Ausrichtung eines "Prism-Grating-Prism"- Elements (PGP)

mwrhei

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Zur spaltlosen Spektroskopie in konvergenten Strahlengang habe ich bisher immer ein Grism verwendet (Grating-Prsima Kombination). Der Nachteil einer solchen Anordnung ist eine Verbreiterung des Spektralstreifens durch Astigmatismus und ein dadurch verursachter Empfindlichkeitsverlust (besonders im Nahen Infrarot):

https://adsabs.harvard.edu/pdf/1973PASP...85..174B

Uwe Zurmühl schlägt zur Korrektur von Koma und Astigmatismus daher die Verwendung eines "Prism-Grating-Prism"Elements vor (PGP) und erzielt damit hervorragende Ergebnisse:

https://bav-astro.de/images/BAV_Tagungen/Hartha2023/ZurmühlU_Spaltlos_mit_Transmissionsgittern.pdf

Die Ausrichtung eines PGP wird in der o.g. Präsentation nicht genauer beschrieben. Nach einer Literaturrecherche bin ich auf die Dissertationsschrift von Mauri Aikio gestoßen, in der die Ausrichtung ausführlich beschrieben wird (Fig. 21):

https://publications.vtt.fi/pdf/publications/2001/P435.pdf

[Anmerkung des Moderators: Bild wegen Verletzung des Copyrights gelöscht.]

Ein Laser zur Kollimation von Newton-Teleskopen leistet hier gute Dienste.

Die Verwendung eines PGP anstelle eines Grism reduziert den Astigmatismus bei meinem Setup (f/5 Newton) deutlich:


Folie2.JPG


Besonders im NIR wird durch den schmaleren Spektralstreifen die empfindliche Detektion der Paschen-Serie im Spektrum von Deneb möglich:

Folie3.JPG


Das Spektrum von Uwe Zurmühl aus der BAA-Datenbank wurde zur besseren Vergleichbarkeit normiert:

https://britastro.org/specdb/data_graph.php?obs_id=14476&obs_validated=&obs_observer_id=UZL&r_c=1&f_c=0&o_comment=Slitless+grism+setup,+2nd+order+avoided+by+extra+vertical+prism&plot=Plot

Das Spektrum von Uwe zeigt eine deutlich bessere Auflösung (höhere Dispersion durch größeren Sensor-PGP-Abstand und ein weniger konvergenter Strahlengang vor dem PGP).

Beste Grüße

Matthias
 
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Das Spektrum von Uwe zeigt eine deutlich bessere Auflösung (höhere Dispersion durch größeren Sensor-PGP-Abstand
Die Dispersion ließ sich noch einmal auf 1.55 Angström/Pixel steigern (Abstand Sensor-PGP ca. 14,5 cm). Hier ist allerdings das Ende der Optierung erreicht, da das PGP-Element jetzt am Ende des Okularauszugs sitzt:

IMG_1151 (1).jpg


Mit diesem Setup lassen sich sehr gute Übersichtsspektren aufnehmen, die weit bis in das Nahe Infrarot hineinreichen. Im Spektrum von gamma Cas kann die Paschen-Serie bis zur Linie P9 detektiert werden:

gam_cas_asi_pgp_bass_rect_merged.jpg


Die Vergleichsspektren sind aus der BAA- und der BeSS-Datenbank und wurden mit wesentlich leistungsfähigeren Spaltspektrographen von Shelyak aufgenommen (UVEX und LISA; bei allen Spektren wurde der Verlauf des Kontinuums bzw. des Pseudokontinuums durch Normierung begradigt):

gamma Cas mit Shelyak LISA (R=1147)

gamma Cas mit Shelyak UVEX (R=900)

Weiterführende Literatur zur PGP-Element:

A compact grism spectrometer for small optical telescopes

https://sarjaweb.vtt.fi/pdf/patents/EP0635138 B1.pdf

Beste Grüsse

Matthias
 
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Hallo Matthias,

du hast ja bei der 2-Prismen-Variante einen Keilwinkel von jeweils 2°. Beim Grism jedoch 4°.
Wären 2 Prismen mit 4° hier eher nachteilhaft?

Liebe Grüße,
Florian
 
du hast ja bei der 2-Prismen-Variante einen Keilwinkel von jeweils 2°.

Hallo Florian,

der Ablenkungsgrad der verwendeten Prismen beträgt jeweils 2° bei einem Keilwinkel von jeweils ca. 4°. Die Prismen sind von Edmund Optics:

2° Ablenkung, unbeschichtet, N-BK7 Keilprisma

https://www.edmundoptics.de/document/download/418586

Wären 2 Prismen mit 4° hier eher nachteilhaft?

Das habe ich noch nicht getestet. Die von mir verwendete Kombination (2°/200 Linien pro mm/2°) entspricht der Empfehlung von Uwe Zurmühl (s.o.; bei der Präsentation von Uwe auf Folie/Seite 21). Uwe verwendet 2 Prismen mit 4° bei einem Transmissionsgitter mit 300 Linien pro mm.

Beste Grüsse

Matthias
 
Hallo Matthias,

verstehe ich es dann richtig, dass bei deinem Beta Lyrae Spektrum die Ablenkwinkel mit 4° bzw. 2° angegeben sind?


Uwe verwendet 2 Prismen mit 4° bei einem Transmissionsgitter mit 300 Linien pro mm.
Das ist mir auch schon aufgefallen, dass der Winkel mit steigender Gitterlinienzahl hier größer wird. Den Grund dafür hab ich aber auf die Schnelle nicht gefunden.



Die Dispersion ließ sich noch einmal auf 1.55 Angström/Pixel steigern (Abstand Sensor-PGP ca. 14,5 cm). Hier ist allerdings das Ende der Optierung erreicht, da das PGP-Element jetzt am Ende des Okularauszugs sitzt:
Wie bist du denn eigentlich so weit in den Okularauszug "runtergekommen"?

Ich stehe nämlich gerade auch vor dem Problem des Abstands Gitter-Sensor.
Beim Refraktor konnte ich problemlos mit einigen steckbaren 1,25Zoll Verlängerungshülsen (trotzt geringerer Dispersion des SA100) die komplette Sensorbreite ausnutzen, da das Teleskop genügend Fokusweg "nach hinten" liefert.

Aber beim Newton schauts anders aus. Da ist ein nach hinten verlegen des Sensors stark eingeschränkt.

Jetzt hätte ich nach 1,25 Zoll schraubbaren Verlängerungshülsen geschaut. Da kommen aber für 60-70mm auch ein paar Euro zusammen (Im Schnitt kostet dann 1mm Verlängerung ca. 1€...).

Hast du da zufällig eine preiswertere Alternative gefunden?

Liebe Grüße,
Florian
 
Hallo Florian,
verstehe ich es dann richtig, dass bei deinem Beta Lyrae Spektrum die Ablenkwinkel mit 4° bzw. 2° angegeben sind?
Einmal 4° (Grism) und einmal 2°+2° = 4° (PGP). Also in Summe jeweils gleicher Ablenkungswinkel.

Den Grund dafür hab ich aber auf die Schnelle nicht gefunden.
Je kleiner der Abstand der Gitterlinien (sigma) desto größer wird der Ablenkungswinkel des Gitters (allg. Gittergleichung) und somit der auch der notwendige Keilwinkel des Prismas zur Kompensation der Ablenkung:

Unbenannt.jpg



Hast du da zufällig eine preiswertere Alternative gefunden?
Einfach die Steckhülsen von alten Okularen abschrauben verwenden:

IMG_1161.jpg


Hier als weiteres Beispiel das flusskalibrierte Spektrum von VV Cep, welches mit diesem setup gemessen wurde:

vv_cep_bass_response.jpg


Die Vergleichbarkeit mit Shelyak LISA-Spektren im UV/VIS und NIR aus der BAA-Datenbank ist akzeptabel (FWHM ca. 7 Angström; R ca. 800):

grün: Shelyak LISA für NIR optimiert (James Foster): VV Cep NIR
pink: Shelyak LISA für UV/VIS (David Boyd): VV Cep VIS

vv_cep_bass_response3.jpg



Und abschließend der Vergleich mit einem M2 I-Referenzspektrum aus der Pickles-Library (in rot):

vv_cep_bass_response4.jpg



Beste Grüsse

Matthias
 
Zuletzt bearbeitet:
Einfach die Steckhülsen von alten Okularen abschrauben verwenden:
Eine super Idee! Danke!
Hier als weiteres Beispiel das flusskalibrierte Spektrum von VV Cep, welches mit diesem setup gemessen wurde:
Wow!

Hast du zum Vergleich VV Cep auch nur mit dem Grism aufgenommen? Diesen Vergleich würde ich auch noch spannend finden:)

Liebe Grüße,
Florian
 
Hallo Matthias,

Ein sehr interessantes Setup!

Ich projektiere im Moment ein Sol'Ex / Star Explorer. Die 3D Druckkomponenten sind schon bestellt, eine ASI178MM konnte ich auch schon beschaffen, die optischen Komponenten müssen noch ein bisschen warten. Das Ganze kostet eben auch schon ein bisschen Geld für ein Hobby.

Ich freue mich schon darauf, mal Sterne zu spektroskopieren!

In diesem Zuammenhang wäre es auch sehr hilfreich zu wissen, wo man Referenzspektren bekommen kann. Auch Hinweise zu Auswertesoftware für die Spektren (Freeware bevorzugt) wäre hilfreich.

Nur zur Info, ich habe Laserspektroskopie an Kaliumdimeren in meiner Diplomarbeit gemacht, das ist aber eben schon auch schon 25 Jahre her...

Viele Grüße,

Günther
 
Hast du zum Vergleich VV Cep auch nur mit dem Grism aufgenommen? Diesen Vergleich würde ich auch noch spannend finden
Hallo Florian,

mit dem Grism gibt es ein Spektrum aus den Jahr 2020. Allerdings mit einem anderen setup (Vixen Maksutov Cassegrain f/10) und einer Canon 450 Da aufgenommen. Hier der Vergleich der normierten Spektren im Bereich Na D Doublet / H-alpha / Ca-Triplet:

Präsentation1.jpg


Beste Grüsse

Matthias
 
In diesem Zuammenhang wäre es auch sehr hilfreich zu wissen, wo man Referenzspektren bekommen kann. Auch Hinweise zu Auswertesoftware für die Spektren (Freeware bevorzugt) wäre hilfreich.
Hallo Günther,

eines gutes Freeware-Programm ist VSpec (mein "Arbeitspferd"; neigt allerdings zu Totalabstürzen....):

https://www.shelyak.com/wp-content/uploads/SMSW2_Desnoux_VSpec.pdf

Die Referenzspektren der Pickles-Library sind dort bereits integriert (siehe Folie 6 der Präsentation).

Ebenfalls sehr empfehlenswert ist BASS:

https://groups.io/g/BassSpectro
https://www.schuelerlabor-astronomie.de/wp-content/uploads/2020/03/BASS-Project-199.pdf

Und dann gibt es noch Demetra (Freeware von Shelyak):

https://www.shelyak.com/software/demetra/?lang=en

Für Einsteiger ist RSpec gut geeignet (dies war auch mein erstes Programm). Es ist allerdings nicht kostenlos. Es gibt aber eine Testversion:

https://rspec-astro.com/setupdownload/

Beste Grüsse

Matthias
 
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