Montierungen

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FrankZ

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Hallo,
für gewöhnlich steht bei uns die Optik im Mittelpunkt, die Montierungen stehen da meist etwas im Schatten. Montierungen sind oft mechanische Meisterwerke, ohne diese wären die schönsten Fernrohre ziemlich nutzlos. Da es in der Vergangenheit viele schöne Montierungen gab, mache ich hier mal ein neues Thema auf, und stelle hier mal eine alte Ia von Zeiss vor. Diese Montierung wurde in den 50-zigern gebaut. Ich finde, dass das eine sehr steife, mit hohem Aufwand gebaute, sehr präzise Montie ist.
Ia.jpg


C.S. Frank
 
Hallo Frank, es ist eine I, keine Ia. Ich habe gerade eine solche restauriert.
MfG *entfernt* Aaron
 
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Hallo Michael,
Du hast recht, ich habe das verwechselt, es ist eine I. Die Ia hatte an der Dec-Achse kein Schneckenrad, sondern eine Tangentialverstellung. Die wurde damals mit einem 110mm Newton ausgeliefert.

C.S. Frank
 
Hallo Frank,

die Lager der Schnecken sind aus Lindenholz gedrechselt. :cool:
Hast Du auch den originalen Antrieb? Er wird am Schaft der dazu gehörenden Säule angeklemmt und über eine Welle mit 'Hookschen Schlüsseln' (quasi Kardane) eingekoppelt. Alternativ gibt es eine biegsame Welle. Deren Drehknauf ist derartig massiv, dass man die Welle als Waffe gegen Wildschweine nutzen könnte...
Für Beobachtungen ohne elektrischen Antrieb finde ich die Zeiss I praktischer als die spätere Zeiss Ib. Nur die Klemmung mit den Stern-Rädern ist tricky - man verstellt beim Klemmen leicht das Gerät.

Die Ia war eine Sparvariante der I (für preiswertere Teleskope); sie ist anscheinend ziemlich selten.

CS,
-wunni
 
Hallo Wunni,

den elektrischen Antrieb habe ich auch noch, nur die Welle mit den Kardangelenken ist nicht original. Ich benutze aber die Montie für einen 80/1200 mit biegsamer Welle (gut, falls Wildschweine kommen;)).

Die Montie habe ich neu lackiert. Ich hatte lange überlegt, ob ich die Montie so lasse, wie ich sie bekommen habe, aber die Farbe war nur noch in wenigen Fragmenten erhalte. Außerdem war das Ding mit Rostspuren übersät, und richtig dick pattig verkrustet, also habe ich mich für eine Neulackierung entschieden. Im Nachbarforum hatte ich das schon diskutiert. Die Montierung hatte original drei Farbschichten, eine rötliche Rostschutzlackierung (wahrscheinlich die damals übliche Eisen-Blei-Mennige), eine graue Grundierung und einen Decklack. Der Decklack hatte (nach erhaltenen Farbresten unter der Polhöhenskala und Firmenlogo, bzw. Abbildungen anderer Montierungen) wahrscheinlich einen Farbton Grünbeige, ähnlich Ral 1000. Ich habe wieder 3 Lackschichten aufgebracht. Leider sieht der Farbton nicht so ganz nach Ral 1000 aus (hatte extra teuren Lack gekauft, Mist).

Meine Montie hat eine recht lange, dünne Gegengewichtsstangen. Die Montierungen, die ich bisher gesehen habe, hatten immer kürzere, dickere Stangen. Das originale Gegengewicht wiegt fast 7 Kilo, ich nutze die Montie mit einem nicht originalen Gewicht 3,5 Kilo.

Mit der Einstellung der Klemmung, gebe ich Dir recht, das ist nicht optimal gelöst. Allerdings ist die Klemmung an sich ein Meisterwerk. Die arbeitet so präzise und ruckelfrei, da braucht man nix nachzustellen, einmal richtig eingestellt, kann man das Fernrohr manuell drehen, wenn es richtig ausbalanciert ist, auch mit der Feinbewegung bewegen. Hier mal zwei Bilder, die die Klemmung zeigen. Da klemmen Messingringe mit großem Durchmesser gegen Stahlringe, ganz feine Mechanik!!!!!!!!!

Mon1_1.JPG
Mon1_2.jpg
 
Hallo Frank,

die Farbe auf Deinen Fotos kommt mir bekannt vor - das war der Originallack.
1980 habe ich einen originalen 80/1200 aus den 1950ern mit allem Drum&Dran bekommen (einschl. Montierung I mit Säule, Motor und dem 'Kindersarg'); auch da platzte die Farbe ab. Leider habe ich das nicht so gelassen, denn schöner wurde es nicht: Meine Spachtel-, Schleif- und Lackierkünste waren nicht so toll...
Die Montierung hatte einen Sturzschaden, die DE-Schnecke war verbogen; ich glaube, ich musste die Achse absetzen und mit Gewindezapfen usw. wieder verlängern. Nach meiner Reparatur lief sie nicht mehr so gut wie früher...:cry:

Gegengewichtsstange bei Dir: Die ist vermutlich nicht original. Aber wer weiß...? Das originale Gegengewicht des 80/1200 ist außen freigebohrt, so dass man das Gegengewicht weiter rausschieben kann, als man zunächt denkt (die Begrenzungsschraube auf der Achse verschwindet im Gewicht).

Guck Dir nur mal die Schrauben der "I" genau an: Die meisten sind nicht nach 1950er DIN! Schlitzschrauben haben feinere Schlitze und andere Kopfdurchmesser... Die Zeiss-Schrauben damals wurden oft nicht gerollt, sondern geschnitten.
Zeiss hatte seine eigene Schraubenbude (es gab die 'ZN', die Zeiss-Norm, DIN/TGL waren nicht schick und nicht genau genug), sogar Lacke und Schmierstoffe kamen aus eigener Fertigung.
Die alte Zeiss-Technik war teilweise kompliziert bis zum Exzess gebaut. Aufwand spielte keine Rolle, selbst bei Standard-Teilen. Das führte zu dem Spruch: "Zeiss is nice, but twice the price..."
Der hohe Qualitätsanspruch unter Verzicht auf qualitätseinschränkende Vereinfachungen führte zur hohen Qualität vieler Zeiss-Geräte. Etliches ist aber einfach nur unnötig kompliziert.
Die Qualität nicht nur der Amateur-Geräte hat sich meinem Eindruck nach spätestens in den 1980ern zumindest teilweise verschlechtert.

Astro-Großgeräte kosteten in der 1980ern übrigens -soweit ich Beispiele kannte - etwa "Gramm 'ne Mark", kein Witz. Ob Großplanetarium oder 2m-Spiegelteleskop - Preis nach Gewicht. Zufall oder Unfähigkeit, diese Moloch-Konstruktionen noch vernünftig zu kalkulieren? Geld verdient wurde eh mit Rüstung, wird heute noch so sein...

Die frühen Montierungen Ib (ab 1963) hatten auch noch sehr komplizierte Einzelteile, die bei der Serie ab 1968 (bis 1990) erheblich vereinfacht gebaut wurden.

Egal, ob Montierung I oder Ib: Der Synchronmotor plus Getriebe 1:3000 blieb 40 Jahre gleich. Wenn er nicht mehr läuft, muss man das Getriebe in der Alu-Büchse zerlegen. Die Wellen laufen in Hartgewebe-Platinen. Hartgewebe ist hygroskopisch, die Wellenzapfen rosten fest. Es ist ein ziemlicher Aufwand, das wieder hinzubekommen, aber es geht...


Beste Grüße!
-wunni
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Wunni,
die graue Farbe ist nicht die Endlackierung. Im unteren Bild, oben in der Mitte, sieht man auf dem Polblock noch einen Rest der originalen Oberflächenlackierung. Viele Monties haben nur noch die graue Grundierung, da der Lack sehr leicht abgeht. Wahrscheinlich wurden viele dieser Montierungen auch im öffentlichen Bereich genutzt (wer hatte als Privatmann in den 1950ern schon ein astronomisches Fernrohr, die Leute hatten andere Sorgen), wobei mit den Geräten wahrscheinlich nicht sorgsam umgegangen wurde (war halt Volkseigentum:giggle: ).
Die Gegengewichtsstange scheint doch original zu sein. Die Begrenzungsschraube am Ende der Stange ist eine typische Zeiss-schraube. Die Stange hat einen Durchmesser von 18mm, das offensichtlich originale Gegengewicht eine Bohrung von 18,5mm an der engsten Stelle. Das Gewicht hat ab etwa der Hälfte auch eine größere Bohrung, damit man es, wie Du es beschrieben hast, über die Begrenzungsschraube schieben kann. Allerdings halte ich das nicht für sehr sinnvoll, da sich in dieser Stellung die Stange schon etwas durchbiegt, und auch schwingt.
Meines Wissens kam die I 1949 mit dem Schulfernrohr 63/840 auf dem Markt, die TGL wurde erst 1955 in der sowjetisch besetzten Zone verbindlich eingeführt.
In den 1980er Jahren war (meiner Meinung nach) die große Zeit von Zeiss-Jena vorbei. Die hohe Qualität der Optik wurde bei astronomischen Fernrohren bis zur Wende durchgehalten, zu den mechanischen Teilen kann man eine andere Meinung haben.
Nach der Wende wurden viele Zeiss-Jena-Geräte sehr billig verkauft, bzw. auch weggeschmissen. Viele Ossis haben sich da von nun erhältlichen, blinkenden Geräteschrott blenden lassen. Inzwischen hat sich da ein Sammlermarkt mit astronomischen Preisen entwickelt (allerdings scheinen die Preise jetzt etwas zu sinken). Eine derzeitige Mode ist, dass sich reiche Leute aufpolierte Zeiss-Fernrohre in ihr Penthouse stellen. Das betrifft zwar vorwiegend terrestrische Teleskope, da dadurch der Originalzustand vieler Geräte verloren geht, halte ich das für eine sehr schlechte Entwicklung (schlechtes Beispiel hier: CARL ZEISS JENA 110 mm TRIPLE TURRET BINOCULAR - Hatchwell Antiques ). Hoffentlich werden die Geräte wenigstens nicht weggeschmissen, wenn sich die Mode ändert.

C.S. Frank
 
Hallo Frank,
die Farben können sich über die Produktions-Jahre auch mal geändert haben. Bei der Ib war es später auch so.
Außerdem könnten unterschiedliche Geräte-Kombinationen auch noch anders lackiert worden sein. Aus den s/w-Prospekten bekommt man das nicht raus...
Mein 80/1200 war etwa RAL 1000; die Montierung ein dunkles grau; die Kiste fast schwarz.

Die Gegengewichtsachse meiner 'I' ist definitiv kürzer als bei Deiner. Warum sollte es nicht auch andere Kombinationen aus Gegengewichtsmasse und Achsenlänge gegeben haben?!

Ich habe eine Idee, wo eine noch originale Montierung I liegen könnte; muss mal einen Farbfächer leihen und hingehen.

Beste Grüße!
Niko
 
Hallo Niko,
was mich bei meiner Gegengewichtsstange wundert ist, dass die Stange bei dieser Länge und dem Gewicht nicht sehr steif ist, und sich durchbiegt, bzw. sogar etwas schwingt, wenn man ein schweres Fernrohr auf der Montierung hat, und das Gewicht ganz unten ist. Das passt so gar nicht zu der sonst sorgfältig konstruierten, sehr steifen Montierung. Auf Abbildungen von Montierungen mit kürzeren Stangen sieht es so aus, dass die Stangen größere Durchmesser haben.
Ich würde auch vermuten, dass es Monties mit verschiedenen Lackierungen gab. Die 50er waren ja ziemliche Mangeljahre (kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen), da wurde sicher genommen, was verfügbar war. Der Antriebsmotor den ich zu der Montierung bekommen habe, hat einen grauen Lack. Meine Montierung war aber zweifellos Grünbeige lackiert. Hier habe ich ein Bild von einem originalen Farbrest unter der Halterung der Libelle. Man kann da auch die drei Farbschichten erkennen.
Farbe.jpg
 
Hier noch ein Bild, auf dem die Farbreste besser zu erkennen sind (ich hätte mir mehr Mühe beim Fotografieren der zerlegten Montie geben sollen). Ich glaube, oben auf dem Bild kann man erahnen, dass der Decklack ziemlich "splitterig" ist.
Farbe2.jpg
 
Hallo Frank,

heute konnte ich Farbforschungen betreiben. Da das viele interessieren könnte und es leichter gefunden wird, mache ich ein eigenes Thema draus. :whistle:

CS!
-wunni
 
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