Re: Hartmut_Siebert
Hallo Hartmut,
das Ausbleiben einer angemessenen Reaktion oder eines konkreten Gerätevorschlages auf Svens durchaus zielführenden Richfieldervorschlag überrascht mich nicht, auch und gerade nicht seitens der ausgewiesenen Linsenfreunde. Sie haben in ihrer Apomanie eine ganze, m.E. wichtige, Teleskopgattung schlicht vergessen.
Meine eigene Suche nach einem solchen Gerät veranlasste mich kürzlich an anderer Stelle zu folgendem Statement, auch wenn ich für meine Bedürfnisse NOCH eine befriedigende Lösung fand.
>>>>>>>Sven hat es schon rot hervorgehoben, man hat oft den Eindruck, der Nutzer ist dem
Hersteller/Händler wurscht und das Marketing befriedigt eher sich selbst als den Kunden.
Sehen wir uns Mal die Situation um die Weitfeldrefraktoren an.
Da gibt es nun Apos, die recht teuer sind, aber auch im Rahmen der vorgegebenen Öffnung planetentauglich. So weit ok, aber um dieses Spiel bis 60 mm Öffnung zu betreiben muss erst Mal ein Bedürfnis geweckt werden das bis auf wenige Spezialfälle die es immer gibt, gar nicht besteht. Wer unbedarft auf die aggressive Werbung und Präsentation hereinfällt zahlt viel Geld für wenig Nutzen. Gleiches gilt übrigens m.E. ganz extrem für diese unseligen 4,5-zölligen kathadioptrischen Newtons mitsamt dazugehörigem GoTo.
Bleiben wir aber bei den Refraktoren, die es ja dann auch als viel zu kurze FHs gibt, was für einen Richfielder bei zweckbestimmter Anwendung aber nicht störend ist. Der offensichtliche Niedergang dieser Geräte ist sicher teilweise dem Aufkommen der Apos und der größeren günstigen zudem „farbreinen“ Spiegel geschuldet, aber verfehltes Marketing setzt so langsam zum Todesstoß an und ignoriert einen durchaus bestehenden Bedarf.
Anstatt mit aufwändiger Werbung und halbherziger Verkleinerung des Öffnungsverhältnisses einer nicht zu erlangenden Planetentauglichkeit hinterher zu hinken sollte man bei F/5-6 Geräten um 4“ bleiben und muss dringend auf ordentliche Linsenqualität und Mechanik achten. Das große erreichbare Feld ist der riesige Vorteil dieser Geräte schlechthin und den sollte man nicht zugunsten halbherziger Kompromisse wegwerfen. Ganz nebenbei blieben noch die ebenso berechtigten wie schädlichen Farbfehlerdiskussionen aus.
Viele Sternenfreunde, gerade Besitzer großer Dobsons mühen sich mit einem 114/450er Newton als „Supersucher“ ab, basteln das Gerät auf 2“ um und sind Obstruktion und kritischem Öffnungsverhältnis zum Trotz sehr zufrieden damit.
Sie tun es, weil große Geräte oberhalb von etwa 12“ Öffnung nicht genug Feld für Großfeld bieten und auch, weil ein erschwingliches und gleichzeitig gutes Linsenteleskop am Markt fehlt. Die kurzen Skywatcher-Linsen haben wohl, wie ich aus einer laufenden Sache weiß, nicht unerhebliche Qualitätsprobleme, ansonsten wird der Markt dünn und dünner und letztlich wird man, wenn es so weiter geht, „Schrott“ akzeptieren müssen oder man muss es eben lassen. Die Schuld daran trägt dann nicht allein der Kunde. Da nicht Jeder einen Newton passend basteln kann und will, gäbe es durchaus auch künftig einen Markt für passende Geräte.<<<<<<<<
Hier noch der Test, welcher die Entscheidung für mein künftiges Gerät erbrachte. Es ist zwr nur ein 4-Zöller, aber für ernsthafte Interessenten an ähnlichen Geräten lohnt es sich, weiter zu lesen.
Einleitend möchte ich einen Sternenfreund zitieren, der system- und örrnungsübergreifend Teleskope nach ihrem Einsatzzweck und ihrer entsprechenden Leistung einzusortieren versteht und sie lieber nach dem was sie können, als nach dem was sie nicht können beurteilt.
Er macht sich in letzter Zeit etwas rar in diesem Forum, was ich aufgrund seiner positiven Einstellung durchaus verstehen kann.
„Eineguter 120er Richfieldlinse ist für mich der beste Kompromiss aus Öffnung, Feld und Transportfähigkeit und wenn, dann richtig, F/5.“
>>>>>wie angekündigt und da zum Thread passend nun der Bericht zur
Anschaffung eines 100mm Richfielders / Skywatcher vs TS-WFT.
Um das Ergebnis vorweg zu nehmen:
Der 102/500er Großfeldrefraktor von Skywatcher erwies sich im Sinne der Anforderungen und in der Summe der Eigenschaften als das Gerät der Wahl.
Für den Test mit der vorhandenen Okularausstattung
40 mm Erfle Okular 2“,
38 mm TSWA 2“,
30 mm WB 2“,
1,5/2fach Barlow von Antares,
wurden die beiden Geräte von TS zur Verfügung gestellt, wobei seitens TS der WFT schon als reines Richfieldgerät für geringe Vergrößerungen deklariert wurde.
Die Refraktoren sollen neben den beiden 8“ F/6 Dobsons für Fred und mich als Zweitgeräte für die reine Großfeld- und Nebelbeobachtung zum Einsatz kommen, sowohl einzeln auf einem Stativ, als auch –nach Möglichkeit- in Kombination mit einem Dobson.
Dieser bestimmungsgemäße Einsatzzweck schließt natürlich die Anwendung höherer Vergrößerungen zu Testzwecken (Optik, Farblängsfehler pp) nicht aus, wobei wir weder den Anspruch noch die Ausstattung für den perfekten Test haben. Unter Berücksichtigung des Preis-/Leistungsverhältnisses sind unsere Augen das Maß der Dinge.
Der blaue Skywatcher kommt mit 2,7 kg Gewicht und typischem Refraktoroutfit aus der Verpackung, während der 3,5 kg schwere graue TS irgendwie den Charme eines Ofenrohrs mit Reduziermuffe versprüht. Das Ding wirkt klobig und ist, trotz fast identischer Baulänge (durch einschiebbare Taukappe) wesentlich größer als der Skywatcher. Modernere Menschen als ich könnten das Design gradlinig und schnörkellos nennen.
Ist die Taukappe des Skywatcher schon knapp bemessen, erreicht die ausgefahrene Taukappe des TS nicht Mal den halben Objektivdurchmesser und ist damit hoffnungslos zu kurz.
Der Zahn- und Trieb OAZ des Skywatcher ist mechanisch grob, aber solide aus Metall und weist leichtes Spiel auf. Der WFT-Auszug kippelt da schon merklicher und die dünne Welle eiert sichtbar bei Drehbewegungen. Nun, „you get what you pay for“, da wären in beiden Fällen geeignete Maßnahmen zu finden, um die Probleme deutlich zu lindern. Schon jetzt schleicht sich aber die Frage in die Gedankengänge, wie der WFT-OAZ in diesem zustand die Mitte der schön grün schimmernden Objektivlinsen finden soll, zumal ein 2“ Zenitspiegel und ein entsprechendes Okular nicht eben zentrierende Wirkung zeigen werden. Da lässt der Skywatcher den durchaus begrenzten Hoffnungen mehr Raum.
Der Skywatcher findet seinen Platz auf der TS-AZ Montierung mit kurzen Stellknöpfen, die für dieses Gewicht sehr Vertrauen erweckend aussieht, dieses Vertrauen in der Folge trotz eines etwas mager aussehenden Alu-Stativs voll rechtfertigt und auch von der Handhabung her überzeugt.
Der WFT wird von der etwas unterfütterten Monoschelle einer Celestron Nexstar GT Montierung aufgenommen, die ebenfalls leicht mit der Zuladung fertig wird.
Wie üblich ist der Himmel bis zum Vorabend der Lieferung klar um dann für mehrere Tage kein Gestirn sehen zu lassen, aber endlich ist es so weit und der Beobachtungsplatz kann an einem sternklaren Abend aufgesucht werden.
6 Mag sind dort keine Seltenheit und werden auch an diesem Abend fast erreicht. Zufällig ergeben sich mit dem Skywatcher + 30 mm und dem WFT + 38 mm Okular Vergrößerungen um 17fach und annähernd gleiche AP.
Ein großer Lichtsammelvorteil des WFT wurde nicht erwartet und entfiel auch gänzlich. Sehr schnell fiel auf, dass der Skywatcher mit allen möglichen Okularkonfigurationen im Zentrum des Geschehens die schärfere Sternabbildung lieferte. Man konnte auch bei hellen Sternen von punktförmiger Sternabbildung sprechen, während der WFT schon bei Sternen mittlerer Helligkeit strahlenförmige Ausbrüche lieferte. Am WFT konnte auch die Zweifachbarlow nicht eingesetzt werden, da der intrafokale Weg nicht ausreichte, es war nur die Kombination mit dem Linsenelement, also Faktor 1,5 möglich.
Was die Sternabbildung des WFT verdarb wurde im Sterntest bei Übervergrößerung deutlich.
Vom Stern aus gab es strahlenförmige Ausbrüche (nach rechts) und das Zentrum ungleichmäßig hell. Nirgendwo im Bildfeld war eine merkliche Abschwächung dieses Fehlers erreichbar. Da sich dieser Fehler ohne justierbare Fassung und nur über die Ausrichtung des OAZ kaum beheben lassen wird, fällt dieser WFT aus der Verlosung.
Doch selbst ein intakter WFT hätte sich wohl unter Berücksichtigung der Anforderungen geschlagen geben müssen, da der Skywatcher ein erheblich größeres Feld lieferte und die Sternabbildung z.B. mit dem 30er BW erst am äußersten Rand des 80° großen Feldes unansehnlich wurde, während 80% als gut nutzbar, 60% als sehr scharf anzusehen waren. Dieses Okular funktioniert am 8“ f/6 Newton ähnlich, am F/5 Newton deutlich schlechter.
Eine freudige Überraschung gab es mit dem 38er TS + 2“ Baader O III am Skywatcher. Bei 7,75 mm AP (!), um 4° Feld, Cirrus hell und komplett mit allen Teilen, Nordamerika und Pelikan vollständig, strukturreich und alles immer noch mit Feld drum herum.
Ich hatte lange gezögert, mir den engen Baader O III für den 8-Zöller zu kaufen und nun funktioniert das Teil prächtig am 4-Zöller, nicht nur bei „Über-AP“ sondern auch mit dem 30er Okular bei 6,2 mm AP. Ein ebenfalls vorhandener O III von Televue kommt da nicht mit.
Das war mehr als die Zielvorgabe, das wollten wir sehen. Auch ohne Filter, z.B. die Plejaden oder der Doppelhaufen im Perseus, im 30 mm BW traumhaft schön.
Mit dem dejustierten WFT und dem 38er Okular wurde noch Mal Cirrus anvisiert. Das Feld reicht gerade, um alle Teile einzufangen, aber die beiden äußeren Teile sind eben so randnah, dass unter Berücksichtigung der Randunschärfe der vorhandenen Okulare auch mit einem sauber justierten WFT keine gute Abbildung zu erwarten ist.
So macht der WFT also Platz für den 114/450er Newton, der ohnehin zu der Montierung gehört. Für meinen „Anfängerfehlkauf“ gibt es ein 32er Plössl, ein 25er Plössl und ein 20er TS-Blaukante, alles für F/4 suboptimal, bis auf meine Speers Reihe ab 14 mm, aber das hat dann mit Großfeld nichts mehr zu tun. Das kleine Newton schlägt sich eigentlich recht tapfer, das 32er Plössl geht zwar am Rand deutlich in die Knie, bevor es richtig grausam wird, ist aber das knappe Gesichtsfeld ohnehin zu Ende. Cirrus passt nicht komplett ins Feld, auch will das Bild dunkler erscheinen als im Linsenteleskop mit 100 mm Öffnung. Der 1 ¼“ O III von Astronomik funktioniert am 8“ Dobson sehr gut, dennoch erscheint der Nebel am Linsenteleskop mit Baader O III deutlich heller und strukturierter. Allerdings sind wir nun schon in der zweiten Beobachtungsnacht und heute ist der Himmel etwas schlechter als am ersten Abend. An einigen weiteren Objekten wird sehr schnell deutlich, dass das kleine Newton in dieser Konfiguration für Großfeld dem kleinen Linsenteleskop deutlich unterlegen ist.
Ein 22er LVW stände dem Newton sicher gut, löst aber den Gesichtsfeld und AP Nachteil nicht und ein Umbau auf 2“ + F/4 taugliches Übersichtsokular sprengt die Grenzen unserer Kosten-/Nutzenrechnungen bei Weitem.
Noch mal tritt die kleine Skywatcher Linse zum Sterntest in Übervergrößerung an. intra- wie extrafokal entwickeln sich aus dem Sternpunkt zwei schöne, kreisrunde, gleichmäßig helle Scheiben. Bei Annäherung an den Fokus aus jeder Richtung werden scharf begrenzte Ringe sichtbar, die immer schmaler werden und enger zusammen rücken und bis kurz vor dem Fokus erhalten bleiben. Im Gegensatz zum Newton ergibt sich dabei auch ein sehr farbiges Schauspiel. Nun ja, Fraunhofer hatte auch längere Röhren im Sinn. Ganz knapp vor dem Fokus, kaum noch sichtbar, bildet sich eine dreieckige Figur die sich gleich darauf zum Sternpunkt vereinigt. Das gibt Rätsel auf, denn es will zum Rest der guten Vorstellung nicht passen. Das Ganze vibriert ein wenig und ich schätze, dass dieses Bild seeingbedingt ist und selbst wenn eine winzige Dejustierung /Dezentrierung der Linsen die Ursache ist, so tut das unseren Zwecken keinen Abbruch.
So haben wir also einen kleinen kurzen Refraktor als Spezial- und Zweitteleskop für unsere Großfeld-/Nebelbeobachtungen gefunden und hoffen, durch Veloursauskleidung, eine strammere OAZ-Führung, eine Verlängerung der Taukappe und eine möglicher Weise noch anstehende Tubuskürzung (der Fokus liegt doch z.B. mit 2fach Barlow sehr weit innen, knapp am Anschlag), die Abbildungsleistung noch etwas zu steigern. Die Notwendigkeit solcher Maßnahmen und das Fehlen einer justierbaren Objektivfassung halten wir unter Berücksichtigung des Anschaffungspreises für akzeptabel.<<<<
Für höhere Ansprüche an optische und (vor Allem) mechanische Qualität kann ich leider
nicht mit konkreten Gerätevorschlägen dienen.
CS
*entfernt*