2 Stunden in klarer, kalter Luft

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Achim

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Bericht vom 23.03.2020; 20.40h – 22.40h

Ausrüstung: Newton-Teleskop, Öffnung 428mm, Brennweite 1830mm, (f/4,25) Adler
Dobsonmontierung

verwendete Okulare: 21mm (87-fach) ; 13mm (140-fach), 10mm (183-fach), 8mm (228-fach), 6mm (303-fach) – Ethos-Serie;
Ort: Freies Feld bei Beerbach, ca. 405m üNN
Temperatur: 22.40h -0,5 C ; 22.40 -2 C
Seeing: 3

Wetter: den ganzen Tag sonnig und wolkenlos

Beobachtete Objekte:
Planetarische Nebel: NGC2371/72
Gasnebel: M42/M43
Kometen: -
Planeten: -
Kugelsternhaufen: -
Sterne: -
Galaxien:
LEO: NGC290, NGC3245; NGC3245A, NGC3190/3185/3187/3189, LEO1
LYX: NGC2683
UMA: M51 NGC5195,


Seit der Nacht von Samstag auf Sonntag ist es klar bei mäßigen bis starken Ostwind und wolkenlos. Irgendwie konnte ich erst nicht aufraffen, hatte fast ein schlechtes Gewissen: wenn man die weltweite Entwicklung, insbesondere in Italien verfolgt ist es dann richtig sich unters Himmelszelt zu stellen? Ja, warum nicht ist meine Schlussfolgerung, nachdem ich bewusst darüber nachgedacht habe. Nicht alles zu wichtig nehmen, im Guten wie im Schlechten.

Vor Ort wird aufgebaut, justieren geht zügig, dann schweift der Blick zur Orientierung. Orion steht schon relativ niedrig im Westen, warum nicht mit etwas ganz einfachen beginnen:

M42/M43 - GN - ORI (mag 4 – 11; 90’ * 60’) SQM21,09
der Nebelkomplex steht ca. 22 Grad hoch, der Anblick zunächst ernüchternd. Das Seeing ist in dieser Höhe bescheiden, die Sterne aufgeblasen. Nimmt man sich etwas Zeit stellt man fest: es ist doch einiges zu bewundern. Blickweise kommt die wolkige Struktur des Nebelkomplexes zum Vorschein der hellgrau mit einem Hauch von grünlich erscheint. Ich belasse es bei 140-fach, mehr wäre dem Anblick nicht verträglich.

Nun geht’s gleich deutlich höher - auf 66 Grad - in die Zwillinge zu

NGC2371/72 (mag 11,2 – sbr 10,5: 1,2 * 0,9‘) SQM 21,09
ob der Helligkeit sehr einfach zu erkennen, wie alle anderen Objekte der Nacht auf Anhieb im Okular, der Starhop mit Rigel und 8*50 Sucher führt direkt ins Ziel.
Hier oben ist das Seeing deutlich besser, vielleicht musste auch der dünne Spiegel noch etwas nachtemperieren. Schon im 13er ist der Zentralstern deutlich erkennbar, für mich ein Blinking Star – will heißen indirekt betrachtet deutlich stabil, direkt dann schwer wahrnehmbar, dann dominieren die beiden hellen Bereiche des planetarischen Nebels, der östliche (im GF unten) ist merklich breiter, der westliche – gegenüberliegend wirkt wie ein auf der Seite liegendes breites Komma mit Spitze nach links. Mit Muße steigere ich die Vergrößerung in Schritten bis auf gut 300-fach. Feldsterne der Region sind immer noch punktförmig. Es zeigen sich einzelne Strukturen im Nebel, eine angedeutete Ringstruktur um den Zentralstern wird deutlicher. Nicht vorbereitet (und leider wieder vergessen) habe ich nicht auf die beiden etwas abgesetzten äußeren Felder geachtet und dies auch nicht gesehen, bei gegebenen Bedingungen wäre sicherlich etwas möglich gewesen.

Auch das nächste Objekt ist einfach und sehr reich an Details, hoch im Leo gelegen, grob in der Verlängerung Mu zu Eps:

NGC2903 – GX – LEO (mag 9,0 – sbr 13,6; 12,0 * 5,6) SQM 21,15
eine wunderschöne Balken-Spiralgalaxie in Schrägsicht. Der Zentralbereich ein sehr langgezogenes, gemotteltes Oval an welches außen Spiralarme in relativ engen Bögen ansetzen, merklich jeweils einer etwas weiterer und einer näher umschlingend. Für mich am besten bei gut 180-fach im 10er Oku. Ich genieße den Anblick des Objekts, hier kann man deutlich sehen ohne sich viel erarbeiten zu müssen. Bei längerem Beobachten erkenne ich wie weit und ausgedehnt doch der Halo der Galaxie reicht. Bei niedrigerer Vergrößerung und größerem Gesichtsfeld war mir eine rundliche GX (NGC2916) am Rand des GF aufgefallen. Die Nachbereitung zeigt: dieses Objekt ist mit 130 Mio. LJ Distanz gut 3 mal so weit wie NGC2903 (30 Mio. LJ) entfernt, und ‚in Echt‘ ähnlich groß.

Weiter mit einem Schaustück im Sternbild Luchs, oberhalb der Krebs:

NGC2683 – GX – NLX (mag 9,8 – sbr 12,9; ' 8,8 * 2,5) SQM 21,15
Wow – eine GX fast in Kantenlage. Diese erscheint mir in einem Durchmesser-Dickenverhältnis von 5:1; Hell über den ganzen GX-Körper, das Objekt steht im GF fast auf der Spitze, die linke Seite deutlich gemottelt, der wenig auffällige hellste Bereich leicht links der Hauptachse. Einige Feldsterne garnieren das Bild, für mich auffällig ein fast gleichseitiges Dreieck mit ~ Mag14 Fünkchen mit ca. 2‘ Abstand linkerhand der unteren GX-Spitze. Vergrößerung bringt Gewinn an Details, gehe bis 230-fach.


Zurück zu LEO, in den Hals des Löwen zu einer GX-Gruppe, ein Objekt des Hickson-Katalogs (Nr. 44):

NGC3190 - GX - LEO (mag 11,1 – 13,1; 4,0 * 1,5) SQM 21,15
NGC3193 - GX - LEO (mag 10,9 – 13,1; 2,9 * 2,8) SQM 21,15
NGC3187 - GX - LEO (mag 13,4 – 14,7; 2,9 * 1,2) SQM 21,15
NGC3185 - GX - LEO (mag 12,2 – 13,4; 2,1 * 1,4) SQM 21,15
Während die ersten beiden GX’en wunderbar einfach schon im Aufsuchokular erkennbar sind, macht es einem NGC3187 nicht ganz so einfach. NGC3190 deutlich länglich, mit schmal-linsigem, markant hellem Zentralbereich. Die GX von 3h nach 9h ausgerichtet. Knapp neben dieser, auf gleicher Höhe ein mag 14.5 Vordergrundstern. Von dieser GX nach 5h, ca. 8’entfernt die rundliche-helle GX NGC3193. Flächiger, rundlicher Zentralbereich. Im GF unterhalb, für mich am Halorand ein deutlich heller mag 11 Vordergrundstern. NGC3187 liegt in Verlängerung der Hauptachse von NGC3190 in ähnlicher Distanz wie NGC3193. Die GX sehr schwach, erst bei etwas höherer Vergrößerung erscheint ein blasser, länglicher Schemen aus dem Dunkel, flächig. Die in der Nachbereitung auf Fotos zu sehenden markanten Haken bleiben mir verborgen. In unmittelbarer Nachbarschaft, etwa in der Linie NGC3193 – NGC3190 weitere 7’ entfernt steht NGC 3185. Merklich einfacher als NGC3187, trotzdem recht blass. Im Zentrum eine stellare Aufhellung. Ob Vordergrundstern oder aktives Zentrum? Direkt am GX-Rand ein kleiner, mag 14.5-Vordergrundstern, etwa auf 1h.

Lange nicht mehr eingestellt kommt eine recht nahe Zwerg-Galaxie ins Gesichtsfeld:

UGC5470 = LEO I – GX – LEO - (mag10,2 - sbr 14,8; 10,7 * 8,3') SQM 21,20
Die Sichtung ist zweifelsfrei. Schon im 21er, dann besser im 13er. Der Hintergrund wird ob des riesigen Gesichtsfelds und der kleineren AP deutlich dunkler, vom Grau ins Schwarz. Mit Stukturen kann ich nicht dienen, es blieb bei graduell zum flächig-weiten Zentrum leicht zunehmender Helligkeit. Aber immerhin etwas. Den gleißend hellen Regulus (Alpha LEO) außerhalb des GF platzieren hilft sehr. LEO1 gehört zur Lokalen Gruppe und weist eine Distanz von ca. 800k LJ zu unserer Sterneninsel auf.

In der kurzen Vorbereitung für die Nacht war ich auch ein GX-Paar aufmerksam geworden, immer noch im LEO, nun hinter dem Kopf:


NGC3245 - GX - LEO (mag 10,8 – 12,6; 3,5 * 2,4) SQM 21,20
NGC3245A - GX - LEO (mag 13,9 – 13,9; 3,5 * 0,3) SQM 21,20
Erstere sehr einfach und deutlich. Eine linsenförmige GX mit deutlichem Zentralbereich in einem zart auslaufenden Halo, die Hauptachse von 11h nach 5h ausgerichtet. Richtung 8h bilden 3 Feldsterne ein gleichseitiges Dreieck, die Komponenten um mag 12. Noch etwas mehr entfernt zwei mag 13 Fünkchen, dort soll die GX-Nadel zu finden sein. Im 13 und auch im 10er erkenne ich nichts, erst im 8er bei knapp 230fach .. jep, da ist was. Mit Muße und Geduld lässt sich ein blasser Strich gesichert dingfest machen.

Der Himmel ist nicht schlecht, die Grenzhelligkeit überdurchschnittlich. Mit der Kleidung war ich zu optimistisch, mir wird mehr und mehr kalt. Eine dünne lange Unterhose unter der Jeans ist auf Dauer zu wenig, auch hätte ich Handschuhe mitnehmen sollen. Zum Aufwärmen laufe ich den Hügel Richtung Süd etwa 200m hinunter. Hej, da kann man sich auch gut hinstellen, der Feldweg mündet in eine T-Kreuzung, dort ist der Weg eben, von hier die Sicht auch gen Norden bis runter auf 10 Grad frei, nach S, O und W immer noch ein 0 Grad Horizont. Die Senke geht noch tiefer, hier ist es windstill und absolut streulichtgeschützt.

Zurück am Teleskop soll es zumindest noch ein Sahnestückchen sein:

M51- GX- CVn - (mag 8,4 – 12,9; 10,8 * 6,6’) SQM 21,23
NGC5195- GX- CVn - (mag 9,6 – 12,9; 5,9 * 4,6’) SQM21,23
Wow! Richtig guten Himmel zeigt sich vor allem am von NGC5195 wegweisenden, weit fassenden Spiralarm. Den gibt es diesmal nur im Ansatz, doch ist das Seeing nun sehr gut. Bei 230-fach zeigen sich mehrere nadelfeine Feldsterne im GX-Körper, die Hauptarme deutlich strukturiert, teils wie leicht eingedellt. Noch in der Gesamtheit mit viel Dunkel herum ist M51 mit NGC5195 erkennbar, das Ethos-Gesichtsfeld bereits zu gut 2/3 füllend.

Bevor ich mich noch erkälte wird abgebaut und Heim gefahren. Mal sehen ob es heute eine Fortsetzung gibt. Sinn würden Beobachtungen ab 23h machen, da fangen die Nachbardörfer an Straßenbeleuchtungen abzuschalten. Nach Mitternacht könnte es so um 0,2 SQM-Werte noch besser werden

Clear Skies und gute Gesundheit Euch und euren Lieben wünscht Achim
 
Hallo Achim,
beneidenswert viele Objekte, die Du sehen kannst. Warst Du Draussen irgendwo? Du beschreibst Deine Beobachtungen so schön präzise, sehr vorbildlich. Mit meinem Dobson sehe ich die Sterne in Horizontnähe auch eher immer aufgebläht und matt, im Refraktor dann doch wieder besser. Vielleicht liegts wirklich - wie Du vermutest - am Spiegel, der noch ein bissel Temperaturanpassung braucht.
Lass es Dir gut gehen und vom Trübsal blasen wegen schlechtem Gewissens usw. wird man auch krank.
LG von Anette
 
Hallo Anette,
vielen Dank für deine freundlichen Worte. Ich fahre zum Beobachten etwa 15 Minuten mit dem Auto in eine relativ dunkle Ecke und stelle mich aufs Feld bzw. einen Feldweg. Ich der Platz ist der beste Kompromiss an schnelle Erreichbarkeit und möglichst guten Himmel. Verglichen zu vielen anderen habe ich es diesbezüglich gut erwischt.

Viele Grüße
Achim
 
Alle Achtung - LEO I probiere ich schon eine ganze Weile ohne Erfolg. Toll auch deine genauen Angaben Objekttyp und Helligkeit, da steckt im Nachgang noch Richtig Arbeit drin. Oder bereitest du die Beobachtung schon so vor? Sehr motivierend!
Viele Grüße, Ansgar
 
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