9 Tage vor der Sommersonnenwende ...

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Achim

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Bericht vom 13.06.2020; 00.00h – 02.20h
Ausrüstung: Newton-Teleskop, Öffnung 428mm, Brennweite 1830mm, (f/4,25) Adler
Dobsonmontierung

verwendete Okulare: 21mm (87-fach) ; 13mm (140-fach), 10mm (183-fach), 8mm (228-fach), 6mm (303-fach) – Ethos-Serie, 9er Nagler mit 2,5-fach Powermate (505-fach)
Ort: Freies Feld bei Beerbach, ca. 405m üNN
Temperatur: 23.40h +82, C ; 02.30 +18 C
Seeing: 3, später 2-

Wetter: tags erst bewölkt, dann mehr und mehr aufklarend

Beobachtete Objekte:
Kometen: -
Planetarische Nebel: NGC6058, Vyssotsky1-2; NGC6741
Gasnebel: M16, M17
Quasar: -
Planeten: Saturn, Jupiter
Kugelsternhaufen: M92, NGC6229
Sterne: -
Galaxien:
CVN: HCG68 = NGC5353/5354/5350/5355/5358
CYG: NGC6946
Supernovae: -

Schon seit Dienstag schiele ich auf die Nacht von Fr. auf Sa. bei der Meteoblue Vorhersage. Tatsächlich wird es gut. Nils ist diesmal nicht mit dabei – er ist mit seiner Familie im Allgäu. Morgens mit dem Rennrad eine Runde, dann etwas Gartenarbeit. Wegen Kurzarbeit habe ich frei. Ich versuche etwas vorzuschlafen, diesmal bleibt es beim Dösen – ich bin nicht müde genug. Um 23.20h fahre ich los. Im NO ist es noch deutlich aufgehellt. Ich schiele nach tiefen Nachtleuchtenden Wolken – jedoch nichts dergleichen zu sehen. Vor Ort angekommen die Standard-Routine: Aufbauen, Justage an Polaris testen. Seeing ist o.k, der Spiegel muss aber noch etwas nachtemperieren. Ich lasse den Blick schweifen. Wenig Dunst, tief im Osten kann man schon das Band der Milchstraße tief liegen erahnen. Tief im Süden deutlich die Schere des Skorpions. Ich hatte mir viel Zeit gelassen; beginne hoch, fast schon zenitnah im Herkules. Da es noch nicht ganz dunkel ist will ich mit einem Kugelsternhaufen beginnen:

M92 - GC - HER (mag 6,5 – sbr 11,0; 11,2 * 11,2) SQM20,97
Oft ob des prominenteren M13 links liegen gelassen. Zu Unrecht, jedoch mit etwas anderem Charakter. Das Zentrum sehr hell und konzentriert, der Halbmassendurchmesser deutlich kleiner. Nach Außen ähnlich helle Sterne um Mag 11 / 12, meist kaltweis, teils mit einem Hauch von gelb. Nehme mir Zeit und betrachte im 13er, 10er und dann im 8er bei 228-fach; da füllt der GC das GF zum Großteil aus. Ein Genuss. Mache eine Skizze. Beim Aufsuchen dachte ich M92 schon mit bloßem Auge zu erahnen, lag aber falsch – es war eine Gruppe schwacher Feldsterne. Naja – bei Mag 6.5 Objekthelligkeit darf es nicht mehr dämmern.

In meiner Objektliste steht ein weiterer Kugelsternhaufen,

NGC6229 - GC - HER (mag 9,4 – sbr ?; 3,8 * 3,8) SQM21,14
Etwa 4 mal so weit entfernt wie M92 – hier ca. 100k LJ. Ich hatte das 13 Oku zum Aufsuchen verwendet und war sofort fündig. Recht hell – große Flächenhelligkeit. Der Halbmassenradius geschätzt ähnlich zu M13, damit flächiger als M92. Deutlich der hellere innere Bereich, auch der Außenhalo deutlich. Es braucht dann einiges an Vergrößerung, um bei diesem Objekt Sterne aufzulösen. Im 8er bei 228-fach granulär und blickweise erste einzelne Fünkchen; bei dieser Vergrößerung am unteren Rand einer gerade 3er Sternenkette um mag 14,5 schräg von 10h nach 4h. Im 6er Oku dann etwa 3 Dutzend Mini-Fünkchen, geschätzt um mag 15 im GF. Interessanter Kontrast, sehenswert.

Es ist merklich dunkler geworden, das Minimum der Nacht ist bald erreicht. Ich wechsle die Objektklasse, bleibe aber weiter hoch am Firmament:

NGC6058 - PN - HER (mag 12,9 – sbr 10,8; 25“ * 25“) SQM21,23
Unterhalb von Chi HER aus recht schnell eingestellt, im 13er Oku schon als Mini-flächiges Objekt erkennbar. Der OIII-Filter bestätigt dies deutlich. Im 8er ist der Zentralstern relativ einfach zu erkennen, ebenso ein kleiner, rundlicher Halo. Steigere bis 303-fach im 6er. Ich lasse das Objekt mehrfach durchs GF laufen. Mit Geduld zeigt sich eine Ringstruktur im Halo, die ungleich Hell ist. Gen 6h eine Lücke, gen 9h und 3h merklich heller. In meine Skizze finden nahe Feldsterne Einzug, einer auf 9h etwa 5‘ separiert ein Mag9, auf 6h ein mag 12 Funken etwa 7‘ entfernt. So kann ich in der Nachbereitung meine Skizze gut mit Aufnahmen vergleichen. Jep – passt alles recht gut.

Als ich abends meinen Ordner durchgeblättert hatte ist mir eine helle Hickson GX-Gruppe in den Jagdhunden aufgefallen: HCG68. Die steht noch relativ hoch. Dunkler wird’s nicht mehr, also drauf halten:

NGC5353 - GX - CVN (mag 12,0 – sbr ?; 2,2 * 2,1) SQM21,23
NGC5354 - GX - CVN (mag 12,3 – sbr ?; 1,4 * 1,3) SQM21,23
NGC5350 - GX - CVN (mag 12,2 – sbr ?; 3,2 * 2,3) SQM21,23
NGC5355 - GX - CVN (mag 13,9 – sbr ?; 1,1 * 0,7) SQM21,23
NGC5358 - GX - CVN (mag 14,3 – sbr ?; 1,2 * 0,5) SQM21,23
Auffinden wird richtig einfach, steht doch ein heller Feldstern (HD121197, mag 6,5) am Rand der Gruppe. Grob auf der Verbindunglinie Gamma BOO zu Alp CVN zu finden, zur Beobachtungszeit ca. 50 Grad hoch. WOW – das lohnt sich. Auf Anhieb im 13er Oku deutlich 3 GX’en. Knapp unterhalb des deutlich orangen Feldsterns , etwa auf 7h vielleicht 4‘ entfernt flächig-schwach NGC5350. Im 10er erahne ich Strukturen: eine kleine Spiralgalaxie Face-On. Der zentrale Nukleus erkennbar, relativ klein, zwei Spiralarme? Ich wage diese in meine Skizze einzufügen. Vom Feldstern gen 4h und 4h30 zwei GXen, deren Halos ineinander übergehen. Die gen 4h30 (NGC5354)rundlich mit flächigem Zentralbereich, die gen 4h (NGC5353)länglich, elliptisch mit ebensolchem Zentrum. Eben nachgesehen ist dies nur ein optisches Paar, NGC5353 steht schlapp 10 Mio. LJ vor der anderen. Die ganze Gruppe in Entfernungen um 100 .. 110 Mio. LJ. Noch etwas weiter weg vom hellen 6.5er Stern, ca. 8‘ separiert Richtung 5h30 die merklich kleinere, wenig konzentrierte nur leicht ovale NGC5355, dazwischen ein bei 228-fach grenzwertiges Paar Feldsterne. Die Gruppe komplettiert ein schwacher, merklich länglicher Schemen, der jedoch eindeutig – wenn auch nicht ganz einfach – identifizierbar ist. Der 6,5er Feldstern wird seitlich und oberhalb von 10.. 13er Lichtfünkchen garniert. Für mich eine der sehenswertesten HCG-Gruppen überhaupt.

Immer wieder ruft ein Käuzchen, sonst ist es – von Grillen/Zirkaden abgesehen völlig ruhig. Das breite Band der Milchstraße ist im Osten schon mehr als halbhoch gestiegen, voller Strukturen. Relativ blass in Cassiopeia, deutlicher im Cygnus, im Aquila mit großen merklich helleren Bereichen. Auch im Sagittarius deutlich erkennbar – wenig Horizontdunst. Das Sommerdreieck ob des dunklen Himmels mit Myriaden von Feldsternen gar nicht so dominant zu erkennen.

Zeit für etwas exotisches, einem PN, der nach einem russischen Astronom benannt ist: Vyssotzky 1-2

Vy1-2 – PN – HER (mag 12,3- sbr ?; 0,1” + 0,1”) SQM 21,24
die Zielregion ist schnell eingestellt. Ein Problem: viele ähnlich ‚helle‘ Feldsterne zwischen 11 und 13 Mag. Hier ist ein Filter ein Muss: dank Filterschieber kein Problem, so kann ich das Objekt ‚rausblinken‘ und Dingfest machen. Ein Stern unter vielen, keine Auffälligkeit ohne Filter, und mit Filter: ebenso - nur im Verhältnis zu anderen jetzt merklich heller. Ich steigere die Vergrößerung bis auf 300-fach; hmm … ein kleiner Ring … aber nicht völlig gesichert. Für mich ein schweres Objekt, trotz einiges an Zeit nur wenig gesehen. Ich mache eine Skizze der Region. Vielleicht hätte es noch mehr Vergrößerung gebraucht.

Nun geht’s tief: in den Schützen.

Zunächst zum Adlernebel (M16), der in unmittelbarer Nähe eines offenen Sternhaufens (NGC6611) zu finden ist. Im 8*50 Sucher so hell und flächig, den kann man gar nicht übersehen. Ohne Filter erahnbar, mit Filter deutlich, aber doch weniger spektakulär als in der Erinnerung (naja – Südhimmel..) So verweile ich nur kurz und schwenke gleich weiter zu

M17 - GN - SAG - (mag 6,0 - sbr 13,0; 11,0 * 11,0') SQM21,2
Man ist der toll! Mit Abstand der hellste Gasnebel des Sommerhimmels, wirklich sehr schön. Jau! "Dank" Newton sieht man die Schwanenkontur nach unten gekippt im Bild. Scharf abgegrenzt der helle gebogene Hals, an der Hell/Dunkelgrenze zwei markant helle Sterne, ca. Mag 10. Auch ein Augenstern mit geschätzten Mag 12 ist gut erkennbar. Der Schwan schwimmt in einem zart strukturierten Nebelsee, der mit Dauer der Beobachtung größer und breiter wird. Im Schwanenkörper Details satt und kräftig hell - eine Augenweide. Etwas separiert, ‚hinter‘ dem Schwan ein sichelförmiger Bereich an Aufhellung. Alles im OIII, im 13er bei 140-fach. Mehr braucht es nicht, so kann man recht gut den Überblick wahren. Der Komplex wird auch Omega-Nebel genannt, statt Schwanenhals lässt sich dieser griechische Buchstabe auch gut reininterpretieren.

Ich hatte noch ein Objekt für die Nacht notiert, in der Astrosoftware als ‚Phantom Streak‘ bezeichnet, das hatte neugierig gemacht. Ein PN im Adler

NGC6741 - PN - HER (mag 11,4 – sbr ?; 0,1” * 0,1”) SQM21,20
Hmm … schwieriger als gedacht das Teil Dingfest zu machen. Von Lamda Aql ist mit dem Sucher die Zielregion schnell eingestellt, hier in der Milchstraßenwolke wimmelt es nur so von Feldsternen. Mit Filter kann ich das Objekt rausblinken. Ich sehe aber keinen Halo, Steigere die Vergrößerung auf 300-fach. Naja, etwas länglich, aber klein. In der Nachbereitung lese ich, dass der PN einen rechteckigen Kasten bildet, der blieb mir verborgen. Eine Skizze der Region habe ich trotzdem angefertigt.

Die Zeit schreitet fort, das ist mir erst gar nicht so bewusst. Als der Blick schweift bleibe ich im Cepheus hängen, einer Region in der ich relativ selten verweile. Mir fällt eine große wenig flächenhelle GX wieder ein, dort wird hin gepeilt:

NGC6946 - GX - CVN (mag 8,8 – sbr 13,8;11,4 * 10,8) SQM21,14
Na? .. Na also. Von My Cepei ausgehend ist die Zielregion gleich gefunden. Hinter dem Milchstraßenband gelegen ist das Feld mit Lichtpünktchen nur so übersäht. Ich beobachte nur im 13er bei 140-fach. Es zeigt sich ein leicht schräg liegender (2h nach 8h), ovaler relativ kleiner Nukleus, von dem gegengleich zwei schwache GX-Arme starten und gegen den Uhrzeigersinn den Kern umschlingen, jener oben im GF halbkreisförmig, rundlich, der untere etwas gedrungen. Der Obere verzweigt in zu einen zweiten, mehr innen gelegenen Arm. Strukturen sich nicht einfach zu sehen es braucht Geduld, es gibt wenig Kontrast. Abermals wird skizziert.

Die SQM.-Werte gehen spürbar zurück – oh – ist schon nach zwei (2h15) – der Mond ist aufgegangen aber hinter dem tiefen Waldrand im Osten noch nicht zu sehen. Schon seit Mitternacht jedoch die beiden Gasriesen, die den Abschluss der Nacht bilden. Erst der weniger blendende

Saturn – mag 0,4
18 Grad über dem Horizont. Hell die Kugel und das Ringsystem, Hier wabert es ganz schön. Cassini-Teilung kann ich nicht sehen, nur blickweise Wolkenstreifen auf dem Gasriesen.

Jupiter – mag -2,5
Hell! Nur blickweise die zwei Hauptwolkenbänder. Schön und auffällig die Galileiischen Monde. Io und Europa als ein näher gelegenes Paar, Ganymed und Calisto etwa mit doppelter Distanz zu Jupiter im GF auch ein Paar bildend. Ein netter Abschluss.

Es war wieder eine trockene Nacht, absolut null Tau, auch ist die Temperatur mit milden 18 Grad stabil geblieben. Mein dünnes Fließ, und später eine leichte Mütze (ab und an war es leicht windig) haben völlig ausgereicht.

Nach Hause geht es in Richtung des noch gelblich wirkenden tief stehenden Halbmonds.

Clear Skies und gute Gesundheit Euch und euren Lieben wünscht

Achim
 
Ein sehr schöner, stimmungsvoller sommerlicher Bericht lieber Achim, da wär ich gern dabei gewesen. Hast wirklich richtig gearbeitet! M17 muss sofort anvisiert werden, sobald es geht, wir befinden uns grad in Waschküchenwetter erster Güte und das wohl die ganze Woche. Gut dass Du erwähnt hast, die NLC´s nicht gesehen zu haben, auch das ist ne Meldung wert. Darf man erfahren, in welcher Region du beobachtet hast?
LG von Anette
 
Hallo Anette, danke für die netten Zeilen.
Mein Beobachtungsplatz liegt im nördlichen Bayern - Mittelfranken. An der Grenze der Frankenhöhe (im Süden) und des Steigerwalds (im Norden) auf ~ 49 Grad nördlicher Breite.
Viele Grüße
Achim
 
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