Messungen zum Auskühlen von Teleskopen

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Re: Messwerte eines Standard-C8

Hallo...

Also die Temperatursensoren habe ich nicht kalibriert,
ich habe allerdings eine Plausibilitätsprüfung gemacht,
d.h. ich habe alle Geräte-Temperaturfühler in ruhiger Luft
neben dem Fernsehen her mal getestet, ob sie dasselbe anzeigen.

Dabei kam raus, das +/-0,1°C die Werte immer alle gleich waren,
ein Vergleich auch mit dem Oberflächenfühler ergab dies auch.

Daher gehe ich davon aus, das die Differenztemperaturen bis
auf <0,2°C stimmen.

Ein Vergleich mit der Wetterstation steht allerdings aus, dieser
läuft gerade...ich hab den Außenfühler jetzt neben das C8
im Haus gelegt und werde mal sehen, was ich bis in 2-3h ablesen
kann...

Wegen der Auskühlung:
Irgendwie hab ich da etwas ein Problem, denn wenn eine finale
Temperaturdifferenz bestehen bleibt, dann heißt dies auch,
das der Wärmefluß nie zum Erliegen kommt...das aber wiederum bedeutet doch,
das irgendwo eine Energiequelle sein muß, die diese Energie
nachliefert...weil sonst wäre der Fluß (irgendwann) gleich Null.

Für dieses Nachliefern gibts nun prinzipiell zwei mögliche
Energiequellen: Einmal ein immer noch nicht ausgekühlter
Hauptspiegel, einmal der Energiefluß, der dadurch entsteht, das
die Unterseite des Teleskops gegen ca. 270K kuckt, die Oberseite
aber gegen 50K...

Ließe sich das theoretisch berechnen, also welche Differenz
müßte mindestens entstehen wenn man einen Hohl-Zylinder mit 7-8 Zoll
Durchmesser annimmt, der aus (0,8-1,5mm) Alu besteht und diese
Wärmemenge überträgt...?

Deine Überlegungen zur Auskühlgüte klingen schlüssig...die Kurve der
Summe aller Differenzen kann man leicht erzeugen, auch die
Synthese einer Auskühlkurve als e-Funktion sollte kein direktes
Problem sein.

 
Re: Messwerte eines Standard-C8

Hi Frank,

den Test der Wetterstation aber bitte nicht gerade bei Raumtemp. durchführen *g*. Diese typischen Halbleitersensoren sind nicht allzu linear.

Die finale Temperaturdifferenz finde ich in keiner Weise physikalisch bedenklich. Es gibt im stationären Fall, also wenn der Tubus sich soweit angepasst hat wie es ihm möglich ist, eine Energiequelle und eine Senke.

Die Quelle ist die Erde, bzw. die Umgebung des Teleskops. Die Senke ist der klare Himmel (vor allem im Zenitbereich). Die Erde verliert Strahlungsenergie an den Himmel, das Teleskop verliert Strahlungsenergie in den Himmel, und das Teleskop erhält (Netto-)Strahlungsenergie von der Erde.

Wir haben hier einen stationären Zustand, bei dem konstante Energieübertragungen stattfinden. Man muss hier vor allem beachten den "stationären Zustand" nicht mit dem "thermischen Gleichgewicht" zu verwechseln. Paradebeispiel: Sonne und Erde stehen im konstanten Strahlungsaustausch, das ist ein stationärer Zustand. Allerdings alles andere als ein Thermisches Gleichgewicht.

In unserem Fall ist der Erdboden die Sonne (=Quelle), der Zenit die Erde (=Senke). Und unser Teleskop ist wie ein Satellit, der sich zwischen Erde und Sonne befindet. Auf der Sonnenseite heizt er sich auf, auf der Erdseite (Schatten) kühlt er sich ab. Oder der Mond: kochend auf der Sonnenseite, eiskalt auf der Nachtseite, und das nur aufgrund der Strahlungsbilanz. Wärmeleitung und Konvektion gibt es bei Satellit und Mond ja nicht.


Zur Berechnung eines einfachen Zylinders: das habe ich damals versucht. Bei mir war es jedoch ein viereckiger Tubus, wegen der leichteren Rechnerei. Die Ergebnisse habe ich im Moment nicht zu Hand, sie waren auch recht unsicher wegen vieler zu treffender Annahmen.

Hier eine schnelle Überschlagsrechnung, um die Grösse des Leistungsflusses zu zeigen.
Wir betrachten eine einfache waagrechte Platte, dünn und gut wärmeleitend. Dann sind die Temp. an Ober- und Unterseite gleich gross.
Diese Platte strahlt mit der Oberseite in den Himmel ab und bekommt Strahlung vom Himmel zugestrahlt, mit der Unterseite strahlt sie zur Erde ab und bekommt Leistung von der Erde zugestrahlt.
Annahme: Bodentemp. 10 Grad C (283K), effektive Strahlungstemp. des Himmels -30 Grad C (243K). Temperatur der Platte sei z.B. 5 Grad C (278K). Die letzte Temp. ist eine Annahme, ansonsten müsste man aufwendiger rechnen.
Die -30 Grad eff. Strahlungstemp. des Himmels bei "günstigen Bedingungen" hat mir bei der damaligen Diskussion ein Boardteilnehmer genannt, ich glaube auch eine Website dazu angegeben.

In diesem Fall gilt für die Platte pro Quadratmeter Oberfläche:
- Abstrahlung in den Himmel mit der Oberseite: 338 Watt
- zugestrahlt vom Himmel auf die Oberseite: 197 Watt
- Abstrahlung zum Boden: 338 Watt (Ober- und Unterseite gleiche Temp. angenommen)
- zugestrahlt vom Boden: 363 Watt.

Hier ist jeweils ein Emissionskoeffizient von 1 angenommen.
Leistungsbilanz: 197 - 338 + 363 - 338 = -116 Watt. Die Platte verliert also pro qm Fläche netto 116 Watt!!!

Bei einer komplizierteren Struktur, also z.B. ein Tubus, würde sich daraus ohne die verschiedenen Ausgleichsmechanismen eine sehr grosse Temp.Differenz bilden.
Wenn wir einen typischen Tubus annehmen, der Einfachheit halber als Kastenquerschnitt, erhalten wir mit Länge=0,5m, Breite 0,25m, Wandstärke 1mm:

- Fläche der Oberseite/Unterseite ca. 0.5 x 0.25 = 0,125qm
- Wärmeleitwert der "Seitenteile": Lambda (Alu) 230 Watt/(Meter x Kelvin)

Die netto-Wärmeleistung, die hier von der Wärmeleitung auszugleichen ist, beträgt 0,125qm x 116W = 14,5W.

Aus der Wärmeleitungsgleichung P = A x Lambda x Delta_T / Länge erhält man damit ein Delta_T von 15,8 Kelvin!

Bei der angenommenen Situation würde sich also zwischen Ober- und Unterseite eine Temp.Differenz von 15K einstellen, wenn der einzige ausgleichende Mechanismus die Wärmeleitung im Tubus wäre. Das ist natürlich nur ein grober Ansatz, insbesondere ändert sich die Strahlungsbilanz wenn Ober- und Unterseite nicht auf gleicher Temp. sind. Die Unterseite kann natürlich nicht wärmer werden als der Boden.

Martin








 
Re: Messwerte eines Standard-C8

Hallo...

Also der Test der Wetterstation ergab eine Differenz von <0,5K,
gemessen bei Raumtemperatur...natürlich haben Halbleitersensoren
eine Unlinerität, aber diese ist ja sehr genau bekannt und
wird entsprechend berücksichtigt...solange ich mich nicht an die
extremen Grenzen des Temp-Bereichs der Sensoren bewege (-30°C,
+70°C) traue ich auch einem Consumer-Teil durchaus +/- 0,5°C
zu...

Der finale Temp-Unterschied sollte sich also aus den unterschiedlichen
Strahlungsverlusten zum Erdboden und zum Himmel hin ergeben,
das macht Sinn...dieser Unterschied wäre dann im Übrigen bei
jedem Teleskop da, also ganz gleich ob Newton, Refraktor oder
SC...die unterschiedlichen Empfindlichkeiten ergäben sich dann
wohl nur noch aus den verschiedenen Lichtwegen, also wie oft
das Licht durch den Temp-Gradienten muß....

Deine berechneten Energien sind übrigens recht interessant,
besagen Sie doch, das man mit relativ wenig zugeführter Energie
(<20W) das Temperaturgleichgewicht an sich müßte herstellen
können...aber durch den Abfuhr an Energie durch Strömungen
wäre wohl doch deutlich mehr als 20W nötig....

Ich habe übrigens die Webseite mit meinen Meßergebnisse updated,
jetzt ist auch ein Rettungsfolien-umwickeltes und ein mit
einem Okularauszugslüfter versehenes C8 dabei...letzterer hat aber
von der Wirkung her nicht so überzeugt, liegt wohl am fehlenden Durchzug.

Hier nochmal der Link:

Auskühlverhalten C8

http://spatz1.bei.t-online.de/astro/misc/temp_drift/auskuehlung_c8.html

 
Re: Messwerte eines Standard-C8

Hallo Frank,

der Sache mit der Lufttemperatur bin ich auf der Spur! Anscheinend kann man hier besonders viel falsch machen, was die Montage des Sensors angeht.

Ich habe gestern nochmal eine Messung durchgeführt, und diesmal den Luftsensor in ein Gehäuse gepackt. Ein stück vierkant-Plastikrohr, Querschnitt ca. 60x100mm, Länge ca. 120 mm. Das Teil wird so ausgerichtet dass die Öffnungen nach links und rechts zeigen, und der Sensor kommt so rein dass er entsprechend nur nach links und rechts schauen kann (und keinen Himmel und keinen Boden sieht).
Ergebnis gegenüber einem frei unter dem Stativ hängenden Fühler: Der Messwert wird etwas kleiner (ca. 0.5 Grad).

Dann habe ich einen Lüfter drangebastelt, der in das Gehäuse reinbläst. Nach dem Einschalten hat sich dann die gemessene Temp. um ca. 0.8 Grad erhöht, innerhalb ca. 15 Sekunden. Zusätzlich habe ich später noch eine Goldfolie drumgewickelt, bei laufendem Lüfter hat sich aber nichts geändert (ohne Lüfter nicht getestet).
Anscheinend muss man auch beim Sensor bzw. dem Sensorgehäuse auf die Strahlungsbilanz aufpassen...?

Ich vermute dass die bewegte Luft den besten Messwert geben sollte, weil hier die Ankopplung des Sensors an die Luft am besten ist und eventuelle andere Einflüsse reduzieren müsste.

Diesmal hatte ich auch einen Sensor vor dem Blendrohr. Dabei fällt im Vergleich zu Deinen Messungen auf, dass bei mir die Tubusluft 90 Min. lang wärmer ist als die anderen Teleskopteile. Bei Dir liegt sich schon zu Beginn unter der HS-Zellentemperatur.

Hier meine aktualisierten Daten:
Messdaten

Martin
 
Re: Messwerte eines Standard-C8

Hallo...

Also die Lufttemperaturmessung scheint in der Tat ein Knackpunkt
zu sein...aber viel mehr als dieses Anblasen kann man nicht
mehr tun...immerhin erstaunlich, das die Temp. dann steigt...

Das die Tubusluft bei mir schneller abkühlt würde ich auf die
dünnere Schmidtplatte und vor allem die dünneren Tubuswände
zurückführen...außerdem ist die Haupstpiegelzelle sehr massiver
Druckguß, evtl. ist dein MAK da dünner gebaut und dadurch
dominiert dort die Lufttemperatur.

Was mir auch noch einfiel zum Thema der Taubildung:
Man muß fairerweise auch berücksichtigen, das ein sich bildender
Tau ja durch Kondensationswärme die Schmidtplatte wieder
erwärmt...evtl. sinkt sie in meinen Messungen deshalb nicht
unter die Lufttemp.

Auch ist interessant, das der Meniskus erst nach 2h beschlägt,
beim C8 ist die Schmidtplatte nach spätestens einer Stunde
zu...

Zum Thema Lüfter übrigens noch eines, bei meinen Versuchen hab
ich es geschafft, das die Schmidtplatte von innen beschlagen
ist...das ist dann maximal blöd, weil das kann man auch per
Fön nicht mehr abtauen <img src="/phpapps/ubbthreads/images/icons/smile.gif" alt="" />
 
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