Guten Morgen,
ein paar Hintergrundinfos zur Koma (das grammatische Geschlecht ist weiblich, also „die Koma“, nicht der oder das).
Als Koma wird einer der zahlreichen sogenannten Seidelschen Abbildungsfehler (Seidel war ein bedeutender Optik-Wissenschaftler, der erstmals umfassende Berechnungen der Abbildungsfehler und eine systematische Klassifizierung nach mathematischen Kriterien dafür einführte). Koma äußert sich in kometenähnlichen oder schmetterlingsflügelähnlichen Bild„punkten“, und Koma ist ein Fehler, der grundsätzlich allen optischen Systemen anhaftet, allerdings in recht unterschiedlichem Ausmaß. Bei hochkorrigierten Lisensystemen kann die Koma so gut korrigiert sein, daß man von komafreier Abbildung spricht, obwohl diese streng genommen auch nicht komafrei, sondern nur komaarm ist (nebenbei: klein und zusammen geschrieben, denn „komaarm“ist ein Eigenschaftswort und hat mit dem Arm nichts zu tun, und es besteht auch keine Analogie zum Hebelarm).
Newtons haben ganau auf der Achse die denkbar beste Abbildungsqualität und werden dort von keinem anderen optischen System übertroffen. Aber außerhalb der Achse, d.h. außerhalb der Bildmitte, gibt es einige Abbildungsfehler (keine chromatischen, solange keine zusätzlichen Linsen im Spiel sind, die aber spätestens im Okular am Abbildungsergebnis mitwirken), die dann mit zunehmendem Abstand von der Achse mehr oder weniger schnell zunehmen und störend sichtbar werden können. Die Koma ist der Abbildungsfehler, der bei einem Newton mit „schneller“ Öffnung - das ist eine eigentlich falsche Übersetzung aus dem Englischen, wo es „fast“ (= schnell) heißt, aber „lichtstark“ gemeint ist – so groß wird, daß er im Randbereich zum dominierenden Abbildungsfehler wird.
Ob eine Barlow Koma und Bildfeldwölbung positiv oder negativ beeinflußt, laßt sich nicht grundsätzlich entscheiden. Denn auch ein Barlow-System (das ist ein optisches System mit negativer Brechkraft, also zerstreuender Wirkung, das kein reelles, sondern ein virtuelles Bild erzeugt) ist sowohl koma- als auch wölbungsbehaftet. Da bei allen Nwetons sowohl Koma als auch Bildfeldwölbung in dieselbe Richtung gehen und in der Größenordnung vom Öffnungsverhältnis bzw. der Brennweite und von der Bildhöhe (= Abstand des betrachteten Bildpunktes von der optischen Achse) nach bekannten mathematischen Zusammenhängen beurteilt werden können, lassen sich natürlich Barlows konstruieren, die neben ihrer brennweitenverlängernden Wirkung auch zur Koma- und Bildfeldwölbungs-Reduzierung beitragen. Das Problem allerdings ist, daß es ja auch Refraktoren gibt, an denen die Barlows eingesetzt werden sollen. Die verhalten sich zwar hinsichtlich der Bildfeldwölbung ähnlich, so daß die entsprechenden Korrekturmaßnahmen an der Barlow auch dort greifen könne, aber hinsichtlich der Koma ganz anders. Wenn also eine Barlow komareduzierend konstruiert wurde und somit die Bildqualität am (lichtstarken) Newton deutlich verbessert, wird sie bei einem Refraktor zwangsläufig das Bildergebnis verschlechtern! Es wäre daher sinnvoll, daß die Konstrukteure der Barlows bzw. deren Hersteller dem Käufer verraten, ob und ggf. in welchem Umfang ihre Barlow komakorrigierend wirkt. Aber sie tun es leider nicht, weil sie damit die potentiellen Käufer abschrecken würden, die die Barlow an einem Refraktor einsetzen. Ideal wäre es mithin, wenn die Hersteller sowohl Barlows für Refraktoren (ohne Komareduziereung) und für Newtons (mit Komareduzierung) anböten. Vielleicht liest das auch einer der Hersteller oder der einflußreichen Händler und kann diese Anregung aufgreifen bzw. weitergeben.
Was die Bildfeldwölbung betrifft, wird es leider immer komplizierter, je tiefer man in die Materie eindringt. So einfach, wie Sven es erklärt, ist es leider nicht. Die Barlow, die ja selbst auch eine gewisse Bildfeldwölbung ins Gesamtsystem einbringt, kann durchaus die Wölbung auch verstärken oder in der Wölbungsorientierung (konvex/konkav) umkehren. Es kommt immer auf den Einzelfall an, so daß man sehr vorsichtig mt generellen Aussagen sein muß.
Komplizierter wird es auch dadurch, daß die Bildfeldwölbung für die sagittale und die meridionale Bildschale unterschiedlich ist, was einen astigmatischen Effekt erzeugt. Das ist am einfachsten anhand eines Fotoobjektivs erklärbar: Stellt man weit außerhalb der optischen Achse, also nahe dem Bildrand, auf einen Punkt scharf, so wird man nie zu einer punktförmigen Abbildung kommen. Vielmehr ist in einer bestimmten Position ein radialer scharfer Strich zu sehen (radial heißt, daß er in der Richtung zur opt. Ache = Bildmitte zeigt) und in einer davor etwas verschiedenen ein scharfer tangentialer Strich (die Richtung des Strichs liegt also wie eine Tangente an einem Kreis um die opt. Achse bzw. Bildmitte). In den Positionen zwschen diesen beiden Einstellungen verändert sich das Abbild des Punktes vom Strich über eine immer unschärfer, aber kleiner werdende Ellipse zu einem unscharfen Kreis und anschließend über eine wieder länger werdende Ellipse mit langer Achse in der zur ursprünglichen Richtung senkrechten Richtung wieder zu dem besagten scharfen anderen Strich.
Aber tiefer müssen wir hier wohl kaum noch in die Details eindringen, es ist auch schon so kompliziert genug. Fazit: Im Einzelfall erfragen und/oder am eigenen Teleskop ausprobieren, ob die ins Auge gefaßte Barlow zur Reduzierung der Koma und der Bildfeldwölbung beiträgt. Weil die Barlow, wie Sven schon sagte, nur einen kleinen zentralen Bereich herausvergrößert und die Koma überproportional zur Bildhöhe zunimmt, wird auch bei einer nicht komareduzierend konstruierten Barlow die störende Wirkung der Koma erkennbar gesenkt. Man kann das auch als eine Folge des redizierten Öffnungsverhältnisses auffassen (eine 2fach-Barlow macht aus einem f/4-Newton effektiv einen F/8-Newton mit deutlich weniger Koma). Das gilt sogar dann, wenn die Barlow selbst zusätzlich Koma ins Gesamtsystem einbringt. Und das wiederum mag diejenigen unter Euch trösten, die meine vorherigen Ausführungen erst mal frustriert haben.
MfG Walter E. Schön