Mondkrater Kant als Vergleichsobjekt

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Unigraph

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Hallo Beobachter,

Momentan hänge ich ja ständig über den Mondbildern. Dabei frage ich mich laufend, inwieweit kann man diesen Amateurprodukten in Bezug auf Abbildung der Realität trauen. Dazu habe ich mal ein Teilbild des Kraters Kant (das Gesamtbild auf meiner Homepage) in das Mondsondenbild eingefügt. Ich gehe also davon aus, dass dieses Mondsondenbild die Realität darstellt (muss allerdings nicht unbedingt stimmen).

Mein Bearbeitungsziel von Mondfotos soll sich möglichst diesen Mondsonden-Bildeindrücken annähern. Diese Prämisse soll für die Helligkeitswerte und Auflösung gelten.

Schaut man sich nun diese beiden Bilder unter oben genannter Prämisse an, sieht man deutlich, eine wie ich meine gute Annäherung der Bildeindrücke. Dies gilt für groß- und kleinräumige morphologische Strukturen bis in den Grenzbereich hinein (etwa 3 Pixel). Alles was unter diesen 3 Pixel noch so zum Vorschein kommt, würde ich eher unter Vorbehalt einordnen. Schön auch zu sehen, dass Mondstrukturen nicht immer nur knüppelscharfe Kanten sondern eher fließende Übergänge haben. Zieht man dann noch in Betracht, dass das Seeing nur 7/10 war, kann ich mit den Ergebniss zufrieden sein. Lässt man das Teleskopbild alleine wirken, ohne einen Vergleich im Kopf zu haben, kommt man schnell zum Schluss, dass es viele Bereiche gibt die unscharf aussehen - m.a.W. das Seeing hat zugeschlagen oder es ist unscharf eingestellt gewesen. Erst der Vergleich mit dem Sondenbild zeigt die Echtheit dieser Strukturen. Besonders faszinieren mich in dieser Hinsicht immer die sanften Übergänge der Krater zum Umland.

Bei den Tonwerten in diesem Beispiel gibt es noch etwas Luft in den Tiefen der schwarzen Flächen, ansonsten aber kommt das Bild dem Vergleichsbild rel. nahe.

Insgesamt lässt sich eine deutliche Korrelation der morphologischen Muster und der Tonwerte des Sondenbildes zum Teleskopbild erkennen, m.a.W. der Bildeindruck stimmt und ist nicht nur rein kopfmäßig nach Gefühl und Ästhetik entstanden.


Link zur Grafik: http://www.unigraph.de/images/mond/m20080919-045637kantvergleich.jpg



cs und schönen Sonntag Harald
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Jan_Fremerey

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Hallo Harald,

vielen Dank für diese sehr aufschlussreiche Gegenüberstellung.

Was Tonwerte angeht, kann ich die von Dir festgestellte Übereinstimmung weitgehend bestätigen.

Ein für meine Wahrnehmung allerdings ganz wesentlicher Unterschied – und der wird durch die unmittelbare Nebeneinanderstellung der Fotos sehr schön erkennbar – besteht in dem überlagerten „Waveletmuster“, welches die Feinstruktur Deines Bildausschnitts beherrscht, das aber im Sondenbild nicht zu finden ist.

Wir hatten gerade in einem parallel laufenden Thread dieses Thema im Zusammenhang mit Jupiter erörtert. Meine These war dort, dass es wenig Sinn macht, bei der Bildschirmdarstellung einen Maßstab zu wählen, der deutlich größer ist als der Abbildungsmaßstab, der sich bei der Beobachtung unmittelbar am Okular bei einer Austrittspupille von 0,5 mm ergibt.

Gegenüber dem Waveletmuster, dessen „Rasterweite“ in bekannter Weise durch das Auflösungsvermögen der Optik physikalisch vorgegeben ist, tritt das für die Attraktivität einer fotografischen Abbildung bedeutende Zusammenspiel von feinen Bilddetails unterschiedlicher Größe zunehmend in den Hintergrund.

Das von Dir zum Vergleich herangezogene Sondenfoto zeigt eben dieses genannte Zusammenspiel feiner Details in vollendeter Form und erzielt dadurch seine unübertreffliche Attraktion.

In der Kürze der Zeit habe ich jetzt nicht nachgeprüft, wie groß der in Deinem Bild gewählte Abbildungsmaßstab ist, würde aber vermuten, dass sich dieser in der Nähe einer äquivalenten Austrittspupille von 0,2 mm bewegt.

Waveletmuster können natürlich auch durch eine übertriebene Anwendung der in vielen Bildbearbeitungsprogrammen angeboteten Wavelet-Tools künstlich ins Bild geraten. Dies wird aber vermutlich in dem von Dir gegebenen Beispiel nicht der Fall sein.

Vielen Dank jedenfalls für die Eröffnung dieser Gelegenheit zur Diskussion der Waveletfrage in Verbindung mit einer hochaufgelösten Detailaufnahme vom Mond.

Gruß, Jan
 
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Unigraph

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Hallo Jan,

danke für deinen Hinweis.
Also die überlagerte Streifung nach dem Motto (kein Strich -ein Strich) stört mich im Bild relativ wenig, da es ungefähr gleichermaßen alle Bildteile betrifft. Diese Textur kommt umso deutlicher, ja stärker man mit den Schärfungsroutinen rangeht (übrigens auch auf dem Sondenbild zu sehen.) Verkleinert man das Bild auf 50% oder geht man vom Bildschirm weiter weg verliert sich das Muster.

Die "Feinstruktur" des Bildes würde ich mit etwa 700km angeben (Seeingeinfluss - mein Hinweis auf die 3 Pixel). In diesem Bereich und größer kommt das Waveletmuster nicht sonderlich zur Wirkung und ist somit auch auf die Darstellung der kleinsten relevanten Strukturen nicht besonders gefährlich, m.a.W. es wird durch die Bearbeitung nichts dominantes hineingezaubert was auch nicht da ist, so dass die "Realität" ins totale Gegenteil verkehrt werden würde. In dieser Hinsicht sind andere Bildbearbeitungsartefakte wesentlich gefährlicher - z.B. Deconvolutionpunkte, USM Kontraste, scharfe Minimum- oder iterative Schärfungslinien.
In Bezug auf die mögliche Feinstruktur komme ich dann zum Schluss, dass die kleinsten Krater auf dem Teleskopbild hier echt sind. Das ist übrigens das schöne am Mond - hier kann nachgeprüft werden (auf Jupiter ist dies selten möglich). Außerdem kommt man mit rel. wenigen Frames am Mond aus (bei mir ca um die 200 Stück), weil dieser in dem mittelhellen Teilen doch etwas mehr Licht in der Fläche hat als z.B. Jupiter.

Bildgröße: ist für mich geschmacksache, obwohl ich eher zum größeren Bild tendiere, denn verkleinern kann man alles indem man weiter weggeht. (diese gilt auch für den angesprochenen Jupiterthread von Torsten). Dieser kam mir ein wenig überzogen vor, da alle Details vom ursprünglichen tollen 8Zoll-Bild in jeder anderen Variante auch zu sehen waren.


Noch eine Bemerkung zu den allgemein im Astroamateurszene verwendeten Begriffen - wie ich die Diskussion wahrnehme:

Es ist deutlich, das manche Worte tendenziell eher negativ und machne Worte positiv besetzt sind. Z.B. wird der allgemeine Begriff der Schärfung negativ eingeschätzt, während dessen man den Begriff von Weichzeichnen o.ä. zum Glätten des Rauschens eher positiv aufnimmt, obwohl dies auf das Bild sinngemäß die gleichen Effekte - in Hinblick auf Veränderung der Bildinformation - hat. So wird es z.B. häufiger sprachlich gebraucht "... weniger Schärfung wäre besser gewesen..." . Dies kann allgemein so nicht gelten, denn man müsste die Vorteile (mehr und deutlich sichtbares Detail durch Schärfung) den Nachteilen gegenüberstellen (Schärfungsartefakte). Überwiegt die eine Seite kann die Wirkung der Schärfung durchaus positiv als auch negativ sein.

Schluss:
Es liegt bei jedem selbst das entsprechende Maß und die Kriterien der Bildbearbeitung am Mond zu definieren (Hobby). Dabei sind für mich die zwei oben genannten Prämissen ausschlaggebend ,wobei ich denke diese auch am Kant eingehalten zu haben, da die Waveletmuster nur in den Bereichen das Bild "beherrschen" die für die insgesamte mögliche Auflösung nicht wesentlich sind. Setzt man das Kriterium - möglichst kein W.Muster- als oberstes Bearbeitungsprinzip, so würde nach meiner Einschätzung weder ein Detail mehr oder auch kein wesentliches Detail (700 bis 1000km) weniger auf dem Bild sichtbar werden -der insgesamt weniger "scharfe" Bildeindruck jedoch würde das Bild eher negativ als positiv beeinflussen.
Ein Vergleich zu Bildern von Jupiter wäre zumindest mit Vorsicht zu genießen, da dies andere morphologischen Strukturen sind. Zulässiger wäre hier wahrscheinlich eher ein Bild der gleichen Mondregion von anderen Referenzbeobachtern - so nach dem Nemecmotto, ... "haben sie nicht mal ein Bild als vergleich...", dann könnten wir besser argumentieren.



cs Harald
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Unigraph

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Korrektur:


Zitat:
"...Die "Feinstruktur" des Bildes würde ich mit etwa 700km angeben...".

Ich glaube mit der Auflösung von 700km wäre ich grottenschlecht, da würde selbst das unbewaffnete Auge den 16Zöller schlagen!!! Es muss natürlich richtiger ...700m... heißen - sorry

cs Harald
www.unigraph.de
 

Jan_Fremerey

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Hallo Harald,

danke für Deine Erläuterungen.

In der Tat muss ich Dir Recht geben mit Deiner Bemerkung, dass auch das Sondenbild ein überlagertes Waveletmuster zeigt.

Für diejenigen, die mit der angesprochenen Thematik noch nicht so vertraut sind, habe ich mir erlaubt, einen Ausschnitt aus Deinem Vergleichsbild herauszuvergrößern - auf 150% - und den Kontrast im Mitteltonbereich ein wenig anzuheben.


Link zur Grafik: http://www.astro-vr.de/m20080919-045637kantvergleich_HPaleske_aFA150m.jpg


Auf diese Weise tritt – insbesondere in den markierten Feldern – das überlagerte „Strickjackenmuster“ deutlicher hervor, und zwar – wie klar zu erkennen ist – in beiden Bildern. Die „Maschenweite“ sehe ich übrigens eher bei 5 als bei 3 px.

Interessanterweise war mir das angesprochene Muster im Sondenbild erst aufgrund Deines besonderen Hinweises aufgefallen.

Den Grund hierfür sehe in der Tatsache, dass das Sondenbild eine Fülle von Detais zeigt, deren Abmessungen wesentlich kleiner sind als die Maschenweite des Musters. Deshalb ist in diesem Bild die Harmonie der unterschiedlich feinen Details durchaus gewahrt, und das Muster wirkt gewissermaßen nur wie ein durchsichtiger Schleier.

Die Tatsache, dass das Sondenfoto kleinere Detais zeigt als solche, die dem überlagerten Waveletmuster entsprechen, deutet für mich darauf hin, dass das dortige Muster nicht aufgrund des begrenzten Auflösungsvermögens der Aufnahmeoptik zustandegekommen ist, sondern dass es sich hier eher um einen nachträglich erzeugten Bildbearbeitungs- bzw. Komprimierungsartefakt handelt.

Anders ist die Situation in Deinem Bild: Hier entspricht die Dimension der kleinsten erkennbaren Oberflächendetails durchaus der Maschenweite des Waveletmusters und offenbar gleichzeitig auch dem optischen Auflösungsvermögen Deines Teleskops, d.h. es sind – anders als im Sondenfoto - keine deutlich kleineren Details sichtbar. Aus diesem Grunde gewinnt das Waveletmuster in Deinem Foto an der Wahrnehmungsgrenze des Auges eine gewisse Dominanz.

Gewiss hast Du Recht, wenn Du feststellst, dass der verwendete Abbildungsmaßstab weitgehend Geschmackssache sei, und dass man sich ja im Bedarfsfall auch weiter vom Bildschirm entfernen könne. Die relative Dominanz des Waveletmusters in Deinem Foto lässt sich dadurch natürlich nicht beseitigen.

Gruß, Jan
 

Unigraph

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Hallo Jan,

die Herausvergrößerung des Teleskopbildes zeigt deutlich, dass die streifige Textur auf die relevanten kleinräumigen Gebilde, denen ich vertraue, keinen nennenswerten Einfluss hat. Aus diesem Grunde akzeptiere ich diese auch. Es bleibt letztendlich die Frage nach einer gewissen Ästhetik übrig, ob man diese Muster in gewissen Grenzen akzeptiert. Ich kann damit gut leben.
Mit Sicherheit sind die Waveletmuster im Sondenbild durch die nachträgliche Schärfung des Bildmaterials hineingekommen. Mit dieser Schärfung allerdings wird das ursprüngliche Ausgangsmaterial der Sonde (bzw. die erste Bearbeitung) dermaßen aufgewertet ( man vergleiche alt und neu) dass dann die Diskussion um Waveletartefakte nur noch unbedeutend ist.


letzte Bemerkung zur Bildbearbeitung:

Viele Beobachter sitzen stundenlang vor der Glotze, um ein einigermaßen ansehnliches Bild hinzubekommen. Dies sollte auch so akzeptiert werden, wenn man vergleiche zieht. Dies bedeutet für mich, dass ich nachträglich irgendwelche Bildbeispiele von anderen Beobachtern auf keinen Fall verändere indem Sinne, Bearbeitungsspuren, Artefakte deutlicher herauszuarbeiten. Dies klappt mit jedem Bild irgendwie. Ich habe für mich schon entschieden, die Bilder rel. hell zu lassen und damit natürlich die Fehler augenfälliger zu machen, als wenn das Bild von der "dunklen Seite der Macht" (momentan läuft gerade Teil 3!) kommen würde. Da hat man mehr Chancen was zu verstecken.
Nachdem für mich dies klar war, wagte ich den vermehrten Schritt in die Öffentlichkeit, um meine Interpretation der Realität hier zu posten.
In diesem Sinne

cs Harald
www.unigraph.de
 

Jan_Fremerey

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Hallo Harald,

Dein Standpunkt zur Bildästhetik ist in meinen Augen völlig berechtigt. Nur der von Dir gewählte unmittelbare Vergleich mit dem Sondenfoto fordert natürlich einen Hinweis auf prinzipielle Unterscheidungsmerkmale geradezu heraus ...

Da ich übrigens – ebenso wie Du – Selbstbauer bin, betrachte ich Deine imposanten und gut durchdachten Teleskop-Konstruktionen mit großem Interesse und Bewunderung. In gespannter Erwartung dessen, was da möglicherweise im Laufe der kommenden Jahre noch nachwächst,

mit freundlichem Gruß, Jan
 
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