Anfänger: Klasse Nacht am 24.7...

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starrookie

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Hi Astrofreunde,
ich stelle hier mal meinen Beobachtungen von gestern Nacht (24.7.9 vor und zur Diskussion, weil mich als Anfänger die Nacht einfach begeistert hat und ich hoffe von Euch Rückmeldung zu bekommen, was ich nächstes Mal noch besser machen oder beschreiben kann. Wahrscheinlich denkt Ihr Euch, "Mann, was macht der Mensch da für seltsame Sachen?" oder Ihr denkt an Eure Anfängertage zurück und erlebt dieses großartige Gefühl nochmal, ein wenig blauäugig losgelaufen zu sein um ganz eigene Erfahrungen zu machen....

In dern Regentagen der letzten Woche habe ich es endlich vermeintlich geschafft, an meinem 150/750 Newton den Fangspiegel - mit Offset - zu justieren. Zuvor war er zentrisch justiert, und man sagt ja, dass das für die Bildfeldausleuchtung schlechter sei.
Dann gabs gestern Abend einen klasse sternenklaren Himmel bei uns im Dorf (ländlich, ca. 5km zur Kleinstadt, aber Straßenlaternen unmittelbar am Grundstück). So um 22:30 war die Milchstraße andeutungsweise zu erkennen und klar von eventuellen Wolkenfetzen zu unterscheiden. Weil der Mond noch schien und im Süd-Garten die Straßenlaternen irgendwie heller schienen als sonst ;) habe ich den Beobachtungsplatz vor dem Haus (NNE) gewählt. Hier schattet ein Baum die Straßenlaterne ab.
Also erstmal die vermeintliche Justierung am Stern prüfen: Ohjee, das sah aber übel aus, selbst im Fokus erschienen die Sterne irgendwie oval, die ganz hellen hatten asymmetrische Strahlen. Außerhalb vom Fokus etwas, das wie Koma aussah und sich durch Hauptspiegelfeinjustierung nahezu neutralisieren ließ - keine Ahnung ob ich jetzt bei Tag noch einen justierten Eindruck von dem Newton haben würde... Im Fokus blieb trotzdem ein irgendwie schiefer Eindruck hängen - selbst auf der Achse. Schade, ohne Offset war das Bild irgendwie symmetrischer (geht's mit Offset evtl gar nicht besser?).
Wei die Nacht selbst mit bloßem Auge noch schön war, habe ich mal nicht aufgegeben, sondern versucht noch rauszuholen, was ging...

1. e-Lyrae: Der Doppelstern gut zu trennen, der Vierfachstern nicht...Die Doppelsterne schienen irgendwie oval - funkelnd, doch ich konnte nicht entscheiden, ob es jetzt nur am Seeing lag, dass ich sie nicht klar trennen konnte oder noch an der Neujustierung. Irgendwie enttäuschend, denn das ging ja vorher schonmal...
2. M13: Oha, vorher schon einmal mit Mühe gefunden, heute auf Anhieb wiedergefunden, nicht schlecht, denke ich mir. M13 läßt sich bei 214x am Baader Hyperion schön am Ran dauflösen und im Zentrum sind einzelne hellere Sterne zu erkennen. Das nenne ich ein Erfolgserlebnis.
3. Mittlerweile ist es richtig dunkel und ich werde übermütig und will M57 suchen...habe da noch nie Erfolg gehabt und hangle mich erneut durch die Leier...Mist, ich finde ihn nicht, mach ich was falsch oder liegts doch am M57 oder dem Wetter oder was?
4. Ich will mich am Coathanger-Cluster trösten, denn irgendwie hat der was ästethisches anzusehen. Auch meine Frau kommt gucken und fragt, was ich so mache ;) Ich sage, dass ich nen Kleiderbügel suche und ernte ein verdutztes Gesicht. Kurz drauf lachen wir uns irgendwie zusammen schlapp, als wir ihn prima im Sucher erkennen, aber er bei rd. 31x viel weniger eindrucksvoll aussieht.
5. Jetzt ist es so dunkel, dass ich mich mal an die visuelle Grenzgrößenbestimmung im kleinen Bär machen will. Das ist gar nicht so einfach...auf den ersten Blick sehe ich bis 4.5 mag, je länger ich hinguck finde ich immer mehr Sterne bis 5.0 mag - das muss wohl an der Dunkeladaption liegen...bei 5.0 ist Schluß und ich schau wieder weg vom Eichfeld - da kommt es mir glatt so vor, als ob da noch mehr Sterne stehen - wieder hingeguckt und weg sind sie - wieder wegschauen, da tauchen sie wieder auf...Mist. Wie soll man da eine brauchbare Bestimmung machen? Mit viel Hin-und-Weggucken (ist das Sehen beim Weggucken das vielgerühmte 'indirekte Sehen'?) sehe ich tatsächlich noch Sterne bis 6.0 mag und denke mir, dass das ja eigentlich nicht sein kann, mitten im Ort. Egal, der Himmel ist schön und weiter gehts.
6. Arkturus und Izar im Bootes sind keine Freude. Arkturus ist nicht scharf zu kriegen (der Halo?), flackert wie verrückt und sieht irgendwie eirig aus (Seeing oder Justierung?), Izar (angeblich ja zweifarbig) bringt ebenfalls keinen Spaß, also mal weiter vielleicht mit Sternhaufen und Nebeln, die gingen ja ganz gut...
7. Also versuch ich nochmal M57, und - kaum macht man's richtig, klappt's - denn wenn ich, wie zuvor, von Vega aus in die falsche Richtung das Sternbild der Leier suche, sehe ich alles andere, da ist dann eben auch kein M57 drin ;) M57 ist als schwaches Wölkchen mit Loch zu erkennen
8. Übermütig mache ich mich auf zum Hantelnebel im Saggitarius - auch der ist schwach zu erkennen, obwohl die Hantelform kaum auszumachen ist.
9. Mittlerweile steht Cassiopeia nicht mehr hinterm Baum und ich mache mich mal auf zum Eulencluster...der ist auf Anhieb gefunden und ein Wahnsinnsanblick schon im Sucher, bei rd. 94x füllt er das ganze Gesichtsfeld aus und ich versuch mich mal mit einer Zeichnung...naja ich echt war er schöner ;)
10. Wo ich schonmal in der Gegend bin noch ein kurzer Blick auf den Andromedanebel, der zwar groß aber recht kontrastarm rüberkommt...
11. Anschließend h- und X-Persei, die klar aufgelöst sichtbar sind, ein netter Anblick, auch wenn mittlerweile die Füße und der Rücken echt kalt werden - es ist ja auch schon kurz nach 2...

Da heute früh um 6:30 der Wecker klingelt, wird es wohl Zeit abzubauen. In jedem Fall war die Nacht nicht vergeudet, sondern hat eine Wahnsinns-Spaß gemacht. Der Okluarkoffer ist nass von Kondenswasser, daher stelle ich ihn lieber offen zum Abtrocknen ins Haus - als ich reinkomme merke ich erst wie kalt es draußen wirklich war.
Für später nehme ich mir vor, die Justierung nochmal mit jemandem zu besprechen, der was davon versteht und hoffe auf noch viele ähnliche Nächte....

Grüße
Holger
 
Hallo Holger,
na klar erinnere ich noch an meine Anfängerfehler: Tagelang beobachtete ich die Sonne und suchte verzweifelt nach Sonnenflecken. Ich war völlig frustriert und verwirrt, dass ich sie nicht sah... bis ich irgendwann begriff, dass die Fleckenzahl variiert und wir in Zeiten des Aktivitätsminimums waren. Schlimmer noch war, dass ich einen geplatzten Sonnenfilter wieder mit Uhu ...... Es ist mir so peinlich. Ich habe Glück gehabt und benutze noch immer das gleiche Auge zur Beobachtung.

Hier noch zwei Hinweise:
- die Justage immer wieder üben. Wenn Du an einem Tag denkst, sie sei nun perfekt, dann kriegst Du es am nächsten Tag sicher noch ein bisschen perfekter hin. Insbesondere das mit dem Offset solltest Du erst einmal vergessen. Das ist bei Deinem Teleskop nicht sooo relevant. Halte Dich am besten an die Anleitung von Pteng .
- das mit dem indirekten Sehen hast Du schon ganz gut erkannt. Wobei es nicht um das Wegsehen, sondern vielmehr um das Dranvorbeisehen geht. Im Auge gibt es Stäbchen (lichtempfindlich und für die Hell-Dunkel Wahrnehmung) und Zäpfchen (weniger empfindlich und für den Farbeindruck). Im Zentrum der Netzhaut sind überwiegend Zäpfchen und die taugen eben an der Wahrnehmungsschwelle schwacher Sterne nicht so viel. Siehe auch hier bei Wikipedia

Schöne Grüße,
Frank
 
Hallo Holger,
na so erfolglos warst Du ja doch nicht! Eulenkluster? Den hab ich ja noch nie abgeschossen. Auf jedenfall hast Du Potentiale, denn Dein Bericht beweist, dass Du Geduld hast und hoch motiviert bist....der Rest ist Justage.....was Du als blutiger Anfänger alles schon geschafft hast.....super und welcome in the club!

Grüssle von Anette
 
Hallo Holger !

Doch, dafür das Du Dich als Anfänger siehst, hast Du schon ganz schön "abgegrast". Allerdings mit Eulencluster in der Cassiopeia kann ich nun auch nix anfangen. Ich kenn nur den Eulennebel im großen Bär.
Heb Deine Zeichnung auf,egal wie einfach sie ist, und zeichne nach ein paar Jahren nochmal die gleiche Gegend. Ich denke dann wird deutlich wieviel "mehr" man dann aufgrund von Erfahrung schon siehst.Für die Zwischenzeit viel Spaß beim zeichnen, frieren,staunen.......

CS
Andi
 
Hallo Andi, Hallo Anette,

Oha, da habe ich wohl ein neues Objekt gefunden und gleich 'Eulencluster' genannt, weil meine Frau mich Nachteule genannt hat, als ich ihn gefunden habe...
Spaß beiseite, den Namen hatte mir Starry Night genannt und das hat mich glatt neugierig gemacht. Gemeint war natürlich NGC 457, der tatsächlich aussieht, wie eine Eule mit ausgebreiteten Schwingen - man kann sogar den Hakenschnabel sehen. Wer's noch nie gesehen hat: ein kleines Stück unterhalb der Verlängerung vom linken Seitenstrich des W, gleich das nächste mit bloßem Auge sichtbare hellere Objekt.

Grüße
Holger
 
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