Teleskop heizen ?

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spatz1

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Hallo...

Bevor jetzt alle schreien, was fürne Schnapsidee, bitte ich,
mal das folgende Gedankenspiel durchzugehen:

Wie meine und die Messungen von Martin zeigen, entstehen bei
gekapselten Systemen wie Mak oder SC (vom Newton wissen wirs
noch nicht) recht große Temperaturunterschiede beim Auskühlen.

Welche Wirkung dies auf die optischen Daten hat ist noch zu ermitteln,
aber der Bildqualität förderlich wirds wohl nicht sein.

Das zentrale Problem dabei sind Temperaturunterschiede im Gerät,
die zu Strömungen führen, die die Wellenfront beeinflussen.

Mein Gedankenspiel wäre nun das Folgende:

Gesetzt den Fall, ich umwickle mein C8 mit Heizfolie von Conrad,
entweder von außen oder von innen, beschalte das Ganze mit
einer Temperaturregelung, die versucht, die beim Einschalten
gemessene Temperatur beizubehalten.

Jetzt bewahre ich das Gerät im Haus (22°C) auf und schaffe es abends ins Freie,
dann muß es normalerweise auskühlen.

Durch meine Heizung wird aber die Luft im Gerät samt Hauptspiegel
immer schön auf 22°C gehalten, zusammen mit einem kleinen Lüfter
im Gerät, der für Durchmischung sorgt, sollten sich damit
keine Tubecurrents ausbilden können.

Durch die Heizung beschlägt auch die Schmidtplatte nicht mehr,
da sie ja von innen geheizt wird...ein kleiner Lüfter außerhalb
neben ihr vertreibt erwärmte Außenluft, die an ihr hochsteigen
könnte. (Prinzip wie beim Dobson-Lüfter, gleiches Problem, gleiche Lösung)

Fazit: Sämtliche thermisch bedingte Tubus-Strömungen sind ausgeschaltet,
der Spiegel hat dieselbe Temperatur wie die Luft im Tubus,
es bilden sich also auch keine Warmluftschichten auf der Spiegeloberfläche,
etc.

Der einzige verbleibende Gradient entsteht an der Schmidtplatte,
aber dieser würde sich auch ohne Heizung bilden, da die
Schmidtplatte immer deutlich kälter als die Tubusluft ist...

Eine Abwandlung wäre, das man das Teleskop lediglich einige Grad
über der Außentemperatur heizt....dieses Prinzip wird ja schon für die Schmidtplatte von diversen Anti-Tau-Gerätschaften (Kendrick) verwendet und es sind auch keine negativen Auswirkungen aufs Bild bekannt.

Was haltet ihr davon bzw. was spricht gegen eine solche Lösung ?


 
Ciao,

ich dachte auch schon vor einiger Zeit daran, insbesondere aufgrund der Temperaturverlaufs-Messungen vor kurzem (gute Arbeit !). Im Prinzip ist es eine alternative, gute Idee, die man mal genau abwägen sollte. Folgende Sachen fallen mir hierzu ein:

1. Energie-Verbrauch. Wenn ich sehe wieviel Strom schon meine Taukappenheizung zieht... Man wird gut isolieren + viel heizen müssen um konstante Temperatur zu gewährleisten ! Sieh Dir nur mal an wie schnell die Kurven der Messungen abfallen. Da kann man sehen wieviel Energie verloren geht pro Zeiteinheit. Das muss alles aufgefangen werden.

2. Immer mehr am Teleskop wird 'aktiv' geregelt. Das bedeutet Anfälligkeit gegen Ausfälle, Aufwand beim Aufbau, Regelungsaufwand... Denk z.B. mal an den Unterschied zwischen dem minimalistischen Dobson und irgendeinem komplizierten Teleskop mit aufwendigen Goto-System. Man schleppt Computer, viel Zubehör und allen möglichen Kram durch die Gegend nur um ein paar Minütchen ein paar Photonen auf die Netzhaut zu bringen. Der Aufwand wird zunehmend aberwitzig.(das ist semi-philosophisch, aber dennoch). Der Handel freut sich freilich ...

3. Für geschlosene Konstruktionen (SCT) ist das alles wahrscheinlich machbar und vielleicht sogar ein gute Lösung, wenn man die Turbulenzen vor der Schmidtplatte in den Griff bekommt ! Allerdings stell Dir das mal am Newton (im Rohrtubus) vor. Da wird die Turbulenzfrage schon schwieriger. Noch schlimmer an der Gitterkonstruktion (grosse Newtons, Dobsons), dort widerspricht es direkt der offenen Konstruktionsidee.

4. Eine andere Alternative wäre Kühlung des Spiegels vor dem Beobachten auf Aussentemperatur und dann Isolation, damit das Abstrahlungs-Ungleichgewicht sich nicht einstellt (zumindest verzögert wird).

Sicher kann einem noch mehr einfallen...

My 2 pence
Schöne Grüsse,
Peter
 
hallo zusammen,

den ausführungen von peter möchte ich mich anschließen.
weiters wäre zu überlegen, ob ein temperaturunterschied
von bis zu 40°C zwischen außen- und innenseite der
korrektionsplatte nicht zu verspannungen derselben führt.

insgesamt erscheint mir der aufwand für die realisierung
dieser lösung aber höher als jener bisher angewandte,
wo kalte außenluft mittels einem oder zwei lüfter
angesaugt oder eingeblasen wird. übrigens dauert
eine komplette temperaturanpassung des
gesamten tubus samt luftinhalt bei ausreichend
dimensionierten lüftern und luftlöchern
nicht länger als 15min,
entsprechendes spiegelmaterial vorrausgesetzt,
ist aber auch bei pyrex nach gut 30-45min erledigt,
wie gesagt, bei ausreichender lüfterleistung.

daher denke ich, daß die herkömmliche methode
nach wie vor die einfachere und bessere ist.

c.s. tom
BINOVIEWER
(Member of Albireo)



 
Hallo...

Ja, beim Newton geht das nicht, die Heizleistung könnte man
vermutlich nicht aufbringen, weil ja auch alles wegsteigt im Tubus,
aber bei geschlossenen Systemen und wenn man die Differenz
klein genug hält (<10°C) wäre das evtl. ne Lösung, auch gegen
den Tau...weil ohne Taukappe gehts beim SC/Mak ja eh nicht,
dann könnte man die dort investierte Energie auch gleich
im Tubus statt außerhalb verballern und damit dann noch ne
zweite Fliege schlagen.

Fazit: Ich werd das wohl mal probieren, sobald mein C8 mit
Lüftern getunt ist, weil völlig ohne Lüfter wirds wohl nicht gehen,
deshalb bau ich dann einen ein, der nur intern rumlüftet, weil
offen ist das Teil dann eh schon....

Die Idee hab ich übrigens vom Paranal geklaut, meines Wissens
werden die Kuppeln dort nämlich tagsüber aktiv auf die zu erwartenden
Nachttemperaturen gebracht, sodaß beim Öffnen kein Temperaturunterschied
ist und auch keine Seeingverschlechterung auftritt...und was für
8m gut ist, kann für 8 Zoll nicht schlecht sein <img src="/phpapps/ubbthreads/images/icons/smile.gif" alt="" />


 
Hallo Frank,

das muß auf jeden Fall gehen, wenn Du die Differenz zwischen aussen und innentemperatur klein genug machst.
Ich habe bei meinem 8x50 Winkelsucher auch eine Heizwicklung nur um den Tubus gemacht, um durch die austretende Wärmestrahlung sowohl die Frontlinse als auch das Okular frei zu halten, es geht einwandfrei.
Allerdings ist es mir beim Sucher egal, ob hier evtl. schlieren durch Tubulenzen auftreten, die Heizleistung beträgt ca. 3 Watt an 12 Volt.

Ich denke, wenn der Temperaturunterschied nicht mehr als max. 5° beträgt sollte das ohne Probleme machbar sein.

Schönen Gruß und CS Raimund
 
Hallo,

wie sieht diese Heizwicklung am Sucher aus? Sprich, wieviele Wicklungen hast Du an welcher Stelle gemacht? Gleichmäßig am Tubus verteilt oder eher frontlinsenlastig? Spart Dir diese Heizung die Taukappe komplett ein?
 
Hallo Stephan,

die Heizwicklung wurde direkt in der Mitte von dem Metall Tubus angebracht. Es waren 4 Windungen isolierter Konstantahndraht mit einem Wiederstand von 63 Ohm / meter, erhältlich z.B. bei Conrad electronic.
Er wurde direkt ohne eine zusätzliche Isolierung raufgewickelt, der Abstand zwischen den einzelnen Wicklungen betrug ca. 5mm.
Über die Heizwicklung habe ich eine Lage Tesa Gewebeband gelegt, um die Wicklungen zu fixieren.
Nun habe ich noch einen Schrumpfschlauch über die ganze Länge des Tubuses geschrumpft, eigentlich nur um hier noch etwas an Wärmedämmung zu erreichen.
Das ist nicht unbedingt Notwendig aber von Vorteil, damit nicht so viel Wärme in die Umgebungsluft abgegeben wird.

Nach dem ich von den Nächten vor dem Umbau noch genau weiß, welcher Aufwand es jedes Mal war, den komplett zugelaufenen Sucher entweder abzubauen und im Auto aufzutauen oder aber mit dem Föhn das ganze Teil zu entwässern habe ich nunmehr keine Probleme mehr damit.

Der Sucher bleibt bei laufender Heizung immer frei, sowohl an der Frontlinse als auch am Okular hinten.
Wenn er ohne Heizung wieder angelaufen ist, dauert es nach dem einstecken der selben ca. 5 Minuten, dann ist er wieder frei.

Die Messwerte waren 12 Volt, 0,28 Ampere, 3,37 Watt.


Schönen Gruß und CS Raimund

 
Das nenne ich brauchbare Antwort! Besten Dank. Ich bin auch gerade in der Bastelphase, weil mich einiges wurmt. Das Heizthema wurde hochaktuell, nachdem ich neulich die Frontlinse des Suchers mit dem Zigarettenanzünder freigestrahlt habe. Funktioniert übrigens hervorragend! <img src="/phpapps/ubbthreads/images/icons/grin.gif" alt="" />
 
Hallo Frank,

meine Gedanken zur Heizungsidee:

Damit würdest Du die beiden Temperatureffekte ausschalten: ungleichmässige Temp. am/im Tubus, und eine von der Aussenluft abweichende Temperatur des Tubus.

Allerdings wird es wohl erforderlich sein die Heizung partiell zu unterteilen und getrennt zu regeln! Ansonsten würde sich nichts an der Tatsache ändern dass der obere Tubusbereich mehr Wärme verliert als der untere Bereich. Eine gemeinsame Heizung würde das Problem nur zu höheren Temp. verschieben.
Es müssten die stärker auskühlenden Teile stärker beheizt werden.

Im Prinzip sehe ich aber kein Problem wenn die Tubusluft konstant und homogen wärmer ist als die Aussenluft.

Meine Ideen zur Reduzierung des Tubusseeings gehen mehr in die Richtung Hochreflexive Oberfläche (Rettungsfolie) zur weitgehenden Ausschaltung der Strahlungsverluste, eine optimierte und evtl. beheizte Taukappe zur Vermeidung eines stark abkühlenden Meniskus, und vielleicht auch eine Zwangsbelüftung.

Zur Auswirkung der ungleichmässigen Temp. im Tubus: Laut dem SuW-Artikel mit der Angabe "1m Luft verschiebt die Wellenfront pro 0,13 Grad um lambda/4", können wir abschätzen:

Beim C8, oder auch Mak haben die Randstrahlen einen Lichtweg von einem knappen halben Meter durch die wärmeren oder kälteren Luftschichten nahe der inneren Tubuswand. Wenn wir mal annehmen dass die untere Wand um 1 Grad wärmer, und die obere um 1 Grad kälter ist als der Hauptteil der Tubusluft, wären das für diese Randstrahlen ca. +/- 1 lambda Wellenfrontfehler.

Die Frage ist jetzt, welcher Anteil der Wellenfront ist so stark gestört, und durchlaufen die Randstrahlen wirklich so grosse Lufttemp.differenzen. Wie würde sowas in der Beugungsfigur aussehen? Wie eine abgesunkene Kante? Im Suiter ist glaube ich sowas für Newtons drin, mit einer nur einseitigen Temperaturabweichung. Der Wellenfrontfehler sieht aus wie ein Pfannkuchen den man an einer Seite anhebt. Habe das Buch aber gerade nicht zur Hand.

Martin


 
Hallo...

Also ich denke verschärft über folgenden ersten Ansatz nach:

Man besorgt sich von Conrad diese großflächigen Heizmatten
und wickelt die außen um den Tubus...dadrüber dann eine Isolierung,
vermutlich Styro-Tapete mit Rettungsfolie oder auch ohne.

Um ein C8 gehen etwa 2 Folien, wenn nicht 3.

Dann braucht man eine Regelung, ein Meßfühler muß nach innen,
und zwar direkt an die Tubuswand, der zweite Fühler kommt
nach außen und mißt die Aussentemp.

Die Regelung sorgt jetzt dafür, das die Tubusinnenwand immer
ca. 3-5° wärmer ist als die Außentemperatur.

Durch das Alublech des Tubus und die großflächigen Heizfolien
sollte sich die Wärme recht gleichmäßig verteilen...natürlich entsteht
durch die Abkühlung an der Schmidtplatte eine langsame Strömung
von oben nach unten und wieder zurück, diese muß man evtl. mit
einem internen kleinen Lüfter bekämpfen.

Durch die Erwärmung sollte die Schmidtplatte dann frei bleiben
von Tau und Eis, gleichzeitig sollte durch den internen Lüfter
das Tubusseing vermindert werden.

Ob man 3, 5 oder 10° über Umgebung gehen muß, das muß das Experiment
zeigen...


 
Hi Frank,

ok, mit der zusätzlichen Isolierung und reflexiven Oberfläche scheint mir das Ganze schon eher sinnvoll.

Dann können wir eigentlich davon ausgehen dass die Strahlungsphänomene am Tubus selbst weg sind, und ich vermute dass dann die Wärmeleitfähigkeit des Tubus schon selbst für eine homogene Temp. des Tubusmaterials sorgt.

Was dann noch strahlungsmässig bleibt ist die Schmittplatte. Hierzu gibt es einen Ansatz im Handbuch für Sternfreunde: eine beheizte Taukappe, die allerdings nicht a la Kendrick das Ding einfach heizt, sondern am vorderen inneren Ende der Taukappe befinden sich Heizelemente, die der Schmittplatte _Wärmestrahlung_ zuführen.

Es wird soviel von der Heizung empfangen, wie in den Himmel verlorengeht. Dazu ist es erforderlich den freien Raumwinkel der Taukappe recht klein zu machen, das Ding also lang zu bauen (vielleicht 2x Durchmesser oder so). Ausserdem ist die TK mit einer Wärmeisolation zu versehen.

Den Ansatz halte ich für sehr vielversprechend, da nicht einfach vom Rand her die Schmittplatte gekocht wird wie bei den üblichen Heizmanschetten (was wegen der geringen Wärmeleitfähigkeit von Glas ohnehin recht fragwürdig erscheint). Die Abstrahlung wird durch grossflächig zugestrahlte Leistung kompensiert.

Deine Lösung bringt dann noch zusätzlich eine auf Lagertemp. geregelte Tubustemp. rein, damit im Tubus erst gar kein Teil auf die Idee kommt irgendwie thermisch zu reagieren. Das klingt gut!! Das könnte aber einige Watt an Heizleistung erfordern, selbst bei guter Wärmeisolation. Ob es sinnvoll ist den Tubus auf einige Grad über der Lufttemp. zu regeln scheint mir fragwürdig, in diesem Fall müssen sich die inneren Teile ja trotzdem akklimatisieren.

Martin
 
Ciao,

nur kurze Anmerkung zu der Taukappenkonstruktion im Handbuch für Sternfreunde (HfS).

Ich habe mir für mein C11 eine solche Taukappe gebaut. Die TK ist ca 50cm lang aus Pappe innen + aussen, mit Fussbodenisolation in der Mitte. Am unteren Ende (an der Schmidtplatte) befinden sich an der Wandung 3 zum Zentrum hin geneigte Platten, auf die jeweils Rückspiegelheizfolie von Conrad aufgeklebt ist. Die Heizleistung ist etwa einen Faktor 2-3x grösser als in HfS angegeben.
Selbst bei schon vorhandenem Taubeschlag auf der Schmidtplatte ist der Tau in wenigen Minuten weg, wenn ich die Heizung einschalte.

Gruss,
Peter
 
Hi Peter,

sehr interessant! Nach der Erfahrung von gestern Abend muss ich mir auch endlich mal so ein Ding basteln.

Wie gross ist denn die Heizleistung bei Dir, bzw. wie gross sollte sie laut HfS sein?

Viele Grüsse
Martin

 
Ciao Martin,

ich hab nochmal nachgesehen:
Handbuch f. Sternfreunde empfiehlt für eine 200mm Schmidtplatte (C8) eine Heizleistung von 4-8W um die Abstrahlung auszugleichen. Wobei natürlich angenommen wird, dass man den Ausstritts-Winkel aus der Taukappe möglichst minimiert hat (lange Taukappe mit Öffnungswinkel wie Gesichtsfelddurchmesser bei minimaler Vergrösserung).

Ich habe in meiner Taukappe am C11 3 Conrad-Heizfolien - eine mit 12 Watt (bei 1 Ampere an 12Volt). Allerdings weiss ich jetzt nicht mehr ob in Reihe geschaltet oder parallel. Hm...

Die Folien haben bei Conrad ca 6 Euro/Stück gekostet und laufen wie gesagt an einem 12V Bohrschrauber Akku.

Schöne Grüsse,
Peter
 
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