Murray Gell-Mann 1929-2019

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P_E_T_E_R

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Der Nobelpreisträger Murray Gell-Mann, einer der Väter vom Quark-Modell, der in den Sechziger Jahren die ulkige Bezeichnung Quark für den fundamentalen Baustein der Materie geprägt hat, ist tot.

Zu jener Zeit produzierten die Physiker in ihren Beschleunigern einen ständig wachsenden "Zoo" von neuen Elementarteilchen und das Quark-Modell brachte etwas Ordnung in den Zoo. Zunächst sprach man in Anlehnung an den buddhistischen Weisheitsbegriff vom Eightfold Way, wobei man Baronen und Mesonen zunächst entsprechend ihren Quantenzahlen in Oktetts und Dekuplets einsortierte, aber ziemlich bald realisierte man, dass sich diese Ordnungsmuster noch einfacher erklären ließen, wenn man drittelzahlige Ladungsträger, eben jene Quarks einführte.

Es gab dann unzählige vergebliche Versuche, solche Quarks aus ihren Baryonen und Mesonen zu isolieren und extern nachzuweisen. Schließlich begann man zu verstehen, dass Quarks außerhalb von Baryonen oder Mesonen nicht frei existieren können und beim Versuch einer Extraktion weitere Quarks erzeugt werden, die miteinander fusionieren, so dass Quarks immer nur im Verbund als Baryonen oder Mesonen, aber nicht isoliert auftreten können.

The New York Times
 
Zuletzt bearbeitet:
Das war einer der Großen - ich las sein Buch "Das Quark und der Jaguar" - auch die schöne Philosophie, die da drinnen steckte, in seinem Erleben der Physik... ich finde die Rück-Kopplung der physikalischen Theorie mit dem philosophischen Empfinden immer sehr wichtig, diese Verbundenheit mit allem, wie Murray kurz beschrieb, kurze Momente der Erkenntnis im Gefühl, statt im Kopf, genau diese Interaktion unserer inneren Werkzeuge ist letztlich befriedigend.

Der Kopf allein vollbringt keine Theorie, es ist das Gefühl der Spannung, einer Idee auf der Spur zu sein, das alles vorantreibt.

lg
Niki
 
Hallo zusammen,

Die Entwicklung des Quark-Modells ist wirklich ein bemerkenswerter Vorgang in der Physikgeschichte. Am Anfang sprach wohl nicht mehr für die Quark-Hypothese als die Tatsache, daß sich die recht komplizierten Symmetrien des achtfachen (Hadronen) und zehnfachen (Mesonen) Wegs mithilfe der einfacheren Symmetrie der drei Quarks tiefer begründen und vereinfachen ließen.

Einen empirischen Nachweis für die Existenz von Quarks gab es damals aber nicht, und gibt es, soweit ich weiß, bis heute nicht. „Quark confinement“ war zunächst auch nur ein Etikett für die Verzweiflung der Experimentalphysiker am Quark-Modell. Außerdem mußte man Teilchen mit gebrochenen elektrischen Ladungen (2/3) in Kauf nehmen, die man auch noch nie beobachtet hat. Und schließlich widersprach die Zusammensetzung der Hadronen aus Quarks dem Pauli-Prinzip, wonach zwei Spin ½ Teilchen im gleichen Zustand nicht miteinander bestehen können. (Dieses Problem wurde später dadurch ausgeräumt, daß man den Quarks außer den 3 Flavors auch noch 3 verschiedene Farben zuschrieb, also ein weiteres Unterscheidungsmerkmal.) Zunächst sprach somit fast alles gegen die Richtigkeit der Quark-Hypothese, und dennoch hat sie sich als fruchtbar erwiesen und ist heute zum Standard geworden.

Niki, was „philosophisches Empfinden“ sein soll, und welche Rolle das „Gefühl“ hier spielen soll, ist mir nicht ganz klar. Es geht eigentlich um Einfachheit, Symmetrie und Rationalität der Natur. Vielleicht kann man sagen, Gell-Mann hatte das Gefühl, daß die Natur begreifbar sein muß, daß sie kein Chaos ist, sondern geprägt durch „Sinn und Verstand“. (Ob die Tintenfische das wohl auch so sehen? ;);)) Diese Intuition hat ihn zu einem fruchtbaren Konzept geführt.

Viele Grüße
Johannes
 
Niki, was „philosophisches Empfinden“ sein soll, und welche Rolle das „Gefühl“ hier spielen soll, ist mir nicht ganz klar.

Bevor ich etwaige Tintenfische :)D) zitiere, die eventuell mehr darüber fühlen (oder gar wissen): ich bin überzeugt, dass verschiedene Leser aus ein und demselben Buch ganz verschiedene Dinge herauslesen werden. Das ist eine Sache der Resonanz, und jeder Mensch hat da seine eigene Art und seine eigenen Rezeptoren, die seine Auffassungsmechanismen terminieren und determinieren.

Murray lese ich als Menschen, der immer wieder die Brücke zwischen dem Quark und dem komplexen Ganzen sucht. Er war ein sehr feinfühliger Mensch, nicht nur ein Physiker und mathematisch Denkender. Das sind große Denker stets. Auch Planck, Pauli, Schrödinger, Heisenberg und viele andere waren auch abseits der Physik oder ihrer Forschungsgebiete große Denker und Fragende, wie die Welt aufgebaut ist und wie dieser Aufbau zu dem geführt hat, was wir heute sehen und messen. Wie aus dem Urknall die "Evolution" von Materie, Lebewesen und Bewusstsein entstehen konnte.


The Quark and the Jaguar is Gell-Mann's own story of finding the connections between the basic laws of physics and the complexity and diversity of the natural world. The simple: a quark inside an atom. The complex: a jaguar prowling its jungle territory in the night. Exploring the relationship between them becomes a series of exciting intellectual adventures.

"...a series of exciting intellectual adventures" :cool:


p 14:
"Ben and I wanted to understand the world and enjoy it, not to slice it up in some arbitrary way. We didn’t differentiate sharply among such categories as the natural sciences, the social and behavioral sciences, the humanities, and the arts. In fact, I have never believed in the primacy of such distinctions. What has always impressed me is the unity of human culture, with science being an important part. Even the distinction between nature and human culture is not a sharp one; we human
beings need to remember that we are a part of nature,..."



p 24:
"We are all accustomed to thinking of human beings (and pets) as individuals. But the sight of those distinguishable condors strengthened powerfully my appreciation of how much of the world we perceive as composed of individual objects, animate or inanimate, with their own particular histories.

Standing, a third of a century later, in the Central American forest, staring at the place where the jaguarundi had disappeared, remembering the ragged condors, and recalling that I had just been thinking about history and individuality in quantum mechanics, it struck me that my two worlds, that of fundamental physics and that of condors, jaguarundis, and Maya ruins, had finally come together.

For decades I have lived with these two intellectual passions, one for my professional work in which I try to understand the universal laws governing the ultimate constituents of all matter and the other for my avocation of amateur student of the evolution of terrestrial life and of human culture. I always felt that in some way the two were deeply
connected, but for a long time I didn't really know how (except for the common theme of the beauty of nature)."

Ich lese Murrays Gedanken zur Welt offenbar durchaus gehaltvoller, als nur "Es geht eigentlich um Einfachheit, Symmetrie und Rationalität der Natur." Er geht um Erkenntnis, was ist, und warum. Und wie es sich entwickelte. Ich nenne das Philosophie, und die entspringt dem Gefühl und dem Drang, etwas wissen zu wollen. Der Neugier. Neugier hat keine mathematische Formel...

Und: "Vielleicht kann man sagen, Gell-Mann hatte das Gefühl, daß die Natur begreifbar sein muß, daß sie kein Chaos ist, sondern geprägt durch „Sinn und Verstand“" ... die Natur ist natürlich als solche nicht intrinsisch geprägt durch "Sinn und Verstand", es ist der Mensch (und da ist er relativ sicher der Einzige im Kosmos), der auf seine Weise aus dem Universum Gesetze ableitet, und er tut dies zuerst stets mit seinem Gefühl. Er lernt, dass er umfällt, wenn er nicht stabil stehen kann, und das bald nach der Geburt, erst später hört er, dass es etwas gibt, dass er Schwerkraft nennen wird... :)

lg
Niki
 
Dabei hatte Gell-Mann, wie ja auch in dem Nachruf der Times anklingt, durchaus auch schroffe und schrullige Seiten, etwa wenn er Kollegen wie Lederman, die ja nicht zuletzt das Baumaterial für seine Theorien lieferten, etwas herablassend als Plumber (Klempner) bezeichnete.

Wenn man vom Fach ist und sich immer wieder begegnet, spiegelt sich die gegenseitige Wertschätzung eben auch in solch sarkastischen Kategorisierungen. Ist halt leider sehr menschlich.

Nachdem er sein Quark-Modell zunächst als "mathematische Abstraktion" heruntergespielt hatte, war er wohl selbst von dessen Erfolg überrascht:

His instincts weren’t infallible. At first he dismissed quarks as mathematical abstractions - an accounting device with no real correlate in the physical world. There was good reason for his skepticism: Quarks would have to have electrical charges measured in thirds, something that was never observed.

After quarks were confirmed indirectly in an experiment at the Stanford Linear Accelerator Center, in Menlo Park, Calif., Dr. Gell-Mann denied that he had ever doubted their existence.


Wissenschaftlicher Fortschritt gelingt eben häufig nicht auf geradlinigem Weg, sondern mit zunächst verrückt klingenden Ideen, die ihren Schöpfern erst mal selbst nicht geheuer sind: elliptische Planetenbahnen von Kepler, stabile Elektronenorbits im Atom-Modell von Bohr, und Quarks mit drittelzahliger Ladung bei Gell-Mann. Die Geschichte der Wissenschaft hat bereits einige solcher Revolutionen erlebt.
 
War das nicht Leonard Susskind? War der nicht irgendwann mal in seiner Jugend als Klempner tätig... ? :unsure:

Mittlerweile darf unsere so vertraute 3D-Welt ja auch die Projektion einer 2D-Kugeloberfläche am Rand des Universums sein. Gefällt mir. :D Insofern brauch ich heute nicht mehr Perry Rhodan zu lesen. Die heutige Physik ist wesentlich utopischer.

Die Geschichte der Wissenschaft hat bereits einige solcher Revolutionen erlebt.
Ich warte gierig auf die Nächste... :geek:

lg
Niki
 
So, alsoooo:

"Leonard Susskind was born to a Jewish family from the South Bronx section of New York City. [14] He began working as a plumber at the age of 16, taking over from his father who had become ill.[14] Later, he enrolled in the City College of New York as an engineering student, graduating with a B.S. in physics in 1962.[5] In an interview in the Los Angeles Times, Susskind recalls the moment he discussed with his father this change in career path: "When I told my father I wanted to be a physicist, he said: ‘Hell no, you ain’t going to work in a drug store’. I said, "No, not a pharmacist." I said, ‘Like Einstein.’ He poked me in the chest with a piece of plumbing pipe. ‘You ain’t going to be no engineer’, he said. ‘You’re going to be Einstein.’"" :cool:


Es war also erstens Susskind, nicht Lederman, und Susskind arbeitete eine Zeit lang als Installateur. :)

lg
Niki
 
Es war also erstens Susskind, nicht Lederman, und Susskind arbeitete eine Zeit lang als Installateur. :)
Niki, es geht hier aber nicht darum, ob Susskind oder sonst jemand in seiner Jugend mal geklempnert hat, sondern ob Gell-Mann, wie im Nachruf der New York Times geschrieben steht, den Experimentalphysiker Leon Lederman als Plumber/Klempner tituliert hat. (*)

Gruß, Peter

(*) Die Geschichte ist nicht neu, kannst Du u.a. nachlesen in dem Artikel über das Verhältnis von Gell-Mann zu seinem Kollegen Feynman am Caltech:

The Jaguar and the Fox

Gell-Mann had become notorious for his bad temper. Among his cronies, the nasty names he coined for rivals were as familiar as the catchy terminology he applied to particles. Leon Lederman was "the plumber," because he was an experimenter rather than a theorist. The distinguished theorists C. N. Yang and T. D. Lee were "those two Chinamen from New York."
 
Niki, es geht hier aber nicht darum, ob Susskind oder sonst jemand in seiner Jugend mal geklempnert hat

doch, darum geht es mir mittlerweile aus Interesse auch - ich halte also freudig fest, dass Susskind von manchen Kollegen offenbar "the plumber" genannt wurde (laut einer Fernsehdokumentation, die ich vor Jahren sah... wenn vielleicht auch nicht von Murray), und Lederman ebenfalls (laut NYT, jener jedoch offenbar nur von Murray)... irgendwie scheinen da also mehrere Physiker Klempner genannt worden zu sein, wenn auch aus verschiedenen Gründen. Das wollte ich aufklären.

Leider ist sonst wenig über diese "Installateurgeschichten" im Web überliefert... jetzt wissen wir, dass es einen echten und einen unechten "Plumber" in der Physik gegeben hat. Das wusste ich vorher so nicht. ;)

lg
Niki
 
Niki, es geht hier aber nicht darum, ob Susskind oder sonst jemand in seiner Jugend mal geklempnert hat ...
doch, darum geht es mir mittlerweile aus Interesse auch ...
Dann mach doch bitte einen neuen Thread mit dem Titel "Susskind" auf!

Ansonsten läuft das auf den Witz mit den Elefanten, die manchmal auch Würmer haben, hinaus ...
 
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So streng heute, Peter? Wegen 3 Posts? Die trotzdem durchaus Interessantes mit einem "Plumber" zu tun haben...
 
Murray Gell-Mann scheint viel Humor gehabt zu haben. Ein Beispiel ist diese Rede auf dem SidneyFest 2005 für seinen ehemaligen Studenten Sidney Coleman:

Murray Gell-Mann - "Recollections of Sidney Coleman" (SidneyFest 2005)

Hadronen (Baryonen und Mesonen), wie das Proton und Neutron, sind kompliziert aufgebaut. Bisher ist z.B. keine "Formel" bekannt, mit der man die Masse von Protonen und Neutronen berechnen kann. Die Summe der Massen der drei Valenzquarks (uud für das Proton, udd für das Neutron) macht nur ca. 1% der Protonen- bzw. Neutronenmasse aus. Das bedeutet, dass 99% der Masse der sichtbaren Materie im Universum gar nicht als Masse von Elementarteilchen (Quarks, Elektronen, etc.) gegeben ist, sondern auf die Energie des Gluonenfelds in den Protonen und Neutronen zurückgeht.

Nature: Nuclear masses calculated from scratch

Eine vereinfachte Version der Quantenchromodynamik (ohne Quarks, nur Gluonen) ist mathematisch immer noch sehr kompliziert und eines der sieben Millenium Problems, auf die ein Preisgeld von 1 Mio. Dollar ausgesetzt ist:

Millenium Problems: Yang-Mills and Mass Gap

Viele Grüße
Mark
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Marc,

danke für die Links. Die Sache mit dem mass gap habe ich leider nicht verstanden. Und wie man Quantenchromodynamik ohne Quarks betreiben kann, ist mir auch nicht klar. Das wäre ja wie Mechanik ohne Körper.

Die Summe der Massen der drei Valenzquarks (uud für das Proton, udd für das Neutron) macht nur ca. 1% der Protonen- bzw. Neutronenmasse aus. Das bedeutet, dass 99% der Masse der sichtbaren Materie im Universum gar nicht als Masse von Elementarteilchen (Quarks, Elektronen, etc.) gegeben ist, sondern auf die Energie des Gluonenfelds in den Protonen und Neutronen zurückgeht.

Sehr interessant. Ich kannte bisher nur folgende Darstellung: Die reine Masse (bare mass) der Quarks kennen wir nicht genau, denn um die messen zu können, müßten wir ein Quark isolieren, was bekanntlich nicht geht. Deswegen setzt man einen gemutmaßten Wert an (2 MeV/c2 für u und 5 MeV/c2 für d). Was man in Experimenten messen kann, ist dagegen die effektive Masse. Deren Wert (ca. 340 Mev/c2) mal 3 ergibt ungefähr die Masse des Protons bzw. Neutrons. Der Wert der effektiven Masse ist aber nicht konstant, sondern veränderlich (running masses) . Er hängt davon ab, in welchem Abstand man mißt, d.h. wie nahe man an die Quarks herankommt. Legt man etwa einen Protondurchmesser als Abstand zugrunde, mißt man den oben genannten Wert. Je dichter man herankommt, desto kleiner wird die gemessene effektive Masse. Könnte man bis zum u Quark selbst vordringen, wofür der Energieaufwand allerdings gewaltig wäre, bekäme man die reine Masse.

Wahrscheinlich ist das der gleiche Sachverhalt, den Du auch beschreibst, wenn Du die reine Masse zugrundelegst (1%) und den Rest (99%) der Bindungsenergie der masselosen Gluonen zuschreibst. Bei der starken Kraft, für die die Gluonen zuständig sind, haben wir ja das merkwürdige Phänomen, daß sie nicht stärker wird, wenn man näher heran kommt, sondern schwächer. Im Blick auf die Quarks spricht man dann von "asymptotic freedom", d.h. die 3 reinen Quarks im Proton spüren fast gar keine Anziehungskraft, sondern bewegen sich frei.

Nach meinem Modell würde man sagen, daß 99% der Masse des Universums effektive Masse der Quarks ist und nur 1% reine Masse.

Viele Grüße
Johannes
 
Hallo Johannes,

danke für deine Antwort.

Und wie man Quantenchromodynamik ohne Quarks betreiben kann, ist mir auch nicht klar. Das wäre ja wie Mechanik ohne Körper.

:) Nicht ganz, eher wie Elektromagnetismus ohne Ladungen, d.h. die Maxwell-Gleichungen im Vakuum (die z.B. Lichtwellen als Lösungen haben). Die Maxwell-Gleichungen im Vakuum sind die Yang-Mills Gleichungen für die Eichgruppe U(1). Da diese Gruppe abelsch ist, ist die Theorie linear, d.h. in der quantisierten Theorie gibt es keine direkte Wechselwirkung von Photonen (zwei Lichtstrahlen, die sich kreuzen, beeinflussen sich nicht).

In der Quantenchromodynamik ohne Quarks ("reine Yang-Mills Theorie") hat man in der klassischen Feldtheorie die Yang-Mills Gleichungen für die Eichgruppe SU(3). Da die Gruppe nicht-abelsch ist, ist die Theorie nicht-linear. Es gibt daher in der quantisierten Theorie eine direkte Wechselwirkung zwischen 3 bzw. 4 Gluonen (die Gluonen tragen selbst eine Farbladung). Das macht die Theorie extrem kompliziert und führt zu den von dir genannten Effekten (running coupling, asymptotic freedom, confinement).

Die Sache mit dem mass gap habe ich leider nicht verstanden.

So wie ich das verstehe, soll es in der reinen Yang-Mills Theorie "glueballs" geben, d.h. teilchenartige Zustände, die nur aus Gluonen bestehen (glueballs sollte es in der realen QCD mit Quarks auch geben, wurden aber bisher nicht beobachtet, soweit ich weiß). Die Vermutung des mass gap bedeutet, dass diese glueballs eine minimale Masse M>0 haben (und ab M ein Spektrum an Massen).

Es gibt übrigens in einem gewissen Sinn 8 verschiedene Gluonen, da dim SU(3) = 8, während es nur ein Photon gibt, wegen dim U(1) = 1. Diese SU(3) ist die (exakte) Eichsymmetrie, der von dir genannte achtfache Weg ist auch eine SU(3), die allerdings nur näherungsweise gilt und von den drei leichtesten Quark-Flavours up, down, strange kommt. Man betrachtet auch einfachere Versionen von QCD mit Quarks, z.B. wenn deren Masse Null ist. Die Flavoursymmetrie vertauscht die Flavours up, down, strange und sollte vermutlich exakt sein, wenn diese Flavours Masse Null haben.

Viele Grüße
Mark
 
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Hallo Johannes,

Ich kannte bisher nur folgende Darstellung: Die reine Masse (bare mass) der Quarks kennen wir nicht genau, denn um die messen zu können, müßten wir ein Quark isolieren, was bekanntlich nicht geht. Deswegen setzt man einen gemutmaßten Wert an (2 MeV/c2 für u und 5 MeV/c2 für d). Was man in Experimenten messen kann, ist dagegen die effektive Masse.

Da bin ich etwas überfragt. Da man Quarks nicht isolieren kann, gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie man ihre Masse definiert oder misst. Auf der Webseite der Particle Data Group gibt es auch einen Artikel über Quarkmassen, in dem etwas dazu erklärt wird:

PDG: 2018 Review of Particle Physics

In dem Artikel dort über das Quark model findet man auch einen Abschnitt über glueballs und deren mögliches Massenspektrum.

Viele Grüße
Mark
 
Auf der Webseite der Particle Data Group gibt es auch einen Artikel über Quarkmassen
Du meinst wohl diesen Artikel von Manohar, Sachrajda und Barnett:

Quark masses

Die auf anderem Wege praktisch aussichtslose Untersuchung von nichtpertubativen QCD-Problemen werden ja weltweit seit mehreren Jahrzehnten auf Großrechnern mit den Methoden der Lattice QCD attackiert. Dazu gehören die bereits erwähnten Massenbestimmungen, aber auch viele andere Parameter wie z.B. magnetische Momente und die Spinstruktur von Proton und Neutron.

Als Geburtsstunde der Lattice QCD (siehe dazu auch Gittereichtheorie auf der deutschen Wikipedia) gilt die bahnbrechende Arbeit von Ken Wilson mit dem Titel Confinement of Quarks im Jahr 1974. Ohne institutionelle Privilegien kann man nur das Abstract einsehen, es gibt aber einen frei verfügbaren Talk von Wilson, in dem er das Prinzip beschreibt: The Origins of Lattice Gauge Theory - im übrigen mal nach QCD auf dem Gitter googeln.
 
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