Hallo Dieter,
auch ich möchte hier nochmal eindringlich darauf hinweisen, dass Du ein antiquiertes Sprüchlein aufsagst, das man in völlig überholter Literatur noch so finden kann, und in oberflächlicher Händlerberatung.
Aus heutiger Sicht muss man für ein explizites Planetengerät die Anforderungen differenzieren, das heißt konkret:
Für Refraktoren:
FH oder Achromat: Diese Optiken benötigen ein Öffnungsverhältnis mit wenig Restfarbfehler. Das Öffnungsverhältnis ist abhängig vom Öffnungsdurchmesser, abzulesen in dieser Tabelle und definitiv aus dem grünen Bereich auszuwählen, wenn man von einem Teleskop sprechen möchte, welches für Planetenbeobachtung bewusst ausgesucht wurde. Dass Auch Teleskope mit roter Kategorisierung Planetenbeobachtung erlauben, sei unbestritten. Es wäre nur ausgesprochen _doof_ dies zu tun.
Link zur Grafik:
https://www.cityastronomy.com/CA-ratio-chart-achro.jpg
ED oder Apo: Gerade der Begriff Apo ist eine Definitionsfrage. Generell reduziert sich der Farbfehler und bei vielen Geräten ist dieser dermaßen gut korrigiert, dass man im fokussierten Bild keinerlei Farbfehler sieht, sondern nur beim defokussierten Stern Farbverschiebungen in den Beugungsringen wahrnimmt. Noch besser sind Geräte, bei denen sogar die Beugungsringe weiß bleiben. Solche Geräte sind zweifellos bei gleicher Öffnung am Planeten nicht zu toppen, jedenfalls wenn die Optik ansonsten beugungsbegrenzt abbildet.
Es gibt aber auch Optiken, die meist auf ein eher großes Öffnungsverhältnis (wieder relativ zum Öffnungsdurchmesser) ausgelegt sind, oder welche auch keine ideale= Glaskombination haben, so dass bei diesen Geräten Restfarbfehler sichtbar sind. Diese Restfarbfehler können eine zunächst erstaunliche Intensität haben. Herr Christensen hat dazu mal einen Aufsatz geschrieben und legt vor allem dar, dass eine kleiner Restfarbfehler dazu führt, dass die Farben immer noch stark gebündelt werden, wodurch der Restfarbfehler wenig Fläche hat und hell wirkt, während starke Fehlkorrektur den Restfarbfehler auf viel Fläche verteilt und dadurch (am Stern!!!) dunkel werden lässt. Bei Flächigen Objekten (Mond, Planeten) egalisiert sich die Verteilung auf die Fläche durch die umliegende Fläche und der Einfluss des Restfarbfehlers entspricht letztendlich dem Durchmesser des Zerstreuungskreises. Aber das kann schon ordentlich Detail kosten, wenn die Auflösung des Geräts mal eben auf die Hälfte oder ein Drittel reduziert ist, jedenfalls in den betroffenen Farbbereichen. Mein ehemaliger Widefield-ED-Apo war so ein Fall. Der Restfarbfehler spielte sich im Roten ab und für Marsbeobachtung war das Gerät sichtbar ungeeignet. Man konnte Mars damit beobachten, aber es wäre _doof_ das Gerät für Planetenbeobachtung auszusuchen.
Für Spiegeloptiken:
Spiegeloptiken erlauben meistens große Öffnungen und um die (außer bei Schiefspieglern) nötige Obstruktion im Griff zu haben, lohnen sich kleine Optiken nur sehr bedingt und nur in bestimmten Konstruktionen. Daher sind Spiegeloptiken meit größer und im Rahmen der Öffnung auch entsprechend Leistungsfähig, wodurch sich der Vergleich zu "bezahlbaren Apos" spätestens beim Achtzöller für viele Sternfreunde als illusorisch herausstellt. Die Frage "wieviel Euro kostet ein Apo, der einem 200/1200 Newton gleichzieht" sollte viel eher gestellt werden, als die Frage "mit welcher Apo-Öffnung zieht das Gerät gleich". Aufgrund der Größe und der marktüblichen Bauweise ist aber auch bei Spiegeloptiken etwas zu fordern. Und auch hier ist zu differenzieren, neben grundsätzlichen Ideen.
- Grundsätzlich: Kleine Öffnungsverhältnisse entspannen die Okularwahl bezüglich benötigter Konstruktionen und Brennweiten. f/15 ist diesbezüglich sehr entspannt, bei f/8 ist das Hauptproblem noch, dass die Okularbrennweiten recht kurz sind und ggf. einen kritischen Augenabstand haben und bei f/6 ist die Okularwahl mit Geldaufwand und sorgfältigem Aussuchen verbunden.
Penible Justage und eine hohe Güte der Optik sind einzufordern, so dass beugungsbegrenzt oder 80 Strehlpunkte das absolute Minimum sind. 90 Strehlpunkte und mehr sind keine schlechte Idee. Komakorrektur oder Komakompensation sind zu überlegen, wenn das Gerät keine Motorisierung hat. (Motorisierung reicht, Goto ist nicht nötig.)
Meist gibt es generell Verbesserungsbedarf in vielen Punkten, ehe man Massenware als Planetenteleskop hergerichtet hat. Andererseits ist die Leistung eines entsprechend ausgesuchten Geräts allein nach einer sauberen Justage und abgeschlossener Auskühlphase schon umwerfend gut! 150/1200 oder 200/1200 Newtons seien dazu einmal explizit genannt.
- Für offene Tuben: Diese Geräte haben eine turbulente Auskühlphase in der heftiges Tubusseeing entsteht. Diese muss nicht abgewartet werden, sondern man kann mit Belüftung entgegenwirken, was bei käuflichen Geräten nur selten wirksam umgesetzt ist, auch wenn ein Propeller irgendwo dran gemacht wurde.
- Für geschlossene Tuben: Die Auskühlphase erfolgt weniger turbulent, kann aber von erheblicher Dauer sein. Als Gegenmaßnahmen empfiehlt sich entweder eine Tubus-Isolation oder auch eine Belüftung.
- Für kompakte Geräte: Um die Obstruktion brauchbar klein zu halten, hat sich das Maksutov-Cassegrain durchgesetzt, wenn es um kleine Optiken geht. Ein typischer Vertreter ist der 90mm Mak. Mit dem ED 80/600 "Volksapo" kann sich der Mak nicht messen, mit einem 80/1200 FH hingegen schon. Was der Mak an Obstruktion verliert, verliert der FH allemal durch Restfarbfehler. Der Mak ist dabei aber wesentlich kompakter. Will man auf der Sicheren Seite sein bezüglich der Leistung, wählt man einfach ein Plus an Öffnung, also beispielsweise den Mak mit 100mm.
Diese Maks funktionieren meistens passabel out of the box. Man kann aber auch bei ihnen Krankheiten finden. Beispielsweise sind sie recht tolerant bei schlechter Justage, schwimmen dann aber bezüglich der Abbildungsleistung im Mittelfeld herum. Justagemöglichkeiten sind bei den kleinen Optiken begrenzt, so dass man leider Glück oder Pech haben kann. Ist das Gewinde für die Verschraubung der Meniskusfassung leicht schräg, ist das für normale Sterngucker nicht zu beheben, aber auch kein Grund, die Optik wegzuwerfen. Tablindheit oder Störlichteinstrahlung durch komisch dimensionierte Blendrohre sind auch typische Probleme - Nachts hingegen merkt man nichts mehr davon, solange nicht gerade Jupiter 1° neben dem Vollmond steht.
Für alle Geräte mit dem Ziel Planetenbeobachtung gilt: Eine gewisse Mindestöffnung ist abzuwägen und heute auch kein Limit mehr. Dass man 1980 mehr als 60mm Öffnung nicht bezahlen konnte, ist heute einfach überwunden, so dass man sich die Frage stellen muss, ob man sich mit 80mm Öffnung wirklich zufrieden geben will. Ich glaube man sollte konkrete Gründe haben, warum es 80mm bleiben müssen. Denn 80mm Öffnung sind ja letztendlich entweder ein 80/600 Volksapo oder ein 80/1200 FH. Und da stellt sich schon die Frage, warum es nicht auch ein 127mm Mak oder ein 150/1200 Newton sein soll.
So, und jetzt setze ich hier einfach mal ein paar Geräte hin, mit denen ich in den letzten Jahren sehr nett Planeten geschaut habe:
- Skywatcher 80/600 ED-Apo, Felix' "Goldie" und ein weiteres Exemplar.
- Vixen 80L 80/1200 FH
- Skywatcher 90/1250 Mak (meiner Tut's)
- Vixen ED114SS - gelungene Marsbeobachtung vor einigen Jahren
- Celestron C100ED-R 100/900 ED Apo
- Vixen SD115S SD Apo
- Celestron 114/900 Newton - dieser eine unter vielen sehr mäßigen... guter Ausrutscher?
- 130/650 "Klorohr", mein aus einem Vixen R130Sf hervorgegangener Selbstbau.
- 127/952 Meade ED-Apo (FCD-1) - blauer Restfarbfehler
- 127/1500 Mak, min.4 Exemplare von Skywatcher in Blau-Metallic
- 150/1200 Newton (diverse Exemplare, blauemetallic Skywatcher, Skywatcher Dobson)
- 180/2700 Skywatcher Skymax 180, Variante mit schwarz-metallic-Tubus
- 200/1200 etliche Exemplare, vom berühmten Silberdobby bis zum Starfinder im Papp-Tubus, etliche Selbstbauten, Reisedobsons
- 254/1250 Newton
- 300/1500 GSO Dobson "wie von der Stange" aber justiert.
- 12,5" Newtons: Discovery Dobson, Selbstbau-Reisedobson
- 18" Dobson
- 44" Newton in Melle
Weiter mal noch einige Optiken, denen ich das begründet zutraue:
- 127/952 ED Triplett mit FCD-100, kenne ein Exemplar mit nicht optimaler sphärischer Korrektur
- Bresser Messier MC 152/1900 und MC 127/1900
- TMB Triplett Apo 102/800 - keine Farbe in den Beugungsringen!
Will ich jetzt nicht ewig fortsetzen, aber man kann aus diesen Geräten eigentlich gut ablesen, was für Eckdaten ich als richtig gewählt erfahren habe!
Clear Skies
Sven