2 Tage nach der Sommersonnenwende

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Achim

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geht auf 49 Grad Nord Deep-Sky-mäßig immer noch einiges ... Anbei mein Bericht

Bericht vom 23/24.06.2020; 23.45h – 02.00h
Ausrüstung: Newton-Teleskop, Öffnung 428mm, Brennweite 1830mm, (f/4,25) Adler
Dobsonmontierung

verwendete Okulare: 21mm (87-fach) ; 13mm (140-fach), 10mm (183-fach), 8mm (228-fach), 6mm (303-fach) – Ethos-Serie, 9er Nagler mit 2,5-fach Powermate (505-fach), 6,7mm mit mit 2,5-fach Powermate (697-fach)
Ort: Freies Feld bei Beerbach, ca. 405m üNN
Temperatur: 23.30h +18, C ; 02.20 +16 C
Seeing: 2, später 1

Wetter: tags erst bewölkt, dann mehr und mehr aufklarend

Beobachtete Objekte:
Kometen: -
Planetarische Nebel: M27, NGC6828, NGC7027, Humason2-1
Gasnebel: M16, M17, NGC7027, NGC7023
Quasar: -
Planeten: -
Kugelsternhaufen: M13
Offene Sternhaufen: M11
Sterne: -
Galaxien:
HER: NGC6207
CYG: NGC6946
Supernovae: -

Letzte Chance zu dem Neumond. Zwar nur 2 Tage nach der Sommersonnenwende, doch da die Beobachtung 9 Tage davor so gut ging, hatten sich Nils und ich an gewohnter Stelle trotzdem verabredet. Arbeiten von 7 bis 13h und 17h bis 20h, dazwischen gut 100km Rennrad fahren. Noch eine kurze Vorbereitung, dann Powernapping von 21.30h bis 23h.
Bei der Fahrt zum Platz ist es um 23.15 noch recht hell, gen NO sieht man sogar noch einen leicht rötlichen Schein am Horizont. Die auf der Kante stehende, orange Mondsichel weist die Richtung. Kurz vor dem Ziel, auf den Fahrt den Hügel hoch erhasche ich noch einen letzten Blick, nur noch die obere Sichelhälfte ragt über den Horizont. Nils ist schon vor Ort. Aufbauen und justieren in gewohnter Routine.

Schön ist es wieder auf freiem Feld zu stehen, der Horizont wirkt noch etwas dunstig (staubig?). Es wird dunkler, die tief im Osten liegende Milchstraße beginnt sich abzuheben, an Strukturen zu gewinnen. Ich starte mit einen hellen, hoch im SO stehenden

M27 - PN - HER (mag 7,3 – sbr 11,2; 7,2 * 4,2) SQM20,70
Der Nebel ist im 8x50 Sucher, deutlich erkennbar. Im Okular auch ohne Filter sind die senkrecht zur Hantelachse weiter herausragenden Nebelkomplexe erkennbar. Ich steigere die Vergrößerung über das 13er zum 10er: 183-fach. Ohne Filter ist der Zentralstern erkennbar, daneben sind nun im Nebelkomplex etwa ein Dutzend Lichtfünkchen ersichtlich, die Mehrzahl im Bereich der Hantelform. Der Nebel selbst ist relativ deutlich nach außen abgegrenzt, Randbereiche weisen größerer Helligkeit auf als flächige Zonen im Inneren. Nahe eines am Rand gelegenen relativ hellen Mag 11-Sterns ist der Nebel am deutlichsten in einer grob dreieckigen Region aufgehellt. Der Einsatz von einem O-III-Filter bringt merkliche Kontraststeigerung, aber nicht den riesigen Unterschied. Auch ohne Filter überaus sehenswert. Ich nehme mir viel Zeit und erstelle eine relativ detaillierte Skizze.

Helle Planetaries sind eine gute Wahl für Restdämmerung, so ziele ich nun auf den Blinking Planetary in Cygnus, weit vom noch schwach glimmenden Horizont in NO abgewendet.

NGC6828 - PN - CYG (mag 8,8 –6,9sbr ; 27“ * 24“) SQM21,10
Von Lota Cyg ausgehend leicht einzustellen, liegt doch unweit der mag 6,2 helle Stern 16Cyg.
Im 21er ist der PN auch ohne Filter sofort erkennbar, bei der Minimalvergrößerung kommt der blinkende Effekt gut zur Geltung. Fokussiert man sich auf den hellen Zentralstern scheint der Halo zu verschwinden, fokussiert man auf den Halo scheint der ZS zu verschwinden. Mit zunehmender Vergrößerung verschwindet der Effekt. Und heute geht Vergrößerung. 10, 8er, 6er, … immer noch punkförmige Feldsterne und mehr und mehr Struktur im Nebel. Es ist eine der seltenen Nächte, bei dem meine Powermate zum Einsatz kommt. Ich lande bei 505-fach. Deutlich und relativ hell der Zentralstern, eine deutlich abgegrenzte Außenhülle, rundlich und innerhalb dieser Strukturen, die an zwei gegenüber liegenden Stellen bis an die Außenhülle reichen, teils 1/3 Radius entfernt bleiben. Nils schaut auch mal bei mir und beschreibt es als ‚wie eine Blüte‘. Ich skizziere wieder länger, ein sehr schönes Objekt.

Es ist merklich dunkler geworden, das Minimum der Nacht ist bald erreicht. Bei so gutem Seeing genieße ich den prominenten GC M13, auch bei gut 300-fach nadelspitzenfeine Sternenfünkchen, im Zentrum vor leicht glosenden Hintergrund, das Objekt über fast 2/3 des 100 Grad Gesichtsfelds – wow! Zur Abwechslung dann eine GX,

NGC6207 - GX - HER (mag 11,6 – sbr 12,9; 3,0‘ * 1,2‘) SQM21,20
Sehr deutlich erkennbar dank großer Flächenhelligkeit, Achsverhältnis um 3:1. Heller, stellar wirkender Zentralbereich, Strukturen? – ja! Etwas mottelig, ein Ansatz von Arm Spiral-GX in schräg-seitlicher Lage.

Das Super Seeing will genutzt sein, so fällt die Wahl auf

NGC7027 - PN - CYG (mag 8,5 – ?sbr ; 0,3‘ * 0,2‘) SQM21,23
Ein überaus interessantes Objekt. Ein sehr junger Planetarischer Nebel, mit einer physischen Ausdehnung von nur 0,2 Lichtjahren einer der kleinsten und jüngsten (man geht von 800 Jahren aus) bekannten PN. Sehr Flächenhell und Kompakt. In der Milchstraßenwolke unweit des Nordamerikanebels zu lokalisieren. Ab 140-fach eindeutig asymmetrisch, steigere stufenweise die Vergrößerung. Mir gehen die Okulare aus, leihe mir von Nils sein 6,7er und nutze dieses in der 2,5-fach Barlow. Knapp 700-fach. Mit Geduld gelingt fokussieren immer noch, Kleine Feldsterne nun ab und an mit Beugungsscheibchen. Ich sehe ein grob bohnenförmiges Objekt, Hauptachse von 11h nach 5h. der unten gelegene Teil mit einem merklich hellerem Bereich, das Ganze von einem schmalen, schwachen Halo umfasst. Etwa 1‘ Richtung 8h ein mag 14Feldstern. Ich spendiere dem Objekt sicherlich 15, 20 Minuten.

Als Kontrast dann der Nordamerikanebel (NGC7000). Leider war meine Minimalvergrößerung mit Filter 140-fach für meinen Geschmack zu hoch, mit dem 21er konnte ich nicht arbeiten. Ich hatte die Fangspiegelspinne reparieren müssen und dabei die Zentrierung des FS leicht verschoben, die 1 oder 2mm reichen, dass das Okular bei Filtereinsatz nicht mehr ganz in den Fokus kommt. Es fehlt der größere Überblick, der hier – für mich – den Reiz ausmacht.

Lasse dem Blick schweifen – sauge die Stimmung der Nacht ein, es macht einfach Spaß.

Das nächste Objekt ist eine Wiederholung der letzten Beobachtung:

NGC6946 - GX - CVN (mag 8,8 – sbr 13,8;11,4 * 10,8) SQM21,23
Nur unter besseren Bedingungen. Die Flächenschwache GX hebt sich nun deutlicher vom Milchstraßenhintergrund ab, die Arme sind besser erkennbar. Nils riskiert auch einen Blick, kann die Arme auch unmittelbar identifizieren.

Schwenke gen Nord, hoch in Cepheus, zu

NGC7023 – GN/OC - CEP (mag 7,1 – ?sbr ; 5,5 * 5,5‘) SQM21,20
Einen Reflektionsnebel mit Sternhaufen, ich meine auch etwas Dunkelstrukturen. Auffällig Hell ein Mag7 Stern im Zentrum des Nebelkomplexes, der einen helleren, grob ovalen Bereich aufweist und von zerklüfteten Strukturen umfasst ist. Hier hilft ein Nebelfilter bei der Beobachtung sehr. Das Objekt ist ca. 1300LJ von uns entfernt.

Die Zeit schreitet fort. Ich zeige Nils auf die Schnelle der Omeganebel, Adlernebel und M11 (Wild Duck), er hat das Problem wegen vergessener Schrauben seinen Dobs nicht niedrig ausrichten zu können. Da ich die Objekte für künftige Beobachtungen vorgeschlagen hatte wollte ich noch Appetit dafür anregen J

Einer geht noch, etwas exotisches, ein Mini-PN. Wie sich zeigt braucht es hier zwingend die Möglichkeit schnellen Filterwechsels, mit meinem Filterschieber ist das kein Problem. Ohne Rausblinken hätte ich dieses Objekt im überaus sternenreichen Feld niemals identifiziert:

Hu 2-1 – PN – HER (mag 11,4- sbr ?; 0,1” + 0,1”) SQM 21,20
Nils fängt mit dem Einpacken an, da werde ich unwillkürlich auch unruhig. Schnell steigere ich die Vergrößerung. Zentralstern kann ich nicht dingfest machen, Jedoch erscheint das Objekt mehr und mehr länglich. Ich belasse es dabei.

Morgens um 6 ist die Nacht vorbei, so lasse ich diesmal Jupiter und Saturn weg, auch wenn diese im Süden schon fast kulminieren. Abbauen, heimfahren … das war es für diesmal

Clear Skies und gute Gesundheit Euch und euren Lieben wünscht

Achim
 
Hallo Achim,
echt prima Bericht von Dir! (y)
Einer geht noch, etwas exotisches, ein Mini-PN. Wie sich zeigt braucht es hier zwingend die Möglichkeit schnellen Filterwechsels, mit meinem Filterschieber ist das kein Problem. Ohne Rausblinken hätte ich dieses Objekt im überaus sternenreichen Feld niemals identifiziert:

Hu 2-1 – PN – HER (mag 11,4- sbr ?; 0,1” + 0,1”) SQM 21,20
Nils fängt mit dem Einpacken an, da werde ich unwillkürlich auch unruhig. Schnell steigere ich die Vergrößerung. Zentralstern kann ich nicht dingfest machen, Jedoch erscheint das Objekt mehr und mehr länglich. Ich belasse es dabei.
Humason 2-1 ist ein PN ganz nach meinem Geschmack. Wie die beiden anderen Humasons wirklich ein echter Exot, leider nicht oft thematisiert oder beobachtet. Aus meinen Aufzeichnungen dazu:

Hu 2-1 (PK51+9.1), einer der drei Humason-PNs, Durchmesser 2.6", Helligkeit 11.4m, Zentralstern 13.4m
Zwischen 110 und 112 Her gelegen, Identifizierung am besten durch OIII-blink, auf den der PN außergewöhnlich stark reagiert. Auch bei sehr ruhiger Luft mit V=440x keine Struktur im sehr hellen Scheibchen des PN (12,5"-Dobson). Der ZS ist in dem hellen Objekt nicht zu sehen.


PS: Zum Aufsuchen solcher kleinen PNs verwende ich zuerst eine Karte der Uranometria 2000.0 (8x50-Sucher), dann einen detaillierteren Ausdruck von GUIDE (Übersichts-Okular) und letztlich eine 20´x20´-Karte des DSS. Der OIII-blink liefert dann die letzte Gewissheit... ;-)

salü+cs, volker.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hi Achim (u. Nils :)),
den Sichelmond-Untergang konnte ich auch im 10x50 Fg betrachten: Der wurde völlig ohne Verformungen durch Lichtbrechungen, selbst noch auf den obersten 20% vom Horizont wie mit dem Messer abgeschnitten. Das hatte ich so "sauber" noch nie gesehen; dachte mir schon, dass das Seeing gut sein sollte.
Den Neptun(7,7mag) konnte ich 12 ° tiefstehend neben Mars erstmalig auffinden- fast nur indirekt zu sehen im Fg.
Wäre de für Euch auch noch gut hochzuvergrößern gewesen. Oder stand der noch zu tief (18° um 3 Uhr), dass es trotz gutem Seeing nichts wird ?
Grüße, Simon
 
@ Volker,
die anderen beiden Humanson kommen auf meine Liste, danke für den Hinweis. Mit Astrosoftware auf dem Tablet kann ich die Zielregion recht genau einstellen, ich von Papierausdrücken (von Quasarsuche abgesehen) mittlerweile abgekommen, mein Sternenkatalog geht bis mag16. Ohne Filter-Blinking sind solche Mini-PN jedoch kaum eindeutig zu identifizieren.

@ Simon,
Neptun wäre sicherlich nicht gegangen, den hatte ich einfach nicht auf dem Radar. Jetzt mit etwas Abstand ärgere ich mich, nicht zumindest Saturn und Jupiter noch angepeilt zu haben, bei dem außergewöhnlich gutem Seeing wäre es sicherlich toll gewesen. Mit der Aussicht auf nur 3 Stunden Schlaf (sofern man sofort die Ruhe findet) und einem Arbeitstag vor der Brust hatte mir die Muße gefehlt ...

Viele Grüße

Achim
 
Hi Achim,

du entwickelst richtigen Ergeiz was das BB schreiben anbelangt.
ich war die letzten beiden Nächten aus draußen. Von deinen Objekten hatte ich auch M27, NGC6828, M16, M17, M13 und M11 im Okular. Bei mir war die Nacht aber jeweils schon vor 3 Uhr vorbei. :)
Bildchen mit Jupiter und Saturn. Mars konnte ich acuhntief im Osten erblicken.
Gruß
Lothar
 

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Hallo Achim, sehr unterhaltsam dein Bericht. Vielen Dank!
Wie war der Himmel? (Bortle?)
Und wo war es? (Breitengrad?)
CS
Sebastian
 
Hi,
mein Beobchtungsplatz ist 49,5 Grad Nord, (49° 31' 55.618" N 10° 33' 28.609" E ).
Bortle-Angaben finde ich nicht so aufschlußreich, ich gebe bei jedem Beobachtungsobjekt auch die SQM-Werte zum Beobachtungszeitpunkt mit an. In dieser Nacht war der Beste Wert 21,25 zenithnah, das dürfte etwa Bortle 3 bis 4 entsprechen.

Viele Grüße

Achim
 
Hi Achim,

ein 21,25 SQM-Wert entspricht eher Bortle 4-5. Aber dein Himmel ist damit immer noch besser wie meiner aus dem Garten, da habe ich wohl eher Bortle 5-6.

Interessant: ich war die letzten 4 Nächte So. bis Do. immer so ab 23:30 bis 2:30 +/- 1/2 Std. draußen Da kamen dann auch in 4 Nächten 9-10 Stunden zusammen, so was könnte man im März in einer Nacht erledigen.

Gruß
Lothar
 
Hallo Lots,
danke für die Ergänzung. An meinem Standort habe ich bisher Maximal SQM 21,55 gemessen. Das dürfte dann Bortle 4 oder etwas besser (3 bis 4) sein, oder? Zodiakallicht hatte ich nicht bewußt gesehen, an dem Standort aber auch nicht darauf geachtet. Sollte aber bei genannten Wert schon gehen (wenn auch nicht am Horizont).

Viele Grüße

Achim
p.s. Bei meinem SQM (ist das alte) mit einem Meßkegel von 90 Grad streut die Milchstraße mit ein, ab 21 mit merklichem Anteil. Vor Jahren hatte ich mal eine Tabelle entwickelt um den Effekt in Abhängigkeit der Sternzeit rauszurechnen. Das wurde dann mit dem neuen SQM mit dem schmalen Kegel obsolet ....
 
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