Schiaparelli

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Mars ist heute langweilig. Aber vllt. findet TGO Ausgasungen von biologischem Methan. :gutefrage: Da wird dann der ESA Mars-Rover hingeschickt, der bohrt 2m tief und voilá: Die Marsianische Grube Messel ist gefunden :super:

Thomas
 
Hallo zusammen,
ich finde den Hinweis von Bernd gut und wichtig, dass ein Teil des Problems durchaus der "modulare" Aufbau der ESA Missionen ist mit entsprechend nicht optimal vernetzten Herstelungsorten.
Und auch sprachlich gibt es ja durchaus manchmal kleinere "Auffälligkeiten": man denke nur an das stockende Englisch des französischen Vertreters im zweiten live- stream der ESA zu dem Scheitern des italienisch benamten Marsrovers ;)
Spaß beiseite, gelegentlich dringt ja tatsächlich durch, dass es sogar grundsätzliche Diskrepanzen zwischen den Wissenschaftlern der unterschiedlichen Ländern bzw. der unterschiedlichen Module gibt und womöglich auch ein "Ränkespiel" hinter den Kulissen, was der Sache nicht zu Gute kommen kann...

Grüße!
Carsten
 
Hallo!

Zitat von Uranotopia_CM:
...ich finde den Hinweis von Bernd gut und wichtig, dass ein Teil des Problems durchaus der "modulare" Aufbau der ESA Missionen ist mit entsprechend nicht optimal vernetzten Herstelungsorten. ...

Das spielt sicher eine gewisse Rolle, aber so geht es bei Europäischen Großprojekten schon seit einem halben Jahrdundert zu (Stichworte Concorde, Airbus, Ariane, CERN, ESO, ...) mit insgesamt doch sehr erfreulichen Resultaten.

Was ich sehr viel bedenlicher finde ist der Umstand, dass an einzelnen Standorten oft keine Kontinuität gegeben ist. Viele der Sensoren auf den Sonden werden z.B. an Hochschulinstituten entwickelt und gefertigt. Durch persönliche Kontakte weiß ich, dass da oft Diplomanden, Doktoranden und Wissenschaftliche Mitarbeiter mit Kurzzeitverträgen eingesetzt werden. Endet deren Vertag, dann muss das Projekt an einen Nachfolger übergeben werden. Diese Übergabeschnittstelle ist im Gegensatz zu den Schnittstellen zwischen internationalen Partnern meistens gar nicht definiert und wird auch nicht überwacht. Was hier an Informationen nicht bzw. falsch übergeben wird, bleibt möglicherweise unentdeckt. Oft ist beim Ausscheiden eines Mitarbeiters der Nachfolger noch gar nicht da, so dass dieser sich seinen Informationsstand aus der Dokumenatation des Vorgängers selbst erarbeiten muß. (Been there - done it... wenn es in meinem Fall auch keine Raumfahrtmission war.)

Es würde mich nicht wundern, wenn es auf so eine Weise ein falsches Gewicht der Sonde (wenn diese Erklärung tatsächlich die richtige sein sollte) in die aerodynamischen Rechenmodelle eingeschlichen haben sollte, welche die Grundlage für das Timing beim Abbremsvorgang waren.

Viele Grüße
Maximilian
 
Zitat von ThN:
Mars ist heute langweilig. Aber vllt. findet TGO Ausgasungen von biologischem Methan ...
Wenn man sich anschaut, was die NASA zum Thema nun schon seit Jahrzehnten mit einer ganz breit gefächerten Flotte von experimentellen Sonden im Orbit und am Boden untersucht, dann kann man über TGO und Schiaparelli nur mitleidig lächeln.

Atmosphere of Mars

Dass es dort variable Spuren von Methan in der Atmosphäre gibt, ist doch schon lange ein alter Hut. Mir ist schleierhaft, was TGO da noch rausfinden soll, was nicht schon längst bekannt ist. Und am Boden wird seit den Viking Sonden ebenfalls intensiv geforscht, insbesondere auch nach möglichen biologischen Prozessen. Die ESA ist dort mehr als vierig Jahre im Rückstand und wird das so wohl auch nicht ändern.

Credit: NASA/JPL
 

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Da fällt mir jetzt spontan (leicht abgewandelt) Karl Valentin ein: "Es ist bereits alles erforscht, nur noch nicht von allen".

Thomas
 
Hallo,

Zitat von Bernd_E_Hoffmann:
... die Daten des Abstiegs wären vermutlich niemals so genau mit der Lupe untersucht worden, wenn die Landung geklappt hätte.
ein ehemaliger Kollege sagte immer: " Wenn der Versuch auf Anhieb klappt, dann liegt der Fehler tiefer. " So Unrecht hatte er damit nicht.

Zitat von maximilian:
Oft ist beim Ausscheiden eines Mitarbeiters der Nachfolger noch gar nicht da.
Natürlich nicht. Wenn eine Stelle im öffentlichen Dienst besetzt ist, ist sie besetzt. Eine zweite, temporäre Stelle gibt es nicht, wo soll die auch herkommen.
Man will natürlich nur die Besten haben und über Geld redet man als Bewerber nicht gleich zu Anfang. Wenn es dann zum Schwur kommt und der potentielle Nachfolger erfährt, was er verdienen wird, springt mancher wieder ab. " Für so wenig Geld kann ich nicht arbeiten ", alles schon erlebt. Und dann geht´s wieder von vorne los.

Gruß Uwe
 
Hallo,

so, die Meldung der ESA zur fehlgeschlagenen Landung is endlich da. Der vorläufige Bericht über den "ExoMars Schiaparelli anomaly" gibt als Ursache unerwartete Daten der "Inertial Measurement Unit (IMU)" (Trägheitsnavigation) an. Dieses Messgerät soll für etwa eine Sekunde - länger als erwartet - einen Maximalwert geliefert haben. Daraus hat dann die Steuerung eine negative Höhe über dem Boden berechnet. Negativ bedeutet unterhalb des Bodens woraus die Software schlussfolgerte, dass Schiaparelli bereits gelandet ist und den Fallschirm abwarf, kurz die Bremstriebwerke zündete und danach die Prozeduren für den Betrieb nach der Landung begann. Das war bei einer Höhe von etwa 3.7 km über dem Boden.
Laut Meldung wird die Untersuchung fortgesetzt und Anfang 2017 wird es einen vollständigen Bericht geben. Vermutlich geht es darin um die Warum Frage, ob einzelne unerwartete Daten ungenügend verifiziert wurden und warum die Erwartungen von der Realität abgewichen sind.

Gruss und cs,
Bernd
 
Hier bei Daniel Fischer wird es ganz gut erklärt.
(Etwas runterscrollen zu "Warum Schiaparelli abstürzte: Software-Mängel aufgedeckt".)

Die Sonde schaukelte bei der Fallschirmentfaltung "zu schnell",
was dazu führte, dass der Sensor für die Drehgeschwindigkeit (nicht Position!)
in die Saturation ging (d.h. war "am Anschlag").

Nun wurde dummerweise dieser und nur dieser Wert dazu benutzt,
die räumliche Orientierung der Sonde zu bestimmen,
und zwar durch Integration, also Aufsummieren der Messwerte.
Zwar bemerkte der Sensor selber dass er am Anschlag war,
aber die Hauptsoftware war für diesen Fall nicht programmiert und ignorierte ihn.

EDIT: Genau genommen war wohl der Fehler ein Flag des Sensors,
das diesen Fall anzeigte, aber offenbar nicht schnell genug wieder zurück gesetzt wurde.
Oder irgendwie so ähnlich...

Das Ergebnis war, dass die berechnete Raumlage von der realen schliesslich um 165°(!!!) abwich,
d.h. für den Bordcomputer stand die Sonde quasi Kopf,
oder, mathematischer ausgedrückt, der Vektor in x-Richtung (die Vertikale)
hatte ein negatives Vorzeichen (positiv nach unten).

Auch dieser Fall war nicht vorgesehen (sprich: nicht von der Software als unplausibel erkannt),
und weil dieser Wert aber in der Höhenberechnung verwendet wurde,
hatte dann folglich auch die ein negatives Vorzeichen.
Auch das war nicht vorgesehen, der Wert war sozusagen einfach
"kleiner Sollwert an der Oberfläche", und folglich wurde die
"Gelandet-Sequenz" ausgeführt: "Alles aus!"
(Genau genommen war es hier etwas komplexer, siehe Text von Daniel Fischer.)
Und... plumps. :erschreck:

Ein bisschen erstaunlich ist dieses Szenario schon für mich,
ich dachte immer dass es zur Grundausbildung eines Programmierers gehört,
alle denkbaren Fälle für anfallende Daten in der Software irgendwie abzufangen.
Und sich abhängig machen von einem einzigen Sensor, der dazu auch noch integriert,
also alles inklusive Fehler aufsummiert, erscheint mir schon etwas... :augenrubbel:

Sonnige Grüsse vom MittelMeerDobservatorio
Thorsten
 
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