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Achim

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… war so das eine oder andere Objekt, ich ebenfalls ….

Bericht vom 21/22.05.2020; 23.00h – 02.00h
Ausrüstung: Newton-Teleskop, Öffnung 428mm, Brennweite 1830mm, (f/4,25) Adler
Dobsonmontierung


verwendete Okulare: 21mm (87-fach) ; 13mm (140-fach), 10mm (183-fach), 8mm (228-fach), 6mm (303-fach) – Ethos-Serie; 9er Nagler mit 2,5-fach Powermate (508-fach
Ort: Freies Feld bei Beerbach, ca. 405m üNN
Temperatur: 23.00h +15, C ; 02.30 +13 C
Seeing: anfangs 2, zum Ende der Beobachtung 3

Wetter: tags erst wolkenlos, dann bayrisch weiss-blau, später einzeln hohe Schleier die mit zunehmender Dämmerung weniger wurden


Beobachtete Objekte:
Planetarische Nebel: NGC6210,IC4593
Quasare: UM627, QSO 0957+561/AB
Kugelsternhaufen: M13
Galaxien: NGC5846/A; NGC5850; M62; NGC3079

Tags waren wir zu Dritt gut 25km wandern, davon 2/3 in der prallen Sonne, abends bei Sauren Zipfeln und einen Abschlussbierchen bis 21h auf der Terrasse. Erst hatte ich nicht mit möglichem Beobachten gerechnet, doch die Meteoblue Seeingvorhersage für die 1. Nachthälfte wurde immer besser, da war ich hin- und hergerissen. Eine kurze Nachricht von Nils gab den Ausschlag: ich schaue doch raus. Noch schnell ein paar DSS-Ausdrucke zu Quasaren heraussuchen, Tee kochen, Auto beladen.

Um 23h bin ich vor Ort, Nils ist schon da. An der Waldrandecke, dort wo unser Feldweg von dem kleinen Teersträßchen abbiegt stehen 2 Autos mit ‚Landjugend‘, die dort (verbotener Weise) zusammen sitzt und teils recht lautstark ‚kommuniziert‘ und trinkt. Hauptsache keine Lichtverschmutzung, denke ich mir. Um 23.30h ist dort dann eh Schluss.

Aufbauen, Justage an Polaris testen. Seeing ist gut, nicht ganz so gut wie vor 2 Nächten. Ich lasse den Blick schweifen. LEO steht noch hoch im Westen, den Süden dominiert Virgo. Gen Osten sieht man schon das Sommerdreieck mit Vega, Deneb und Altair.

Eigentlich bin ich müde, doch das leuchtende Firmanent weckt die Lebensgeister, lasse es ruhig angehen und beschränke mich auf wenige Objekte, für die dann aber Zeit genommen wird.

Beobachtungen von Lots waren für mich Anregung, um in dieser Nacht eine GX-Gruppe und zwei Planetarische Nebel zu betrachten. Die GX’en stehen nicht weit von M5, etwa auf halber Strecke zwischen diesem Kugelsternhaufen und 109Vir:

NGC5846 - GX - VIR (mag 10,0 – sbr 13,0; 4,0 * 3,7) SQM21,24
NGC5846/A - GX - VIR (mag 13,8 – sbr ?; 0,5 * 0,3) SQM21,24
NGC5846 ist ca. 77Mio LJ von uns entfernt und hat einen Durchmesser von ca. 92k LJ. Eine typische elliptische Galaxie mit hellen, fast stellarem Zentralbereich und graduell abnehmender Halo-Helligkeit. Erst mal nichts Besonderes. Im 13er Oku fällt – im GF auf 12Uhr - ein vermeintlicher Feldstern auf, der bei höheren Vergrößerungen als eigenständige GX erkennbar wird. Aufgrund höherer Fluchtgeschwindigkeit wird vermutet, dass diese GX hinter NGC5846 steht. Interessant! Im 13er bei 140-fach kann auch noch eine weitere GX gleichzeitig erfasst werden;


NGC5850 - GX - VIR (mag 10,8 – sbr 13,6; 4,5 * 3,9) SQM21,24
Hier lohnt sich nähere Betrachtung. Ich erkenne eine von 2h nach 7h ausgerichtete längliche Aufhellung mit merklicher, zentraler Massierung, die von einen leicht ovalem Halo umschlossen ist. Dieser ist nach innen zu relativ deutlich abgegrenzt, nach außen hin eher diffus, wie ein Ring. Deutlicher wird’s im 10er bei 183-fach. Nehme mir Zeit und lasse die Gruppe mehrfach durchs Gesichfeld laufen – schön!

Aus meiner High-Redshift-Liste ( qso_beobachtungen ) stehen noch 5 unbeobachtete Objekte, eines davon hat den höchsten Bahnpunkt erst kürzlich durchlaufen

UM627 – QSO – VIR (mag 16,0) SQM 21,28
aus der Rotverschiebung z=1,865 errechnet sich eine Fluchtgeschwindigkeit des QSO von 78% der Lichtgeschwindigkeit, die Lichtlaufzeit hin zur jetzigen QSO-Position beträgt ~ 11 Milliarden Jahre. Ich starte den Starhop von Tau Vir am 8*50 Sucher. Eine leicht gebogene Kette von um mag9 Sternen ermöglicht eine zügige Annäherung. Dann brauche ich aber doch 3 Anläufe bis die Zielregion im 21er Okular steht. HD122302 heißt ein nur wenige Bogenminuten entfernter mag 10 Feldstern. Da ist es einfach die Orientierung zu behalten. Linkerhand davon im GF, mit etwa 3‘ Abstand ein mag 12,8er. Steigere die Vergrößerung gleich auf 300-fach. UM627 sollte nun etwas oberhalb, nach links versetzt stehen. Bisher …. Nichts. Nur wenige Bogensekunden oberhalb des 12,8er zeigt mein DSS-Ausdruck einen schwachen Stern, der aber merklich heller als der QSO ist. Nach Skymap-Org. Mag 15,2; schon bei dem ist es schwer. Mit 3,6mm Okularbrennweite kann ich diesen dann zu 80% direkt sehen, nicht ganz stabil. Vom Seeing her ist die Grenze erreicht. Die nächsten 10 Minuten bemühe ich mich um eine Sichtung von UM627, ab und an scheint etwas an der betreffenden Position kurz aufzublitzen – aber auch an einer anderen für welche die Karte nichts anzeigt. Rauschen auf der Netzhaut J

Das war nichts. Eben in Skymap.org nachgesehen wird der QSO mit 16,3 angegeben. Da müsste ob der relativ geringen Höhe von nur 40 Grad über dem Horizont für mich schon alles passen.

Nils macht sein eigenes Beobachtungsprogramm, einige Messier in UMA, auch nochmals den Katzenaugennebel. Als wir darüber plaudern erwähnt er auch die Sunflower GX, das ist ein gutes Kontrastprogramm zum (vergeblichen) Quasar-Erhaschen:

M63 – GX – CVN (mag 8,6 – sbr 13,3; 12,6 * 7,5‘) SQM 21,30
Recht hell und groß, auch leicht einzustellen. Rechter Hand der 3er Sternenkette 23, 20 und 19CVN. Es zeigt sich ein ovales Objekt, mit etwa 3:2 Seitenverhältnis. Sehr kräftiger kleiner Innenbereich in einem elliptischen Innenhalo, dann in einen nur leicht graduell dunkler werdenden Außenbereich übergehend. Dieser ist deutlich unruhig mit symmetrischen Strukturen. Ich skizziere viele eng umfassende sehr schmale Spiralarme. Das ist nicht verkehrt, doch auf meiner Skizze im Uhrzeigersinn, Aufnahmen belegen aber gegen den Uhrzeigersinn. Da hatte ich schon mehrfach Probleme. Auch wenn ich mir ob Spiralarme (fast) sicher bin ist deren Drehrichtung ausmachen immer wieder schwierig.

Ich schwenke das Teleskop halbhoch in den SO, stelle den kleinen Planetary

NGC6210 – PN – HER (mag 9,7 – sbr 5,9; 20 * 13“) SQM 21,30
ein. Nach einem 7 Grad Starhop linkerhand von Beta Her zu identifizieren. Im Sucher noch wie ein normaler Feldstern, dann im Aufsuchokular markant Türkisgrün und damit auffällig. Steigere die Vergrößerung recht schnell vom 13, 6er bis zu 3,6mm Okubrennweite. Es zeigt sich eine markant asymmetrische Form, relativ scharf von Hintergrund abgehoben grob rundlich, aber mit zwei leichten Einbuchtungen, eine auf 0 Grad, die andere etwa auf 200 Grad. Zentralstern konnte ich nicht ausmachen. Leider lässt das Seeing leicht nach, 500-fach ist eigentlich schon eine leere Vergrößerung. Habe vergessen mit Filtern zu arbeiten, eigentlich bin ich ja müde und unkonzentriert, will es aber nicht wahrhaben …


IC4593 – PN – HER (mag 11,0 – sbr 7,4; 12,5 * 1“) SQM 21,33
Auch PK25+40.1 genannt dagegen ganz anders. Dieser noch kleiner als NGC6210, im Aufsuchokular noch stellar, im 10er dann ‚Blinking‘ – will heißen entweder sehe ich den markanten Zentralstern oder den relativ zarten Halo, aber nicht beides gleichzeitig. Bei noch höheren Vergrößerungen gelingt dies dann jedoch einfach. In IC 4593 leuchtet ein mit 40.000 K recht heißer Weißer Zwerg, der mit 0,7 Sonnenmassen eine eher durchschnittliche Größe hat. Dieser ionisiert die umliegenden Gaswolken und regt sie zum Leuchten an, wobei das typische türkise Licht des doppelt ionisierten Sauerstoffs [O III] in diesem Licht dominiert, für mich aber deutlich weniger Markant als bei NGC6210. Ich sehe um den Zentralstern ein rundlichen Innenhalo, um diesen dann mit deutlichem Übergang – einen ebenfalls rundlichen Außenhalo. Abermals ohne Filter.

Danach versuche ich mich abermals an einem Quasar, genauer gesagt sogar Twin-Quasar

QSO 0957+561/AB – QSO – UMA (mag 16,5 /16,7) SQM 21,30
Den ich – vor einigen Jahren – schon mehrfach beobachtet hatte, damals aber noch mit meinem 20-Zoll Ursus. Die Position aufzufinden ist recht einfach, da dieser recht nah an der hellen (und sehenswerten) GX 3079 positioniert ist. Folgt man der Hauptachse von NGC3079 nach Norden, ca. 10 Bogenminuten entfernt taucht eine markante Sternengruppe mit lichtschwachen Komponenten auf, die mich im ersten Moment an die Form des Herkules erinnert, der schräg auf der Seite liegt. Allesamt Sterne jenseits Mag 14,0. Innerhalb der schiefen Trapez ist eine Komponente mit Mag 15.4 im 6er gerade noch erkennbar. In etwa Kantenlänge, auf 11h vom links-oben-Stern entfernt müsste der QSO sein. Relativ bald muss ich erkennen: das wird wieder nichts. Für meine Augen müssen am 17er die Bedingungen bei dem – aus beiden Komponenten kombiniert - ca. mag 16,2 Lichtschwachen Objekt schon sehr gut sein, das ist nicht mehr gegeben. Ab und zu ziehen feine Schleier über den Himmel, mit 21,3 bei schon ausgeschalteter Straßenbeleuchtung in den verstreuten Dörfern ist die Dunkelheit gut, aber längst nicht Perfekt.
Aufgrund der Krümmung der Raumzeit durch die Masse einer unsichtbaren Vordergrund-GX die eine Gravitationslinse bildet entstehen die zwei Bilder A und B des Quasars, die 6 Bogensekunden voneinander entfernt sind. Zwischen den beiden Bildern besteht eine Zeitverzögerung von 417 Tagen. Faszinierend!

Zum Abschluß gönne ich mir noch einen ausgiebigen Blick auf M13, den schon aufgegangenen Jupiter lasse ich weg.

Punkt 2h sitze ich im Auto und fahre los, Nils ist ausdauernder und will noch eine halbe Stunde bleiben.


Clear Skies und gute Gesundheit Euch und euren Lieben wünscht

Achim
 
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