Hi Stephan,
es ist keine Hexerei, aber auch nicht ganz simpel. Die beiden
Okulare geben ja bereits mit Ihrer Bildfeldbegrenzungsblende, die man als scharfen Rand sieht, die
Lage der Bildfelder durch ihre Ausrichtung vor: sie können genau parallel sein, könnten aber auch etwas zu einander gekippt sein, in beiden Fällen kann sich das Auge so einstellen, dass die kreisförmigen Bildfelder zur Deckung kommen. Wenn sie windschief, also auch in der
Höhe gegeneinander verkippt sind, können das die Augen nicht ausgleichen. Das ist aber bei dir nicht der Fall.
Man kann die Verkippung der Okulare gegeneinander übrigens sehr wohl ändern, und zwar mit den kleinen Madenschrauben, mit denen eines der beiden Okulare zentriert gehalten wird. Nachdem das alles Plastik ist, eine heikle Sache, aber es geht. Wenn nicht nötig, bitte nicht anrühren.
Bis jetzt betrachten wir sozusagen nur die beiden Okulare, die "nebeneinander im Raum schweben", und schauen durch. Aber jetzt kommt die interessante Frage,
was wir damit sehen: das ergibt sich aus dem Rest des Fernglases, insbesondere aus den Prismen.
Ich habe leider
fälschlich geschrieben:
Während ich mit den im Strahlengang den Objektiven benachbart liegenden Prismen die Objekte zur Deckung bringe, verstelle ich die Bildfelder mit den Prismen, die das Licht zum Okular weitergeben. Es gibt ja sowohl rechts als auch links 2 Schrauben für diese 4 Freiheitsgrade.
Das stimmt nicht, denn beide Prismen, objektiv- und okularseitig, haben einen Einfluss auf das "Schielen", sie verkippen die Richtung unseres Blicks und bringen die Objekte zur Deckung. Das Bildfeld kann man damit nicht einstellen! Sorry, das war Unsinn.
Für horizontal und vertikal gelten dabei verschiedene Vorgaben:
In der
horizontalen Richtung haben die Augen einen relativ großen Anpassungsbereich, den wir für die Adaptation an verschiedene Entfernungen brauchen, sie können also (für nähere Objekte) zueinander "schielen". Die Vorgabe ist, ein Maß des leichten Schielens der Augen einzustellen, das möglichst entspannt ist und das sollte idealerweise zudem
mit der Ausrichtung der Okulare wie eingangs beschrieben zusammenpassen, nur dann kann man entspannt und ohne Doppelbild beobachten
und das Objekt in beiden Augen annähernd in der Mitte der Bildfelder haben, die sich einigermaßen zu
einem Kreis überlagern.
Vertikal gibt es hingegen keinen Spielraum und die Höhendifferenz der beiden Augen muss äußerst genau eingestellt sein, sonst gibts Kopfweh. Ich stell das ein, indem ich die Objekte durch bewußtes Schielen verdopple, um sie nebeneinander schwebend auf gleiche Höhe zu bringen. Nachdem jeder andere Augen hat, ist die ideale Einstellung personenbezogen.
Die Einstellung des
Augenabstands, die bei jedem vernünftigen Fernglas möglich ist, bringt hingegen die Austrittspupillen mit den Augen in Übereinstimmung und hat mit all dem Diskutierten nichts zu tun, die muss unabhängig davon richtig sein, damit das Licht überhaupt in beide Augen fällt. Die optimale Einstellung ist aber ein bisschen von der Entfernung des Objekts abhängig.
Zur Frage wie ich mit dem 15x70 zurecht komme: Na ja, seit ich es durchjustiert habe ganz gut, es hat aber seine Tücken. Leider ist es mechanisch anfällig, die eingeschraubten Trichter mit den Objektiven sind in schrecklichen Gewinden eingeschraubt, die erwartbar nicht immer genau parallel ausgerichtet sind, vielleicht auch nie. Das hat auch einen Einfluss auf das Schielen und sollte natürlich nicht vorkommen, ist eben dem günstigen Preis geschuldet. Läßt sich aber beheben, indem man Abstandsstreifchen aus dickem, schwarzen Papier einseitig auf die Anschlagsfläche des Gewindes einlegt. Man erkennt solchen Handlungsbedarf, wenn die optische Achse nicht durch die Mitte der Objektive verläuft, was für die Abbildung ja nicht gerade gut ist. Das ist ergänzend zum oben Beschriebenen wichtig und
sollte sogar zu allererst richtig gestellt werden!
Andererseits hat das 15x70 eine wirklich recht gute Vergütung, insbesondere auf den Objektiven, aber auch sonst überall vorhanden. Die Objektive sind verkittete (geklebte?) Achromate, dadurch kaum ein Reflex an den inneren, geklebten Flächen. Dass die wahre Öffnung nicht 70 sondern näher bei 60mm ist, sollte man nicht allzu tragisch nehmen, am Tag spielt das ohnehin keine Rolle. Der Kontrast ist dafür gut.
Schärfewunder sollte man sich nicht erwarten, neben einem der Spezifikation entsprechenden, sichtbaren Farbfehler gibt es (bei meinem) auch eine deutliche sphärische Aberration, was sich darin äußert, dass es nicht einen genau definierten Fokuspunkt gibt, sondern dass sich ein Stern beim Scharfstellen von einem kleinen Punkt mit weichem Lichthof herum zu einem zwar scharf begrenzten, aber immer größeren Klecks verformt.
Die relative Scharfstellung der beiden Okulare muss man öfters nachstellen, das bleibt nicht erhalten.
Das Gerät ist sehr leicht und sehr angenehm zu halten, am Rücken liegend hat man damit sehr schöne Streifzüge durch einen dunklen Himmel, besonders die Milchstrasse. Dafür ist es konkurrenzlos günstig und unkompliziert.
Um bei Tag scharfe und kontrastreiche Bilder zu erhalten, hab ich mir aus schwarzem Papier Blenden gemacht, die ich vorne vor die Objektive setze. Die lassen nur einen kreisförmigen Bereich von etwas über 20mm Durchmesser durch. Der Clou dabei ist, dass, wenn du die Blenden exzentrisch machst, dies den Astigmatismus (meiner..) Augen mit dem vorhin erwähnten sphärischen Fehler kompensiert und wirklich scharfe Bilder entstehen. Geht aber wahrscheinlich eben nur bei Leuten mit Astigmatismus
War jetzt bisschen viel auf einmal...