Hallo Jan, in der Tat, der oben genannte Messwert von 2.05"/Jahr für die Venus, welcher in der zitierten Modellrechnung genannt wird, ist tatsächlich sogar noch niedriger!
Hier sind die "offiziellen" Beobachtungswerte vom Bureau des Longitudes:
Perl:
Perihelionpräzession ("/Jahr)
Merkur 5.719
Venus 0.175
Erde 11.612
Mars 15.980
Jupiter 7.758
Saturn 20.395
Uranus 3.215
Neptun 1.050
Credit:
J.L. Simon et al.: Numerical expressions for precession formulae and mean elements for the Moon and the planets
Dort findet man in Abschnitt 5.9 (Mean elements of the planets) jeweils in der vierten Zeile die Perihellänge ω als zeitliche Reihenentwicklung, wobei die Zeit t in Jahrtausenden von J2000 (JD 2 451 545.0) gemessen ist. Für die momentanen Präzessionswerte reichen natürlich die linearen Terme.
Und wenn man anstelle des simplen Ringmodells eine realistische Simulation durchführt, basierend auf
JPL Planetary and Lunar Ephemerides, mit allem himmelsmechnischem Pipapo einschließlich relativistischer Effekte, dann bekommt man sogar für die Venus gute Übereinstimmung mit den beobachteten Werten (*)
Relativistic Perihelion Precession of Orbits of Venus and the Earth
(*) wobei die dort aufgeführten Zahlenwerte jeweils nur den relativistischen Beitrag angeben, nicht aber die klassischen Beiträge aus der Wechselwirkung mit den übrigen Planeten.
Somit kann man zwar den aktuellen Orbit der Venus mit seiner extrem niedrigen Exzentrizität und ebenfalls sehr niedrigen Perihelpräzession im Gesamtgefüge der planetarischen Wechselwirkungen plus relativistischer Effekte stimmig beschreiben. Aber warum gerade die Venus so einen nahezu kreisförmigen Orbit hat, das weiß man noch nicht.
Es ist durchaus möglich, dass sich das langfristig auch ändert. Wer weiß, vielleicht wird dann der Erdorbit für eine gewisse Zeit "zirkularisiert". Oder wir tauschen mit Mars eine größere Exzentrizität.
Gruß, Peter