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P_E_T_E_R

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Letztes Jahr berichteten wir über Big Money for SETI

Derselbe russische Tycoon will jetzt ein weiteres noch viel ehrgeizigeres Projekt anstoßen und für initiale Entwicklungsstudien dazu nochmal 100 Millionen Dollar bereitstellen. Das wurde gerade auf einer spektakulären Pressekonferenz mit viel Prominenz in New York verkündet:

Stephen Hawking and Yuri Milner announce space exploration initiative “Starshot” - Youtube

Der ultimative Plan ist, eine kleine Armada von insektengroßen Minaturraumschiffen zum nächsten Sternsystem Alpha-Centauri zu schicken. Die sollen mit Laserstrahlen von der Erde auf 20% der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden und dann nach gut 20 Jahren Reisezeit Bilder von Alpha-Centauri zurückschicken!

Breakthrough Starshot

"In the last decade and a half, rapid technological advances have opened up the possibility of light-powered space travel at a significant fraction of light speed. This involves a ground-based light beamer pushing ultra-light nanocrafts – miniature space probes attached to lightsails – to speeds of up to 100 million miles an hour. Such a system would allow a flyby mission to reach Alpha Centauri in just over 20 years from launch."

The New York Times A Visionary Project Aims for Alpha Centauri, a Star 4.37 Light-Years Away

Zum Direktorium der Initiative gehören neben dem russischen Tycoon solche bekannten Namen wie der Kosmologe und Autor Stephen Hawking und der Facebook Gründer Mark Zuckerberg. Weitere prominente Berater sind die Astronomen Avi Loeb, Martin Rees und Saul Perlmutter, Anne Druyan, die Witwe von Carl Sagan, sowie der bekannte Physiker Freeman Dyson.

Sky & Telescope $100 Million for Fast Probes to Alpha Centauri

 
"Per Laser-Katapult in ferne Galaxien" titelt die Tagesschau bei diesem Projekt...

Aber - gab es das nicht schon vor ein paar Jahren? Also per Laser kleine Objekte anzutreiben, wenn auch nur in den Erdorbit?
Spannend wird es in jedem Fall - und sei es auch nur, mal kurz bei Pluto oder den Gasriesen vorbeizuschaun oder Nanosatelliten in den Orbit zu befördern.
Was ich mir derzeit aber schwer vorstellen kann, ist die Kommunikation. Wie kann eine derart winzige Sonde eine Sendeleistung aufbringen, um über 4LJ weit zu funken? Oder wird da an eine Art Schwarmlösung gedacht, ggf. mit "Relaissonden"?
 
Hallo!

Man kann ja mal eines von diesen Dingern zum Pluto schicken, dann wissen wir schon in einer Woche, ob es funktioniert...

Auf den ersten Blick sehe ich als größtes Problem auch die Datenverbindung zurück zur Erde. Woher soll denn so eine Minisonde die Sendeleistung nehmen, um fast fünf Lichtjahre zu überbrücken. Da steht zwar „nuclear Battery“, aber die ist in dem einen Gramm Gesamtgewicht bereits enthalten und kann kaum mehr als ein paar Mikrowatt Leistung erzeugen. Dann steht da, dass die Sonnensegel als Reflektoren/Spiegel für die Laserverbindung zurück zur Erde genutzt werden sollen. Welche Kräfte sollen denn diese Segel zur Erde ausrichten? Woher wissen die Minisonden, wo die Erde überhaupt ist?

Wäre interessant, die Lösungen zu erfahren. Das 100M$ Budget wird aber bei weitem dafür nicht reichen.

Viele Grüße
Maximilian
 
"nach gut 20 Jahren Reisezeit"

Das könnte ich noch erleben :)

Die erfolgreiche technische Umsetzung kann ich mir aber schwer vorstellen...
 
Hallo!

Zitat von hhh:

... und noch fünf Jahre, bis die Signale zurück auf der Erde sind und nochmal 5 bis X Jahre, bis das ganze einsatzbereit ist. Dauert also noch 30+X Jahre. Wobei X unter anderem davon abhängt, ob es gelingen wird, einen 100GW Laser zu bauen und ob man einen Weg finden wird, diese 100GW unbeschadet durch die Atmosphäre zu bringen. X kann also durchaus auch den Wert unendlich annehmen.

Skeptische Grüße
Maximilian
 
Auch die 30 Jahre gehen sich statistisch noch aus. Das X sollte aber nicht allzu groß werden ;)
 
Zitat von MiMeDo:
Die Liste der "Challenges" spricht für sich. :augenrubbel:
Tja, schaun wir uns doch mal ein paar davon an:

Zum Laser und zur Strahloptik:

Der soll eine Leistung von 100 Gigawatt haben und die Sonde auf 20% der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen:

(a) Bewegungsenergie einer Sonde mit der Masse von 0,001 kg:

E_kin = E - mc² = (γ-1)mc² = 0,0206 mc² = 0,0206 * 0,001 kg * (3 * 10^8 m/s)² = 1,86 * 10^12 J

mit

γ = 1/Wurzel(1-β²) = 1,0206

(b) Wenn die Laserleistung während der Beschleunigung kontinuierlich (CW = continuous wave) und ohne Verluste auf das Segel der Sonde fokussiert wird, dann braucht man

Δt = 1,86 * 10^12 J / 10^11 W = 18,6 s

um die Sonde auf die Endgeschwindigkeit zu beschleunigen.

Das erscheint aber aus mehreren Gründen illusorisch:

> Solche Leistungen stehen nicht kontinuierlich, sondern nur im Pulsbetrieb während der kurzen Pulsdauer zur Verfügung. Man kann im zeitlichen Mittel also nur von einer erheblich reduzierten effektiven Leistung ausgehen. Eine Verlängerung der Beschleunigundphase auf zwei Minuten würde die erforderliche Laserleistung zwar auf 1/6 reduzieren, das wäre aber immer noch um Größenordnungen über dem Stand der Technik. Außerdem ist eine Verlängerung der Beschleunigungsphase kontraproduktiv, weil die effektive Ausleuchtung des Segels mit wachsendem Abstand immer problematischer wird.

> Des weiteren ist die Annahme einer verlustfreien Übertragung der vollen Laserleistung auf das Segel der Sonde völlig unrealistisch. Wir werden das unten noch etwas eingehender betrachten.

(c) Strahlaufweitung mit zunehmenden Abstand

Laser haben zwar eine bemerkenswert gute Strahlbündelung, gleichwohl hat das seine natürlichen Grenzen. Zur Charakterisierung der Strahleigenschaften verwendet man den Begriff der Emittanz, das ist das Produkt aus Strahlbreite und Winkeldivergenz, wobei man gewöhnlich die radialen Standardbreiten der Gaussverteilung dafür benutzt:

E = σ_r * θ_r

Ein wesentlicher Punkt ist dabei, dass dieses Produkt nicht beliebig klein werden kann. Unter idealen optischen Bedingungen hat diese Emittanz ein Minimum, welches von der Wellennatur des Lichts herrührt:

E_min = λ/(2π)

Für eine Wellenlänge von λ = 1 μm = 10^-6 m erhält man dann

E_min = 0,159 * 10^-6 m * rad

Wenn man wie z.B. beim Lunar Laser Ranging ein professionelles Teleskop mit einer Öffnung von 2 m (entsprechend einer radialen Strahlbreite von etwa 1 m) zur Strahlaufweitung einsetzt, dann ergibt sich für die Winkeldivergenz

θ_r = E_min / σ_r = 0,159 * 10^-6 m * rad / 1 m ~ 0,159 μrad ~ 0,03"

Wobei das für ein optisch perfektes System und vernachlässigbares Seeing gilt, was natürlich unrealistisch ist.

Mit zunehmendem Abstand weitet sich der Laserstrahl aufgrund der Divergenz immer weiter auf. Für ein Gaussprofil haben wir dann 68% der Leistung innerhalb der angegebenen Spotgröße:

Code:
 Abstand       Spotgröße
  (km)            (m) 

  1.000          0,32
 10.000          3,20
100.000         32
200.000         64
300.000         96
400.000        128
Wohlgemerkt, für eine beugungsbegrenzte Optik mit einer Öffnung von 2 m bei einer Wellenlänge von 1 μm bei vernachlässigbarem Seeing oder einer entsprechend effektiven adaptiven Optik.

Worauf ich hinaus will, ist die enorme Spotgröße, welche eine effektive Ausleuchtung eines kleinen Segels von vermutlich weniger als 10 cm x 10 cm an so einer Nanosonde selbst bei perfekter Ausrichtung ziemlich illusorisch erscheinen lässt.

Deshalb erscheint mir die genannte Zeitspanne von 2 Minuten für den Beschleunigungsprozess auch völlig unpraktikabel. Eine effektive Ausleuchtung des Segels ist nur für Entfernungen bis etwa 1000 km möglich. Wenn dort die angestrebte Maximalgeschwindigkeit von v/c ~ 0,2 bereits erreicht werden soll, dann muss der Beschleunigungsprozess sogar noch wesentlich schneller durchlaufen werden.

 
Irgendwo hab ich gelesen dass das Segel 4m x 4m groß sein soll.
Und nur wenige Atomlagen dick... ?)
 
Hallo!

Zitat von P_E_T_E_R:
... welche eine effektive Ausleuchtung eines kleinen Segels von vermutlich weniger als 10 cm x 10 cm an so einer Nanosonde selbst bei perfekter Ausrichtung ziemlich illusorisch erscheinen lässt.

In irgendeinem der verlinkten Artikel (oder einem anderen, den ich sonstwo gelesen habe) steht etwas von 1m2 Segelfläche. Das würde hier immerhin einen Faktor 100 ausmachen. Nicht, dass es viel helfen würde.

Und wenn wir die Rechnung in umgekehrter Richtung machen, dass nämlich die kleinen Söndchen mit ihrem Milliwatt-Laser und einem 1m2-Segel als Spiegel Bilder optisch zur Erde funken sollen (und das in unmittelbarer Nähe von zwei Sonnen!), wird die Sache richtig unrealistisch.

Mir sieht das irgendwie danach aus, dass man hier einem Sponsor aus Russland Geld aus der Tasche leiern will, um sein Labor für ein paar Jahre am Laufen zu halten... Drittmittelbeschaffung heisst das bei uns.

Viele Grüße
Maximilian
 
Zitat von P_E_T_E_R:
Inzwischen natürlich auch bei Wikipedia...

Nur das Englische habe ich gelesen. Da steht eigentlich nichts drin, das uns hier nicht auch schon aufefallen wäre. Mit dem einen wesentlichen Unterschied, dass 20 Jahre Entwicklungszeit veranschlagt werden.

Damit wären wir bei 20 Jahre Entwicklungszeit + 20 Jahre Reisezeit + 5 Jahre Datenübertragung = 45 Jahre, bis die Bilder bei uns ankommen. Damit bin ich wohl raus...

Wobei ich mir vorstellen könnte, dass die 20 Jahre Entwicklungszeit sowas wie die Fusionskonstante (https://de.wikipedia.org/wiki/Ölkonstante#Fusionskonstante) darstellen dürften.
 
Hallo zusammen,

wann oder ob dieses Fernziel erreicht wird, ist natürlich fraglich.
Ich finde eher das Prinzip spannend, erst recht innerhalb unseres Sonnensystems. Und auch hierfür müssen einige 'Problemchen'gelöst werden, und sei es auch nur die Kommunikation unter den Sonden und die auch damit verbundene Lageregelung.

cs
Jürgen
 
Was mich wundert, dass sich SH für so etwas hergibt. Nicht dass ich ihn für den "größten Physiker unserer Zeiten halte", ganz gewiss nicht. Aber die Denkleistung hätte ich ihm schon zugetraut, sich nicht für so einen Marketing-Gag herzugeben. Naja, macht ja auch seit Neuestem Werbung für Jaguar...

BG Thomas
 
More big challenges!

Hallo an alle,

was ich wirklich nicht verstehe ist, wie die thermischen Probleme auch nur annähernd beherrscht werden sollen. Nehmen wir an:

100 Gigawatt Strahleistung
fokussiert auf 4 m^2

das ergibt unter Brüdern eine Energiedichte von 250 MW/m^2. Nemen wir weiterhin an, die Reflektivität betrage 99,9 % (woran ich nicht glaube), so bleibt eine Absorbtion von immerhin noch 0,25 MW/m^2 also 250 kW/m^2. Das ist etwa das 180 fache der Strahlungsdichte des Sonnenlichtes in Erdentfernung. Und das kann schon ganz schön heiß werden.

Oder habe ich da irgendwo einen Gedankenfehler drin?

Gruß
Rolf
 
Hallo Rolf,

die Fläche ist 16m2, nicht vier.
und vermutlich werden auch nicht die gesamten 100GW auf das Segel treffen.

Irgendwo (wo?) hab ich gelesen dass die absorbierte Leistung
so zwischen 50 und 100kW pro m2 ist.
Das gibt dann ein paar 100 Grad Celsius
und "soll" noch im Rahmen des Beherrschbaren liegen.
Dazu muss wohl die sonnenabgewandte Seite
einen extrem guten Emissionsgrad im IR haben.
Oder das Material ist ein Graphit-Verwandter der erst bei 2500°C versagt... :gutefrage:

Gruss
Thorsten
 
Inzwischen macht man sich schon mal Gedanken darüber, was passiert, wenn das Miniaturraumschiff entlang des Weges mit relativistischer Geschwindigkeit auf interstellare Materie (Staub u. Gas) trifft:

The interaction of relativistic spacecrafts with the interstellar medium

First test of Breakthrough Starshot interstellar probe highlights likely damage due to gas and dust

Could a Spacecraft Make it to Proxima Centauri?

So, how does one protect a spacecraft traveling at a significant fraction of lightspeed? Hoang and colleagues suggest two complementary approaches. One is to make the spacecraft long and slim, like a needle: the less surface area the spacecraft presents to the onslaught of interstellar debris, the less damage it’ll take - especially from cosmic dust. (The concept is similar to the aerodynamic design of cars and airplanes, though for entirely different reasons.)

The second approach is to shield the probe with some kind of protective covering, such as a graphite coating a few millimeters deep. The lightsail itself - which is really only necessary for acceleration - could provide additional shielding, the authors suggest, if it’s folded up in front of the sensor-laden chip once the probe is underway.





 
Solar Sail Travel

Neue Ideen zur Solar Sail Breakthrough Initiative:

Deceleration of High-velocity Interstellar Photon Sails into Bound Orbits at α Centauri

Abstract

At a distance of about 4.22 ly, it would take about 100,000 years for humans to visit our closest stellar neighbor Proxima Centauri using modern chemical thrusters. New technologies are now being developed that involve high-power lasers firing at 1 gram solar sails in near-Earth orbits, accelerating them to 20% the speed of light (c) within minutes. Although such an interstellar probe could reach Proxima 20 years after launch, without propellant to slow it down it would traverse the system within hours. Here we demonstrate how the stellar photon pressures of the stellar triple α Cen A, B, and C (Proxima) can be used together with gravity assists to decelerate incoming solar sails from Earth. The maximum injection speed at α Cen A to park a sail with a mass-to-surface ratio (σ) similar to graphene (7.6 x 10^-4 gram/m²) in orbit around Proxima is about 13,800 km/s (4.6% c), implying travel times from Earth to α Cen A and B of about 95 years and another 46 years (with a residual velocity of 1280 km/s) to Proxima. The size of such a low-σ sail required to carry a payload of 10 grams is about 10^5 m² = (316 m)². Such a sail could use solar photons instead of an expensive laser system to gain interstellar velocities at departure. Photogravitational assists allow visits of three stellar systems and an Earth-sized potentially habitable planet in one shot, promising extremely high scientific yields.


Space travel visionaries solve the problem of interstellar slowdown at Alpha Centauri

Youtube I

Youtube II
 
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