über Öffnungswahn aus, wenn Du selbst noch nie durchgeschaut hast?
Das Topic war vielleicht zu provokant formuliert. Da ich nicht absehen kann, in den Genuss zu kommen, z.B. 100 und 200 mm direkt vergleichen zu können, erlaubte ich mir hier im Board nachzufragen was für Unterschiede zu erwarten sind. Dabei kommt es mir nicht auf ausgefeilte Antworten an, eher auf ein paar allgemeingültige Sachen. (À la 'bei durchschnittlichem Großstandrand-Seeing kann man mit 100 mm das und das sehen, aber das und das vergessen. Bei Objekten wie XYZ bringt das Mehr an Öffnung sehr viel, bei ABC relativ wenig'.)
Ich hoffe, dass meine Fragereien nicht zu nervtötend sind. Vorhin las ich z.B. im Internet, dass für Planeten orhoskopische Okulare völlig ausreichend sind. Bisher glaubte ich, dass das Geld für LV-Okus grundsätzlich sinnvoll angelegt wäre.
Dass du den berüchtigten Okular-Roman verfasst hast, brachte mir allerdings wiederum mehr als alle Internet-Seiten, die ich zum Thema 'Okulare und Gesichtsfeld' fand (und auch anderen Lesern war das wohl ein Gewinn.) Ich wusste nicht, dass die optische Theorie dermaßen komplex ist, und eine Antwort wirft leider drei neue Fragen auf.