20x80: Intermezzo im Sessel

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Henning81

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Geschätztes Forum,

30. Januar 2019, ca. 05:30 Uhr, Uckermark

Viel zu früh wache ich aus irgendeinem Grund auf, und ein Stern strahlt mir durchs Fenster entgegen.
Ein zweiter blinkt auf und ich beschliesse, den Fernglassessel mit dem neuen 20x80 TS zu bestücken und es mal einem faireren Test zu unterziehen als neulich aus der freien Hand geführt, wo es mir vorkam, als sähe ich Doppelbilder.
Nicht so heute. Flux ist der Sessel hinterm Haus aufgebaut und ich sitze unterm grossen Wagen, wo mir M81 und M82 nicht ins Gesichtsfeld kommen wollen. Erst an M101, Alkor und Mizar merke ich, dass das Glas nicht gut zur "Montierung" ausgerichtet ist. Ich bringe das in Ordnung und kann nun besser freiäugig vorpeilen. Sessel ausrichten, Fernglas vors Auge und senkrecht hochschwenken, bis das Gesuchte erscheint. Gleich schwebt mir M51 vors Auge vor die Augen, doch allzuviel Dunst verhindern Ausrufe des entzückten Beobachters.
Gleich fällt mir der Skorpion etwas nördlich der Kassiopeia ein, ein vielversprechendes Objektarrangement für mein Fernglas. Dies bestätigt sich auch. Schön stehen das Spinnentierchen und der kleine Sternhaufen im Glas, Von Bubble- und auch Klauennebel keine Spur.
Ach ja, Doppelbilder sehe ich auch nicht und die Feineinstellung über den Dioptrienausgleich lässt mich zufrieden sein. Klar, dass es nicht mein geliebtes Minox ist, aber Spass macht es durchaus und den richtig guten Himmel hat es ja noch nichtmal gesehen. Stichwort Milchstrasse.
Es folgen der Autoscheinwerferdoppelstern im Drachen, etwas Rumgegurke um Deneb, der völlig Nebelfrei strahlt sowie neben Vega nun auch Epsilon Lyrae. Ich bilde mir ein, die nördliche Komponente tatsächlich trennen zu können, bei 20fach geht das aber nicht. Ich kenne aber deren Ausrichtung zueinander, es dürfte sich folglich um ein Strahlenbüschel oder ähnliches handeln oder mir fällt die ovale Erscheinung schon auf. Schade, dass der Mond ein Viertel des Himmelsdoms erhellt, aber hinter der alten Kirchenruine verborgen bleibt. Direkt über meinem Haus sehe ich Arktur, die nördliche Krone und das Haar der Berenike.
Gleich träume ich davon, durch Galaxiensuppe zu streifen, natürlich wird daraus nichts. Ich finde jedoch M53, einen Kugelsternhaufen, der mir immer wieder als Wegmarke im Frühjahr dient. Arktur, M53, Galaxiensuppe.
Leider bin ich noch zu müde, um mir mal M13 anzusehen. Herkules fällt mir wie immer nicht ins Auge.
Ich bemerke, dass das Gewicht des deutlich grösseren Glases zu leichtem Schwingen führt, wenn ich mich ein wenig unvorsichtig bewege und nicht wirklich entspanne. Es geht noch, aber schwerer dürfte es wohl nicht sein.
Vor dem Haus, am Türrahmen angelehnt, schaue ich noch kurz auf den wunderschönen Mond mit Hof und kühnem Terminator, Jupiter als Scheibchen ohne Monde und eine zu helle Venus, die allesamt in der orangen Strassenbeleuchtung schwimmen. Streulicht ist ein enormer Störfaktor bei diesem Fernglas. Vielleicht helfen Taukappen, vielleicht sollte ich es aber einfach dort anwenden, wofür ich es angeschafft habe: Im Garten, ohne Streulicht.

Fazit:
Man kann auch Billigferngläser kaufen und damit viel Spass haben, aber die Justagegarantie meines Händlers beruhigt doch enorm.

CS,

Henning
 
Hallo Henning, danke für diesen schönen Bericht, der richtig Lust macht mit kleinem und leichten Equipment mal fix den Sternhimmel zu genießen.
Gerne erinnere ich mich an mein 20x80 das auf Reisen mit durfte, immer, wenn Zeit-/Gewichts-/Platzmangel angesagt war. Der schönste Moment war in den Anden, Paso los Libertadores. Zum ersten mal die Magellanschen Wolken - Wollsocken an den Händen, Kopf aus dem hinteren Seitenfenster, Füsse auf dem Armaturenbrett.
Freihändig ist ja nur begrenzt möglich, aber irgendwie lässt sich ein "Fernrohrsessel" immer improvisieren;).
Viele schöne Beobachtungen damit und CS, Ansgar
 
Hallo Henning,

ein schöner Beobachtungsbericht von dir. Das macht Freude auf die nun kommende Zeit (mit hoffentlich besserem Wetter als jetzt). Glückwunsch auch zum neuen 20x80 TS! Ich habe das Gerät nun auch schon einige Jahre und kann darüber wirklich nicht meckern. Was mir besonders gefällt, ist sein geringes Gewicht für 80mm Öffnung. Damit habe ich schon manche wunderbar faule Beobachtung gemacht, einfach so vom Klappsessel im Feld aus, ohne großartige Vorbereitung.
Man kann auch Billigferngläser kaufen und damit viel Spass haben, aber die Justagegarantie meines Händlers beruhigt doch enorm.
Er ist übrigens auch einfach zu justieren, die kleinen Schrauben sind unterm Gummi versteckt. Bei Bedarf kann ich dir gerne eine Anleitung zukommen lassen.

salü, volker.
 
Hallo Ihr Beiden,

Danke für Eure Kommentare und Stories.
Ansgar, Du machst mich neidisch. Na, immerhin hab ich schonmal das Glas.

Volker, das mit dem Gewicht habe ich nochmal durchdacht.
Es fühlt sich ja wirlkich sehr leicht an für solch ein Kaliber.
Dennoch hat es meine "Monti" zum leichten Schwingen gebracht. Sicher habe ich das durch die
höhere Vergrößerung auch stärker wahrgenommen als mit dem 10x43.

Wissen reizt mich immer, aber wenn Du mir die Anleitung gibst, hab ich Angst, grundlos am Fernglas rumzufummeln. -Ach, her damit! (Bitte)

Im Nachbarforum habe ich ein Bild eingestellt, falls Euch der Sessel interessiert.

CS,

Henning
 
Hallo Henning,

ich würde da jetzt wirklich nur tätig werden, wenn das Glas durch einen Schlag oder so stark dejustiert wäre. Damit dürfte es im Notfall gehen.

Beim Bau meiner Birke-Multiplexbox für den 12,5"er hatte ich zuerst auch mit leichten Vibrationen bzw. Nachschwingen beim Beobachten zu tun. Es lag wohl an einer kleinen Unebenheit im Höhenlager. Ich bin jetzt kein ATMler, aber bei Holz-konstruktionen entstehen gerne Vibrationen bei ungünstigen Hebelverhältnissen oder einem nichtoptimalen Lager (Kontakt von Holz auf Holz).

Auf jeden Fall sieht er echt bequem aus!

salü, volker.
 
Hallo Volker,

Danke für die Anleitung. Ich versuche, meine Hände ruhig zu halten, aber allein die
Möglichkeit, Einfluss nehmen zu können, beruhigt mich nochmals.

Zu den Schwingungen ist angesichts der Bastelei doch hoffentlich nichts hinzuzufügen.
Ich befinde mich noch auf der Entwicklungsstufe, wo ich Ideen umsetzen möchte.
Irgendwann möchte ich sie vielleicht auch handwerklich perfekt ausführen, sofern
dem dann nicht immer wieder neue Ideen im Wege stehen.

Und: Er funktioniert und macht eine Menge Spass.

CS,

Henning
 
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