"Kalte Fusion" - wohl doch keine Chimäre?

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"Kalte Fusion" - wohl doch keine Chimäre?
Hallo Kater Humpel,
aus dem Umstand, dass dieser Mensch auf einem Colloquium am Cern einen Vortrag halten durfte, sollte man aber nicht den falschen Schluss ziehen, das die wissenschaftliche Gemeinde dort und anderswo die Suggestion einer Kernreaktion im Regenzglas akzeptiert.

Ich habe mich eben der Tortur unterzogen, dieses Video in seiner vollen Länge anzuschauen. Ich bin ehrlich gesagt ziemlich entsetzt, wie Du zu Deiner unkritischen Einschätzung darüber kommen kannst.

Damit hier kein Missverständnis entsteht, ich will hier überhaupt nicht bestreiten, dass Pons & Fleischmann und zahllose Epigonen nach ihnen bei ihren kalorimetrischen Untersuchungen Phänomene beobachtet haben, die sie mit ihrer konventionellen Elektrochemie nicht erklären können. Von da ist es aber ein äußerst bekloppter, ja geradezu vermessener Schritt, diesen Defekt als Evidenz für Kernfusion zu deuten. Es wäre wohl eher angemessen, unerwartete experimentelle Vorgänge als Hinweis auf ein unvollständiges oder inkorrektes konventionelles Verständnis der ablaufenden Prozesse zu deuten.

Damals wie heute fehlen zweifelsfreie Hinweise auf kernphysikalische Prozesse wie Neutronen- und Gammaemission oder Fusionsprodukte. Die angeblichen Beweismittel dieser Art haben sich allesamt als schludrig und falsch herausgestellt. Nichts davon konnte reproduziert werden. In dem Vortrag kam aber auch gar nichts wirklich überzeugendes vor. Von wegen 'solid evidence'. Eine rein kalorimetrische Argumentation ist für eine so verwegene Deutung völlig unzureichend und wirklich lächerlich. Eine aufgeladene Autobatterie ist auch eine komplizierte elektrochemische Energiequelle. Kein vernünftiger Mensch würde auf die Idee kommen, Kalte Fusion als Erklärungskrücke zu gebrauchen, wenn er nicht alles erklären kann.

Ich kann mich noch gut an den Pons-Fleischmann Wahnsinn von 1989 erinnern. Es gab dann eine Flut von Widerlegungen, aber auch weitere Peinlichkeiten von angeblichen positiven Belegen. Da haben auch viele Leute mitgemischt, die überhaupt keine einschlägige Sachkenntnis hatten, die aber den vermeintlichen 'Gold Rush' nicht verpassen wollten. Das Buch von Frank Close, den ich gut kenne, nimmt aus gutem Grund vor allem diese unrühmliche Erscheinung auf's Korn.

Dass es immer noch Leute gibt, die an 'Kalte Fusion' glauben und daran forschen, sollte nicht weiter überraschen. Es gibt ja auch Leute, die meinen, dass die NASA nie auf dem Mond war ...

Nichts für ungut,
mit freundlichen Grüßen,
Peter

Kalte Fusion

Cold Fusion

On May 1, 1989, the American Physical Society held a session on cold fusion in Baltimore, including many reports of experiments that failed to produce evidence of cold fusion. At the end of the session, eight of the nine leading speakers stated that they considered the initial Fleischmann and Pons claim dead with the ninth, Johann Rafelski, abstaining. Steven E. Koonin of Caltech called the Utah report a result of "the incompetence and delusion of Pons and Fleischmann," which was met with a standing ovation. Douglas R. O. Morrison, a physicist representing CERN, was the first to call the episode an example of pathological science.

The U.S. Patent and Trademark Office (USPTO) now rejects patents claiming cold fusion. Esther Kepplinger, the deputy commissioner of patents in 2004, said that this was done using the same argument as with perpetual motion machines: that they do not work. Patent applications are required to show that the invention is "useful", and this utility is dependent on the invention's ability to function.


 
Nun ja, P_E_T_E_R,

ehrlich gesagt, mir geht es ähnlich. Was ich jedoch nach diesem Vortrag glaube ist, daß der "Effekt" doch wirklich existent ist. Wenn nicht, hätte sich kein Celani dort hingestellt, und darüber so staubtrocken berichtet. Also werde ich erst mal, soweit es meine Zeit erlaubt, mir zumindest einen Teil der zitierten Arbeiten (soweit man sie kostenlos über Internet beschaffen kann) anschauen und mir dann dazu eine Meinung bilden. Wenn Du mit mir mitgehst, daß - wie gesagt - dieser Effekt wirklich existiert, dann muß es auch eine Erklärung dafür geben. "Kalte Fusion" ist da erst mal nur ein Stichwort. Dein Zitat, sehe ich grad, stammt von 1989. Heute haben wir 2012. Was 1989 Konsens unter Wissenschaftlern war, muß nicht ewig Konsens bleiben. Also lassen wir die Jungs mal weiterarbeiten und sehen die Sache nicht gleich als Blödsinn an, nur weil es nicht in unser gefestigtes Weltbild paßt. Wenn es Blödsinn ist, wird sich das nach diesem Vortrag und dem Rummel darüber (an dem ich mich gern mit meinem Blogbeitrag beteilige - denn man kann nur über Dinge diskutieren über die man weiß) schnell zeigen - siehe Pons / Fleischmann 1989. Wenn nicht, dann warte ich gespannt auf eine Erklärung. Und wenn diese Erklärung "Kalte Fusion" ist, und sie von Kernphysikern als schlüssig angesehen wird und ich sie vielleicht sogar verstehe, dann werde ich sie auch akzeptieren. Auf jeden Fall muß eine Erklärung her.

Meinen Blogbeitrag habe ich als ersten Eindruck auf diesen Vortrag formuliert - einfach weil ich schon vor über 30 Jahren die Sache mit Interesse verfolgt habe. Und wie ich sehe, provoziert er - Was will man mehr?

Du schreibst " Dass es immer noch Leute gibt, die an 'Kalte Fusion' glauben und daran forschen, sollte nicht weiter überraschen. Es gibt ja auch Leute, die meinen, dass die NASA nie auf dem Mond war ... "

Meinst Du nicht auch, daß dieser Satz reichlich deplaziert ist? Oder kennst Du irgendwelche Forscher an einer Universität oder renommierten Forschungsinstituten, die nach Beweisen für das Nichtstattfinden der Mondlandungen "forschen"? Ich jedenfalls gehe davon aus, daß die Autoren der im Vortrag zitierten Arbeiten, die in durchaus angesehenen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden, allesamt ernsthafte Menschen sind wie Du und ich und wissen, was sie tun. Ihnen Fehler nachzuweisen, ist eine Sache, sie als Deppen dastehen zu lassen, eine andere...


Gruß Kater Humpel



 
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Hallo Kater Humpel,

sorry, da trennen uns wohl wirklich Welten, was die Einschätzung von "Cold Fusion" und diese 'LENR' Forschungssekte betrifft.

In dem Vortrag wird von Anfang bis Ende von diesem "Effekt" geredet, und dabei steht implizit immer 'Fusion' im Hintergrund, obwohl es dafür nirgendwo auch nur einen einzigen überzeugenden Hinweis gibt. Es sind fast ausnahmslos unverstandene thermische Effekte. Die Art und Weise, wie das auf rein suggestive Weise mit nuklearen Wechselwirkungen und Fusion in Zusammenhang gebracht wird, ist Augenwischerei und Humbug.

Bei den japanischen 'Transmutationen' handelt es sich um den angeblichen Nachweis von Spuren mit einer Signalstärke von ein paar Atomen pro 10^23. Jeder, der mal mit nuklearer Spektroskopie und natürlichem und laborspezifischem Untergrund zu tun hatte, erkennt sofort, was er davon halten muss. Kein Wunder, dass sich solche Effekte nicht reproduzieren lassen.

Ein trockener wissenschaftlicher Vortrag ist übrigens keine Garantie für einen soliden Inhalt. Die kritischen Kommentare eines Zuhörers zum Schluss der Veransraltung sind so ziemlich der einige Punkt, den ich einigermaßen komfortabel an der Veranstaltung finde. Die Entgegnungen des Vortragenden waren völlig erbärmlich. Das widerspricht sämtlichen Standards von hochkarätiger Wissenschaft.

Gruß, Peter


 
Hi,

Deine obigen Antworten dazu klingen doch irgendwie ziemlich aggressiv. Ich denke, ein paar "Spinner" sollten schon weiter nach der Möglichkeit einer CF suchen. Ein möglicher Ertrag wäre das Risiko wert. Und solange es nicht theoretisch auszuschließen ist....

F.G. Theodor
 
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