Sternform, Sterntest und Interpretation

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Berlinsky

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Hallo Zusammen,

ich würde gerne die Sternform meines TSAPO72F6, FPL53 Doublet etwas besser verstehen. Zunächst einmal gehe ich davon aus, dass der Durchmesser der Airy-Disk (bis 1. Nullstelle) für ein f/6 Teleskop bei 550nm ca. 8 micron beträgt. In meinen Bildanalysen erreiche ich eine FWHM von ca. 5.25 micron. Das ist in etwa konsistent und lässt mich glauben, dass ich den Fokus gut einstellen kann. In meinen gestreckten Bildern ist mir aufgefallen, dann an sehr hellen Sternen kein homogener, symmetrischer Intensitätsverlauf von der Mitte nach außen hin auftritt. Ich erkenne sehr leichte strahlenförmige Ausbrüche.

Hier ein Beispiel meines ungestreckten und gestreckten Fokus (Vega, 0.3s Belichtungszeit):
Fokal.png


Die Qualität der Darstellung ist nicht toll, ich glaube aber meine strahlenförmigen Ausbrüche sichtbar zu machen.
Daraufhin habe ich das Beugungsmuster intra- und extrafokal aufgenommen, wobei der axiale Abstand zwischen zwei Bildern ca. 1mm beträgt. Hier nun das intrafokale Verhalten:
Intrafokal.png


Ich sehe hier eine leichte Abweichung von der idealen Kreisform (roter Ring zum Vergleich), jedoch keine Ausbrüche.
Nun zum extrafokalen Verhalten:
Extrafokal.png

Der Intensitätsabfall radial ist deutlich diffuser und ich glaube statt der Intensitätsausbrüche nun leichte Einbrüche zu sehen.

Vermutlich sollte ich zufrieden sein, da dieser kleine Apo bisher sehr schöne Bilder geliefert hat, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich eher um ein kostengünstiges Einstiegstelekop handelt. Dennoch möchte ich das Verhalten gerne verstehen. Ich hoffe, dass einige Optikexperten hier evtl. etwas Licht ins Dunkel bringen können.

Im Voraus vielen Dank für Eure Einschätzung.

Viele Grüße - Oliver
 
Die Frage ist: Was zeigt das Teleskop am künstlichen Stern?

Es kann auch einfach sein, dass das Seeing (sehr) schlecht war. 3–4'' sind auch für einen 72mm APO ein Problem.

CS,
Jörg
 
Hallo Oliver, @Berlinsky

Dennoch möchte ich das Verhalten gerne verstehen
Danke Dir für den Beitrag. Für mich ist die Interpretation von Sterntest auch in etwa wie Kaffeesatz-Lesen wo ich einfach keinen technischen Zugang finden kann. Ich denke es geht vielen anderen ganz ähnlich. Ich würde mich freuen hier was dazu lernen zu können!

Nur ...
Was zeigt das Teleskop am künstlichen Stern?
der Hinweis zum künstlichen Stern kommt oft und ich frage mich dann immer wie und wo andere Leute die Möglichkeit haben einen künstlichen Stern 50, 100 oder 200m entfernt aufzuhängen und zum Test zu verwenden? :beobachten: Dazu müsste ich meinen über-über-nächsten Nachbarn bitten ... oder gibt es inzwischen einen künstlichen Stern für's Wohnzimmer oder für 10, 20 Meter? Ich würde mich freuen hier neue Anregungen und Wissen zu bekommen ...

MünchenBeiNacht-Ewald
 
Vielleicht noch eine Ergänzung: TS weist in diesem Beitrag hier darauf hin, dass es bei dem high-end TSAPO155F8 keine Lichtausbrüche gibt, da hochwertige Fassungen für die Optik verwendet werden.

Kann ich daraus schließen, dass die Lichtausbrüche durch die Fassung in meinem TSAPO72F6 verursacht werden, ähnlich dem Problem mit nicht abgedeckten Clips in Spiegelteleskopen?

CS - Oliver
 
Hallo Oliver,

die Bilder sind also am echten Stern entstanden?
Dann ist das relativ stark ausgeprägte Unterkorrektur.
Die "Ausbrüche" meine ich, werden verursacht durch irgendwas im Strahlengang (Abstansplättchen im Objektiv; wobei das dann eher 3 wären und nicht 4).
Die nicht ganz runde Form wahrscheinlich durch Luftturbulenz im Tubus.

Gruß Martin
 
Hallo Oliver,

wenn Du ein bisschen englisch kannst, besorge Dir doch das Buch von
Harold Suiter "Star Testing Astronomical Telescopes".
Dort findest Du Alles über den Sterntest und viele Beispielbilder zum Vergleichen.
Zu Deinen Bildern:

Sie sehr typisch für schnelle Doublett Apos, die ja noch nicht ganz farbrein sind, so dass die
defokussierten Sternabbildungen nie ganz gleich sind.
Mögicherweise hat er eine leichte sphärische Abberration, was aber bei einem Photoapo nicht ins Gewicht
fallen sollte, das das Seeing beim Fotographieren den Stern sowieso verschmiert.
Man müsste den Sterntest mit einem scharfen Grünfilter machen (z.B. Baader Solar-Continuum).
Vega ist ein schlechtes Sternbeispiel; diese Lichtausbrüche sind Effekte ,
die durch das Seeing bedingt sind an hellen Sternen. Nimm einen Stern 2. Größe, dann hast Du diese Lichtausbrüche
deutlich reduziert und das Beugungsbild im Fokus wird deutlich beruhigt.
Mache Sterntests nur bei gutem bis sehr gutem Seein (Pickering 8 - 10) oder am künstlichen Stern, der
allerdings mindestens in 20-30-facher Brennweite, besser 50-facher stehen sollte. Bei dem kleinen
Apo sicher kein Problem.
Dein Focusbild sieht für die schlechten Bedingungen und Vega eigentlich recht ordentlich aus.

Soweit erstmal

Gruß Michael
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Oliver,

die Bilder sind also am echten Stern entstanden?
Hallo Martin,
ja, vorgestern an Wega ausgenommen.

Dann ist das relativ stark ausgeprägte Unterkorrektur.
Ist das evtl. inhärent in dem FPL53/Lanthan Doublet Design?

Die "Ausbrüche" meine ich, werden verursacht durch irgendwas im Strahlengang
Der Blick in den Tubus zeigt nur die geschwärzte, kreisrunde Linsenfassung sowie die Baffles weiter hinten, keine Anzeichen von irgendwelchen Objekten, die die Kreissymmetrie brechen.

CS - Oliver
 
Man müsste den Sterntest mit einem scharfen Grünfilter machen (z.B. Baader Solar-Continuum).
Vega ist ein schlechtes Sternbeispiel; diese Lichtausbrüche sind Effekte ,
die durch das Seeing bedingt sind an hellen Sternen. Nimm einen Stern 2. Größe, dann hast Du diese Lichtausbrüche
deutlich reduziert und das Beugungsbild im Fokus wird deutlich beruhigt.

Danke Michael. Ich sehe diese Lichtausbrüche an allen hellen Sternen, unabhängig vom Seeing in allen meinen Bildern, z.B. hier. Mir geht es nicht wirklich um den Sterntest, den habe ich eher durchgeführt, um Anhaltspunkte für die Ursache zu finden.

CS - Oliver
 
Zuletzt bearbeitet:
die Ausbrüche können verursacht werden durch die kleinen Plastikschrauben, die etwas auf die Linsen drücken und dann zu Spannung im Glas führen, die sich dann in diesen Spikes zeigen.
cs Joachim
 
die Ausbrüche können verursacht werden durch die kleinen Plastikschrauben, die etwas auf die Linsen drücken und dann zu Spannung im Glas führen, die sich dann in diesen Spikes zeigen.
Hallo Joachim,

ist kenne den inneren Aufbau der Linsenfassung nicht, würde man dann aber nicht eher eine dreizählige Symmetrie erwarten?

Noch zur Info: der Effekt zeigt sich bei -10°C genau so wie bei +25°C.

CS - Oliver
 
Hallo Oliver, @Berlinsky


Danke Dir für den Beitrag. Für mich ist die Interpretation von Sterntest auch in etwa wie Kaffeesatz-Lesen wo ich einfach keinen technischen Zugang finden kann. Ich denke es geht vielen anderen ganz ähnlich. Ich würde mich freuen hier was dazu lernen zu können!

Nur ...

der Hinweis zum künstlichen Stern kommt oft und ich frage mich dann immer wie und wo andere Leute die Möglichkeit haben einen künstlichen Stern 50, 100 oder 200m entfernt aufzuhängen und zum Test zu verwenden? :beobachten: Dazu müsste ich meinen über-über-nächsten Nachbarn bitten ... oder gibt es inzwischen einen künstlichen Stern für's Wohnzimmer oder für 10, 20 Meter? Ich würde mich freuen hier neue Anregungen und Wissen zu bekommen ...

MünchenBeiNacht-Ewald
Hi Ewald,

gehört, glaube ich, nicht hier her, aber mir geht's genauso. ;)
Künstlicher Stern habe ich. Aber die Anwendung für meinen 12 und 20 Zoll Dobson kann ich vergessen.
So einen grossen Abstand, der notwendig wäre, bekomme ich hier nicht. Da bräuchte ich ein Park-ähnliches Grundstück. ;)
Und dann ist es so, den künstlichen Stern, zB schon in 20m Abstand, bekomme ich gar nicht ins Okular, da die Umgebung der Nachbarschaft nicht komplett dunkel und viel zu hell ist. Das müsste es sein, um überhaupt etwas zu sehen. Echte Astronomie Beobachtung am Himmel dagegen ist in meiner Vorstadt Umgebung trotzdem ganz ok.
Ich glaube es geht vielen so.

Vielleicht bekomme ich es mal in den Griff, aber im Moment liegt's auf Eis.
Bringt eh nichts, die Optik ist wie sie ist und ich bin zufrieden. ;)

Gruß
Peter
 
Also das mit den Justierschrauben ist eine gute Idee, wenn alles andere ausscheidet.
Falls also Deine Objektivlinsen mit 4 seitlichen Schrauben zentriert wurden, könntest Du versuchen,
diese minimal zu lockern. Da gehört viel Fingerspitzengefühl dazu, sonst geht die Zentrierung
verloren. Das hatte ich mal an einem alten Meade ED-Apo auch schon.
Den Astigmatismus (ovale Sternscheibchen, die um 90° beim Durchgang durch den Focus drehen),
sehe ich in Deinen Bildern übrigens nicht.

Gruß Michael
 
So, ich habe mal im Suiter nachgeguckt und in der Tat, es sieht nach ganz schwacher
Druckverformung durch die Zentrierschrauben aus, wenn denn die Linsen durch solche
gehalten werden. Der Effekt ist allerdings sehr schwach, auch in dem von Dir verlinkten Bild.
Auch die Unterkorrektur (oder ein flacher Rand) könnte noch sein, wie Martin weiter oben
schon erwähnte.
Aber wie auch Dein Bild zeigt, photographisch alles weniger erheblich.

Gruß Michael
 
So, ich habe mal im Suiter nachgeguckt und in der Tat, es sieht nach ganz schwacher
Druckverformung durch die Zentrierschrauben aus, wenn denn die Linsen durch solche
gehalten werden. Der Effekt ist allerdings sehr schwach, auch in dem von Dir verlinkten Bild.
Auch die Unterkorrektur (oder ein flacher Rand) könnte noch sein, wie Martin weiter oben
schon erwähnte.
Aber wie auch Dein Bild zeigt, photographisch alles weniger erheblich.

Gruß Michael
Hallo Michael,

vielen Dank für die Mühe, das hilft mir sehr. Ich werde zunächst einmal mit Hilfe einer Blende das Ausmaß dieses evtl. mechano-optischen Effektes untersuchen. Falls der Einfluss groß ist, dann muss der Händler ran, damit ich die Zentrierung nicht verliere.

Viele Grüße und CS - Oliver
 
Hallo Michael,

ich habe den Effekt ein wenig weiter untersucht. Wie bereits zuvor wurde Wega belichtet, hier in beiden Fällen 0.3s. Das linke Bild (gestreckt) zeigt Wega in Fokuslage bei voller Apertur (72mm). Das rechte Bild (gestreckt) zeigt Wega in Fokuslage bei reduzierter Apertur, abgeblendet auf 60mm mit einer gebastelten Blende aus schwarzem Karton. Da die Größe des Beugungsscheibchens proportional mit dem Öffnungsverhältnis skaliert, erwartet man im abgeblendeten Fall (rechts) eine um 20% größere Wega (f/7.2 vs. f/6). Das sieht man hier jedoch nicht, da das Beugungsscheibchen nur wenige Pixel groß ist. Stattdessen sehen wir die Strahlungsanteile weit außerhalb, verursacht durch Abbildungsfehler. Anhand des Bildes kann also geschlossen werden, dass die Abbildungsleistung im abgeblendeten Fall deutlich verbessert ist, das war aber auch nicht anders zu erwarten. Die ursprüngliche Frage, on die Strahlungsausbrüche durch mechano-optische Effekte in der Linsenfassung verursacht werden kann wahrscheinlich dennoch nicht beantwortet werden. Nun ist aber wohl bestätigt, dass es sich nicht um atmosphärische Effekte handelt, auch die Kamera liefert hier keinen Beitrag. Die Ursache liegt im Objektiv. Übrigens, ich habe mir auf Astrobin zahlreiche hochaufgelöste Bilder von hellen Sternen angesehen, die mit Apos generiert wurden. Wenn man genau danach sucht, dann treten die Strahlungsausbrüche in sehr vielen Bildern auf. Die Frage ist nur, wie groß ist der Effekt und kann man etwas dagegen unternehmen. Die für mich einfachste Lösung scheint hier ein leichtes Abblenden, macht man ja mit jedem Objektiv so.

72mm vs. 60mm.png

Viele Grüße - Oliver
 
Hi Oliver,

was hast du denn bei den Bildern für einen Pixelscale oder wie gross ist der FWHM des Sterns?
Sprich ist das in der Grösse des übllichen Seeings von 2 Winkelsekunden?

MM müsstest du bei der Abblendung auch die Belichtungszeit vergrössern (Faktor ca. 1,4, wenn ich richtig gerechnet habe), damit die gleiche Lichtmenge auf den Chip trifft. Es gibt ja Effekte die einen Licht-Punkt durch Überstrahlung auf dem Chip proportional zur Lichtmenge etwas ausschmiert.

Am besten wären natürlich kontrollierte Bedingungen durch einen künstlichen Stern.

Gruß
Peter
 
Hi Peter,

was hast du denn bei den Bildern für einen Pixelscale oder wie gross ist der FWHM des Sterns?
1.7arcsec/px, FWHM ca. 5 micron

MM müsstest du bei der Abblendung auch die Belichtungszeit vergrössern (Faktor ca. 1,4, wenn ich richtig gerechnet habe
Habe ich gamacht (0.3s, 0.5s, 1.0s). Der Einfluss auf das gestreckte Bild ist sehr gering.

Es gibt ja Effekte die einen Licht-Punkt durch Überstrahlung auf dem Chip proportional zur Lichtmenge etwas ausschmiert.
Ja genau, das wollte ich hier qualitativ sehen

CS - Oliver
 
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Es sind keine weiteren Antworten möglich.
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